ST. ANNA-GEMEINDE ZÜRICH Glücklich sind, die Frieden stiften Predigt von Pfarrer Luzi Candrian gehalten am 17. Januar 2016 Schriftlesung: 1. Petrus 3,9-12 Predigttext: Matthäus 5,9 „Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen.“ Liebe Gemeinde Es gibt Worte, die berühren bestimmte Leute besonders stark. Etwa das Wort „Lauberhorn-Rennen“! Besonders dann, wenn wir zu den Fans von spektakulären Ski-Rennen gehören. Es gibt aber auch Leute, die berührt dieses Wort überhaupt nicht. Bei unserem Predigttext heute Morgen ist das anders. Da geht es um einen Satz von Jesus Christus. Er nennt zwei Stichworte, die alle Menschen berühren. Ich bin überzeugt auch Sie! Es sind die beiden Worte glücklich und Frieden! Wer von uns möchte nicht glücklich sein? Und wer von uns möchte nicht im Frieden leben? Dieser Satz von Jesus ist eine der sogenannten „Seligpreisungen“, die ganz am Anfang seiner berühmten Bergpredigt stehen. „Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen“ (Matthäus 5,9). Haben Sie sich auch schon gefragt, warum die Bibel so aktuell ist? Weil sie uns nicht von einer heilen Traumwelt erzählt. Sie redet von unserer Welt, in der sich die Menschen nach Frieden sehnen. Die Bibel redet von unserer Welt, wo Tag für Tag von Krieg und 2 Kriegsgefahr zu hören und zu sehen ist. Aber war denn die Zeit vor 2000 Jahren nicht besser als unsere heutige Zeit? Nein, sie war um kein Haar besser! Das dürfen wir bei unserem Satz aus der Bergpredigt nicht vergessen. 1. Jesus kam nicht in eine friedliche Welt. Etwa seit der Zeit als Jesus geboren wurde, wurde Israel und besonders Galiläa, die Heimat von Jesus, durch fortwährende Aufstände und einen Partisanenkrieg gegen die Besatzungsmacht der Römer erschüttert. Die kämpfenden Juden in jener Zeit waren der Meinung, durch ihren Einsatz würde das Reich Gottes herbeigeführt. So sahen es vor allem die Zeloten, die Eiferer für Gottes Sache! In einem prophetischen Wort hat Jesus vorausgesagt, wie das alles enden wird. Als es den Römern zu bunt wurde, kam es von 66-73 n. Chr. zum verheerenden jüdisch-römischen Krieg, in dem Jerusalem mitsamt dem Tempel zerstört wurde. Wie hat sich Jesus zu diesen Aufständischen gestellt? Nun, seine Antwort auf die Frage, ob es recht sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen, war eine deutliche Absage an alle, die mit der Waffe in der Hand dem Reich Gottes zum Durchbruch verhelfen wollten. Jesus sagt dort seinen Gegnern, die ihm mit dieser Frage eine Falle stellen wollten: „Gebt dem Kaiser, was ihm zusteht, und gebt Gott, was ihm gehört.“ Aus der Kirchengeschichte wissen wir, dass auch Christen meinten, für Gottes Sache in den Krieg ziehen zu müssen. Denken wir nur an die Kreuzzüge vor rund 1000 Jahren, als christliche Ritter, vor allem aus Frankreich und Deutschland sich aufmachten, um das heilige Land von den Moslems zu befreien. Und vor rund 500 Jahren musste der Reformator Zwingli erfahren, was Jesus gesagt hat: „Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen“ (Matthäus 26,5)! Was Jesus 3 in dieser Seligpreisung sagt, weist in eine ganz andere Richtung. Er erinnert seine Jünger daran, dass sie mitten in einer Welt, die von Kriegsdrohungen und Kriegen geprägt ist, eine ganz andere Position einnehmen sollen. Davon müssen wir jetzt reden. 2. Jünger Jesu sollen „Friedens-Macher“ sein. Ich habe ganz bewusst dieses provozierende Wort „FriedensMacher“ gewählt. Ich weiss, wir sind langsam allergisch auf alles, was als „Macher“ daherkommt. Und doch trifft an dieser Stelle dieses Wort ziemlich genau das, was Jesus hier seinen Jüngern zum Auswendiglernen aufgibt: „Glücklich sind, die Frieden machen, die Frieden stiften!“ Menschen, die zu Jesus gehören, sollen Friedens-Macher sein. Es geht also nicht um eine besondere Gesinnung oder um ein besonderes Temperament − sonst hätte ich als Bündner eine gute Entschuldigung! Es geht auch nicht um ein besonders friedliebendes Naturell. Hier geht es um ein aktives Handeln. Frieden stiften ist kein einfaches Geschäft. Das zeigen uns auch andere Stellen in der Bibel. Vielleicht haben Sie die Worte aus der Schriftlesung noch im Ohr. Petrus zitiert aus dem Psalm 34: „Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will ... der suche Frieden und jage ihm nach ...