2 / 2015 FÜR DIE PASTORAL ICH WAR FREMD … Migration – Asyl – Flucht EDITORIAL Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ehrenamtlichen und hauptamtlichen Dienst unserer Erzdiözese, „Ich war fremd … – Migration, Flucht, Asyl.“ So lautet der Titel unseres neuen Heftes der Impulse, ganz bewusst ein biblisches Wort als Einstieg aus dem Matthäusevangelium: „Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen“. Dies bedeutet, die Entfremdung wird wirklich – Schritt für Schritt – überwunden, die Aufnahme, die Annahme ist erfolgt bzw. findet statt. Hier gibt es allerdings im Evangelium auch den „Gegensatz“ im wahrsten Sinne des Wortes: „ihr habt mich nicht aufgenommen“. Das sind nun nicht irgendwie zwei Varianten, die situativ angewandt werden können, hier geht es um alles, um uns selbst, nämlich darum, wo wir selbst endgültig landen werden (vgl. Mt. 25/31– 46). Migration bedeutet eigentlich Wohnsitzverlagerung, insofern man überhaupt einen Wohnsitz als Ausgangsbasis hat. Hier gibt es sowohl für Immigration – da will ich hin – als auch für Emigration – da will ich weg – ganz unterschiedliche Gründe und Motivationslagen, durchaus auch zeitbedingt in Umkehrbewegungen, wie wir es gerade in Europa erfahren. Auch deshalb sind vorschnelle Bewertungen sehr kritisch zu sehen. Christen und Christinnen sind Menschen, die ihren endgültigen Wohnsitz in Gott verankert wissen, Menschen also, die die alles entscheidende Migrationsbewegung in Jesus Christus vollzogen haben. Wer in Gott in einem unkündbaren Zuhause wohnen darf, hat den Auftrag, diese rettende und endgültige 2 Migrationsbewegung zu unterstützen; d.h. gerade für die Menschen im Rahmen aller unserer Möglichkeiten besonders da zu sein, die unfreiwillig aus ihrer Not heraus zu uns kommen. Hier dürfen wir nicht „fremdeln“. Es geht darum, ausgehend vom gemeinsamen Hauptwohnsitz aller Menschen in Gott, hilfesuchende Migranten – unabhängig von ihrer eigenen Herkunft und Glaubensüberzeugung – bewusst als Kirche diakonisch zusammen mit Kooperationspartnern kompetent zu unterstützen und dort, wo es adäquat ist, auch pastoral zu begleiten, sie erfahren zu lassen, dass sie zu uns gehören. Durch den Fokus auf die speziellen Herausforderungen in der Flüchtlingsarbeit dürfen dabei unsere muttersprachlichen Gemeinden nicht aus dem Blick geraten, im Gegenteil. Unser Heft will mit den Zugängen und den Erfahrungen die ganze Vielfalt in den Blick nehmen und gerade dadurch Mut machen zur Konkretion: „Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen“. Mit herzlichen Grüßen Ihr Andreas Möhrle Domdekan und Rektor des Erzbischöflichen Seelsorgeamtes für die Pastoral 2/2015 INHALT Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Meditation Wider den Stammtisch! – Christliches zur Flüchtlingsthematik von Daniel Dombrowsky . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Zugänge Migration von Jochen Oltmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Migration als Lernaufgabe – Praktisch-Theologische Perspektive von Regina Polak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Migration und Heterogenität von Elke Tießler-Marenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern von Stefan Schohe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erfahrungen Rickenbach aktiv für Flüchtlinge – Ehrenamtliche gestalten eine zivilgesellschaftliche Aufgabe mit von Anneli Ahnert und Alexander Gromann-Bross . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 „Nah an Menschen von weit weg“ von Gerhard Lück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Kirchenasyl in der Seelsorgeeinheit Brühl-Ketsch von Martina Gaß und Walter Sauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Vertrauensperson, Anwalt, Betroffener Interview mit Heinz Vogel und Kemal Ahmed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Die Nähstube als Ort der Begegnung,Verständigung und des gemeinsamen Lernens von Michaela Günter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Solidarität mit osteuropäischen Pflegehelferinnen und Pflegehelfern von Michaela Lampert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Interkulturelles Café im Kinderhaus Arche Noah von Nadia Bickel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Wenn Verständigung möglich wird – Pforzheim ist Spitze von Tobias Gfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Medien zum Thema Material und Medien 3 1/2015 4 für die Pastoral Meditation Meditation Zugänge für die Pastoral 1/2015 2/2015 MEDITATION Wider den Stammtisch! CHRISTLICHES ZUR FLÜCHTLINGSTHEMATIK Eine jesidische Familie flieht von herannahenden Terroristen des IS. Seit Monaten sehen wir Bilder, die eigentlich nicht auszuhalten sind aber dennoch merkwürdig dumpf an uns vorbei ziehen. Wer vermag es, seine Empathie auch nur bei diesem einen Bild zuzulassen? Erreicht uns doch täglich ein nicht endender Strom unerträglicher Bilder, verknüpft mit Horror-Nachrichten. Daneben beherrscht seit Monaten eine groteske Debatte unsere Gesellschaft: Wer darf herein nach Europa? Gar niemand? Nur die „echten“ Flüchtlinge, die unter Krieg und Vertreibung leiden? Wer ist bereit, wie viele aufzunehmen? Vor über 2000 Jahren ist eine ähnliche Familie auf der Flucht gewesen. Diese Familie hatte nichts. Der Mann war keine hochqualifizierte Fachkraft, die für die Produktivität des Aufnahmelandes hilfreich gewesen wäre. Dann war da auch noch ein Neugeborenes, das erst mal nur isst, schreit und nichts leistet. Was wäre gewesen, wenn die Ägypter die Grenze abgeriegelt hätten, wenn die Familie wieder nach Palästina verfrachtet worden wäre? Dann wäre es schnell vorbei gewesen mit unserem Religionsstifter und alle von uns hätten heute einen anderen Job. Die Erzählung von der Flucht nach Ägypten ist eine der ersten Erzählungen über Jesus Christus. Sie macht deutlich, was sich durch Jesu Botschaft und Handeln hindurch zieht: Gott steht auf der Seite der von Gewalt Bedrohten, Geknechteten und Verfolgten. Diese Erkenntnis ist pastorale Binsenweisheit und schnell ausgesprochen. Auch der Auftrag, der sich daraus für alle Christinnen und Christen ableitet, ist schnell formuliert. Das Verständnis für diese Erkenntnis und ihre ganze Tragweite fällt da schon schwerer. Denn wer dies wirklich ernst nimmt, kann nicht mehr weiter machen wie bisher. Vielleicht ist es gerade in Zeiten der Neuorientierung in veränderten Seelsorgeeinheiten eine heilsame Irritation, sich für einen kurzen Moment auf diese jesidische Familie und ihr Schicksal einzulassen. Bei allem, was an täglichem Hamsterrad-Lauf berechtigt ist, blitzt so ganz kurz das auf, was unser eigentlicher Auftrag ist: Einsatz für die von Gewalt Bedrohten, Geknechteten und Verfolgten. Vielleicht ist diese Irritation so stark, dass im Rahmen eines ohnehin knappen Zeitbudgets nach Möglichkeiten zur Umsetzung dieses Auftrags gesucht wird. Dabei geht es weniger darum, neue Veranstaltungsformen zu entwickeln und Initiativen zu starten. Sondern es geht darum, als Privatperson und als Vertretung der Kirche vor Ort Position zu beziehen in der aktuellen Debatte im Freundeskreis, beim Stammtisch oder in der Gesprächsrunde. Fest steht dabei: Christliche Positionen sind wichtiger denn je! Daniel Dombrowsky Referent für Ministrantenpastoral im Erzbischöflichen Seelsorgeamt 5 2/2015 6 für die Pastoral Zugänge Zugänge für die Pastoral 1/2015 2/2015 ZUGÄNGE Migration Sind wir in Europa mit einer unüberschaubaren Zuwanderung aus dem „Süden“ konfrontiert? Was sagen die Statistiken aus? Und: Was versteht man eigentlich unter Migration? Der einführende Beitrag von Jochen Oltmer klärt Begriffe und räumt mit Vorurteilen auf. (Red.) Migration bildete in den vergangenen Monaten erneut ein zentrales Thema politischer und medialer Diskussionen in Deutschland und Europa. Trotz der hohen und konstanten Aufmerksamkeit blieb die Wahrnehmung räumlicher Bevölkerungsbewegungen, wie schon in den Vorjahren, extrem selektiv: Im Vordergrund standen die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen sowie die Bedingungen und Folgen der Gewährung von Asyl angesichts eines deutlichen Anstiegs der Zahl der Schutzersuchen. Zwischenzeitlich wurde außerdem die Zuwanderung aus den neuen EU-Staaten Rumänien und Bulgarien unter dem Stichwort ‚Armutsmigration‘ ein Schwerpunkt von Berichterstattung und politischen Debatten. Immer wieder ging es um Bewegungen, die als (potentielle) Gefahr für Sozialsysteme, innere und äußere Sicherheit, aber auch gesellschaftlichen Frieden in Bundesrepublik und EU eingeschätzt wurden. Die Tatsache, dass Europa nur ein Rinnsal der umfangreichen Fluchtbewegungen aus und in den Kriegs- und Krisenzonen der Welt erreichte, geriet demgegenüber ebenso wenig in den Fokus wie die Normalität der europäischen Migrationssituation mit ihren millionenfachen räumlichen Bewegungen. Was ist Migration? Der Begriff Migration verweist auf räumliche Bewegungen von Menschen. Er meint jene Muster regionaler Mobilität, die weitreichende Konsequenzen für die Lebensverläufe der Wandernden haben und aus denen Veränderungen sozialer Institutionen resultieren. Mithin wird nicht jede Form räumlicher Bewegung als Migration verstanden, das gilt insbesondere nicht für touristische Aktivitäten und andere Aufenthalte andernorts von kurzer Dauer, so zum Beispiel auch im Fall von Tages- oder Wochenpendlern. Migrantinnen und Migranten streben danach, durch räumliche Bewegungen Erwerbs- oder Siedlungsmöglichkeiten sowie Arbeitsmarkt- oder Bildungschancen zu verbessern bzw. sich neue Chancen andernorts zu erschließen. Migration bildet hier ein Element der Lebensplanung und verbindet sich häufig mit (erwerbs-)biographischen Grundsatzentscheidungen wie Partnerwahl und Familiengründung, Wahl von Ausbildungs- oder Studienplatz, Beruf oder Arbeitsplatz; der überwiegende Teil der Migranten ist also jung. Migration kann aber auch eine Entsendung im Rahmen von Organisationen und Institutionen (z. B. multinationale Unternehmen, diplomatischer Dienst, 7 2/2015 für die Pastoral Zugänge Kirchen) umfassen oder als ‚lifestyle migration‘ auf räumliche Ziele ausgerichtet sein, die höhere Lebensqualität und Selbstverwirklichung zu bieten scheinen. Während in einem solchen Kontext die Handlungsmacht des Einzelnen zur Umsetzung eines Migrationsprojekts hoch ist, gilt das für andere Konstellationen weit weniger; denn Migration stellt auch eine mögliche Reaktion auf Krisen dar, etwa dort, wo Abwanderung Ergebnis von Umweltzerstörung oder akuter wirtschaftlicher und sozialer Notlagen ist. Institutionelle Akteure, insbesondere staatliche, quasi- oder überstaatliche Einrichtungen beobachten und bewerten vor dem Hintergrund spezifischer Interessen und Ziele das Migrationsgeschehen und beeinflussen es mit unterschiedlich leistungsfähigen Instrumenten. Sie kanalisieren Migrationsbewegungen, ziehen Grenzen und kategorisieren Migranten. Ihre Kontroll-, Steuerungs- und Regulierungsanstrengungen können die Handlungsmacht und damit die Freiheit und Freizügigkeit von Einzelnen oder Kollektiven so weit beschränken, dass Formen von Zwangsmigration (Flucht, Vertreibung, Deportation) die räumliche Mobilität dominieren. ru ng u nd ie t n ie r O n und biete Netzwerk, ev ermitteln A rbeit,s-h elfen Schutz ftsmöglichk eiten den. Unterkunontakten mit B eh ör bei K 8 Herkunftsräume und