Fehler und ihre Konsequenzen

Fehler und ihre Konsequenzen …
„Ohne Huf kein Pferd“
Eisen ab…!
Was tun, wenn der eigene Hufschmied leider so weit weg ist, dass er für ein Eisen nicht fast 300km
fahren kann? Dann leider noch den anstehenden Termin aus persönlichen Gründen um zwei Wochen
verschieben muss.
Man wartet und riskiert, dass der Huf ausbricht oder man geht davon aus, dass ein anderer Schmied
in einer Beschlagperiode nicht die Arbeit von Monaten zerstören kann und hofft, dass es einmal gut
geht… Ging es leider nicht.
Ein solcher Fehler, der in Carlos Fall mit massiver Veränderung der Stellung und Zehenachse des
Hufes einherging, bleibt auch bei keinem gesunden Pferd ohne Konsequenzen. Bei einem Pferd wie
Carlos können die Auswirkungen noch etwas elementarer sein.
Wir haben die einzelnen Hufe und ihre Verstellung dokumentiert, um zu schauen, welche
Auswirkungen dieser katastrophale Fehler hat und welche er noch haben kann.
Da Carlos Hufstruktur sehr schlecht ist, bekommt er seit mehreren Monaten ein hochkonzentriertes
Biotin-Kalziumpräparat. Dadurch kann sich unter anderem die Hufstruktur verbessern. Der Huf wird
weniger brüchig und reißt nicht mehr so schnell. Zusammen mit dem auf einander abgestimmten
Fütterungskonzept wird der Huf, wenn er einmal durchgewachsen ist, eine bessere Struktur haben
und das Ausbrechen der Wände wird sich reduzieren lassen. Das jedoch dauert und ist mit nichts zu
beschleunigen.
Die neuen Eisen von Carlos sind jetzt drei Wochen drauf. Man erkennt auf den folgenden Fotos, dass
der Huf sehr klein und kurz geschnitten wurde. Zu klein für das große Pferd mit einem 174 cm und zu
kurz eigentlich für jedes Pferd. Der Schmied hat die Eisen an sich gewechselt. Vorher hatte Carlos
spezielle Vordereisen mit zwei Aufzügen. Diese unterstützen Pferde mit Stellungsfehlern, erleichtern
das Abrollen und sorgen dafür, dass ein kleiner Huf mit Trachtenzwang, der sogenannte Zwanghuf
die Chance hat, wieder größer und breiter zu werden. Darüber hinaus unterstützen sie
belastungsfrei, dass das Pferd über einen langen Zeitraum wieder eine bessere Zehenachse
bekommen kann und dass der Huf wieder rund wird – so wie in Mutter Natur ureigentlich
vorgesehen hat. Alle Überlegungen unseres Hufschmiedes Frank Diekmann hatten einen Sinn….
Der „eingesprungene Hufschmied sah das alles anders und argumentierte, man hätte alles falsch
gemacht. Er veränderte das sich bewährte System komplett. Außerdem hat er sehr dicke Nägel
verwendet. Nicht nachvollziehbare Begründung: „Damit halten die Eisen besser!“
Dicke Nägel machen allerdings dicke Löcher…. Bei einem Pferd mit einer schlechten Hufstruktur reißt
der Huf bei dicken Löchern entsprechend noch schneller aus. Man verwendet also sinnvollerweise
dünne Nägel.
Logisch oder?! Dicker Nagel = dickes Loch und dünner Nagel = kleines Loch….
Die Hufe im Einzelnen
Um die Stellungsfehler zu verdeutlichen hier ein Bild (links) eines korrekt stehenden Pferdes…
Bild links: Nahezu Idealstellung eines Hufes. Die Arbeit von Fohlenalter an.
Bild rechts: Carlos Huf – vorne rechts
a) Der Huf wächst nach gerade einmal drei Wochen schon über das Eisen hinaus. Durch diesen
Druckt reißt der Huf an den Nagellöchern schneller. Die dicken Hufnägel tun ein Übriges.
b) Die Linie markiert deutlich, wie stark der Huf verstellt ist und das die Zehenachse massiv
verändert wurde. Das erschwert das Abrollen massiv und belastet Gelenke, Sehnen, Bänder
und den Rücken des Pferdes stark.
c) Der Huf hat vom Schmied eine starke Wölbung nach innen erfahren. Der Huf drückt sich auch
in der Innenseite nach außen.
Solcher Veränderungen gehen sehr schnell mit Problemen im Bereich Fesselträger und Sehnen
einher, da sich die Belastung auf die unteren Strukturen zum negativen verändert. Auch die
Rückenprobleme des Pferdes werden dadurch nicht weniger, da das Pferd einen kompensatorischen
Bewegungsablauf entwickelt hat und weiter entwickeln wird.
Huf – vorne links
Auch hier zeigt der Pfeil deutlich die veränderte Stellung. Da dieser Huf aber von seinen schlechten
Hufen der beste war, ist die Auswirkung nicht so extrem zu erkennen, die fehlerhafte Belastung
allerdings genauso hoch.
