Die Sparkassenorganisation in Schweden

 Finanzgruppe
Deutscher Sparkassen- und Giroverband
Berlin, 8. Juli 2015
Die Sparkassenorganisation in Schweden
Der schwedische Bankenmarkt
Gesamtwirtschaftlich besitzt der Bankensektor in Schweden eine unterdurchschnittliche Bedeutung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. So war die Bilanzsumme aller Banken 2013 in etwa 2,8-mal so groß wie die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes. Im Vergleich dazu betrug der europäische Durchschnitt das 3,2-fache des BIP. Das Bankfilialnetz in
Schweden ist mit 4.841 Einwohnern pro Geschäftsstelle unterdurchschnittlich ausgebaut. Im
Vergleich dazu liegt der europäische Durchschnitt bei 3.490 Einwohnern pro Geschäftsstelle
(siehe Grafiken 1 und 2). In 2014 betrug der Anteil der Finanzindustrie am Bruttosozialprodukt Schwedens 4,8%. 85.000 Menschen arbeiteten für Finanzunternehmen.
Seit Mitte der 1980er Jahre wurde der schwedische Bankenmarkt umfassend dereguliert. Infolge dessen kam es zu einem Anstieg des Kreditvolumens, welcher einen Immobilien- und
Aktienboom befeuerte. Anfang der 90er Jahre mündete diese Entwicklung in einer systemweiten Bankenkrise, die nur durch massive staatliche Maßnahmen (Errichtung von Bad Banks
und Verstaatlichung wichtiger Banken) überwunden werden konnte. Im Zuge der Bereinigung
der Bankenkrise ist es zu einer tiefgreifenden Neuordnung des Bankenmarktes gekommen.
Während der Finanzkrise ab 2007 wurde das schwedische Bankensystem von staatlicher Seite
sowie der Sveriges Riksbank, der schwedischen Zentralbank, gestützt. Durch die gezielten
Hilfsmaßnahmen hat es die Krise, verglichen mit anderen Ländern, relativ intakt überstanden.
Die schwedische Zentralbank sieht derzeit vor allem zwei Risikoquellen innerhalb des schwedischen Bankenmarkts. Zum einen besitzt Schweden einen hohen Anteil an privaten Immobiliendarlehen. Zum anderen sind die schwedischen Banken stark mit den internationalen Finanzmärkten verlinkt, besitzen aber eine im europäischen Vergleich niedrige Eigenkapitaldecke. Die Zentralbank plädiert daher für die Einführung einer Leverage-Ratio sowie einen verpflichtenden Amortisationsanteil bei Immobiliendarlehen.
Der schwedische Bankensektor weist eine erhebliche Konzentration auf. Er wird von den vier
Banken Nordea, SEB, Handelsbanken und Swedbank (den „big four“) dominiert, die auf einen
Marktanteil von über 70 % kommen (siehe Tabelle 1). Den restlichen Markt teilen sich Sparkassen, Volksbanken, kleinere Privatbanken sowie ausländische Institute (siehe Tabelle 2).
1
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
Grafik 1: Bilanzsumme Banken zu BIP (BzBIP)
Grafik 2: Einwohner pro Geschäftsstelle (EpG)
500
5.000
400
4.500
300
4.000
200
3.500
100
3.000
0
2010
2011
BzBIP Schweden
2012
2.500
2013
2010
BzBIP Europa Durchschnitt
2011
EpG Schweden
Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in %
2012
2013
EpG Europa Durchschnitt
Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, Personen
Tabelle 1: Die größten schwedischen Banken nach Bilanzsumme
Gruppe
2014
2013
2012
2011
2010
Nordea Bank
614
603
629
690
564
Skandinaviska Enskilda Banken
286
268
265
255
235
Svenska Handelsbanken
278
269
257
265
233
Swedbank
208
197
199
201
185
Quelle: www.relbanks.com, 2015, in Mrd. Euro
Tabelle 2: Anzahl schwedischer Banken nach Bankentyp
Bankentyp
2014
2004
Schwedische Geschäftsbanken
38
26
Ausländische Banken
29
22
Sparkassen
63
76
Genossenschaftsbanken
2
2
Total
132
126
Quelle: Finansinspektionen 2014
2
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
Die schwedischen Sparkassen
1820 wurde in Göteborg die erste schwedische Sparkasse gegründet. Die schwedischen
Sparkassen des frühen 19. Jahrhunderts sollten breiten Bevölkerungsschichten, insbesondere ärmeren Menschen, Finanzdienstleistungen anbieten. Zur Einhaltung dieser Zielgruppenorientierung bestand lange Zeit eine Einlagenhöchstgrenze, welche die Institute in ihrem
Wachstum behinderte. Erst 1969 wurden die Sparkassen mit ihren Aktivitäten den Geschäftsbanken gleichgestellt.