Zielgebiete von Migration sind in der Regel über Netzwerke, also über durch Verwandtschaft, Bekanntschaften und Herkunftsgemeinschaften zusammengehaltene Kommunikationssysteme miteinander verbunden. Migrantennetzwerke vermitteln Wissen über Chancen und Gefahren der Ab- bzw. Zuwanderung, über räumliche Ziele, Verkehrswege sowie psychische, physische und finanzielle Belastungen. Verwandte und Bekannte sind in der Regel die erste Station neu ankommender Migranten. Netzwerke bieten Orientierung und Schutz, vermitteln Arbeitsund Unterkunftsmöglichkeiten, helfen bei Kontakten mit Behörden. Sie haben mithin ein hohes Gewicht im Kontext von Ankunft und Integration. Integration bedeutet das permanente Aushandeln von Chancen der ökonomischen, politischen, religiösen oder rechtlichen Teilhabe. Es handelt sich um einen Prozess langer Dauer, der in der Regel Generationen umfasst. Sehr unterschiedliche staatliche Kategori- sierungen von Migranten ermöglichen und steuern den Einbezug in oder den Ausschluss aus gesellschaftlichen Teilbereichen. Weil der Migrationsprozess allerdings grundsätzlich ergebnisoffen bleibt, stellt die dauerhafte Ansiedlung andernorts nur eine der möglichen Ergebnisse von Migrationsbewegungen dar. Vielmehr bildet Fluktuation, z.B. zirkuläre Bewegung oder Rückwanderung, immer ein zentrales Kennzeichen von Migration. Dimensionen von Migration Die deutschen und europäischen Debatten um Migration vermitteln den Eindruck, riesige Migrationsströme seien auszumachen und würden insbesondere Europa aus dem globalen ‚Süden‘ kommend erreichen. Dem ist nicht so. Die Migrationsverhältnisse in Europa sind vor allem geprägt durch die Zuwanderung aus anderen europäischen Staaten und aus Staaten, die ein vergleichbares Wohlstandsniveau haben. Das lässt sich auch am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland illustrieren: 80 bis 90 Prozent aller Zuwanderer, die in den vergangenen Jahren Deutschland erreichten, kamen aus europäischen Ländern, nur rund drei Prozent beispielsweise 2012 und 2013 aus Afrika. Trotz der in vielen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Feldern auszumachenden fortschreitenden Globalisierung bleibt die Zuwanderung nach Deutschland in aller Regel europäisch. Ohnehin muss festgehalten werden: Der Umfang der globalen grenzüberschreitenden Migration ist in den vergangenen Jahren auf einem niedrigen Niveau relativ stabil geblieben. Neueste Studien zeigen, dass zwischen 1990 und 2010 im Zeitraum von jeweils fünf Jahren nur ca. 0,6% der Weltbevölkerung staatliche Grenzen überschritten haben. In absoluten Zahlen heißt das etwa für 2005–2010: 41,5 Millionen grenzüberschreitende Migrationen weltweit. Obgleich auch in den kommenden Jahrzehnten die Bevölkerung in den ärmeren Ländern anwachsen und in den Industrieländern stagnieren wird, geht die UN davon aus, dass der Umfang der Migration aus den weniger entwickelten in die besser entwickelten Länder nicht weiter steigen wird. In den zwei Jahrzehnten von 1985 bis 2005 gab es noch einen Zuwachs der Migration aus den weniger entwickelten in die entwickelten Länder der Welt. Für den Zeitraum 2000 bis 2005 ermittelte die UN 17,6 Millionen Migranten, die aus weniger entwickelten in entwickelte Länder wechselten, darunter 8,1 Millionen aus Asien, 6 Milli- Zugänge onen aus Lateinamerika und 3,1 Millionen aus Afrika. Für das Jahrfünft 2005 bis 2010 beobachtete die UN bereits einen Rückgang auf 16,6 Millionen. Dieser Trend setzte sich fort und soll sich fortsetzen: Für 2010 bis 2015 spricht die UN von 12,5 Millionen, 2025 bis 2030 nur noch rund 11 Millionen Migranten. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Umfang der Bewegungen aus dem ärmeren ‚Süden‘ in den halten, t s e f h ic s ng en l ä s st Insgesa mtUmfa ng der B ewegu den dass der ärmeren › Süden‹ inWelt aus dem en › Norden‹ der wird. reich er weiter abneh men zukünftig reicheren ‚Norden‘ der Welt zukünftig weiter abnehmen wird, in den vergangenen Jahrzehnten aber ohnehin bereits relativ gering war – eine Feststellung, die gänzlich den häufig lautstark vorgebrachten Auffassungen über die vermeintliche Bedrohung ›westlicher‹ Gesellschaften durch Massenzuwanderungen aus den weniger entwickelten Weltregionen widerspricht. Die Raten der grenzüberschreitenden Migration sind selbst in Großregionen niedrig, in denen kaum oder keine formalen Migrationsbarrieren bestehen: Nur zwei Prozent aller Bürger der Europäischen Union leben in einem anderen Staat der EU, obgleich bereits die Römischen Verträge von 1957 Freizügigkeit als Ziel der europäischen Integration festgeschrieben und über viele Jahrzehnte hinweg die Bewegungen zwischen den europäischen Staaten erleichtert (und gefördert) worden sind. Selbst die viel diskutierten EU-Osterweiterungen haben dabei keine signifikanten Veränderungen herbeigeführt, vielmehr sind die europäischen Mobilitätsraten seit ca. 30 Jahren stabil. Das schließt allerdings (sich stets wandelnde) Schwerpunkte der EU-Binnenmigration nicht aus: Die Bundesrepublik ist aktuell das Hauptziel. In Deutschland lebten 2013 3,1 Millionen Angehörige anderer EU-Mitgliedstaaten, die hier 3,8% der Bevölkerung stellten. Davon kamen mehr als die Hälfte (1,8 Millionen) aus Ländern, die bereits vor 2004 EU-Mitglied waren, darunter vor allem Italien (550.000) und Griechenland (316.000). Aus den 2004 der EU beigetretenen acht Staaten Osteuropas sowie Malta und Zypern lebten 2013 927.000 Angehörige in Deutschland, Polen dominierte mit über 600.000. Rumänien für die Pastoral 2/2015 und Bulgarien, 2007 in die EU aufgenommen, bildeten Herkunftsländer von 414.000 Migranten in der Bundesrepublik, wobei Rumänen mit 267.000 die Bulgaren (147.000) deutlich überragten. Zu beachten bleibt die hohe Fluktuation: In der Regel ist auch die Migration aus den osteuropäischen EU-Beitrittsländern auf temporäre Aufenthalte in Deutschland ausgerichtet, weshalb hohe Zuwanderung mit hoher Abwanderung korrespondiert: So stand der Zuwanderung von 135.000 Rumänen 2013 die Abwanderung von 86.000 gegenüber, 59.000 Bulgaren wanderten zu, 39.000 wieder ab. Diese Tendenz gilt nicht nur für die jüngst aufgenommenen EUMitglieder, auch die polnische Zuwanderung lag 2013 bei 197.000, die Abwanderung bei 125.000. Die hohe Fluktuation ergibt sich nicht zuletzt aus der wachsenden Attraktivität des Hochschul- und Wissenschaftsstandortes Deutschland: Unter den Migranten aus Bulgarien und Rumänien finden sich z. B. zahlreiche Studierende und Nachwuchswissenschaftler, die einen Aufenthalt in der Bundesrepublik zur Weiterqualifizierung nutzen. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln brachten im Zeitraum von 2001–2011 29 % aller Zuwanderer aus der EU zwischen 25 und 65 Jahren einen Hochschulabschluss mit, unter den Rumänen und Bulgaren lag der Anteil bei 25%, während er in der bundesdeutschen Bevölkerung mit 19% deutlich niedriger liegt. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch keine spektakulär hohe Erwerbslosigkeit ausmachen: Die Erwerbslosenrate erreichte in der Bundesrepublik im August 2014 insgesamt 7,8%, bei Rumänen und Bulgaren 9,2 %, wobei die Rate der quantitativ dominierenden Rumänen mit 6,5% die bundesdeutsche Rate unterschritt – und weit unterhalb derjenigen aller Ausländer lag (15,1%). Perspektiven Vor diesem Hintergrund muss festgehalten werden: Weil es keinen ‚Massenansturm‘ von Migranten auf die europäischen Grenzen gab und gibt und auch zukünftig ein solcher nicht zu erwarten steht, entbehren viele Ängste im Blick auf die Folgen von grenzüberschreitender Migration der Grundlage. Zugleich müssen viele restriktive Strategien und Praktiken im Umgang mit Migration aus dem globalen ›Süden‹ als Symbolpolitik verstanden werden – sie behaupten, umfängliche ‚Migrationsströme‘ behindern und verhindern zu können, die aber gar nicht im vorgestellten Maße existieren. 9 2/2015 für die Pastoral Zugänge Tendenzen der Öffnung und der Schließung beherrschen gleichzeitig die Migrationspolitik in Europa sowie die medialen und öffentlichen Debatten. Die EU und die Bundesrepublik Deutschland haben in den vergangenen Jahren zahlreiche unterschiedliche migrationspolitische Instrumente entwickelt, ohne jemals ausgehandelt zu haben, welche mittel- und langfristigen Ziele für die verschiedensten Formen von Migration (EU-Freizügigkeit, Anwerbung von Hochqualifizierten und Arbeitskräften in Mangelbereichen, Bildungs- und Ausbildungsmigration, Umgang mit temporärer Zuwanderung, Asyl) mit diesen Instrumenten erreicht werden sollen. Die fehlende Zielformulierung minimiert nicht nur die Wirkung der Instrumente, sondern lässt auch große Unsicherheit in der europäischen Bevölkerung zurück, die alle Fragen von Migration und Integration betreffen. Die EU verweist stets vehement auf europäische Werte. Sie müssen auch als Leitbild für eine europäische Migrationspolitik fungieren. 10 Jochen Oltmer Universität Osnabrück Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien Zugänge für die Pastoral 2/2015 1/2015 Migration als Lernaufgabe PRAKTISCH-THEOLOGISCHE PERSPEKTIVEN Das reiche Europa hat Schwierigkeiten, die Realität von Migration, Flucht und Vertreibung als Normalität anzuerkennen. Theologisch gehört Migration zur inneren Dynamik der Kirche selbst, wie schon die biblischen Erzählungen bezeugen. Die Aufnahme von Migranten heute ist Teil des Selbstvollzugs von Kirche, bezeugt ihre Treue zum Evangelium, dient ihrem Aufbau und ist für alle die Chance, die Wirklichkeit Gottes auf neue und vertiefte Weise zu erfahren. (Red.) Lernaufgabe: Migration als Normalität anerkennen lernen Migration ist keine Abirrung, sondern eine Konstante der Menschheitsgeschichte. Massenmigrationen haben in den vergangenen 500 Jahren eine Hauptrolle im Kolonialismus, in der Industrialisierung, in der Bildung von Nationalstaaten und in der Entwicklung des kapitalistischen Weltmarktes gespielt. Damit verbunden waren Vertreibung, Deportationen, Gewalt, Unrecht und Ungerechtigkeit. Zugleich wurde dabei der fruchtbare Austausch von Ideen und Werten, kulturellen und religiösen Traditionen gefördert. Ohne Migration gab und gibt es keine gesellschaftliche Innovation.1 Gleichwohl weist die zeitgenössische Migration neuartige Merkmale auf. Man kann von einem „Zeitalter der Migration“ sprechen: Neu ist die Quantität des Phänomens. Obwohl nur 3% der Weltbevölkerung migrieren, ist nach Schätzungen der UNO die Zahl der internationalen Migranten zwischen 2000 und 2013 von ca. 150 Millionen auf 232 Millionen weltweit gestiegen. 2 Nicht mitgezählt sind die Saison- und Binnenmigranten, die nicht legal registrierten Migranten oder die Nachkommen von Migranten. Zudem ist seit 2012 die Anzahl von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen um rund sechs Millionen auf über 51 Millionen Menschen gestiegen, das ist die höchste Zahl seit Ende des Zweiten Weltkriegs – nicht zuletzt verursacht durch den Krieg in Syrien. 