JUNI 2015 www.bdo.ch BVG INFO Aktuelles aus dem Umfeld der Beruflichen Vorsorge Bundesgericht bestätigt Haftung des Stiftungsrates Mit Urteil des Bundesgerichtes vom 18.12.2014 (9C_263/2014) wurde die Haftung des Stiftungsrates für einen verursachten Schaden von über CHF 30 Mio. bestätigt und in weiteren Urteilen auch diejenige der Revisionsstelle und des PK-Experten. Bezüglich Stiftungsrat wurde klar festgehalten, dass die gesetzlichen Pflichten eines Mitgliedes des obersten Organs sofort bei Amtsantritt beginnen. Das heisst, dass jedes neue gewählte Mitglied vom ersten Tag an sämtliche Pflichten kennen und nachkommen muss. Damit wird klar, dass sich ein Mitglied grundsätzlich bereits vor dem Amtsantritt ein umfassendes Bild über die Lage und Organisation der Vorsorgeeinrichtung machen muss. Das Urteil zeigt auch auf, wie wichtig das Hinterfragen bestehender Abläufe und der Organisation ist. Notwendig ist vor allem auch das Wissen bzw. Verständnis für die vorhandenen Zuständigkeiten und Kontrollen. Mögliche Interessenkonflikte müssen kritisch beurteilt werden können. Bei der Beurteilung der Situation darf sich der neue Stiftungsrat nicht auf die Aussagen seiner Kolleginnen und Kollegen verlassen sondern ist gehalten, eine eigene Einschätzung vorzunehmen (vgl. 10 Gebote für den Stiftungsrat). Vorsorgeausgleich bei Scheidung Die schon seit Jahren angestrebte Änderung des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung rückt langsam näher. Nach dem Ständerat hat im Juni 2015 auch der Nationalrat zugestimmt. Neu soll die Vorsorge auch dann hälftig geteilt werden, wenn ein Ehegatte zum Zeitpunkt der Scheidung bereits eine Rente bezieht. Dabei sollen bei der Aufteilung alle bis zur Einleitung des Scheidungsurteils erworbenen Ansprüche berücksichtigt werden und nicht jene per Rechtskraft des Urteils. Damit soll kein Anreiz geschaffen werden, das Scheidungsverfahren in die Länge zu ziehen. Zudem würde das Warten auf die Rechtskraft die Bestimmung einer Summe erschweren. Grundsätzlich werden die Vorsorgeleistungen hälftig geteilt. Sofern beide Partner und das Gericht einverstanden sind, kann von diesem Grundsatz abgewichen werden. Juni 2015 Sehr geehrte Damen und Herren, In den letzten Monaten mussten sich die PK-Verantwortlichen u.a. mit den Änderungen der Anlagevorschriften und den VegüVBestimmungen auseinandersetzen. Aktuell stehen keine umfassenden Neuerungen an. Dennoch steht die BVG-Welt nicht still: Gerichtsurteile oder geplante Gesetzesanpassungen beeinflussen die Arbeit oder werden inskünftig Auswirkungen haben. Wir bringen Ihnen ausgewählte Themen in kurzer Form näher. Viel Spass bei der Lektüre wünschen Ihnen Bruno Purtschert Marcel Geisser Verzinsung von Austrittsguthaben Versicherte, die Ende Jahr aus einer Pensionskasse austreten, erhalten die gleiche Verzinsung wie diejenigen, die in der Pensionskasse bleiben. Dies hat das Bundesgericht in einem Urteil entschieden. Es ist zwar erlaubt, den im Laufe des Jahres Austretenden einen tieferen Zinssatz zu geben als denjenigen, die das ganze Jahr dabei sind. Jedoch wäre es eine Ungleichbehandlung, wenn man dies auch bei Austritten per Ende Jahr anwenden würde. BDO AG Landenbergstrasse 34 6002 Luzern Tel. +41 41 368 12 12 www.bdo.ch BVG INFO BVG und internationale Rechnungslegungsnormen Gemäss einer Mitteilung der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK), lag der durchschnittliche Deckungsgrad der Pensionskassen Ende 2014 bei 113.5% (ohne öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie). Eine Studie des Beratungsunternehmens Towers Watson zeigt dagegen, dass am gleichen Stichtag von den grössten börsenkotierten Unternehmen lediglich die Credit Suisse die Pensionsverpflichtungen mit mehr als 100% deckt. Wie kommt es zu diesem vermeintlichen Widerspruch? Die Studie von Towers Watson beurteilt die Pensionsverpflichtungen der Arbeitgeber gemäss den International Financial Reporting Standards (IFRS), die