Die in Stiftungsform geführten Sparkassen wurden von angesehenen Bürgern aus dem kommunalen Umfeld gelenkt. Die schwedischen Sparkassen hatten von Anfang an eine lokale
Ausrichtung. Auch wenn eine Beschränkung der Aktivitäten auf den örtlichen Rahmen (Regionalprinzip) nicht zwingend vorgegeben war, wurde sie freiwillig beachtet.
Die Zahl der schwedischen Sparkassen ist über die Jahre hinweg stark gesunken. Im Spitzenjahr 1928 gab es 498 Sparkassen, 1960 waren es noch 434. 1980 gab es noch 164 Sparkassen, nachdem sich viele kleine Institute zu Regionalbanken zusammengeschlossen hatten.
Infolge eines schwieriger werdenden Wettbewerbsumfeldes, kombiniert mit der Deregulierung des schwedischen Bankenmarktes, kam es in der Folgezeit zu weiteren Zusammenschlüssen. Ein zusätzlicher Treiber der Konsolidierung war die Konzentration vieler schwedischer Unternehmen und die damit verbundene Verlagerung des Geschäftssitzes von der Provinz in die Hauptstadt Stockholm, wodurch die lokal agierende Sparkassen Wettbewerbsvorteile einbüßten.
Tabelle 3: Strukturinformationen zu den schwedischen Sparkassen
Anzahl
63 Sparkassen – davon 62 Mitglieder im Verband 1
Von den 62 Sparkassen, die Mitglieder im Verband sind, sind
13 AGs
49 private Stiftungen
Von den 13 AGs sind
8 AGs zu 100 % im Besitz von lokalen Sparkassenstiftungen
5 AGs mit Beteiligung der Swedbank (partly-owned banks)
Somit gibt es insgesamt 58 Sparkassen ohne Swedbank-Beteiligung
(unabhängige Sparkassen).
Rechtsform
Ursprünglich private Stiftungen. Seit 1991 besteht die Möglichkeit,
das Bankgeschäft in Aktiengesellschaften einzubringen.
Regionalprinzip
ja, für Stiftungen; wird auf freiwilliger Basis von Sparkassen befolgt
1
Sparbanken Syd ist kein Mitglied im schwedischen Sparkassenverband.
3
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
2014 haben 3.188 Mitarbeiter in 240 Geschäftsstellen Dienstleistungen für 2 Millionen Privatund Firmenkunden erbracht. Die schwedischen Sparkassen sind jedoch nicht in allen Landesteilen gleichmäßig präsent, sondern vorwiegend im südlichen Drittel des Landes sowie ganz
im Norden. Dort, wo sie eine Präsenz haben, sind sie oft die stärksten Marktteilnehmer.
2014 fusionierte die Sparbanken 1826 mit der Färs & Frosta Sparbank sowie einem Teil der
Sparbanken Öresund zur größten regionalen Sparkasse Schwedens – der Sparbanken Skanje.
Die Sparbanken Skanje befindet sich zu 78% im Besitz von Sparkassenstiftungen und zu 22%
im Besitz der Swedbank. Der verbleibende Teil der Sparbanken Öresund wurde von der Swedbank übernommen.