3 Die Millionen Umweltflüchtlinge, zahlenmäßig nicht erfasst, sind in dieser Statistik ebenso wenig berücksichtigt. Migration, Flucht, Vertreibung haben längst die Grenzen demographischer Erfassung gesprengt.4 Neu ist die Qualität des Phänomens. Die „SuperDiversifizierung“5 globaler Migration führt zu einem nicht mehr überschaubaren Ausmaß an Pluralisierung. Diese erschüttert traditionelle Vorstellungen von Staat, Nation, Ethnie sowie Recht und Identität. Zeitgenössische Mobilitäts- und Kommunikationsmöglichkeiten fördern „transnationale Migration“ und obaler Migration gl g“ un er zi fi si er iv -D Die „Super m nicht mehr überschaubaren führt zu eine an Plu ralisierung. A usmaß lassen Mehrfachzugehörigkeiten entstehen, die nicht mehr in die klassischen Formate von „Heimat“ und „Fremde“ passen. Rund um den Globus findet eine „transnationale Revolution“ statt, die Gesellschaften und Politiken neu formt. Migration fördert Entgrenzungsprozesse. Ein dabei entstehendes komplexes System aus sozialen Interaktionen, institutionellen Strukturen und informellen Netzwerken zwischen entsendenden, aufnehmenden und Übergangsländern fördert zugleich eine wachsende Vernetztheit zwischen den Nationen dieser Erde. Daher ist Migration 11 2/2015 für die Pastoral Zugänge sozioökonomisch und politisch bedeutsam wie nie zuvor. Neu ist daher auch die Aufmerksamkeit, die Politiker diesem Phänomen zollen. Leider gar nicht neu ist freilich die Art und Weise dieser Aufmerksamkeit: Der politische Widerstand gegen Migration ist heftig wie nie zuvor und paart sich mit menschenfeindlichen Diskursen und Praktiken. Noch nie war er so eng mit nationalen Sicherheitsdiskursen und politischem Konflikt verbunden. Europa wurde im 20. Jahrhundert zum Einwanderungskontinent und hat sich in eine Migrationsgesellschaft gewandelt. Die massenhaften Flüchtlingsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg, die Einwanderungen im Zuge der Dekolonialisierungsprozesse, die Arbeitsmigration der 60er- und 70er-Jahre sowie die erleichterte Binnenmigration innerhalb der Europäischen Union haben dazu wesentlich beigetragen. Westeuropa reagiert seit den 1990er Jahren auf diese Entwicklungen mit massiver Angst – so die offizielle Erklärung – vor unkontrollierbaren Zuströmen der Armen aus dem Osten und dem Süden. Diese Angst explodiert, seit die Ertrunkenen vor Lampedusa nicht mehr übersehen werden können und die Flüchtlings“ströme“ aus dem Nahen Osten nicht aufhören. Sie äußert sich politisch in der Verschärfung von Grenzkontrollen, von Einwanderungsgesetzen und Betonung der Sicherheitspolitik. Diese schwächt das intensive Engagement zahlreicher NGO´s im Bereich von Integrationsprojekten und Flüchtlingshilfe. Das im globalen Vergleich reiche Europa hat Schwierigkeiten, die Realität von Migration, Flucht und Vertreibung als Normalität anzuerkennen. Migration gilt vor allem als Problem und Störung. Die restriktivste Einwanderungs- und Asylpolitik wird diesen Transformationsprozess freilich nicht aufhalten können. Die erste Lernaufgabe besteht daher darin, Migration als Normalität anzuerkennen und eine neue Perspektive zu entwickeln, die Migration als Chance und Potential zur Entwicklung Europas wahrnimmt. 12 Lernaufgabe: Menschenfeindlichkeit entlernen Zu viele Menschen, Gesellschaften und Staaten greifen derzeit auf Denk- und Verhaltensweisen zurück, die sich als „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“6 bezeichnen lassen. Diese Menschenfeindlichkeit ist vor allem in Einwanderungs- und Übergangsländern sowie im reichen Westen der Welt im Wachsen. Antisemitismus7 und Islamophobie 8 , die Antipathie gegen Minoritäten und Migranten9 steigt. Dazu trägt vor allem der rechtspopulistische politische Diskurs bei, der in die Mitte der europäischen Gesellschaften eingedrungen ist. Die „Fremden“ werden zu den Urhebern jener zahlreichen ökonomischen, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Krisenphänomene erklärt, die durch Migration beschleunigt sichtbar werden: Armut, politisches Unrecht und soziale Ungerechtigkeit, mangelnde Teilhabe Urh ebern n de zu n de er w n de m Die Fre isch en, sozialen, om on ök en ch ei lr h za jener d politisch en gesellschaftlich enrt,undie du rch Migration lä Krisenphänomeneunerigkt sichtbar werden beschle am Gemeinwesen und dessen Ressourcen sowie die Unfähigkeit, in Verschiedenheit friedlich zusammenzuleben. Ist es die Angst vor Armut und Ohnmacht, die mit den Fremden ausgegrenzt wird? Oder sind es schlicht Aggression, Hass, Neid und der Wunsch, nicht in seiner Lebensweise gestört werden zu wollen? Und was ist mit der Angst der Fremden, über die nie gesprochen wird? Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gegen Ausländer, Asylsuchende oder Migranten ist keinesfalls eine naturgesetzlich „normale“ Reaktion. Sie wird durch politischen Diskurs und politische Entscheidungen erzeugt und hat historische Wurzeln in den Ideologien und Praktiken des Kolonialismus und Nationalismus. Im kollektiven Gedächtnis europäischer Gesellschaften liegen diese Narrative über die Fremden – Juden, Andersgläubige, Menschen aus dem Osten – nach wie vor bereit – und werden derzeit wieder durch politische Diskurse reaktiviert. Auch die Kirchen in Europa sind von diesen Entwicklungen betroffen. Fremdenängstliche Einstellungen hängen signifikant mit traditionellen religiösen Selbstverständnissen zusammen: Je religiös konservativer eine Person ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese „Fremde“ ablehnt.10 Wie lassen sich solche Menschenfeindlichkeiten entlernen? Von der praktischen Antwort auf diese Frage hängt der Friede in Gesellschaft und Welt ab. Lernaufgabe: Eine theologische Perspektive auf Migration lernen Aus der Sicht des Glaubens ist Migration ein „Zeichen der Zeit“11. Sie verändert das Bewusstsein der Zugänge Menschheit über sich selbst und kann darin Gottes Präsenz auf neue Weise erschließen – in der Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen der Schöpfung, aber auch im Aufruf zu mehr Gerechtigkeit. Basierend auf der Verbundenheit und Solidarität der Gläubigen mit allen Menschen können Gläubige in diesem Zeichen der Zeit nach Gott suchen und ihn finden. Dies geschieht, indem Gläubige z.B. gemeinsam mit den Migranten um deren Würde und Anerkennung kämpfen, weil sie den Mangel an Gerechtigkeit als menschliche Gottesferne erkennen. Das Lehramt der Katholischen Kirche hat diese Sicht auf Migration bereits 2005 in seiner Instruktion Erga migrantes Caritas Christi12 formuliert: „Wir können also das gegenwärtige Migrationsphänomen als ein sehr bedeutsames Zeichen der Zeit betrachten, als eine Herausforderung, die es beim Aufbau einer erneuerten Menschheit und in der Verkündigung des Evangeliums des Friedens zu entdecken und zu schätzen gilt.“13 Aus der Sicht des katholischen Lehramtes gehören die Migrationen der Gegenwart sogar zur Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit: „Der Übergang von monokulturellen zu multikulturellen Gesellschaften kann sich so als Zeichen der lebendigen Gegenwart Gottes in der Geschichte und in der Gemeinschaft der Menschen erweisen, da er eine günstige Gelegenheit bietet, den Plan Gottes einer universalen Gemeinschaft zu verwirklichen. […] Die Christen sind daher aufgerufen, […] die Achtung vor der Identität des Anderen zu bezeugen und zu praktizieren.“14 Migration ist ein Aufruf zu Solidarität und Gerechtigkeit. Die Sicht des Lehramtes wurzelt in der biblischen Migrationstheologie. Die biblischen Bücher sind zu einem Großteil im Kontext von Migration entstanden. Im Alten Testament ereignet sich in der Geschichte von Exil, Vertreibung, Wanderung, Fremdsein und Diaspora die Offenbarung Gottes. Diese Geschichte beginnt mit der Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies (Gen 3), führt von der Neuansiedlung Noahs und seiner Nachkommen nach der Sintflut (Gen 8), dem Aufbruch von Abraham und Sarah aus Haran (Gen 12), Jakobs Flucht vor Esau nach Haran (Gen 28), Josephs Verschleppung nach Ägypten (Gen 37) bis zur Übersiedlung der ganzen Sippe Jakobs nach Ägypten (Gen 46). Sie gipfelt im Auszug der Israeliten aus Ägypten und den Durchzug nach Palästina (ab Ex 12), reicht von den Exilserfahrungen nach dem Untergang Israels im 8. und 6. Jahrhundert v. Chr. bis zur endgültigen Vertreibung der Juden aus für die Pastoral 2/2015 Judäa mit der zweiten Zerstörung des Tempels um 135 v. Chr. Diese Ereignisse wurden als „Lernerfahrung und Erfahrungsschatz genutzt und verarbeitet“15 und biblische Theologie wird zu einer „Theologie der Migration“. Migranten-Identität wird zum Bestandteil des Glaubensbekenntnisses. Die eigene Leidenserfahrung wird zu einer „empathischen Xenologie“16, die sich im Gebot der Gastfreundschaft und einer differenzierten Gesetzgebung für Fremde verdichtet. Diese findet ihren Höhepunkt im Gebot, den Fremden zu lieben wie sich selbst: „Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei dir aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen.“ (Lev 19,34) Auch das Neue Testament ist von Migrationserfahrung geprägt. Jesus ist als Wanderprediger in Galiläa unterwegs, sein Leben beginnt mit der Flucht nach Ägypten und ist von Heimatlosigkeit geprägt. Diese Heimatlosigkeit wird auch für seine Jünger zur Verpflichtung, damit sie das Reich Gottes verkünden soll eu ch t, äl fh au r di i be ch si D er Fremde, derisch er gelten, und du sollst ih n wie ein E inh eim wie dich selbst. lieben können. Das Selbstverständnis als „Fremde“ und „Gäste“ auf Erden (Hebr 11,13; 1 Petr 2,11) gehört zum Selbstverständnis der ersten Christen. Paulus, der erste „international“ wandernde Apostel betont die unhintergehbare Einheit der Menschen in ihrer Verschiedenheit in Christus (z.B. Gal 3,28; Kol 3,10–11). Die Verantwortung für den Fremden wird zum ethischen Gebot und darin zum spirituellen Begegnungsort mit Christus selbst (Mt 25). Bis in die Patristik hinein kennt die junge Kirche eine Spiritualität der Migration: Sie versteht sich als universale Kirche, die als Pilgerin unterwegs ist, darin ein Zeichen der Hoffnung darstellt. Sie ist bereit zur Aufnahme unterschiedlichster Menschen und Völker in deren Vielfalt und ist bei allen Differenzen gemeinschaftsbildend. Eine solche Sicht auf Migration ist alles andere als selbstverständlich. Sie kann nicht moralisch verordnet werden, sondern bedarf spiritueller Erfahrung und Verankerung. Dafür braucht es gläubige Gemeinden und Gemeinschaften, in denen das Zusammenleben mit Migranten innerhalb und außerhalb der Kirche 13 2/2015 für die Pastoral Zugänge erprobt wird. Migration ist konstitutiv für die Gestalt, die innere Struktur der Gemeinschaft und die Lebensdynamik der Kirche. Deshalb ist es nicht die Gemeinde bzw. Pfarre, die Migranten aufnimmt. Es verhält sich umgekehrt: Die Aufnahme des Migranten, des Reisenden, des Pilgers auf ihren Straßen macht die Pfarrei erst zu einer solchen. Migration ist kein kontingentes Problem der Kirche, das es intern und extern sozial und politisch zu lösen gilt. Sie gehört zur inneren Dynamik der Kirche selbst. Die Aufnahme von Migranten ist nicht bloß ein gutes Werk der Kirche, sondern gehört zu ihrem Selbstvollzug. Erga migrantes formuliert dies so: „Die Aufnahme des Fremden, die der frühen Kirche eignet, bleibt also ein dauerhaftes Siegel der Kirche Gottes. Sie bleibt gleichsam gekennzeichnet von einer Berufung zum Exil, zur Diaspora, zur Zerstreuung unter die Kulturen und Volksgruppen, ohne sich je völlig mit einer von ihnen zu identifizieren, denn andernfalls würde sie aufhören, eben Angeld und Zeichen, roblem der P s te en ng ti on k n ei k Migration ist intern und extern sozial und K irch e, das es gilt. Sie geh ört zu r inneren politisch zu lösen der K irch e selbst. Dyna mik Sauerteig und Verheißung des universalen Reiches zu sein als auch eine Gemeinschaft, die jeden Menschen ohne Vorzug von Personen und Völkern aufnimmt. Die Aufnahme des Fremden gehört also zum Wesen selbst der Kirche und bezeugt ihre Treue zum Evangelium.