“ Auch im Hebräerbrief (12,14) finden wir die Aufforderung: „Jagt dem Frieden nach mit jedermann!“ Vielleicht denkt nun der eine oder andere: Das kann ich bestätigen. Frieden stiften in der Familie, im Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz oder auch in der Gemeinde ist ein schwieriges Geschäft! Vielleicht haben wir uns dabei schon die Finger verbrannt, und wir haben uns zurückgezogen. Spätestens nach solchen Erfahrungen haben wir gemerkt, dass auch hier gilt, was Jesus seinen Jüngern sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ Frieden stiften gelingt nur in enger Verbindung zu Jesus! 4 Pfr. Hansjörg Bräumer hat einmal geschrieben: „Frieden kann von Menschen aus eigener Kraft nicht geschaffen werden. Friede gibt es nur da, wo sich ein Stück Ausserirdisches, ein Stück Himmelreich auf dieser Welt verwirklicht. Alles andere steht in der Gefahr der Illusion und Schwärmerei. Allein in Jesus ist der Friede wirklich erreichbar. Von Jesus sagt das Alte Testament: „Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten“ (Jesaja 53,5). Einer der Namen des Messias lautet: Friedefürst (Jesaja 9,5) Die Botschaft des Neuen Testaments – das Evangelium – fasst Paulus zusammen in den Worten: „Er ist unser Friede“ (Epheser 2,14). Der, der gekreuzigt wurde, ist nicht etwa in seiner Friedensabsicht gescheitert, sondern er hat den Frieden in der Welt möglich gemacht. Seit Jesus ist der Friede Gottes in der Welt, das heisst, der Mensch kann wieder in einem heilen, ganzen Verhältnis zu Gott leben. Menschen, die in Frieden mit Gott leben, sind Friedensstifter in der Welt. Solche Friedensstifter preist Jesus glücklich.“ Was sind denn die Kennzeichen eines Menschen, der Frieden stiftet? Er schafft Harmonie oder stellt sie wieder her. Er hilft zur Versöhnung zwischen Verfeindeten. In seiner Gegenwart weichen Spannungen. Das klingt sehr schön und wenn es gelingen darf, so ist das auch sehr schön. Aber es bedeutet Einsatz und Knochenarbeit! Dem Friedensstifter geht es wie seinem Herrn. Er schafft Frieden, auch wenn dabei sein eigener Friede in die Brüche geht. Vergessen wir nicht, dass es von Jesus heisst: „Dass er durch sein Blut am Kreuz Frieden machte“ (Kolosser 1,20). Diese Seligpreisung wird aber auch oft missverstanden. Es heisst nicht: Glücklich sind die Gelassenen, die Pazifisten. Jünger Jesu können nicht immer und überall Frieden machen. An vielen Stellen erinnert uns das Neue Testament daran, dass ein Jünger mit 5 dem Bösen in all seinen Erscheinungsformen keine friedliche Koexistenz haben kann. Jesus ist auch in diese Welt gekommen, um faulen Frieden aufzudecken und zu zerstören. Frieden mit der Lüge oder der Sünde ist für einen Jünger Jesu undenkbar! Wenn es Probleme gibt, können wir als Christen nicht feige fliehen oder um des lieben Friedens willen das Böse gewähren lassen. Überhaupt sollten bei uns alle Warnsignal-Lämpchen rot aufleuchten, wenn jemand sagt, wir müssten „um des lieben Friedens willen“ dies oder jenes tun! Es wird so vieles in der Welt als Friede bezeichnet, das dieses grosse Wort gar nicht verdient. Die Menschen sehnen sich aber nicht nach schönen Worten, sondern nach echtem Frieden. Echter Friede hat aber eine ganz bestimmte Grundlage und diese Grundlage heisst Versöhnung. Das gilt in der grossen Weltpolitik und in unserem kleinen Leben! In der Seelsorge weiss man, wie wichtig es ist, dass ein Mensch mit Gott und seinem Nächsten versöhnt ist. Und dass er auch mit sich selbst, mit seiner eigenen Geschichte versöhnt ist. Wie kann das geschehen? Nur so, dass ein Mensch sein Leben ganz Jesus Christus anvertraut. Wenn wir unser Leben nicht mehr aus den eigenen Quellen leben müssen, sondern in Jesus verankert ist, dann gilt was Paulus im 2. Korinther-Brief schreibt: „Gehört jemand zu Christus, dann ist er ein neuer Mensch. Was vorher war, ist vergangen, etwas Neues hat begonnen. All dies verdanken wir Gott, der durch Christus mit uns Frieden geschlossen hat.