«Wer nicht bellt, der verliert alles»

Stadt Wil
Wiler Nachrichten, 3. Dezember 2015
Seite 5
«Wer nicht bellt, der verliert alles»
WIL Nationalrat Lukas Reimann und Kantonsrat Erwin Böhi setzen sich für Zughalte am Bahnhof Wil ein
Vom Fahrplanwechsel vom
13. Dezember erwarten Nationalrat Lukas Reimann und
Kantonsrat Erwin Böhi eine
Angebotsverschlechterung für
Wil. Damit die Stadt besser
berücksichtigt wird, setzen sie
sich auf Gemeinde-, Kantonsund Bundesebene ein.
Ab Mitte Dezember werden pro
Stunde drei Züge von St.Gallen
nach Zürich unterwegs sein. Zwei
von ihnen werden wie bisher in Wil
halten, der Sprinter hingegen wird
keinen Zwischenhalt zwischen
St.Gallen und Winterthur einlegen. Daneben wird der Entlastungsschnellzug gestrichen, der
bisher um 7.11 Uhr in Wil in Richtung Zürich fuhr. Für Nationalrat
Lukas Reimann und Kantonsrat
Erwin Böhi ist dieser Fahrplanwechsel ein deutlicher Angebotsabbau für Wil. Eine weitere Verschlechterung erwarten sie im Jahr
2018, wenn ein weiterer Sprinter
zwischen St.Gallen und Zürich
eingeführt werden soll – erneut ohne Halt in Wil. Im Interview sprechen sie über die Notwendigkeit einer vermehrten Berücksichtigung
von Wil, Auswirkungen eines abnehmenden öV-Angebotes und ihr
Engagement für Pendler.
Was kommt mit dem Fahrplanwechsel auf die Wiler zu?
Böhi: «Für mich ist dieser Fahrplanwechsel eine Angebotsverbesserung für die Stadt St.Gallen
auf Kosten von Wil. Der sichtbarste Teil der Verschlechterung ist
die Streichung des Entlastungsschnellzuges um 7.11 Uhr.»
Reimann: «In der Vergangenheit
haben wir uns an ein gutes öV-Angebot gewöhnt und denken nicht
daran, dieses zu verlieren. Wenn
wir uns nun aber nicht wehren, wird
Wil irgendwann zu einem Bahnhof
wie jenem in Schwarzenbach.»
In drei Jahren soll sich die Situation nochmals ändern. Was ist
dann vorgesehen?
Wie zuversichtlich sind Sie, dass
die
Angebotsverschlechterung
2018 abgewendet werden kann?
Reimann: «Wir sind zuversichtlich und hoffen, es reicht zeitlich
noch. Andererseits wurden wir
auch erst vor einem halben Jahr zur
Vernehmlassung bezüglich des
baldigen Fahrplanwechsels eingeladen. Einfluss nehmen konnte
man dabei aber schon nicht mehr.»
Bild: Stefan Feuerstein
Stadtparlamentarier und Kantonsrat Erwin Böhi (links) sowie Nationalrat Lukas Reimann kämpfen mit Interpellationen auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene für Zughalte in Wil.
Böhi: «Gemäss der St.Galler Kantonsregierung ist ein zweiter
Sprinter vorgesehen, der nicht in
Wil halten wird.»
Reimann: «Für Wil könnte sich
das öV-Angebot dadurch innerhalb kürzester Zeit zweimal verschlechtern.»
Die SBB spricht von Verbesserungen durch mehr regionale Züge mit freien Sitzplätzen. Was halten Sie von diesem Statement?
Reimann: «Ich denke nicht, dass
viel an dieser Aussage dran ist. Mir
kommt es vor, als wäre der SBB gar
nicht bewusst, wie viele Menschen
betroffen sind – immerhin ist Wil
in Bezug auf die Passagierzahlen einer der grössten Bahnhöfe der Region.»
Böhi: «Wenn jemand etwas Negatives positiv verkaufen kann, dann
sind das die SBB. In Wil sind die Züge praktisch voll, aber nicht wegen Passagieren aus St.Gallen, sondern wegen jenen aus den Regionen Wil, Uzwil und Flawil. Entsprechend zählt dieses Argument
wenig.»
Neue Schulordnung für Wil
WIL Der Vereinigungsbeschluss
von Wil und Bronschhofen hat zur
Folge, dass die Vereinbarungen und
Reglemente der bisherigen Gemeinden innert drei Jahre, das
heisst bis Ende 2015, aufgehoben
respektive neu erlassen werden
müssten. Diese Regelung betrifft
auch die Schulordnungen. Für beide Reglemente wurde beim Kanton eine Fristverlängerung bis Ende 2016 beantragt. Der Stadtrat Wil
hat einen entsprechenden Entwurf der neuen Schulordnung zur
Vernehmlassung freigegeben: Die
Stadt Wil möchte Parteien und Institutionen sowie der Bevölkerung
der Stadt Wil die Gelegenheit geben, ihre Anregungen und Rückmeldungen einzubringen. Die
Schulordnung der Stadt Wil ist unter www.stadtwil.ch/vernehmlassungen aufgeschaltet. Die Vernehmlassungsfrist läuft bis am 29.
Januar. Schriftliche Rückmeldungen sind an die Stadtkanzlei (Rathaus, Marktgasse 58, 9500 Wil) zu
richten.
sk/sfe
Wie haben Sie bereits interveniert?
Reimann: «Vor ein paar Jahren habe ich eine Interpellation verfasst.