“17 14 Lernaufgabe: Katholisch werden18 Migration dient dem Aufbau der Kirche: „Die Migrationen bieten den einzelnen Ortskirchen die Gelegenheit, ihre Katholizität zu überprüfen, die nicht nur darin besteht, verschiedene Volksgruppen aufzunehmen, sondern vor allem darin, unter diesen ethnischen Gruppen eine Gemeinschaft herzustellen. Der ethnische und kulturelle Pluralismus in der Kirche stellt keine Situation dar, die geduldet werden muss, weil sie vorübergehend ist, sondern eine ihr eigene strukturelle Dimension. Die Einheit der Kirche ist nicht durch den gemeinsamen Ursprung und die gemeinsame Sprache gegeben, sondern vielmehr durch den Pfingstgeist, der Menschen aus unter- schiedlichen Nationen und verschiedener Sprache zu einem einzigen Volk zusammenfasst und so allen den Glauben an denselben Herrn verleiht und aufruft zur selben Hoffnung.“19 Das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte eröffnet der Kirche ein kreatives Experimentierfeld für Innovationen. Die Vielfalt der religiösen und kulturellen Ausdrucksformen und Gaben bereichert Katholizität. Dabei werden Konflikte, Vorurteile und Wunden auf allen Seiten aufbrechen. Aber dies ist notwendig, denn nur so werden Prozesse der Heilung, der Versöhnung und eines Einswerdens in Verschiedenheit überhaupt möglich. Migration ist der Aufruf zu jenem Universalismus, der nur in einer vielfältigen Praxis an konkreten Orten wirklich werden kann. Er zeigt sich in einer multikulturellen Kirche, einem „Volk Gottes aus den Völkern“, einer wahrhaft katholischen Kirche. Was bedeutet die globale Migration jener, die nicht zur Kirche gehören bzw. keine Christen sind, für den Glauben, die Theologie, die Kirche? Die Migration der religiös und kulturell „Anderen“ ist eine epochal neuartige praktische und theologische Herausforderung. Migration verweist in diesem Kontext auf die „Außenseite“ der Katholizität: Wie lässt sich die Universalität in Bezug auf die „Anderen“ der Kirche und des Christentums denken und leben? Die Verantwortung für globale und lokale, politische und rechtliche, soziale, ökonomische und kulturelle Gerechtigkeit sowie für ein friedliches Zusammenleben in Verschiedenheit wird in diesem Zusammenhang zur Nagelprobe des christlichen Glaubens im Kontext einer pluralen Migrations-Welt. Sie wird zum zentralen Ort der Erfahrung Gottes. Die christlichen Kirchen sind in diesem Zukunftslaboratorium schon länger Akteure. Aus der Fülle einige Beispiele: Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz haben 1997 in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ein „Gemeinsames Wort zu den Herausforderungen von Migration und Flucht“ 20 herausgegeben: Der Text „[…] und der Fremdling, der in Deinen Toren ist“ bietet historische, biblische, ethische, theologische und politische Überlegungen und Praxisvorschläge. Der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf legte 2005 in seinem Papier zur „Praxis der Gastfreundschaft in einer Zeit neuer Migrationsformen“ 21 eine Analyse der Situation und konkrete Handlungsvorschläge vor. Darin bekennen sich die christlichen Kirchen zu Zugänge einer Kultur der Begegnung, der Gastfreundschaft und herzlichen Aufnahme von Migranten. Konkrete Maßnahmen innerhalb der kirchlichen Gemeinden (Begegnungsräume, Ausbildungsprogramme, multikulturelle Dienste, […] werden ebenso aufgezählt wie gesellschaftliche und politische Forderungen benannt: Interreligiöser Dialog, Grundrechte, Integration, Asylrecht usw.). 2010 starteten die Konferenz Europäischer Kirchen und die Churches‘ Commission for Migrants in Europe das „Jahr der Europäischen Kirchen für Migration“ 22 mit zahlreichen Aktionen. Die CCME publizierte auch eine Studie, die die Migrationssituation für alle Staaten Europas kompakt darstellt und praktische Antworten christlicher Kirchen auf Migration dokumentiert. 23 t zu den ersten ör h ge e ch ir K e ch is Die Kath ol n, die sich mit der ne io at is an rg O n le na io internat befasst hat. Frage der Migra nten für die Pastoral 2/2015 – durch forcierte internationale Zusammenarbeit zu bekämpfen. Die Katholische Soziallehre sieht Migration vor allem als eine Chance für die Entwicklung gerechter internationaler Beziehungen innerhalb der Menschheitsfamilie. Die bereits erwähnte Instruktion Erga migrantes widmet sich neben den katholischen Migranten auch dem Verhältnis zu Migranten anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften, zu muslimischen Migranten sowie der Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs. So liegt von Seiten der Kirchenleitungen bereits eine Fülle von konkreten und praktischen Ideen vor, wie auf der lokalen Ebene von Gemeinden und Gemeinschaften Migration zur Chance werden kann, das Zusammenleben in Vielfalt, Verschiedenheit und Gerechtigkeit neu zu lernen und darin die Wirklichkeit Gottes heute auf neue, vertiefte Weise zu erfahren. Sie harren einer breiten pastoralen Rezeption. Die Katholische Kirche gehört zu den ersten internationalen Organisationen, die sich mit der Frage der Migranten befasst hat. Der Päpstliche Rat für die Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs24 publiziert jährlich Schreiben zu Fragen der Migration. Papst Johannes Paul II. hat sich vehement für die Verhinderung illegaler Immigration ausgesprochen, zugleich aber auch gefordert, deren Ursachen – globale soziale Ungerechtigkeit und politische Instabilität Regina Polak Institut für Praktische Theologie, Katholisch- Theologische Fakultät der Universität Wien 1 Vgl. dazu Castles, Stephen/Miller, Mark J.: The Age of Migration. International Population Movements in the Modern World. 4. Auflage. New York/London 2009. Vgl. auch http://www.age-of-migration.com/ [15.06.2015]; Bade, Klaus (Hg.): Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Paderborn/Wien 2007. 2 Vgl. United Nations, International Migration: http://www.un.org/en/development/desa/population/migration/publications/wallchart/index.shtml [15.06.2015]; als internationale Migranten gelten Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt mindestens ein Jahr außerhalb ihres Herkunftslandes haben. 3 UNO-Flüchtlingshilfe: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten.html [15.06.2015]. 4 Vgl. International Organization for Migration: http://www.iom.int/ [15.06.2105]. 5 Vgl. Max Planck Institute for the Study of Religious and Ethnic Diversity : http://media.mmg.mpg.de/ [15.06.2015]. Vielfalt nimmt zu, weil immer mehr Menschen aus verschiedenen Ländern sich überall auf der Welt verteilen. 15 2/2015 für die Pastoral Zugänge 6 Vgl. das Langzeitprojekt der Universität Bielefeld zu „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ (2002 – 2012) unter der Leitung von Wilhelm Heitmeyer: http://www.uni-bielefeld.de/ikg/projekte/GMF/ [15.06.2015]. Unter dem Titel „Deutsche Zustände“ erscheint seit 2002 jährlich im Suhrkamp eine Publikation der Ergebnisse. 7 Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, FRA-Erhebung zu Wahrnehmungen und Erfahrungen der jüdischen Bevölkerung im Zusammenhang mit Antisemitismus, u.a.. Publikationen zum Antisemitismus in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union: http://fra.europa.eu [15.06.2015]. 8 Für Deutschland: Religion Monitor: Understanding common ground. Special Study of Islam, 2015. An overview of the most important findings: http://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/51_Religionsmonitor/Religionmonitor_Specialstudy_Islam_2014_Overview_20150108.pdf [15.06.2015]. 9 Rosenberger, Sieglinde/Seeber, Gilg: Kritische Einstellungen: BürgerInnen zu Demokratie, Politik, Migration, in: Polak, Regina (Hg.): Zukunft. Werte. Europa. Die Europäische Wertestudie 1990 – 2010: Österreich im Vergleich. Wien u.a. 2011, 165-190. 10 Arts, Wil/Halman, Loek: Value Research and Transformation in Europe, in: Polak, Regina (Hg.): Zukunft. Werte. Europa. Die Europäische Wertestudie 1990 – 2010: Österreich im Vergleich. Wien u.a. 2011, 79-99, 85ff. 11 Vgl. Polak, Regina/Jäggle, Martin: Gegenwart als locus theologicus. Für eine migrationssensible Theologie im Anschluss an Gaudium et Spes, in: Tück, Jan-Heiner (Hg.): Erinnerung an die Zukunft. Das Zweite Vatikanische Konzil. 2. Auflage. Freiburg 2012, 550-580. 12 Päpstlicher Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs: Instruktion Erga migrantes caritas Christi, URL: http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/migrants/documents/rc_pc_migrants_doc_20040514_erga-migrantes-caritas-christi_ge.html [15.06.2015]. 13 Erga migrantes 14. 14 Erga migrantes 9. 15 Dehn, Ulrich/Hock, Klaus: «Mein Vater war ein heimatloser Aramäer» . Religionswissenschaftliche und theologische Anmerkungen zum Thema Migration.“ In: ZMiss 1–2, 99-114, 111. 16Ebd. 17 Erga migrantes 22. 18 Polak, Regina: Migration und Katholizität, in: Regina Polak/Wolfram Reiss (Hg.): Religion im Wandel. Transformationsprozesse religiöser Gemeinschaften in Europa durch Migration – Interdisziplinäre Perspektiven. Reihe: Religion and Transformation in Contemporary European Society 9, Wien 2014, 233-296. 19 Erga migrantes 103. 20 Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland/Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (Hg.): (1997) „[…] und der Fremdling, der in Deinen Toren ist.“ Gemeinsames Wort der Kirchen zu den Herausforderungen durch Migration und Flucht: http:// www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/gem-texte/GT_12.pdf [15.06.2015]. 21 Anzufordern beim Ökumenischen Rat der Kirchen : http://www.oikoumene.org [15.06.2015]. 22 Migration2010: URL : http://migration2010.eu/ [15.06.2015]. 23 Churches´ Commission for Migrants in Europe (CCME) & Nova Research Centre. Jackson, Darrell/ Passarelli, Alessia: Mapping Migration. Mapping Churches´ Responses. Europe Study. Brüssel 2008. 24 Vgl. Päpstlicher Rat für die Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs: http://www.vatican.va/roman_curia/ pontifical_councils/migrants/index_ge.htm [15.06.2015]. 16 Zugänge für die Pastoral 2/2015 Migration und Heterogenität Deutschland ist dabei, das Bewusstsein einer Einwanderungsgesellschaft zu entwickeln, Wissen über die jeweils „Anderen“ und die Vergewisserung seiner selbst tragen zum Abbau von Ängsten und Vorurteilen bei. Beheimatung und Zusammenhalt zu fördern ist ein Beitrag der Kirche in dieser Entwicklung.