GRUNDFUNKTIONEN DES PERFEKTS UND DES PRATERITUMS GEBRAUCH UND AUSTAUSCHBARKEIT DER TEMPUSFORMEN Nina WORONKOWA (Kirowohrad, Ukraine) y c m a m m i po32Ji%daembc% num annsi eofcueannr naco eu x (fiopM P e r fe k t m a P ra te ritu m dnx n o d iu y MunynoMy, Mootcjiueocmi i'x 63aeM03aMiHf0eaH0cmi. n a e m b c n noxcHeHHfi 3acmocyeaHHSi nepfpeKmno'i a 6 o npem epim ajibHoi' n a c o eo i (fiopMU n pu ycnoM y hu nuceMHOMy Moenenni, 114.0 euKJium e m pydnoii^i y euenafonux HiMeifbKy M oey r k ino3eMny. 470 f f l HAYKOBI 3AnMCKM Cepin: QiAOAoaiuM HayKU B u n y c K 118 K n w n o ei cnoea: o cn oeni fyymati'i, 3acmocyeaHH%, nepedyeannn dii, nocrndoenicm b diu, 3 a eep m em cm b dii, 63aeM03aMiHweanicmb, y c n e M oenennn, nuceMHe M oenennn. The a u th o r c o n sid e rs the p ro b le m o f the u se o f P e r fe k t a n d P ra te ritu m te n se fo r m s to exp ress the a c tio n s in th e p a s t a n d p o ssib ilitie s o f th e ir interchangeability. The a u th o r a lso e xp la in s the use o f P e rfe kto rP ra te ritu m in sp ea k in g a n d w ritin g w h ich c a u se s d ifficulties in le a rn in g G e rm a n as a fo r e ig n language. K ey w o rd s: p r in c ip a l fu n c tio n s, the use, actio n p riority, su cc e ssio n o f actions, c o m p letio n o f the action, interch a n g ea b ility, o ra l speech, w riting. In m odem en Lehrw erken D eutsch als Frem dsprache w erden in der G rundstufe neben den Perfektform en das Prateritum von haben und sein eingefuhrt. Das Perfekt gilt als ein Tem pus, das im Erw erbsprozess des D eutschen als Zw eit- bzw. Frem dsprache von groBer B edeutung ist. Als am haufigsten verw endetes V ergangenheitstem pus w ird es in allen D aF-Lehrw erken bereits in der G rundstufe eingefuhrt. Die Regel fur die Lernenden lautet: Das Perfekt benutzt m an im Allgem einen, um m undlich oder im B rief uber V ergangenes zu berichten, nur bei einigen Verben. Im B ereich D eutsch als Frem dsprache w ird der G ebrauch des Perfekts haufig nicht sehr eingehend behandelt. In der G rundstufe w ird zunachst die Perfektbildung eingefuhrt, danach w ird die B ildung des Prateritum s von sein, haben und den M odalverben behandelt, deren prateritale Form en gegenuber den Perfektform en bevorzugt werden. Erst nachdem das Prateritum vollstandig als ein weiteres V ergangenheitstem pus behandelt w orden ist, w ird die A bgrenzung zw ischen den beiden V ergangenheitstem pora them atisiert m an das Prateritum vor. D iese Regel ist fur die A nfanger ausreichend. Die G rundfunktion des Perfekts w ird oft dam it beschrieben, dass es eine abgeschlossene H andlung als noch fur die G egenw art relevant darstellt. Das erklart m an m it der m orphologischen Zusam m ensetzung des Perfekts aus einem H ilfsverb im Prasens und einem Partizip II. Die Ereigniszeit kann m ithilfe einer Z eitangabe der V ergangenheit (heute N acht, gestern, vor 10 Jahren) genauer bestim m t werden. K om biniert m an das Perfekt m it A ngaben a u f den jetzigen Sprechzeitpunkt und der „R uckblick“ dient dazu, den Folgezustand des Ereignisses zu betonen: Jetzt habe ich genug gegessen. M orgen habe ich es geschafft. Das Perfekt ist in diesen Fallen durch das Prateritum nicht ersetzbar. Das Prateritum bezeichnet eine V erschiebung des B lickw inkels in eine vom Sprecher entfernte W elt und w ird auch teilw eise verw endet, um eine D arstellung neutraler oder unpersonlicher erscheinen zu lassen. Es b ed arf genauerer Zeit- oder Situationsbestim m ungen (vor einer Zeit, dam als, es w ar einmal), um die geschilderten Ereignisse verstehen zu konnen. Das Prateritum ist, wie E rben (1972: 93) sagt, eine A usdrucksform der zusam m enhangenden Schilderung“, das heiBt, die