Tabelle 4: Die 5 größten schwedischen Sparkassen nach Bilanzsumme
Sparkasse
2014
Sparbanken Skanje
5.255
Sparbanken Nord*
1.666
Sörmlands Sparbank
1.234
Sparbanken Syd
885
Falkenbergs Sparbank
857
* keine aktuellen Daten (Stand 2013)
Quelle: Geschäftsberichte 2014, in Mio. Euro
2014 betrug die Summe der Kredite aller schwedischen Sparkassen 22,5 Mrd. EUR und die
Summe der Einlagen 25,5 Mrd. EUR. Etwa die Hälfte der Kredite ging an kleine- und mittelständische Unternehmen. Das Betriebsergebnis der schwedischen Sparkassen verbesserte
sich um 5,4%, von 407 Mio. Euro auf 429 Mio. Euro. Die Eigenkapitalrendite fiel von 7,68%
auf 6,73%. Die Bilanzsumme erhöhte sich von 75,8 Mrd. Euro in 2013 auf 89,3 Mrd. Euro in
2014. Die Marktanteile bei Einlagen und Krediten blieben weitgehend unverändert (siehe
Grafik 3).
4
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
Grafik 3: Marktanteile der schwedischen Sparkassen bei Einlagen und Krediten
Einlagen
Kredite
Quelle: Geschäftsbericht Sparkassen, 2014
Einen Teil ihres Gewinns verwenden die schwedischen Sparkassen wird wohltätige Zwecke.
Eine Übersicht zum jährlichen Spendenvolumen gibt Grafik 4.
Grafik 4: Spenden der schwedischen Sparkassen für wohltätige Zwecke
30
25
20
15
10
5
0
2008
2009
2010
2011
2012
Quelle: Schwedischer Sparkassenverband, 2012, in Mio. Euro
5
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
Das Zentralinstitut: Die Swedbank AG
1992 fusionierten der Verband schwedischer Sparkassen, die Sparkassenzentralbank und das
Bankgeschäft von 11 großen Regional- und Kreissparkassen zur Sparbanken Sverige AB. Die
11 Sparkassenstiftungen, die ihr Bankgeschäft in die Sparbanken Sverige AB einbrachten,
wurden zu deren Aktionären. Die Fusion wurde durch die Bankenkrise Anfang der 90er Jahre
erzwungen, die den in Expansion begriffenen Sparkassensektor besonders hart getroffen
hatte. Ebenfalls 1992 schlossen sich über 350 lokale Genossenschaftsbanken Schwedens zur
Föreningsbanken AB zusammen. Ende 1997 fusionierten die Sparbanken Sverige AB mit der
Föreningsbanken AB zur FöreningsSparbanken, deren Name 2006 in Swedbank geändert wurde. Obwohl die Swedbank aus den Sparkassen entstanden ist, ist sie heute keine Sparkasse
mehr.
Die Swedbank und die Sparkassen sind gegenseitig miteinander verbunden. So ist die Swedbank an 5 Sparkassen mit Anteilen zwischen 22% und 60% beteiligt. Es sind dies die Institute
Sparbanken Skåne AB (22%), Swedbank Sjuhärad AB (47,5%), Sparbanken Rekarne AB (30%),
Ölands Bank (60%) und Vimmerby Sparbank AB (40%). Dies ist dadurch möglich, dass bei
den ursprünglich als private Stiftungen geführten Sparkassen seit 1991 die Möglichkeit besteht, das Bankgeschäft in eine Aktiengesellschaft auszulagern.
Zum anderen halten die Sparkassen insgesamt ca. 8,5% der Anteile an der Swedbank und
besitzen damit eine langfristige und strategische Beteiligung an der Swedbank. Um die Ausübung ihrer Stimmrechte zu koordinieren und gegenüber dem Swedbank-Management mit
einer gemeinsamen Stimme aufzutreten, haben sich die Sparkassen als Anteilseigner in der
Sparbanks-Gruppen zusammengeschlossen.