Damals hiess es, ich sei zu früh.
Nun habe ich im September
erneut eine Interpellation eingereicht. Darin forderte ich den Bundesrat dazu auf, Wil in Zukunft vermehrt zu berücksichtigen.»
Böhi: «Parallel zur Interpellation
auf Bundesebene reichte ich eine
im St.Galler Kantonsrat und eine
im Wiler Stadtparlament ein. So
wollen wir zeigen, dass wir Wiler
solidarisch für unsere Anbindung
an den öV kämpfen.»
Reimann: «Wer nicht bellt, der verliert alles. Wenn die SBB keinen
Widerstand spürt, ist eine Verschlechterung sichere Sache. Damit etwas läuft, müssen wir
die St.Galler Regierung nun zum
Handeln bewegen.»
Welche Ergebnisse haben Sie
durch Ihr Engagement erreicht?
Böhi: «Man könnte meinen, die
gleiche Person habe unsere Antworten verfasst, sie sind sich sehr
ähnlich. Auch die St.Galler Regierung findet den Wegfall des Entlastungszuges um 7.11 Uhr bedauerlich. Wie ernst das gemeint
ist, weiss ich jedoch nicht.»
Reimann: «Konkret konnte noch
nichts erreicht werden. Es geht nun
aber darum, den Druck aufrecht zu
erhalten und hartnäckig zu bleiben. So lässt sich eine weitere Angebotsverschlechterung vielleicht
verhindern. Möglicherweise sind
wir für den Fahrplanwechsel 2018
aber auch schon wieder zu spät.»
Wie soll es nun weitergehen?
Böhi: «Unser Ziel ist es, dass ab
2018 drei der vier Züge zwischen
St.Gallen und Zürich in Wil einen
Halt einlegen. Dafür werden wir uns
weiterhin stark machen. Das kantonale Amt für öV spielt hierbei eine Schlüsselrolle. Dieses müssen
wir zum Handeln bringen.»
Reimann: «Druck ist auf allen Ebenen wichtig. Schlussendlich trifft
zwar die SBB die Entscheidung,
wenn sich aber die Stadt, der Kanton und der Bund engagieren, stehen die Chancen für uns besser.»
Stichwort «Sanierung der Infrastruktur»: Gemäss dem Flawiler
Gemeindepräsidenten
Elmar
Metzger könnte mit neuer Infrastruktur, Zeit gewonnen werden,
da Züge Gleise in schnellerer Folge passieren könnten. Was halten
Sie von diesem Statement und inwiefern kämpfen auch Sie für eine Erneuerung der Infrastruktur?
Reimann: «Beim Schienennetz besteht ein grosser Nachholbedarf.
Wir sperren uns also nicht gegen
diese Erneuerung, mit der bestimmt Zeitersparnisse möglich
wären, ohne Halte abzuschaffen.»
Böhi: «Daneben würde den SBB
wohl auch etwas Konkurrenz gut
tun, beispielsweise durch Fernbusse. Ohne Konkurrenz werden
nämlich viele Dienstleister arrogant.»
Sie beide sind Mitglieder der SVP,
die sich erst kürzlich gegen eine
Beschränkung des Pendlerabzugs
einsetzte, was primär Autofahrern Vorteile hätte bringen sollen. Wieso setzen gerade Sie sich
für das SBB-Angebot in Wil ein?
Reimann: «Wir stehen allgemein
für Pendler ein. Sie als Arbeitnehmer und Steuerzahler zu bestrafen ist falsch. Mit einer Angebotsverschlechterung riskieren wir,
dass Menschen aus unserer Region abwandern.»
Böhi: «Es ist wichtig, dass der öV
und der Individualverkehr nicht
gegeneinander ausgespielt werden. Sie ergänzen sich und darum
soll es den Leuten frei stehen, wie
sie ihren Arbeitsplatz erreichen.»
Interview: Stefan Feuerstein
Sitzung des Stadtparlaments
WIL Morgen Donnerstag, 3. Dezember, findet ab 17 Uhr in der
Tonhalle Wil die 28. Sitzung des
Wiler Stadtparlaments in der Legislatur 2013-2016 statt. Die einzelnen Geschäfte sind in folgender
Reihenfolge traktandiert.
- Ersatzwahl in die Werkkommission für den Rest der Amtsdauer
2013-2016
- Budget und Steuerfuss für das Jahr
2016 (Investitionsrechnung und
Laufende Rechnung Technische
Betriebe Wil TBW sowie Investitionsrechnung und Erfolgsrechnung
Stadt Wil)
- Interpellation Daniel Stutz (GRÜNE prowil) - Verkehrsentlastung
Zentrum – Grünaustrasse
- Interpellation Arber Bullakaj (SP)
– Einbürgerungsgebühren in der
Stadt Wil
- Interpellation Mario Schmitt
(SVP) – Vollkostenrechnung für
Einbürgerungsaufwand
- Interpellation Arber Bullakaj (SP)
– Einnahmeausfälle für die Stadt
Wil wegen Unternehmenssteuerreform III
- Interpellation Erwin Böhi (SVP)
– Einsatz des Stadtrats gegen SBBAngebotsverschlechterung
Die Unterlagen zu den Geschäften
sind unter www.stadtwil.ch/parlamentssitzung zu finden. Die Beschlüsse werden am Sitzungstag
rund zwei Stunden nach Ende der
Verhandlungen auf der Website der
Stadt Wil publiziert.
sk/sfe