mit IAS 19 einen eigenen Standard für die Abbildung der beruflichen Vorsorge in der Jahresrechnung des Arbeitgebers haben. Dabei werden die konzernweiten Verpflichtungen betrachtet und nicht nur diejenigen in der Schweiz. Der Hauptgrund für die Abweichungen liegt jedoch darin, dass die Verpflichtungen einerseits dynamisch betrachtet und andererseits mit marktkonformen Zinssätzen diskontiert werden. Im Gegensatz zu den technischen Zinssätzen von durchschnittlich rund 3% wird dabei für Schweizer Verpflichtungen mit knapp 1% gerechnet und im internationalen Durchschnitt mit 2.2%. Somit werden die Verpflichtungen grösser und der Deckungsgrad sinkt, da das Anlagevermögen dasselbe bleibt. Da Befürchtungen bestanden, dass Schweizer IFRS-Anwender einen Anreiz haben können, ihre Vorsorgepläne so aus- oder umzugestalten, dass sie eine optimale Auswirkung auf die Jahresrechnung des Arbeitgebers haben, wurde vom BSV und der OAK ein entsprechendes Forschungsprojekt lanciert. Dieses hat ergeben, dass IAS 19 für Schweizer Anwender wesentliche Auswirkungen hat. Stellenweise wirken sich die Vorschriften auch auf die Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge eines Unternehmens aus. Einen systematischen Risikotransfer vom Arbeitgeber zu den Arbeitnehmern kann anhand der vorhandenen Daten jedoch nicht beobachtet werden. Juni 2015 2 Parlamentarische Initiative zur Stärkung der Wohlfahrtsfonds Die neuen Regeln für patronale Wohlfahrtsfonds sind im Grundsatz unumstritten und stossen im Parlament auf breite Akzeptanz. Es soll verhindert werden, dass die Zahl der Wohlfahrtsfonds weiter sinkt. Die Vorlage wurde im Juni 2015 von beiden Räten behandelt. Anders als der Nationalrat hält der Ständerat daran fest, den Kreis der Begünstigten klar zu begrenzen. Er hält auch an den Transparenzbestimmungen fest, da die Wohlfahrtsfonds steuerbefreit sind und mit rund 16 Milliarden Franken über ansehnliches Vermögen verfügen. Die Vorlage geht nun wieder an den Nationalrat. Meldung von Kapitalbezügen Im Kindesunterhaltsrecht soll eine Regelung eingebaut werden, die auch Auswirkungen auf Pensionskassen haben wird. Die Inkassobehörden können den Pensionskassen Personen melden, die ihren Unterhaltspflichten nicht nachkommen. Soll Vorsorgekapital eines gemeldeten Versicherten ausbezahlt werden, muss die Pensionskasse ihrerseits die Behörden informieren. Dadurch soll durchgesetzt werden, dass Alimente bezahlt werden, wenn Geld vorhanden ist. National- und Ständerat haben diese Anpassung angenommen. Bis am 9. Juli 2015 läuft noch eine Referendumsfrist. Wahrnehmung der Stimmpflicht (VegüV) Die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) wird wie vorgesehen durch gesetzliche Bestimmungen abgelöst werden. Gemäss Vorentwurf ändern die Regeln nicht wesentlich. Im Gegensatz zu den aktuellen Bestimmungen, muss das Stimmrecht bei allen angekündigten Anträgen des Verwaltungsrates ausgeübt werden. Die Stimmpflicht gilt weiterhin grundsätzlich nur für direkt gehaltene Aktien. Nur wenn der Vorsorgeeinrichtung vertraglich ein Stimmrecht eingeräumt wird oder ein Anlagefonds von der Vorsorgeeinrichtung kontrolliert wird, gilt die Stimmpflicht auch für indirekt gehaltene Aktien. Wahl der Anlagestrategie Vorsorgeeinrichtungen, die ausschliesslich Lohnanteile über dem anderthalbfachen oberen Grenzbetrag versichern (im 2015 CHF 126’900), dürfen innerhalb eines Vorsorgeplans unterschiedliche Anlagestrategien anbieten. Der einzelne Versicherte kann dabei seine persönliche Strategie auswählen. Da sich die Bestimmung in Art. 1e BVV 2 findet, wird auch von «1e-Plänen» gesprochen. In der Praxis haben die 1e-Pläne den Durchbruch noch nicht geschafft, weil im Austrittsfall die Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes (FZG) betreffend Mindestleistungen beachtet werden müssen. Dadurch trug hauptsächlich die anbietende Vorsorgeeinrichtung das Anlagerisiko. Mitte Februar 2015 wurde die Botschaft zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes (FZG) an das Parlament überwiesen. Inskünftig soll im Austrittsfall das vorhandene Austrittsguthaben mitgegeben werden können, auch wenn es aufgrund von Anlageverlusten tiefer als nach FZG ist. BVG INFO Juni 2015 Aufbewahrungspflichten von Vorsorgeeinrichtungen Weisungen der OAK Die Aufbewahrungspflicht von unternehmensrelevanten Dokumenten wird für Vorsorgeeinrichtungen schwergewichtig in zwei Bereichen geregelt, nämlich im Rechnungslegungsrecht (OR) sowie im Vorsorgerecht (BVG und BVV 2). Seit dem 1. Januar 2012 ist die OAK BV aktiv. Seither hat sie 12 Weisungen erlassen. Eine davon wurde wieder aufgehoben. Die obligationenrechtliche Aufbewahrungspflicht der Geschäftsbücher dient der Nachvollziehbarkeit von Schuld- und Forderungsverhältnissen und der Feststellung der Vermögenslage und der Geschäftsergebnisse. Die spezifischen Aufbewahrungspflichten in Bezug auf Vorsorgeeinrichtungen bezwecken darüber hinaus die Sicherstellung der Auskunftserteilung zugunsten der Versicherten, die Sicherung vergessener oder nicht zustellbarer Leistungen und die Abwehr von Ansprüchen unberechtigter Personen. Affoltern am Albis 043 322 77 55 Altdorf 041 874 70 70 Baden-Dättwil 056 483 02 45 Basel 061 317 37 77 Bern 031 327 17 17 Biel 032 346 22 22 Burgdorf 034 421 88 11 Chur 081 403 48 48 Delémont 032 421 06 66 Frauenfeld 052 728 35 00 Freiburg 026 435 33 33 Genf 022 322 24 24 Glarus 055 645 29 30 Grenchen 032 654 96 96 Herisau 071 353 35 33 Lachen 055 451 52 30 Langenthal 062 919 01 70 Laufen 061 766 90 60 Lausanne 021 310 23 23 Liestal 061 927 87 00 Lugano 091 913 32 00 Luzern 041 368 12 12 Olten 062 387 95 25 Sarnen 041 666 27 77 Sion 027 324 70 70 Solothurn 032 624 62 46 St. Gallen 071 228 62 00 Stans 041 618 05 50 Bis zum Zeitpunkt, an dem die versicherte Person das 100. Lebensjahr abgeschlossen hat/hätte. Sursee 041 925 55 55 Wetzikon 044 931 35 85 10 Jahre Zug 041 757 50 00 Zürich 044 444 35 55 Für die Bestimmung der Aufbewahrungsfrist der massgebenden Vorsorgeunterlagen ist auf die verschiedenen Anwendungsfälle nach Art. 27j BVV 2 abzustellen: Keine Geltendmachung von Leistungen Allgemeine Buchungsbelege/ Korrespondenz BDO AG 062 834 91 91 Ein zentraler Unterschied zwischen der Aufbewahrungspflicht nach OR und derjenigen nach BVG resp. BVV 2 besteht in Bezug auf den Beginn der Aufbewahrungsfrist. Die Aufbewahrungsfrist nach Art. 958f OR beginnt mit dem Ablauf des Geschäftsjahres, auf welches sich das aufbewahrungspflichtige Dokument bezieht. Der Beginn der vorsorgerechtlichen Aufbewahrungsfrist nach Art. 27j BVV 2 lässt sich im Moment, in dem das aufbewahrungspflichtige Dokument geschaffen wird, nicht bestimmen. Der Beginn der Aufbewahrungsfrist knüpft an ein Ereignis an, das i.d.R. erst viel später eintritt (z.B. den Tod des Versicherungsnehmers oder die Überweisung der Austrittsleistung im Freizügigkeitsfall). Dies führt dazu, dass die eigentliche vorsorgerechtliche Aufbewahrungsdauer i.d.R. viel länger ist, als diejenige nach Art. 958f OR. Bei Auszahlung von Vorsorgeleistungen Eine Übersicht sämtlicher Weisungen finden Sie hier: http://www.oak-bv.admin.ch/de/regulierung/weisungen/index. html Aarau Die Zielsetzungen der beiden Regelungen sind komplementär. Dies führt dazu, dass beide Aufbewahrungspflichten kumulativ zur Anwendung kommen. Da die Aufbewahrungsfristen (resp. der Beginn des Fristenlaufs) nicht identisch sind, ist folglich stets zu prüfen, ob ein Dokument als Geschäftsbuch im Sinne von Art. 958f OR oder als Vorsorgeunterlage im Sinne von Art. 27i BVV 2 zu qualifizieren ist. Ist ein Dokument sowohl als Geschäftsbuch als auch als Vorsorgeunterlage zu qualifizieren, so sind beide Aufbewahrungsfristen zu beachten, was im Ergebnis bedeutet, dass auf die längere Aufbewahrungsfrist abzustellen ist. Nach Auszahlung Freizügigkeitsleistung 3 10 Jahre 10 Jahre ab Beendigung der Leistungspflicht
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