Außerdem arbeitet die Swedbank mit der überwiegenden Mehrheit der unabhängigen Sparkassen zusammen. Diese Zusammenarbeit ist durch einen Kooperationsvertrag geregelt, den
die Swedbank mit 60 Sparkassen abgeschlossen hat und der Anfang Juli 2011 für weitere
sechs Jahre erneuert wurde. Sie erstreckt sich auf viele Bereiche wie IT, Marketing, Vertrieb,
ausländischer Zahlungsverkehr etc. Der größte Vorteil für die Swedbank liegt darin, dass die
Sparkassen ihr landesweites Netzwerk und ihre Kundenkontakte zum Verkauf von SwedbankProdukte auf Kommissionsbasis einsetzen.
Die Sparkassen hingegen profitieren vor allem vom Gewicht der Swedbank im schwedischen
Bankenmarkt. Die Sparkassen, die einen Kooperationsvertrag abgeschlossen haben, operieren unter demselben Logo wie die Swedbank. Trotz der zum Teil engen Kooperation mit den
Sparkassen ist aber die Swedbank - durch ihre landesweite Präsenz - einer der größten Wettbewerber für unterschiedliche Teile des Sparkassensektors.
2014 kaufte die Swedbank die Sparbanken Öresund. Teil der Transaktion war der Verkauf von
8 Geschäftsstellen der Sparbanken Öresund an die Sparbanken Skanje.
6
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
Neben der Präsenz in Schweden hat die Swedbank eine starke Marktstellung in den baltischen Staaten und Tochterunternehmen bzw. Beteiligungen in weiteren Ländern. Im Baltikum
ist die Swedbank mit ca. 4 Mio. Privat- und mehr als 250.000 Firmenkunden die größte Bank
nach der Anzahl der Kunden. Die Aktivitäten im Baltikum entwickelten sich auch 2014 weiter
positiv, tragen jedoch nur 16% zum Gesamtergebnis des Konzerns bei. Ihre Marktpräsenz in
Russland und der Ukraine hat die Swedbank 2013 an die ukrainische Deltabank verkauft, um
sich stärker auf die skandinavischen und baltischen Märkte zu konzentrieren.
In Schweden hat die Swedbank ca. 4 Mio. Privat- und 250.000 Firmenkunden, im gesamten
Geschäftsgebiet ca. 8 Mio. Privat- und 600.000 Firmenkunden.
Tabelle 5: Strukturinformationen zur Swedbank AB Gruppe
2014
Eigentümer
Sparkassen
8,5%
Sparkassenstiftungen
3,0%
Geschäftstellen in Schweden
Mitarbeiter
308
14.583
Bilanzsumme in Mrd. Euro
229 #
Eigenkapital in Mrd. Euro
13 #
ROE
CIR
15,2%
45%
Marktanteile in Schweden
Einlagen von Privatkunden
21%
immobilienkredite an Privatkunden
25%
Einlagen von Unternehmen
19%
Unternehmenskredite
19%
Quelle: Geschäftsbericht Swedbank 2014
7
Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten
Der Verband: Sparbankernas Riksförbund
Im schwedischen Sparkassenverband sind bis auf die Sparbanken Syd alle schwedischen
Sparkassen zusammengefasst.
Mitglieder
62 Sparkassen (49 Sparkassen und 13 Sparkassen-AGs)
Zweck
Interessenvertretung der Sparkassen und der Sparkassenstiftungen
Aufgaben
-
Wahrung und Förderung der gemeinsamen Interessen der Mitglieder
gegenüber Behörden und Organisationen
Vertretung bei juristischen Fragen und Verhandlungsführer bei wichtigen Fragen
Verhandlungspartner gegenüber der Swedbank für die Mitglieder, die
sich für eine Kooperation entschieden haben
Organisation von Konferenzen, Seminaren etc. zur Kontaktpflege und
Förderung des Meinungsaustauschs zwischen den Sparkassen
Alle Angaben ohne Gewähr.
Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.
Abt. Volkswirtschaft und Finanzmärkte
Charlottenstr. 47
10117 Berlin
8