(Red.) In Deutschland gibt es eine große Vielfalt an Lebensentwürfen, Kulturen oder Glaubensorientierungen. Diese Vielfalt und die Zuwanderung von Menschen aus anderen Kulturkreisen macht manchen Menschen Angst und wird abgelehnt. Andererseits wird weitere Einwanderung gefordert, um Fachkräftelücken zu schließen und zur Abmilderung des demographischen Wandels beizutragen. Verträgt eine Gesellschaft trotz dieser positiven Effekte von Migration aber vielleicht nur ein bestimmtes Maß an Vielfalt? Studien und die Praxis in vielen Einwanderungsländern zeigen, dass nicht Heterogenität den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet, sondern ein unzeitgemäßes Verständnis des „Wir“. Zusammenhalt entsteht nicht durch Homogenität, sondern durch das Bewusstsein, dass Gesellschaft nur in ihrer Verschiedenheit funktioniert. Ein erster Schritt dahin ist, die Realität zu kennen. Deshalb wird im Folgenden die Migration nach Deutschland skizziert und dabei auch das eine oder andere liebgewonnene Bild in Frage gestellt. Migration als Zeichen der Zeit? Das noch relativ junge 21. Jahrhundert bringt weltweit viele Bewegung. Derzeit gibt es ca. 230 Millionen Menschen, die ihr Heimatland verlassen haben. Das sind in absoluten Zahlen so viel wie nie zuvor. Blickt man auf die Weltbevölkerung als Ganzes, liegt der der Anteil der Migranten/innen1 aber seit langem relativ konstant bei rund drei Prozent. Die Migrationsbewegungen, die weltweit zu beobachten sind, entsprechen nicht der verbreiteten Vorstellung, es handele sich vor allem um arme Menschen, die in wohlhabendere Staaten fliehen. Tatsächlich wanderten nur ca. 35 Prozent aus einem wenig entwickelten Land in den „reichen Norden“. Die größten Wanderungsbewegungen finden regional innerhalb Europas und innerhalb Asiens statt. Deutschland ist ein Einwanderungsland Deutschland mag nicht darum geworben haben, aber Einwanderung findet schon immer statt. Derzeit sind die Einwanderungszahlen auf dem höchsten Stand seit 17 1 Unter dem Begriff Migranten/-innen werden im Folgenden alle Personen zusammengefasst, die grenzüberschreitend migrieren. 2/2015 für die Pastoral Zugänge den 1990er Jahren. 2013 lag der Zuwanderungssaldo bei 430.000 Personen. Die Hauptherkunftsländer liegen, wie seit Jahrzehnten, in Europa (einschließlich Türkei). Aus afrikanischen Staaten kamen nur 6 %, aus Asien 15%. Deutschland ist kein Land der unkontrollierten Einwanderung. Ausländer, die nicht aus einem anderen EU-Staat stammen, benötigen eine Aufenthaltserlaubnis, die es zum Zweck der Erwerbsstätigkeit gibt, für ein Studium, für den Familiennachzug oder aus humanitären Gründen. Für die Einreise ist zumeist ein Visum nötig, vor dessen Erteilung geprüft wird, ob alle Voraussetzungen für den gewünschten Aufenthalt erfüllt sind. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis ist, dass der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen gesichert ist. Auch wer visumsfrei einreisen darf, wie z. B. aus Serbien oder den USA, benötigt für einen längeren Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis, die nur erteilt wird, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Bei Flüchtlingen werden bei der Einreise- und der Aufenthaltserlaubnis Abstriche bei der Pflicht zur Einreise mit Visum und bei der Lebensunterhaltssicherung gemacht. Die Einwanderungszahlen, je nach Aufenthaltszweck, variieren stark. Der Anteil der Studierenden ist beispiesweise bei Einwandernden aus China, den USA und Indien besonders hoch. Einen hohen Anteil an den einwandernden Arbeitskräften haben u. a. die Ukraine und Bosnien-Herzegowina. Bei der Türkei liegt mit 36 % der Anteil der Aufenthaltstitel zum Zweck der Familienzusammenführung am höchsten. Das Bild, dass Zuwanderung vor allem über die Familienzusammenführung stattfindet, entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Mobilität der EU-Bürger/innen EU-Staatsangehörige genießen innerhalb der EU Freizügigkeit. In Deutschland stellen sie seit langem s Polen mehr au in le al en am k 13 0 Im Jahr 2 als A sylsuch end. nd la ch ts eu D ch na Mensch en 18 die mit Abstand größte Zuwanderungsgruppe. In den letzten 3 Jahren lag der Anteil bei über 60%. Polen ist seit den 1990er Jahren das zugangsstärkste Land. Im Jahr 2013 wurden 197.009 Zuzüge festge- stellt – damit kamen allein aus Polen mehr Menschen nach Deutschland als Asylsuchende, von denen 2013 109.000 neu registriert wurden. Flüchtlingsaufnahme in Deutschland und in der Europäischen Union Statistisch und sprachlich wird zwischen Flüchtlingen und Asylsuchenden unterschieden. Flüchtlinge sind demnach Menschen, die vor Verfolgung oder Krieg fliehen, und Asylsuchende sind Menschen, die in einem anderen Land förmlich um Asyl nachsuchen. In den letzten Jahren sind weltweit die Flüchtlingszahlen in Folge von Kriegen, wie in Syrien, oder wegen der Verschärfung der Menschenrechtslage, wie in Eritrea, deutlich gestiegen. Die drei Hauptherkunftsländer 2013 waren Afghanistan, Syrien und Somalia. Rund 80 Prozent der 16,7 Millionen grenzüberschreitend Geflohenen blieben in der Region. Die Zahl der Asylsuchenden ist weltweit mit 1,1 Millionen sehr viel geringer. Sie fliehen zumeist in die Industriestaaten. Hauptaufnahmeländer waren in den letzten Jahren Deutschland, USA, Frankreich und Schweden. Sieht man, wie gering im weltweiten Vergleich die Zahl der Flüchtlinge in der EU ist, scheint der Vorwurf der Abschottung zu stimmen. Dennoch kommen Flüchtlinge über zumeist sehr gefährliche Wege. Haben sie einen Staat der EU erreicht, bestimmt die Dublin-Verordnung, dass sie ihren Asylantrag in dem ersten EU-Staat, den sie betreten, stellen müssen. Wer weiter wandert, wird in das Ankunftsland zurückgeschickt. Allerdings ist ein angemessener Umgang mit Asylsuchenden nicht in allen EU-Staaten gesichert. Deshalb darf beispielsweise nach Griechenland niemand zurücküberstellt werden. Es wird seit Jahren darüber diskutiert, ob dieses System zu einer Überlastung der südlichen EU-Staaten führe. Blickt man auf die Zahl der Asylsuchenden, sieht man allerdings, dass Deutschland und Schweden seit Jahren in absoluten Zahlen und im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr Flüchtlinge aufnehmen als Italien oder Griechenland. Allerdings berücksichtigen diese Zahlen nicht, wie viele Menschen nach ihrer Ankunft zunächst untergebracht und versorgt werden müssen. In Italien sind 2014 beispielsweise ca. 170.000 Menschen angekommen. Die Zahl der Asylsuchenden betrug „nur“ 65.000. Die anderen Flüchtlinge dürften in der EU weitergewandert sein. Die Randstaaten der EU brauchen also derzeit nicht unbedingt eine Zugänge Entlastung bei den Asylverfahren, sie benötigen aber Unterstützung bei der Seenotrettung und der Erstversorgung von Flüchtlingen. EU brauch en alsog r de en at ta ds an R ie D t eine E ntlastun derzeit nicht unbehdirengn, sie benötigen aber bei den A sylv erfader Seenotrettung und der Unterstützung bergi ung von Flüchtlingen. E rstv erso In Deutschland leben Flüchtlinge, die, wie einige Tausend Iraker und über 20.000 Syrer, im Rahmen von Kontingenten nach Deutschland einreisen durften. Sie haben von Anfang an eine Aufenthaltserlaubnis und dürfen arbeiten. Daneben gibt es Flüchtlinge, die ihre Flucht selbst organisieren (meist mit Hilfe von Schleppern) und in Deutschland ein Asylverfahren durchlaufen. Während des Verfahrens werden sie zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung, später in Gemeinschaftunterkünften oder Wohnungen untergebracht. Lange Zeit durften Asylsuchende in Deutschland nicht arbeiten. Mittlerweile haben sie nach 3 Monaten Aufenthalt Zugang zum Arbeitsmarkt. Solange sie sich nicht selbst versorgen können, erhalten sie Leistungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Wird im Asylverfahren ein Schutzbedarf festgestellt, erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis, ansonsten müssen sie Deutschland verlassen. In Einzelfällen kann der weitere Aufenthalt geduldet werden. Für Ausländer, die sich mit einer solchen Duldung jahrelang in Deutschland aufhalten, wurden in den letzten Jahren verschiedene Bleiberechtsregelungen geschaffen. 2014 wurden in Deutschland 173.072 Asylanträge gestellt, für 2015 werden über 400.000 erwartet. Bis zu den 1990er Jahren kam der größte Teil derjenigen, die in Deutschland Asyl suchten, aus einem osteuropäischen Staat oder der Türkei. Seit den Balkan-Kriegen in den 1990er Jahren zählten die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien zu den Hauptherkunftsländern. Aus diesen Staaten kamen auch in den letzten Jahren viele, die aber in Deutschland nicht als Flüchtlinge anerkannt werden. Daneben sind Russland, Iran, Irak, Syrien und Afghanistan sowie der Sudan, Somalia und Eritrea Hauptherkunftsländer. Ein Blick auf die Altersstruktur von Asylsuchenden und die Verteilung der Geschlechter zeigt, dass insge- für die Pastoral 2/2015 samt (junge) Männer überrepräsentiert sind. Bei den Staaten, aus denen Flüchtlinge (relativ) sicher über Land nach Deutschland kommen können, liegt der Frauen- und Mädchenanteil relativ hoch. Vielfalt mit und ohne Migrationshintergrund Der Begriff „Menschen mit Migrationshintergrund“ umfasst alle seit 1950 nach Deutschland eingewanderten Deutschen, ihre Kinder und alle Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Der Begriff gilt vielen als Synonym für „Ausländer“, es sind aber deutlich über die Hälfte Deutsche (58 %). Auch das Bild, die Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund sei türkischen Ursprungs oder muslimischen Glaubens, ist falsch. 18 % stammen aus der Türkei, 51,2 % aus einem anderen europäischen Land, aus Asien 17,8 und aus Afrika 3,2 %. Der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland und bei Menschen mit Migrationshintergrund beträgt ca. 60 %. Der Anteil der Katholiken ist genau deckungsgleich. Die geschätzt 4 Millionen Muslime in Deutschland entsprechen einem Bevölkerungsanteil von ca. 5%. Bei Menschen mit Migrationshintergrund liegt der Anteil bei ca. 22 %. Mensch en mit r de t ei rh eh M e di A uch das B ild, rund sei türk isch en Ursprungs Migrationsh intergisch en Glaubens, ist falsch. oder muslim Die in Deutschland lebenden Muslime orientieren sich in ihren Einstellungen und Lebensweisen mehrheitlich an den hiesigen Werten, wie insgesamt Menschen mit Migrationshintergrund das gleiche Spektrum an Werteorientierungen und Milieus abdecken wie Deutsche ohne Migrationshintergrund. Auch die Unterschiede in der sozialen Lage sind nicht so groß wie oft angenommen wird. Lediglich das Milieu der konservativen Mittel- und Oberschicht ist bei Menschen mit Migrationshintergrund kaum vorhanden, die „gehobene Mitte“ etwas weniger ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung. In den finanzschwachen Milieus sind Menschen mit Migrationshintergrund etwas überrepräsentiert. Menschen mit Migrationshintergrund sind im Durchschnitt etwas familienorientierter als der Bevölkerungsdurchschnitt. Sie leben öfter in Mehrpersonenhaushalten, es gibt weniger Alleinerziehende und 19 2/2015 für die Pastoral Zugänge mehr männliche Alleinverdiener. Das Streben nach einem gleichberechtigten Leben und familiärer Arbeitsteilung ist bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund etwa gleich stark ausgeprägt. Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt Deutschland ist dabei, das Bewusstsein einer Einwanderungsgesellschaft zu entwickeln. Nachrichtensprecher oder Moderatorinnen mit Migrationshintergrund bestimmen das Bild dieser Gesellschaft ebenso mit, wie die türkischstämmige Generalsekräterin der SPD oder der ehemalige deutsch-britische Ministerpräsident Niedersachsen. Unsere Gesellschaft funktioniert gut in dieser Verschiedenheit. Dennoch gibt es Ängste. Dagegen hilft mehr Wissen über die jeweils „Anderen“. Wichtig ist aber auch, sich seiner selbst zu versichern. Wer eine stabile Identität hat, kann mit seinen Ängsten besser umgehen und ist offener für andere. Die Kirche kann dazu beitragen, indem sie Räume schafft, die Selbstwerterfahrung in der Differenz ermöglichen und damit Beheimatung und Zusammenhalt fördern. 