“ Dieses Neue will Gott auch dir und mir schenken. Das ist nicht ein Sonderprivileg für ein paar wenige. Als Jesus am Kreuz Frieden gemacht hat, hat er an uns alle gedacht. Das ist gute Nachricht, das ist Evangelium! Dafür hat Paulus sein Leben eingesetzt, dass diese Botschaft verbreitet wird. Er schreibt weiter: 6 „Christus hat uns beauftragt, diese Botschaft überall zu verkündigen. Denn Gott hat durch Christus Frieden mit der Welt geschlossen, indem er den Menschen ihre Sünden nicht länger anrechnet, sondern sie vergibt. Gott hat uns dazu bestimmt, diese Botschaft von der Versöhnung öffentlich bekanntzugeben. Als Botschafter Christi fordern wir euch deshalb im Namen Gottes auf: Lasst euch mit Gott versöhnen! Wir bitten euch darum im Auftrag Christi. Denn Gott hat Christus, der ohne jede Sünde war mit all unserer Schuld beladen und verurteilt, damit wir von dieser Schuld frei sind und Menschen werden, die Gott gefallen.“ So weit dieser zentrale Abschnitt aus dem 2. Korintherbrief. Jeder echte Friede gründet auf Versöhnung. Darum ist auch verständlich, dass es keinen wahren Frieden an Jesus vorbei gibt. Aber mit ihm und durch ihn ist Frieden möglich, mag die Situation noch so hoffnungslos aussehen! Doch nun haben wir noch nicht gefragt warum Friedensstifter, warum Friedens-Macher glückliche Leute sein sollen! Wir würden vermuten, weil es etwas vom Schönsten ist, wenn wir Zeugen werden, wie Menschen froh werden, weil der Krieg und die Feindschaft zu Ende ist. Da werden die Glocken geläutet, da wird gesungen und gefeiert! Aber Jesus sagt noch etwas ganz anderes und das ist das dritte, was wir heute Morgen festhalten wollen: 3. Friedensstifter gleichen dem himmlischen Vater! Jesus sagt: „Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen.“ Oswald Sanders hat einmal geschrieben: „Friedensdienst fordert ungewöhnlichen Takt, Verständnis, Mut, Geduld und aufrichtige Liebe, aber er trägt hohe Zinsen: Sie werden Kinder Gottes genannt werden. Dies ist ein Hinweis auf ihren Ruf, nicht auf ihre Abstammung. Friedensstifter werden an ihrer 7 Ähnlichkeit mit ihrem himmlischen Vater erkannt.“ Wahrscheinlich haben Sie schon längst herausgefunden, worin Sie Ihrer Mutter oder Ihrem Vater gleichen. Das gilt ja nicht nur betreffend Gestalt oder Gesicht, das geht bis in kleine Details, wie wir gehen oder bestimmte Gesten, wie der Vater so der Sohn, wie die Mutter so die Tochter! Aber es geht noch viel weiter. Es geht bis zu Charakterzügen, wo wir dann sagen: „Ganz de Bappe“ oder: „Genau wie die Mutter“. Es ist ein faszinierender Gedanke, dass ein Mensch nicht nur seinen leiblichen Eltern ähnlich sein kann, sondern dass er auch dem himmlischen Vater ähnlich werden kann. Jesus sagt es von denen, die in dieser Welt Friedensstifter, Friedens-Macher sind. Glücklich zu preisen sind die, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen! Im Griechischen steht hier sogar: sie werden Gottes Söhne genannt. Bestimmt dürfen wir im Zeitalter der Emanzipation ergänzen: Die Friedensstifter werden Gottes Söhne und Töchter genannt. Die Welt verleiht vielerlei Titel. Aber diesen Titel kann nur Gott verleihen. Er wird einmal zu den Friedensstiftern sagen: Ihr seid meine Söhne, meine Töchter, weil ihr in meinem Namen und Auftrag in dieser Welt Frieden gestiftet habt. Wir sind uns alle einig: Der Dienst des Friedensstiftens hat seit jenem Tag, als Jesus die Bergpredigt gehalten hat, nichts an Aktualität verloren. Eigentlich hat das Ganze eine innere Logik: Wer Jesus im Glauben aufnimmt, der erfährt den Frieden, den er am Kreuz gestiftet und ermöglicht hat. Und wer diesen Frieden selbst erfahren hat, kann nicht anders als anderen den Weg zu diesem Frieden, den Weg zu Jesus zu zeigen. Und von solchen Leuten sagt Jesus: das sind glückliche Leute! 8 Wenn wir von Kriegsgefahr und Kriegen in der Welt hören, dann kommen wir uns oft so hilflos und ohnmächtig vor. Aber wir werden in den nächsten Tagen und Wochen Gelegenheit haben, dort wo wir leben, uns als Friedensstifter zu engagieren. Mit Gottes Hilfe darf es gelingen, dass auch in unseren Familien und Beziehungen Friede werden kann. Ein Friede der auf echter Versöhnung gründet! Jesus sagt es seinen Jüngern und auch uns: „Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen.“ Amen. ST. ANNA-GEMEINDE ZÜRICH St. Anna-Kapelle, St. Annagasse 11, 8001 Zürich Gottesdienste: Sonntag 10.00 Uhr, Bibelstunden: Mittwoch 15.00 Uhr Sekretariat St. Anna, Grundstrasse 11c, 8934 Knonau, Telefon 044 768 22 37
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