2.Kor, 5,16-6,2 Gott versöhnt uns Gott hat uns mit sich versöhnt…. 1 2.Kor, 5,16-6,2 Gott versöhnt uns Liebe Gemeinde, Warum wurde Gott Mensch? Warum starb Jesus am Kreuz? Diese Fragen stellen sich die Christen seit 2000 Jahren. Noch heute gibt es dazu unzählige Theorien. Eine ganze beliebte Theorie besagt, dass Gott ein Opfer braucht, um den Menschen annehmen zu können. Der Mensch ist unrein und nur, wenn er ganz rein ist, kann Gott ihn annehmen. Hinter diesem Gedanken steckt ein sehr vermenschlichtes Gottesbild. Ein Gottesbild, das falsch und geradezu gefährlich ist. Gott ist doch viel grösser als das. Jesus lehrt uns doch ganz etwas anderes! Er kann auch den schmutzigen Menschen annehmen. Der Vater im Gleichnis des barmherzigen Vaters umarmt und küsst den noch dreckigen, stinkenden Sohn. Er wartet nicht darauf, dass dieser reingewaschen wird. Er sagt nicht: Erst wasche ich Dich rein, dann umarme ich dich. Im Gegenteil. Im Mittelalter stellte sich Anselm von Canterbury die Frage: „Warum wurde Gott Mensch?“ (Cur deus homo) Er erstellte eine Schrift, die bis heute in der katholischen Kirche und auch von manchen Protestanten als Grundlage der Opfer-Theologie dient. Um die Frage zu beantworten nahm er eine Form der kirchlichen Buss- und Opferlehre und verband sie mit germanischem Rechtsdenken. Er sagte, Gottes Ehre sei verletzt worden (exhonoratio) und deshalb wolle Gott Genugtuung (satisfactio). So drang ein altes germanisches Sühneverständnis in die kirchliche Lehre ein. Gott verlangt Genugtuung! Diese falsche Lehre wirkt bis heute fort, auch in freikirchlichen Kreisen. In einem deutschen Gesangbuch steht noch das Lied: „Gottes Sohn ist Mensch geworden, hat versöhnt des Vaters Zorn.“ Doch dieses Denken hat kaum biblischen Boden. Dieses Denken ist heidnisch; eben germanisch. Wir denken manchmal, dass „versöhnen“ von „Sühne“ stammt, aber das stimmt eben nur im germanischen Denken, in der germanischen Sprache, nicht im Griechischen. Im Griechischen hat „versöhnen“ einen ganz anderen Wortstamm als „Sühne“. Versöhnen und Sühne sind nicht das Gleiche! Das müssen wir wissen. Diese zwei Dinge sind zwei Paar Schuhe, auch wenn unserer Bibelübersetzungen diesen Unterschied nicht klar herausarbeiten! Alle Religionen dieser Welt meinen auf die eine oder andere Weise, dass man Gott besänftigen muss. Sie wissen von der Sündhaftigkeit der Menschen. Und sie denken, dass man den göttlichen Zorn stillen muss durch Opfergaben oder durch gute Taten. In diesen Religionen ist Gott das Objekt der Versöhnung. Der Mensch tut etwas, damit Gott ihn wieder gern hat. Der Mensch ist Subjekt der Tat und Gott ist das Objekt! Im Christentum ist das anders! Hier ist Gott das Subjekt. ER handelt, ER versöhnt. Das, was der Mensch tut, ist dann nur Antwort auf das, was Gott schon getan hat. Das ist eine Umkehr der Verhältnisse, die es nur im Christentum gibt. Deshalb ist das Christentum im eigentlichen Sinne keine 2 2.Kor, 5,16-6,2 Gott versöhnt uns Religion, sondern ein Vertrauen. Gott ist nicht der zürnende Empfänger der Opfer. ER ist der heilschaffende Spender der Versöhnung. ER bringt nicht Strafe, sondern Heil! Was ER macht, dient in erster Linie uns. Es dient nicht Seiner Befriedigung. Gott braucht keine Opfer, um den Menschen annehmen zu können; dafür ist Gott viel zu gross. Paulus schreibt ja nicht: Gott versöhnte sich mit uns! So in dem Sinne: Gott hat Seinen eigenen Rachedurst an Jesus und am Kreuz gestillt. Nein, Paulus schreibt etwas, das grammatikalisch unmöglich ist. Gott versöhnte die Welt mit sich. Verstehen wir das Problem? Es mag ja sein, dass ich mich mit jemandem versöhnen kann. Wenn ich einen Streit habe und beschliesse, mein Herz auf Frieden mit diesem Menschen umzustellen. „Ich versöhne mich mit jemandem.“ Aber ich kann doch nicht meinen Feind mit mir versöhnen. „Ich versöhne dich mit mir.