20 ragen, indem sie r it be zu da n an k e ch ir Die K erterfahrung in deg tw bs el S e di , ft af h sc Räu me B eh eimatun it m da d un en ch li ög m Differenz er ammenhalt fördern. und Zus Elke Tießler-Morenda Referentin für Grundsatzfragen der Migrations- und Integrationspolitik beim Deutschen Caritasverband ZAHLEN UND WEITERE INFORMATIONEN • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, www.bamf.de => Infothek => Statistiken • Bertelsmann Stiftung, RELIGIONSMONITOR, 08.01.2015, https://www.bertelsmann-stiftung.de/en/topics/aktuelle-meldungen/2015/januar/religion-monitor/ • Europäische Grenzschutzagentur (Frontex), http://frontex.europa.eu => Trends and routes • MDG-Milieuhandbuch 2013, Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus, Im Auftrag der MDG Medien-Dienstleistung GmbH, Heidelberg/München, Januar 2013 • Sinus-Studien: http://www.sinus-akademie.de/service/downloads/migration.html • Statistischen Bundesamt, www.destatis.de => Zahlen Fakten => Bevölkerung => Wanderungen • Statistisches Amt der Europäischen Union, http://ec.europa.eu/eurostat • Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), http://www.unhcr.de/service/zahlenund-statistiken.html Zugänge für die Pastoral 2/2015 Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern SEELSORGE FÜR MENSCHEN ANDERER MUTTERSPRACHE Seit Jahrzehnten gibt es in den deutschen Diözesen „Missionen anderer Muttersprache“. Welche Rolle spielen sie in der Neuausrichtung der Pastoral und welche Perspektiven ergeben sich für die Migranten- und Ausländerseelsorge? (Red.) Sechzig Jahre nach dem ersten Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit Italien zur Anwerbung sog. Gastarbeiter im Dezember 1955 – es folgten bald weitere, u.a. mit Spanien, Portugal, Griechenland, Marokko, Jugoslawien und der Türkei – und der kirchlichen Reaktion darauf in Form der Errichtung muttersprachlicher Missionen in vielen Diözesen hat sich inzwischen die Situation gewandelt. Deutschland ist ein Einwanderungsland geworden; ein knappes Fünftel der Bevölkerung ist anderer Staatsangehörigkeit oder hat eine Migrationsgeschichte.1 Im folgenden Beitrag geht es zunächst um Größenordnung und Strukturen der Seelsorge für Menschen anderer Muttersprache und dann um die Frage, in welcher Form und an welchem Ort muttersprachliche Seelsorge in den deutschen Diözesen vor dem Hintergrund der Neustrukturierung und Neuorientierung der Pastoral weiterhin zu leisten ist; dies unter den erschwerenden Bedingungen der mangelnden Verfügbarkeit von Priestern aus den Herkunftsländern der Migranten, einer massiven qualitativen und quantitativen Veränderung von regulärer Migration und der Verknüpfung der seelsorglichen Betreuung der „regulären Migranten“ mit der aktuellen Flüchtlingsthematik. Ausländer und Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland Den Ergebnissen des Zensus 2011 zufolge leben in Deutschland 80,2 Mio. Menschen. 6.169.360 von ihnen haben keinen deutschen Pass und werden in der Bevölkerungsstatistik als Ausländer geführt. Weitere 9.037.650 Menschen mit deutschem Pass haben einen sog. Migrationshintergrund, sind also Personen, die selbst zugewandert (seit dem 01.01.1955) oder Nachkommen von Zuwanderern sind, also auch Eingebürgerte und Kinder mit mindestens einem im Ausland geborenen und nach dem 01.01.1955 auf das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Elternteil. Etwa 19 % der Bevölkerung in Deutschland sind also mit einer anderen oder einer weiteren Muttersprache als Deutsch aufgewachsen. Katholische Ausländer Nach dem Zensus 2011 sind unter den Ausländern 1,579 Mio. Katholiken; das entspricht einer Quote von 25,6 %. (3,8 % nennen eine Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche; 70,6 % fallen unter „Sonstige, keine, keine Angaben“ – das sind alle Personen, die keiner oder einer anderen Religi- 21 2/2015 für die Pastoral Zugänge onsgemeinschaft als der körperschaftlich verfassten katholischen oder evangelischen Kirche angehören oder die das nicht offenlegen wollen. Die ca. 1,6 Mio. Katholiken sind bei den Einwohnermeldeämtern als katholisch registriert, unterliegen also der Kirchensteuerpflicht.) Der Anteil der Katholiken an der gesamten Wohnbe- sch em Pass und mcait. di än sl au it m en ik ol h Kat mach en zusa mmenristen nd ru rg te in sh on ti ra ig M io. kath olisch en Ch M ,7 4 2 n vo . io M ,4 4 in D eutschla nd aus. völkerung in Deutschland liegt nach den Ergebnissen des Zensus 2011 bei 30,8 %. Folgt man vorsichtig der Annahme, dass unter den Menschen mit Migrationshintergrund der Anteil der Katholiken in etwa dem in der Gesamtbevölkerung entspricht, ergibt sich eine weitere Gruppe von 2,8 Mio. Katholiken mit Migrationshintergrund, so dass Katholiken mit ausländischem Pass und mit Migrationshintergrund zusammen ca. 4,4 Mio. von 24,7 Mio. katholischen Christen in Deutschland ausmachen, also etwa 19 %. Derzeit wird zusammen im Sekretariat der DBK eine Regelabfrage nach Zahl und Herkunft der Katholiken anderer Nationalitäten bei den Statistikreferaten der Diözesen eingeführt. Erste Einzelergebnisse deuten auf einen noch höheren Anteil hin; besonders auffällig ist auch die hohe Zahl von Katholiken mit doppelter Staatsbürgerschaft. 22 Wanderungsbewegungen Jedes Jahr sind große Wanderungsbewegungen zwischen Deutschland und dem Ausland zu verzeichnen. In den letzten 15 Jahren sind jährlich fast eine Million Menschen aus dem Ausland nach Deutschland zugezogen; gleichzeitig haben aber jährlich auch zwischen 600.000 und 700.000 Menschen die Bundesrepublik wieder verlassen. Der überwiegend positive Wanderungssaldo ist in 2013 auf ca. 430.000 Menschen gestiegen. Mehr als 1,2 Mio. Menschen sind neu nach Deutschland zugewandert, während ca. 790.000 Personen das Land wieder verlassen haben. Für 2014 werden weiter steigende Zahlen prognostiziert. Der größte Teil dieser Wanderungsbewegungen ist der EU-Freizügigkeit geschuldet, nach der sich alle EU-Bürger in jedem Mitgliedsland Arbeit suchen dürfen und auch dort bleiben können, wenn sie eine dauerhafte Beschäftigung gefunden haben. 2 Besonders viele Zu- und Fortzüge gab es aus und nach Ländern mit überwiegend katholischer Bevölkerung in 20133 : Land Zuzüge Fortzüge Saldo Polen 197.009 124.071 72.938 Italien 60.651 27.789 32.862 Ungarn 58.993 34.681 24.312 Spanien 44.119 20.126 23.993 Kroatien 25.200 12.701 12.499 Portugal 14.494 7.354 7.140 Slowakei 14.932 9.917 5.015 Gesamte Wanderungen 1.226.496 789.193 437.303 Diese großen Wanderungsbewegungen machen deutlich, dass ständig wieder neue erste Generationen von Ausländern in Deutschland und in den Missionen ankommen, also nicht statisch von einer (mehr oder weniger gelungenen) Integration der dritten, vierten oder fünften Generation der Ausländer ausgegangen sbewegungen macheen ng ru de an W en oß gr Diese wieder neue erstla nd g di än st ss da , ch li ut de lä ndern in D eutsch us A n vo n ne io at er en G ank ommen. und in den Missionen werden darf (und einer damit gedanklich implizierten künftigen Verzichtbarkeit muttersprachlicher Seelsorge). Die Zahl von katholischen Migranten in Deutschland wird wie die allgemeine Mobilität auf hohem Niveau bleiben oder noch weiter wachsen. Paradox formuliert: Migration und ständiger Wandel sind eine Strukturkonstante unserer Gesellschaft geworden. Aktuell geltende Richtlinien und Strukturen der Migrantenseelsorge in Deutschland Der Codex Iuris Canonici4 von 1983 weist dem Bischof für seine Diözese die Verantwortung für die Seelsorge zu. Der einschlägige Can 383 CIC bestimmt: „§ 1. In der Ausübung des Hirtendienstes (munus pastoris) hat sich der Diözesanbischof um alle Gläubigen zu kümmern, die seiner Sorge anvertraut werden, gleich welchen Alters, gleich welchen Standes oder welcher Nation, ob sie in seinem Gebiet wohnen oder sich dort nur auf Zeit aufhalten; er hat Zugänge den apostolischen Geist auch denen zuzuwenden, die wegen ihrer Lebensumstände aus der ordentlichen Seelsorge nicht hinreichend Nutzen ziehen können, wie auch jenen, die von der religiösen Praxis abständig geworden sind …“ Maßgeblich für die Seelsorge für Katholiken anderer Muttersprache in der deutschen Kirche sind derzeit vor allem folgende Texte: • „Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern. Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache“ vom 13.03.20035, • „Erga migrantes caritas Christi.“ Instructio des Päpstlichen Rates der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs vom 3. Mai 20046. In derzeit deutlich mehr als 400 muttersprachlichen Gemeinden (i.d.R. missiones cum cura animarum, der gebräuchlichen Adaption von can. 516 § 2 CIC auf die Migrantenpastoral) in etwa 35 Sprachgruppen versuchen die deutschen Diözesen den katholischen Migranten die Möglichkeit zur Pflege ihrer eigenen religiösen Tradition und zugleich die Beheimatung unter dem Dach der deutschen Ortskirche zu geben. In diesem Arbeitsfeld sind ca. 500 Priester aus aller Welt tätig, zum Teil auch nebenamtlich. Die größten Sprachgruppen sind die kroatisch, polnisch, italienisch, spanisch und portugiesisch sprechenden Katholiken. In jedem der 27 deutschen (Erz-)Bistümer ist ein Diözesanbeauftragter für die fremdsprachige Seelsorge/Internationale Seelsorge/Ausländerseelsorge benannt. In der Regel handelt es sich um einen Referenten im Seelsorgeamt oder im Personalreferat; in manchen Bistümern übernimmt die Aufgabe auch der Leiter des Seelsorgeamts selbst. Die Finanzierung der einzelnen Missionen und muttersprachlichen Gemeinden obliegt dem jeweiligen Bistum; die Priester werden dabei selbstverständlich dem regulären Diözesan- und Ordensklerus im Bistum gleichgestellt. Die Finanzierung der überdiözesanen Aufgaben (wie etwa der Unterhalt der Delegaturen oder der Apostolischen Exarchie der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche) erfolgt über den Haushalt des Verbandes der Diözesen Deutschlands. für die Pastoral 2/2015 Form, Ort und Beitrag der muttersprachlichen Seelsorge und ihrer Missionen im Kontext der Neustrukturierung und Neuorientierung der Pastoral in den deutschen Diözesen Aus einem Bündel von Motiven heraus haben die meisten deutschen Bistümer eine Reform ihrer Pastoralstrukturen in Angriff genommen. Sie reagieren damit auf den Rückgang der Katholikenzahl, die Verringerung der Zahl der Priester und die zu erwartende Verringerung der regelmäßigen Einnahmen, aus denen die Kosten für Strukturen und Personal bestritten werden müssen. Die Rechtsstruktur-Reform führt u. a. zur Aufhebung und/oder zur Zusammenlegung von Pfarreien, zur Veräußerung von Gebäuden, zur Profanierung von Kirchenräumen und zur Schaffung neuer und größerer Einheiten – insgesamt zu einem völlig neuen Bild von Pfarrei. Neuorientierung der Pastoral meint auf diesem Hintergrund vor allem die Notwendigkeit einer theologischen und spirituellen Vertiefung der Veränderungsprozesse in den Diözesen. Zugleich sind die Veränderungen eine Chance, die Ergebnisse des II. Vatikanums aufzugreifen und das notwendige Zueinander von Diensten und Charismen und dem geweihten Amt im Gottesvolk in den Blick zu nehmen und neu zu beschreiben. Die Pfarrei ist die kirchenrechtliche Größe, in der eine Ortskirche organisiert ist und die durch einen Pfarrer geleitet werden