Huf – vorne rechts
Durch das viel zu kleine Eisen ist schon ein ziemlich langer Riss entstanden. Das kann leicht in einem
Hornspalt enden und dieser braucht lange, um sich schließen. Auch bietet ein solcher Spalt dem Sand
die Möglichkeit, sich in den Riss einzuschieben und den Huf in der Wand auszuhöhlen, wodurch eine
sogenannte hohle Wand entstehen kann. Ergebnis: Die Wand bricht irgendwann im günstigen Fall
nur aus und der Hufschmied kann kein Eisen mehr aufnageln. Im negativen Fall können sich
Bakterien hineinsetzen und das kann zu Entzündungen etc. führen.
Huf hinten links
Hier ist die Auswölbung sehr deutlicher zu erkennen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Wand hohl
wird ist hoch. Auch sieht man den Stellungsfehler im Fesselgelenk des Pferdes deutlich. Hätte man
schon im Fohlenalter begonnen, das zu korrigieren, würde das Pferd heute sicherlich bedeutend
besser stehen. Einen solchen Stellungsfehler kann und sollte man bei einem älteren Pferd nicht mehr
korrigieren, sondern nur noch dafür sorgen, dass es sich nicht verschlechtert.
Huf hinten rechts
Auch dieser Huf ist viel zu klein. Auch hier wurde die Stellung verändert.
Wenn man sich alle Hufe zusammen im Vergleich anschaut, sieht man deutlich, dass jeder Huf
unterschiedlich groß ist und jeder Huf eine andere Zehenachse erhalten hat.
Diese viel zu kleinen Hufe können in sechs Wochen nicht so viel nachwachsen, dass die alten
Nagellöcher weitestgehend rausgewachsen sind. Durch die dicken Nägel wird der Huf dann im
Bereich der Nägel aussehen wie ein Schweizer Käse und der Hufschmied wird nicht nur geringe
Probleme haben, die neuen Eisen aufzunageln.
Da die Eisen für den Huf jetzt schon viel zu klein sind, werden sie sicherlich auch keine drei oder
besser noch vier Wochen halten, ohne dass Carlos ein oder mehrere Eisen verliert. Ihn dann bis zum
nächsten Beschlag „barfuß“ laufen zu lassen wird auch nicht möglich sein, da der Huf dann aufgrund
der im unteren Hufbereich noch schlechten Struktur weiter ausbrechen wird. Er wird dadurch noch
kleiner und der Hufschmied hätte vermutlich überhaupt keine Möglichkeiten mehr das Eisen
aufzunageln.
Auch Hufschuhe sind keine Alternative, denn sie sind zum Reiten nicht geeignet und dafür auch nicht
gedacht.
Es bleibt nur beten und hoffen!
Wie sagt mein guter Hufschmied Frank Diekmann immer: Never change a running system….
Vermutlich wäre es besser gewesen, den Hinterhuf die zwei Wochen ohne Eisen zu belassen. Der
Schaden wäre auf jeden Fall um ein vielfaches geringer gewesen. Folgeschäden dieser katastrophalen
Fehlentscheidung sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzuschätzen.
Wir werden also warten müssen, wie es sich entwickelt und hoffen, dass unser bewährter
Hufschmied wieder eine Richtung in das Chaos bringen kann. Die Korrektur dieses einen Fehlers wird
ein Jahr dauern.
Das ist die Zeit, die ein Huf braucht, um einmal durchzuwachsen und die Zeit, die auch die Strukturen
benötigen, um eine Stellungsänderung in ganz kleinen Schritten – nämlich in Millimeterschritten –
zurück in die richtige Richtung zu bringen.
Welche Auswirkungen die Stellungsänderung der Hufe auf die Entwicklung unter dem Sattel hat,
auch das können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzen. Man muss jetzt in allem sehr viel
bedachter – noch bedachter – vorgehen und dafür sorgen, dass die Belastung auf Sehnen, Gelenke,
Bänder und weitere Strukturen nicht zu groß wird. An erste Schritte in Richtung versammelnde
Arbeit, vermehrt Seitengängen um die Längsbiegung und das Geraderichten zu verbessern, ist aus
diesem Grund nicht zu denken. Sie könnten durch seinen kompensatorischen Bewegungsablauf
durch die Stellungsänderung der Hufe zu Schmerzen führen.
Auch einen frischen Galopp durch den Busch sollte man sich bis zum nächsten Beschlagtermin
verkneifen, denn alles kann zu massiven Fehlbelastungen und zum Eisen verlieren führen. Spaß
macht das nicht. Konsequenz: Zurück zu Zügel aus der Hand kauen lassen, zu großen gebogenen
Linien, Übergängen. Das Training auf die Grundlagen reduzieren. … und hoffen, dass er in seinem
Übermut nicht zu viel auf der Weide herumturnt… .