dargestellten Ereignisse sind als Teile einer H andlungs- oder Ereigniskette zu verstehen. Beim G ebrauch des Perfekts w ird jedes Ereignis „einzeln“ dargestellt. Als am haufigsten verw endetes V ergangenheitstem pus w ird es in allen D aF-Lehrw erken bereits in der G rundstufe eingefuhrt in D aF-Lehrw erken der M ittelstufe w ird dann das H auptaugenm erk oft a u f einen besonderen Aspekt, nam lich a u f die A bgrenzung des Perfekts gegenuber dem Prateritum gelegt Das deutsche Perfekt sollte deshalb im D aF-U nterricht nicht unbedingt nur in A bgrenzung zum Prateritum behandelt werden. Dies gilt um so m ehr, als die R egeln fur die V erw endung von Perfekt und Prateritum fur D aF-Lernende oft nicht hilfreich sind. Die Regel, dass das Prateritum in erster Linie in geschriebener, das Perfekt hingegen vor allem in gesprochener Sprache auftritt, ist zu ungenau, um dem funktionalen Unterschied, der zw ischen den beiden T em pora besteht, gerecht zu werden. Es gibt m ehrere Effekte bzw. Lesarten der beiden Tem pora, die m it dieser allgem einen Regel nicht erfasst w erden und die im D aF-U nterricht auch behandelt w erden sollten. Ein anderer G rund bei der V erw echslung zw ischen dem Perfekt und dem Prateritum ist die U bergeneralisierung w egen zu stark vereinfachter Regeln. Das einzige K riterium bei der Tem pusw ahl, m it dem die Lernenden zum indest ansatzw eise vertraut sind, ist die Bindung der beiden T em pora an die gesprochene und geschriebene Sprache. M eistens verw eisen Lehrpersonen a u f unterschiedliche A uftretensfrequenzen in den beiden Varietaten, allerdings w erden diese U nterschiede nur sehr oberflachlich beschrieben: Prateritum gilt als Tem pus fur V ergangenheit in der gesprochenen Sprache, Prateritum in der geschriebenen Sprache. A u f dieser Grundlage schreiben die Lernenden oft Texte im Prateritum , obw ohl dieses Tem pus fur einige schriftliche T extsorten wie z. B. Privatbriefe oder E-M ails nicht unbedingt besser geeignet ist. 471 B u n y c K 118 Cepin: QiAOAoeium HayKU f f l HAYKOBI 3AnMCKM W enn sie m undlich von etw as berichten m ussen und fur diesen B ericht V orbereitungszeit bekom m en, in der sie sich N otizen m achen durfen, kom m t es gelegentlich vor, dass sie die schriftliche V orlage m undlich vortragen, w eil das aus ihrer Perspektive eine bessere V ersion ist. D. h. konkret also, dass sie ihre G eschichte im Prateritum erzahlen, was haufig unpassend und unauthentisch wirkt. Dadurch, dass die Lernenden im Alltag kaum die M oglichkeit haben, in alltaglichen Situationen m it M uttersprachlern des D eutschen in K ontakt zu kom m en, ist es fur sie auch schwierig, aufgrund eigener Erfahrungen in unterschiedlichen sprachlichen Situationen abzuschatzen, in w elchen Situationen das Perfekt verw endet w erden m uss und um gekehrt nicht verw endet w erden darf. Eine um fassende B eschreibung des Perfekts fur D aF-Lernende findet sich bei H elbig/B uscha (2001: 135ff.). Im D eutschen tritt das Perfekt in drei zentralen B edeutungsvarianten auf: Bezeichnung eines vergangenen Geschehens (G estern haben w ir einen A usflug ins G ebirge gem acht); eines vergangenen Geschehens m it resultativem Charakter ( A nna ist vor einer Stunde aufgestanden - Sie jo g g t jetzt); eines zukunftigen Geschehens (B ald habe ich m ein R eferat abgegeben). Die oben erw ahnten drei Funktionen des Perfekts finden sich auch in Ubungsgram m atiken fur D eutsch als Frem dsprache. Einzelne Funktionen des Perfekts (z. B. Bezug a u f ein zukunftiges G eschehen) w erden erst zu einem spateren Zeitpunkt. Bei der B esprechung einer neu eingefuhrten Funktion des Perfekts w ird jew eils d arau f hingewiesen, dass allen drei Bedeutungsvarianten