muss. Gesellungsformen unterhalb, innerhalb oder jenseits der Pfarrei wie z.B. Gemeinden, auch muttersprachliche Gemeinden, Gemeinschaften oder Verbände sind Orte, an denen sich die Getauften ihrer Berufung neu bewusst werden. Die neue Pfarrei ist die Gemeinschaft von Gemeinschaften. en bedürfen nd ei em G en ch li h ac pr Die mutters rozess der P em es di in de ra ge dah er sonderen, be r ne ei l ra to as P r Neuorientierung deigen Unterstützung. geduld Die Neu-Realisierung der Aussagen des Zweiten Vatikanums von der „wahren Gleichheit, in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“7 fällt auch deutschsprachigen Gemeinden und Pfarreien schwer; muttersprachliche Missionen sind traditionell noch stärker auf den Priester als Seelsorger, Leiter und Integrationsfigur ausgerichtet. Die muttersprachlichen 23 2/2015 für die Pastoral Zugänge Gemeinden bedürfen daher gerade in diesem Prozess der Neuorientierung der Pastoral, der äußere Strukturen und Binnenbeziehungen verändert und in oft auch konflikthafte Bewegung bringt, einer besonderen, geduldigen Unterstützung. Oft lösen diese Pastoralstrukturveränderungen in vielen der den territorialen Ortspfarreien oder Seelsorgesystemen nach- oder zugeordneten Missionen Verunsicherung aus, sie werden aber auch als Chance und Herausforderung begriffen. Perspektiven der Ausländerseelsorge Auch im Prozess der Fortentwicklung von der Mission für Gastarbeiter zur Gemeinde von Katholiken anderer Muttersprache mit heterogenen Herkünften und sozialen Situationen 8 steht die fortdauernde Geltung der Kernaussagen der „Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache“ der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahre 2003 nicht in Frage: Die fremdsprachigen Gemeinden sind Teil der Ortskirche mit einem eigenen Auftrag. Als lebendige und aktive Gemeinden stellen sie einen hohen Wert und einen festen Bestand innerhalb der Ortskirche dar. Sie erinnern die katholische Kirche daran, dass sie keine Nationalkirche ist und Migranten selbstverständlich zu ihr gehören. Die katholische Kirche hat weiterhin eine diakonisch-advokatorische und eine seelsorglich-missionarische Doppelaufgabe. 24 Über den konkreten Ort, die Form und den Beitrag muttersprachlicher Seelsorge in den neuen Pastoralstrukturen ist in den Sprachgruppen und in der Ortskirche ein intensiver Dialog zu führen. Im Sinne der Leitlinien muss verstärkt Wert auf die Sprachkompetenz der muttersprachlichen Seelsorge gelegt werden. „Zukünftig muss deutlicher werden, dass Katholiken anderer Muttersprache unter dem gemeinsamen Dach der Ortskirche beheimatet sind. Die Priester und hauptamtlichen Laien aus den Entsendeländern sollten mehr als bisher als Brückenbauer für ihre Landsleute verstanden werden. So können sie sie ermutigen, die Veränderungen in ihrer Biographie auch als eine Berufung aus dem Glauben zu verstehen und in den deutschsprachigen Gemeinden zu praktizieren. Es ist daher künftig unverzichtbar, dass die Priester und hauptamtlichen Laien die deutsche Sprache beherrschen.“ 9 Sonst besteht die Gefahr, dass ausgerechnet der priesterliche Leiter einer Mission zur Hauptbremse bei Kooperation und Integration mit den deutschsprachigen Gemeinden wird, während seine Gemeindemitglieder in ihrem Alltag in Arbeit, Schule und Freizeit bereits ganz andere und neue (Misch-) Identitäten (weder ganz deutsch noch ganz kroatisch, portugiesisch oder …) entwickelt haben. f Mensch en, au n se ie w ge an er ab Viele sind eigenen Sprach e r re ih in ch si e si n mit dene verstä ndigen k önnen. Durch die massive Neuzuwanderung und auch die vielen Flüchtlinge – sofern sie römisch-katholisch oder uniert sind – werden die bestehenden muttersprachlichen Gemeinden vor ganz neue Fragen und Herausforderungen gestellt. Die wenigsten dieser Neuzugewanderten können etwas Deutsch, manche sprechen Englisch und kommen damit zurecht, viele sind aber angewiesen auf Menschen, mit denen sie sich in ihrer eigenen Sprache verständigen können und die ihnen bei den ersten Schritten in der „neuen Welt“ behilflich sind. Diese Menschen, die die eigene Muttersprache sprechen und sich in vertrauenswürdigen Gruppen treffen, seien es Kirchengemeinden, Kulturvereine oder andere Gruppierungen und Netzwerke, sind wichtige Anlaufstellen für die Neuzuwandernden. Sie erhoffen sich dort Informationen, Hilfen, um sich in der neuen Sprache und im neuen Land zurechtzufinden – und oft auch ganz konkrete und handfeste Unterstützung. Die bestehenden muttersprachlichen Communities sind aber zugleich mit eigenen Themen und Problemen befasst und nicht unbedingt darauf eingestellt, aus dem Stand zusätzlich beraterische oder sozialarbeiterische Kompetenzen aufzubieten. Viele muttersprachliche (Selbst-)Organisationen, auch die Gemeinden, haben unersetzliche Beiträge zu Beheimatung, Bildung, Eigenverantwortlichkeit und Integration der Menschen aus anderen Ländern in Deutschland erbracht – und viele der noch bestehenden und nur ruhenden Strukturen konnten im Angesicht der rasanten Neuzuwanderung revitalisiert werden und dienen nun als Informations- und Unterstützungsbasis10. Dem enormen solidarischen Engagement der muttersprachlichen Communities gebühren Achtung und Dank. Ihre Mitwirkung im Netzwerk Zugänge von Beratung und Unterstützung ist ausgesprochen wertvoll und oft unersetzlich – trotzdem ist darauf zu achten, dass Beratung, Betreuung und Unterstützung von Neuzuwanderern zunächst Aufgabe der dafür geschaffenen und staatlich verantworteten Regelsysteme in Ausländerbehörden und Wohlfahrtsverbänden, gerade auch der Caritas, ist und dass dort auch aus fachlichen und rechtlichen Gründen die Federführung liegen muss. Eine noch so gut gemeinte Unterstützung kann etwa im Fall einer Falschberatung zu erheblichen existenziellen und (haftungs-) rechtlichen Folgen führen. Die enge Verzahnung von Regelsystemen und muttersprachlichen Communities in geeigneten – und noch auszubauenden – Netzwerken beugt diesen Gefahren vor und mobilisiert die notwendigen Unterstützungsressourcen. für die Pastoral 2/2015 Fazit: Angesichts des deutlichen Anstiegs der regulären Zuwanderung und auch vieler neu nach Deutschland kommender katholischer Flüchtlinge gibt es weiterhin großen Bedarf an geeigneten Formen muttersprachlicher Seelsorge in Deutschland. Stefan Schohe Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge, Deutsche Bischofskonferenz Bonn 1 Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn hat zu dieser Thematik eine sehenswerte Ausstellung „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland“ konzipiert, die noch bis zum 9. August 2015 in Bonn zu sehen ist, danach von Oktober 2015 bis April 2016 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig. „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland. Begleitbuch zu Ausstellung. Nünnerich-Asmus-Verlag Mainz 2014, ISBN 978-3-943904-92-5 2 Vgl. Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30.07.2004 und die entsprechenden Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates. 3 Vgl. Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Wanderungen/Wanderungen.html 4 Codex Iuris Canonici – Codex des kanonischen Rechtes. Lateinisch-deutsche Ausgabe mit Sachverzeichnis. Kevelaer 2001, 5. Aufl. 5 Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern. Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache. Arbeitshilfen Nr. 171, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2003. 6 Päpstlicher Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs: Erga migrantes caritas Christi – Die Liebe Christi zu den Migranten. Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 165, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2004. 7 Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen Gentium 32; in: Rahner, Karl; Vorgrimler, Herbert: Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanums, Freiburg 1971, 7.Aufl., S 163. 8 Ein Beispiel: In der Gründungsphase der ersten ausländischen Missionen in den 50er und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts gab es im Blick auf die Seelsorge keine Differenzierung zwischen Herkunftsland und Sprache. Spanischsprachige Gastarbeiter kamen aus Spanien, portugiesischsprachige aus Portugal usw. Inzwischen hat sich der Auftrag der muttersprachlichen Gemeinden weiterentwickelt: Die Aufgabenstellung der Missionen richtet sich auf Menschen aus der ganzen Sprachgruppe – eine spanischsprachige Mission etwa hat heute mehr als 20 verschiedene Nationalitäten unter ihren Mitgliedern. Das bedeutet, dass auch innerhalb solcher Missionen eine unerhört hohe Integrations- und Verständigungsarbeit zwischen unterschiedlichen Traditionen, Dialekten, Herkunftssituationen und auch Nationalismen geleistet werden muss, die noch viel zu wenig Beachtung und Würdigung findet. 9 Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern. Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache. Arbeitshilfen Nr. 171, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2003, S. 14. Beispielhaft zu nennen ist hier die „Confederación de Asociaciones Españolas de Padres de Familia en Alemania“, der Bund der Spanischen Elternvereine in der Bundesrepublik Deutschland e.V., einer wesentlich durch die Spanischsprachigen Katholischen Missionen in Deutschland und ihr Referat für Schulfragen und Erwachsenenbildung mit dem ab 1972 erscheinenden Mitteilungsblatt CARTA A LOS PADRES (Brief an die Eltern) initiierten Einrichtung. Siehe: http://www.confederacion.de/ 10 25 2/2015 26 für die Pastoral Zugänge Zugänge für die Pastoral 1/2015 2/2015 ERFAHRUNGEN Rickenbach aktiv für Flüchtlinge EHRENAMTLICHE GESTALTEN EINE ZIVILGESELLSCHAFTLICHE AUFGABE MIT Nimmt eine politische Gemeinde Flüchtlinge auf, ruft das bei Einwohnern vielfältige Reaktionen hervor: Vorbehalte und Ablehnung, aber auch Zustimmung und Unterstützungsbereitschaft! In Rickenbach wird mit kirchlich ehrenamtlichem Engagement das Gemeinwesen mitgestaltet. (Red.) Herbst 2013, Rickenbach im Landkreis Waldshut, eine kleine Gemeinde im Hotzenwald mit fast 4000 Einwohnern. Der Gemeinderat stimmt der Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) für 60 Flüchtlinge in einer Immobilie der Caritas zu. Vorausgegangen ist eine öffentliche Debatte, u. a. im Rahmen einer Bürgerversammlung, an der über 100 Personen teilnahmen und bei der zum Teil große Vorbehalte geäußert wurden und die Möglichkeit eines Gelingens von Integration der Flüchtlinge in Frage gestellt wurde. Andere Stimmen betonen die positiven Erfahrungen mit Flüchtlingen in einem Teilort und einige der Gemeinderäte betonen die Verpflichtung für die Gemeinde, Flüchtlinge aufzunehmen. Nach dem schließlich einstimmigen Ja des Gemeinderates laden Bürgermeister und Caritasverband zu einer Informationsveranstaltung zu Flucht und Asyl ein. Durch diesen Prozess wird der Boden dafür bereitet, dass die Bürgerinnen und Bürger die Flüchtlinge nicht vorrangig als Belastung und Bedrohung wahrnehmen, sondern als Bereicherung und Chance für das Gemeinwesen. Die Gestaltung einer Willkommenskultur wird zur Aufgabe der gesamten Dorfgemeinschaft und bringt unterschiedliche Menschen zusammen. Schon im Januar bildet sich ein Kreis von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und nimmt, als die ersten Flüchtlinge ankommen, Kontakt auf. Von Anfang an sind