“ Dieser Satz ist sprachlich und faktisch nicht möglich. Ich kann Versöhnung anbieten, aber der andere muss sich selbst mit mir versöhnen. „Ich versöhne dich“, das gibt es nicht. Ich kann ja nicht das Herz meines Feindes umstellen von Krieg auf Frieden. Das kann der Feind nur selbst. Paulus sagt aber, dass genau das passiert. Gott versöhnte die Welt mit sich. Das heisst: Gott tat etwas, das völlig unmöglich war. ER machte etwas, das wir nicht machen können. ER schaffte Frieden. ER schaffte Heil. Und zwar vollständig. Die ganze Welt wurde mit Gott versöhnt. Es ist bereits Tatsache. Es ist bereits universale Wirklichkeit! Gottes Friede ist in die Welt hereingebrochen und wir alle leben in diesem Frieden. Die stille Weltrevolution hat bereits stattgefunden. Der Vater ist uns bereits aus Seinem Haus entgegengerannt, Er ist der Menschheit bereits um den Hals gefallen und hat sie geküsst. Er hat den Graben zwischen sich und der Welt zugeschüttet und den Weg frei gemacht. Was bleibt, ist nur noch diese Wirklichkeit anzunehmen und in sie einzutreten. Das Reich Gottes ist nahe, es ist schon da. Wir dürfen es leben, erleben, durchleben. Endlich richtig leben! Die unsichtbare Wirklichkeit Gottes umschliesst das Erdenrund. katallasso, das mit „versöhnen“ übersetzt wird, heisst eigentlich „tauschen, umtauschen, verändern“. Der Friede ist schon da. ER ist ausgegossen über die Welt. An uns ist es, den Tauschhandel anzunehmen. Tauschen wir doch den Krieg gegen den Frieden. Der Krieg ist ja sowieso schon beendet! Gott hat die Welt mit sich versöhnt. Ein Beispiel mag dies illustrieren: Am 14. August 1945 kapitulierte Japan im Krieg gegen die USA. Der militärische Friede war wiederhergestellt. Doch es gab zwei japanische 3 2.Kor, 5,16-6,2 Gott versöhnt uns Soldaten, die auf einer philippinischen Insel festsassen: Yoshio Yamakawa und Tsuzuki Nakauchi. Diese Beiden verpassten das Kriegsende. Fast 60 Jahre versteckten sie sich in den Urwäldern, ernährten sich von Insekten und dem, was die Erde hergab. Der Krieg war vorbei. Sie aber führten ihn weiter. Nach 60 Jahren wurden sie gefunden und es wurde ihnen erklärt, dass bereits Friede herrscht. „Der Krieg ist vorbei, auch wenn ihr das noch nicht wisst.“ Diese Geschichte ist mir ein Bild für die Menschheit. Der Krieg ist vorbei. Gott hat den Frieden geschenkt – einseitig, souverän, ungefragt. Er hat nicht auf unsere Kapitulation gewartet, auch nicht auf unsere Opfer. Einfach so hat Er den Frieden erklärt. Und die Menschheit hat diesen Friedensvertrag verpennt und führt immer noch einen Scheinkrieg, wo es keinen Krieg gibt. Sie hat die Wirklichkeit noch nicht erkannt und lebt noch in einer Scheinwelt. Sie hat den Tausch noch nicht gemacht. Und das hat schreckliche Konsequenzen, die wir jeden Tag miterleben! Die Welt sieht nur das, was vor Augen ist, und nicht die göttliche Wirklichkeit, die bereits alles umschliesst. Wie steht´s um Dich? Hast Du diese Wirklichkeit erfasst? Hast Du Krieg gegen Frieden getauscht? Hast Du die Wirklichkeit des liebenden Gottes in Dich aufgenommen? Oder meinst Du noch, einem zürnenden Gott etwas schuldig zu sein? Jesus starb für Dich. Nicht, weil Gott ein Opfer brauchte. So klein und mickrig ist Gott nicht. Er ist kein Gott, dessen Zorn besänftigt werden muss. Gott kann alles; auch dreckige Sünder an Sein Herz drücken. Gott ist Liebe. Reine Barmherzigkeit, Gnade und Liebe. Zwischen IHM und der Welt war ein unüberwindbarer Graben, der sich Sünde nennt. Und ER hat sich selbst in diesen Graben hinein geworfen. ER hat Jesus Christus zur Sünde gemacht, schreibt Paulus. Jesus selbst füllt den Graben, die Trennung von Gott, jetzt aus. Es gibt keine Trennung mehr. Der Himmel ist auf die Erde hereingebrochen und umschliesst die ganze Schöpfung. Warum ist Jesus am Kreuz gestorben? Wegen uns Menschen, weil wir Ihn gekreuzigt haben. Wir, nicht Gott! Mehr weiss ich zu dieser Frage nicht zu sagen. Wichtiger aber ist: Wozu ist Jesus gestorben? Um für uns in die Bresche zu springen und den Graben aufzufüllen, auf dem wir jetzt zu Gott gehen können. Jesus ist „für uns“ gestorben heisst: Jesus ist in unserem Interesse gestorben, uns zugunsten. Dahinter steckt bei Paulus keine Opfertheologie, sondern eine Theologie der Stellvertretung. Jesus hat für uns etwas gemacht, was wir nicht konnten – den Graben füllen! AMEN 4
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