des Perfekts das M erkm al "A bgeschlossenheit" gem einsam ist. Das Perfekt m ag insbesondere bei Ereignissen m it V ergangenheitsbezug diese Eigenschaft zw ar verloren haben, beim A usdruck von Ereignissen, die fur den Sprechzeitpunkt relevant sind oder danach geschehen, ist dieses M erkm al jedoch im m er noch vorhanden. Bei naherer B etrachtung des deutschen Perfekts w ird klar, w arum das Perfekt nicht nur fur die V orzeitigkeit, sondern auch fur N achzeitigkeit und Ereignisse, die zum Sprechzeitpunkt noch nicht geschehen sind, verw endet w erden kann. Eine B esonderheit dieses Tem pus ist, dass der G ebrauch des Perfekts in Satzen m it einer Zeitangabe, die den Endpunkt einer H andlung angibt, im m er notw endig ist. Deshalb ist es ublich, das Perfekt in N ebensatzen m it bis und sobald zu verwenden: Er muss hier bleiben, bis er sie gefunden hat. Er wird seine Reise weiter machen, sobald er in dieser Stadt alles erledigt hat. Dass es sich beim G ebrauch des Perfekts in solchen N ebensatzen oft um N achzeitigkeit handelt, w ird zw ar im D aF-U nterricht them atisiert, aber m eistens w ird eine genauere Erklarung erspart: Er muss hier bleiben, bis er alles erledigt hat. Bei der B ehandlung von Tem poralsatzen m it sobald w ird nicht selten nur vereinfacht beschrieben, dass das jew eilige Ereignis im N ebensatz vor dem im H auptsatz passiert ist und beide sofort aufeinander folgen. Im N ebensatz w ird dann das Perfekt oder Prateritum verw endet, wenn der H auptsatz im Prasens steht. Jedoch w ird im H aupt- und N ebensatz haufig dasselbe Tem pus gebraucht. M an findet Beispielsatze wie folgende (H ering 2002: 166): Er geht, sobald er das Lied bis zum Ende gehort hat. Ich rufe dich an, sobald ich fertig bin. Im D aF-U nterricht konnten allerdings folgende Fehler auftreten: Wir fruhstucken, sobald wir das Spiel enden. Wir gehen nach Hause, sobald die Schule aus gewesen ist. Diese Fehler gehen a u f die unbefriedigende Erklarung in D aF-Lehrw erken und G ram m atiken zuruck. H ier hatte m an die V erw endung des Perfekts zur H ervorhebung der A bgeschlossenheit them atisieren sollen. Bei Pradikaten m it sein ist das Perfekt hingegen unpassend, w eil es sich hier nicht um eine H andlung handelt, sodass die N achzeitigkeit keine A bgeschlossenheit voraussetzt. G elegentlich kann etw a bedeutungsgleich neben dem Perfekt auch das Prasens verw endet werden: Er muss hier bleiben, bis er alles erledigt. Er wird die Reise weiter machen, sobald er alles erledigt. Diese A ustauschbarkeit ist aber d a ra u f zuruckzufuhren, dass das Verb erledigen eine perfektive B edeutung hat und lexikalisch selbst die A bgeschlossenheit bzw. das R esultat eines Geschehens 472 f f l HAYKOBI 3AnMCKM Cepin: QiAOAoeium HayKU B u n y c K 118 ausdrucken kann. Bei im perfektiven Pradikaten m uss m an jedoch dieses R esultat im Perfekt ausdrucken: Er muss hier bleiben, bis er alle Bucher eingesammelt hat. Er muss hier bleiben, bis er alle Bucher einsammelt. Er wird die Stadt verlassen, sobald er alle Bucher eingesammelt hat. Es ist nicht m oglich, alle B ucher a u f einm al einzusam m eln: Das Pradikat 'alle B ucher einsam m eln' druckt in K om bination m it der K onjunktion sobald, die einen Zeitpunkt angibt, den B eginn der H andlung aus, w enn es im Prasens steht. D a m an nicht gleichzeitig die Stadt verlasst, w enn m an anfangt, B ucher einzusam m eln, ist der von sobald eingeleitete Tem poralsatz nur akzeptabel, w enn darin eine abgeschlossene H andlung ausgedruckt wird. Deshalb w ird hier das Perfekt verw endet Das Perfekt w ird im m er verw endet, w enn A bgeschlossenheit hervorgehoben w erden m uss, wie dies bei Ereignissen m it Zukunftsbezug der Fall ist, sowie bei solchen, die vor dem Sprechzeitpunkt angefangen haben und bis dahin andauern. Prateritum und Perfekt sind aber auch gegeneinander austauschbar. Diese E rsetzungsm oglichkeit ist jed o ch nur in einer Richtung vollstandig gegeben: Jedes Prateritum kann (wenn m an eine V eranderung der Stilebene in K a u f nim m t) in ein Perfekt um gew andelt werden; aber nicht jedes Perfekt kann um gekehrt durch ein Prateritum ersetzt w erden (H entschel/W eydt 2003: 107). Diese Substituierbarkeit im Tem pussystem ist eine praktikable H andreichung fur D aFLernende. Aus didaktischer Sicht ist es deshalb sinnvoll, m ehr Z eit im U nterricht der B ehandlung des Perfekts zu w idm en und Lernende zu m otivieren, m ehr G ebrauch vom deutschen Perfekt zu machen. Lernende, die nur das Perfekt verw enden und a u f das Prateritum verzichten, verstoBen nur selten gegen G ebrauchsnorm en, und zw ar nur m inim al, da das Perfekt in der gesprochenen U m gangssprache grundsatzlich bevorzugt wird. In D aF-G ram m atiken und Lehrw erken findet m an zw ar gelegentlich H inw eise darauf, dass das Perfekt ebenfalls fur Zukunftiges als Ersatz fur das Futur II verw endet w erden kann und dass es in der U m gangssprache als H auptvergangenheitstem pus fungiert, aber dem M erkm al "A bgeschlossenheit", das dem deutschen Perfekt zukom m t, w ird zu w enig Beachtung geschenkt. Das Perfekt kann fur jedes beliebige Verb verw endet werden, w enn es sich um ein Ereignis oder eine H andlung in der V ergangenheit handelt. Als V ergangenheitstem pus grenzt sich dieses Tem pus vom Prateritum dadurch ab, dass es anders als das Prateritum das R esultat eines vergangenen G eschehens m it der G egenw art verbinden kann. Im Lehrw erk „Ziel“ fur Fortgeschrittene w ird hingewiesen: w enn m an m undlich von einem Erlebnis erzahlt, verw endet m an eher Perfekt, w enn m an schriftlich von einem Erlebnis erzahlt, verw endet m an auch eher Perfekt. V erben haben und sein, wollen, mussen, durfen, sollen w erden vorw iegend im Prateritum gebraucht. W o erw artet Sie Perfekt und Prateritum ? in Fachtexten, Sachtexten, Lexikoneintragen - Prateritum in Zeitungstexten - Prateritum in Gesprachen, D iskussionen - Perfekt im personlichen B rief - Perfekt M archen - Prateritum Die A utoren sagen, m an konne die Zeitform en beim Erzahlen wechseln, w enn eine neue Situation beginne, etwas besonders interessant werde, m an eine Situation hervorgehoben mochte. D afur gibt es keine festen Regeln. LITERATUR 1. E rb en J. D e u tsc h e G ram m atik . E in AbriB. - M unchen. 1997. - 2 3 4 S. 2. H e lb ig G .J.B u sch a. D e u tsc h e U b u n g sg ram m ati. -L e ip z ig . 1989. - S.51-55. 3. L atzel S. D ie d e u tsc h e n T e m p o ra P e rfek t u n d P rateritum . E ine D a rstellu n g m it B ez u g a u f die E rfo rd e rn isse des F ach es D e u tsc h als F rem d sp ra c h e - M u n ch en , 1997. 4. L ip sk y A. Z u m G e b ra u ch v o n P e rfek t u n d P rateritum . S in d die E rk la ru n g e n in d e n L e h rw e rk e n au sreic h e n d ? // D e u tsc h als F rem d sp ra c h e - Z e itsc h rift z u r T h e o rie u n d P rax is des D e u tsc h u n te rrich ts fu r A uslander, H e ft 5. - L e ipzig, 2005. - S .86-89. 5. R u g W . G ra m m a tik m it S in n u n d V e rstan d / W o lfg a n g R ug, A ndreas T o m aszew sk i. - M unchen. 1993. - 75 S. B I^O M O C T I n p o ABTOPA HiHa BopoHKOBa - crapmHH BHKnagan K a^egpH repM aHctKoi $m o .n o rii K ipoB orpagctK oro g ep^ aB H oro n e g aro rin H o ro ym B epcH Teiy iMeHi Bo^ogHMHpa BHHHHHeHKa. H ayK oei in m ep ecu : npaKTHHHa rpaMaTHKa, ^iHrBoKpai'Ho3HaBCTBo, .niHrBicTHKa TeKCTy 473
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