Vertreter des Pfarrgemeinderates mit engagiert und setzen so ein deutliches Zeichen der Solidarität der Kirche mit Menschen in einer Notlage. Insgesamt bringen sich 30 Frauen und Männer im Alter von 16 – 84 Jahren ein. Darunter der PGR-Vorsitzende, der Zuständige für den Caritasausschuss der Pfarrei, mehrere Lehrerinnen, der Seniorchef eines Einzelhandelsgeschäftes, ein Firmenchef, Hausfrauen, eine Schülerin mit ihrer Mutter, Nachbarn der Gemein- 27 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen schaftsunterkunft. Darunter sind auch Personen, die sich bei der ersten Bürgerversammlung ablehnend geäußert hatten. Die Ehrenamtlichen klären mit den Flüchtlingen deren Wünsche und Bedarf auf Hilfe und Unterstützung. An erster Stelle stehen der Erwerb von Sprachkenntnissen und das Kennenlernen der Region, insbesondere der näheren Umgebung, aber auch von Busverbindungen, Einkaufsmöglichkeiten oder der Ansprechpersonen in den Behörden. Die Schule wird angefragt und erklärt sich von Anfang an bereit, Unterrichtsräume für den Sprachunterricht zur Verfügung zu stellen. Mitarbeiterinnen des Einzelhandels unterstützen die Flüchtlinge bei ihren Einkäufen und weisen insbesondere auf preisgünstige Waren und Sonderangebote hin. n Flüchtlingen de it m n re lä k en h ic Die Ehrena mtl h e und B edarf auf Hilfe und deren Wünsc erstützung. Unt 28 Fahrdienste werden angeboten, z. B. zur Moschee, zum Fleischer, der Halal-Fleisch anbietet, oder zum Kleiderlager. Familienpaten begleiten Alleinerziehende aus afrikanischen Ländern, Spielnachmittage für Kinder aus der GU und der Nachbarschaft werden angeboten und angenommen, Sprachangebote werden gemacht. Nach und nach kommen immer mehr Flüchtlinge an. Von deren Seite wird der Wunsch nach sportlicher Betätigung geäußert. Daraufhin nehmen Ehrenamtliche Kontakt mit den örtlichen Sportvereinen auf und die Flüchtlinge werden zum Training eingeladen. Fahrdienste durch Ehrenamtliche werden aufgebaut. Inzwischen nehmen Trainer und andere Vereinsmitglieder die Flüchtlinge zum Training mit. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Gemeinschaftsunterkunft wird von Ehrenamtlichen ein Sporttreff eingerichtet und durch Spenden von Sport- und Fitnessgeräten aus der Bevölkerung kann einmal wöchentlich eine dreistündige Trainingsmöglichkeit in der Turnhalle angeboten werden. Die Selbstversorgung der Flüchtlinge und deren Eigeninitiative werden unterstützt durch ein Gartenprojekt. Einer der Ehrenamtlichen stellt ein großes Grundstück mit Garten zur Verfügung, das von fünf jungen Flüchtlingen gemeinsam mit weiteren Ehrenamtlichen bestellt wird. Sie graben um, bepflanzen das Gelände mit Kartoffeln, Salaten, Kräutern, bauen zwei Gewächshäuser für Tomaten und Gurken. Was geerntet wird, kommt allen in der Gemeinschaftsunterkunft zugute. In den Jugendräumen der Pfarrei findet einmal pro Monat das Café International statt, ein Treffpunkt von Ortsansässigen und Flüchtlingen. Wie sehr sich die Pfarrei mit Flüchtlingen solidarisiert, zeigt eine interne Diskussion über mögliche Kirchenasyle, die bereits weit vor der Zuweisung von Flüchtlingen geführt wurde und die mit einem schriftlichen Beschluss für ein Kirchenasyl im begründeten Einzelfall abgeschlossen wurde. Das große Engagement der Ehrenamtlichen braucht fachliche Begleitung und Unterstützung, vor allem durch Information und Schulungsangebote in spezifischen Fragen der Asyl- und Flüchtlingsgesetzgebung, Moderation von Austauschtreffen, Kontakte mit Behörden und Unterstützung der Pfarrei in Fragen des Kirchenasyls. Diese Unterstützung wird durch die Gemeindecaritas des Caritasverbandes Waldshut gewährleistet. In beeindruckender Weise zeigen die engagierten Ehrenamtlichen: Kirche gestaltet das Gemeinwesen vor allem durch das ehrenamtliche Engagement mit – dort, wo Menschen Verantwortung übernehmen, sich mit anderen auf den Weg begeben und so etwas verändern. Anneli Ahnert Referentin für Engagement/ Gemeindecaritas, Gemeindecaritas, Caritasverband Hochrhein Alexander Gromann-Bross Referent für Gemeindecaritas, Caritasverband Freiburg Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 „Nah an Menschen von weit weg“ Der Flüchtlings-Helferkreis in Engen-Welschingen begleitet mit Hilfe der Caritas Singen-Hegau Menschen auf dem Weg in der Fremde in unserer Nachbarschaft. (Red.) „Weit weg ist manchmal näher, als du denkst. Denn die Flüchtlinge, die unser Land erreichen und um Asyl bitten, werden auf die Landkreise und Kommunen verteilt. Da wird die Welt plötzlich kleiner. Und die Hilfe für Flüchtlinge wird auch für die Bevölkerung im Landkreis Konstanz ganz konkret. Die notleidenden, verfolgten, asylsuchenden Menschen kommen in unsere unmittelbare Nachbarschaft.“ Mit diesen Worten bereitete der Pfarrer der Seelsorgeeinheit Oberer Hegau, Dekan Matthias Zimmermann, im vergangenen Sommer im Pfarrblatt die Gemeindemitglieder in Engen-Welschingen darauf vor, dass jetzt Fremde auf der Flucht im leer stehenden Pfarrhaus Geborgenheit und Sicherheit finden sollen. Immerhin sei in dem schon ein Jahr unbewohnten Haus Platz für 24 „Menschen von weit weg“. Gemeinsam mit dem Pfarrgemeinderat in Welschingen wurde entschieden, dem Landkreis Konstanz das Pfarrhaus als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge anzubieten. „Die Entscheidung in unserem Gremium fiel einheitlich“, erinnert sich die PGR-Vorsitzende Manuela Dreher. „Für uns war einleuchtend, dass wir als Kirche ein Zeichen des Willkommens für Flüchtlinge setzen müssen.“ Schade sei gewesen, dass die Entscheidung erst gefallen sei, als das Pfarrhaus leergeräumt war: „Da hätten wir einige entsorgte Einrichtungsgegenstände für die Flüchtlinge gebrauchen können.“ Von den Räumlichkeiten her bot sich an, zwei Wohnungen mit je einer Küche einzurichten. Im Keller gab es zusätzliche Dusch- und Toilettenmöglichkeiten. Nachdem der Mietvertrag mit dem Landkreis unter Dach und Fach war, sei alles recht schnell gegangen und das Haus mit Flüchtlingsfamilien, zwei bis drei je Wohnung, aus Syrien und Indien in den Sommerferien 2014 bald voll gewesen. als K irch e ir w ss da , nd te ch eu nl „Für uns war ei Willk ommens für Flüchtlinge ein Zeich en des tzen müssen.“ se Die Sozialarbeiter vom Landratsamt hätten die Flüchtlinge begrüßt und ihnen erste Hinweise auf Einkaufsmöglichkeiten gegeben. Die PGR-Vorsitzende war dann die erste Kontaktperson seitens der Pfarrgemeinde. „Eigentlich wollten wir zu einem Infoabend für die Gemeinde vor dem Einzug der ersten Flüchtlinge einladen“, sagt Manuela Dreher, „doch das war wegen der Ferienzeit nicht möglich.“ Als dann im September 2014 in den Pfarrsaal geladen wurde, kamen rund 100 Bürgerinnen und Bürger – 1.400 Einwohner hat Welschingen insgesamt. Es habe im Saal eine gute Stimmung, ein richtiges „Willkommensklima“, geherrscht. Der Leiter der Eingliederungsbehörde im Landratsamt habe grundsätzliche Informationen gegeben und die zuständigen Sozialarbeiter der Behörde vorgestellt. 29 2/2015 30 für die Pastoral Erfahrungen Ein Flüchtlingshelferkreis mit Brückenfunktion Und dann präsentierte der Pfarrgemeinderat sein Konzept eines Flüchtlingshelferkreises. Da das Erlernen der deutschen Sprache eine Grundvoraussetzung für das Leben und Arbeiten hier ist, konnten Deutschlehrer darlegen, wie sie sich den entsprechenden Deutschunterricht vorstellen und welche Unterstützung sie dabei von Ehrenamtlichen gebrauchen konnten. Der Helferkreis sah wichtige Aufgaben darin, den Flüchtlingen mit Einkaufsfahrten nach Engen bei der Alltagsbewältigung zu helfen – in Welschingen gibt es nur noch einen Bäcker und einen Metzger. Inzwischen hat sich ein regelmäßiger Fahrdienst etabliert. Als weitere wichtige Aufgabe stellte sich die Begleitung von Flüchtlingen bei Arztbesuchen und Behördengängen heraus. Damit die Tage des Wartens auf den Fortgang im Asylverfahren nicht endlos wurden, sollte der Helferkreis nach Beschäftigungsmöglichkeiten, besonders für die Männer, suchen. Nachdem das Aufgabenspektrum für einen Flüchtlingshelferkreis ausführlich dargestellt war, meldeten sich fünfzehn Frauen und Männer zur ehrenamtlichen Mitarbeit bereit. Daraus bildete sich ein Organisationsteam mit den vier Frauen Manuela Dreher, Lisa Klein, Doris MarschallHöfler und Miglena Abrasheva vom Caritasverband Singen-Hegau, das nun die Fäden der vielfältigen Hilfs- und Betreuungsangebote in die Hand nahm. Dieses Koordinationsteam ist sehr wichtig, damit ein Überblick besteht, wer mit welchen Flüchtlingen Kontakt hat und welchen Unterstützungsbedarf es gibt. Doris Marschall-Höfler erzählt schmunzelnd: „Es ist ja gut, wenn die Menschen aus der Fremde hier so wohlwollend aufgenommen werden. Doch es ist sicher nicht sinnvoll, wenn sich zu viele kümmern und verwöhnen und dabei den Blick ins normale Leben verstellen.“ Das Orga-Team informiert sich mit regelmäßigen E-Mails über Neuigkeiten aus der Gemeinschaftsunterkunft im Pfarrhaus und dem Gemeinwohl. „Wir können Stimmungen aufnehmen“, weiß Doris Marschall-Höfler, „und uns auf Gespräche, die neue Einsichten erschließen, einlassen.“ Der Flüchtlingshelferkreis kommt regelmäßig zum Austausch und zur Planung von Veranstaltungen zusammen. So gab’s schon einen Nikolausabend, Kochabende mit dem Austausch von fremden und heimischen Rezepten und einen bunten Abend. Mit viel Freude ließen sich die Flüchtlinge auf Fastnacht ein und konnten mit den Geheimnissen der alemannischen Fasnet vertraut gemacht werden. Im örtlichen Sportverein sind einige integriert und die Kinder bekommen über Kindergarten und Schule gute Kontakte. Und immer wieder wird überlegt, wie die Sprachkenntnisse noch verbessert werden können. Manchmal gestaltet sich die Fluktuation in der Gemeinschaftsunterkunft problematisch, wenn durch einen Auszug begonnene Hilfen nicht fortgeführt werden können. Auch darüber wird im Kreis gesprochen. Dann ist es gut, wenn die zuständige Sozialarbeiterin vom Landratsamt dabei ist. Wichtig ist die fachliche Begleitung der Caritas Miglena Abrasheva vom Caritasverband Singen-Hegau übernimmt im weiten Feld der Flüchtlingsbetreuung in Welschingen und in der Region durch ihre Arbeit besonders mit den Ehrenamtlichen eine wichtige Rolle: „Ich erfülle den Platz einer wichtigen Schnittstelle zwischen Flüchtlingen, Ehrenamtlichen und Behörden. Ganz bedeutsam ist es, immer die richtigen Informationen weiterzugeben und auf die Ausgewogenheit von Nähe und Distanz zu achten.“ Sie schätze den ehrenamtlichen Einsatz des Helferkreises sehr hoch ein: „Dadurch sind die Flüchtlinge hier in Welschingen sehr gut aufgehoben.“ Manuela Dreher kann anderen Pfarrgemeinderäten nur empfehlen, sich dem Schicksal von Flüchtlingen in den Gemeinden zu widmen: „In der offenen und persönlichen Begegnung kann die Gemeinde nur gewinnen.“ Dadurch seien bei ihnen manche Skeptiker verwandelt worden. Sie weiß die fachliche Begleitung durch die Caritas zu schätzen und hofft inständig, dass die zunächst auf zwei Jahre befristete Stelle bei der Caritas Singen-Hegau bestehen bleibt. „Ich möchte nur jeder anderen Gemeinde raten, bei ihrer Helferkreisarbeit die Hilfe der CaritasExperten in Anspruch zu nehmen. Dabei können alle nur gewinnen.“ Gerhard Lück Journalist, Kirchzarten (leitete 31 Jahre die Pressestelle des Diözesan-Caritasverbandes Freiburg) Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 Kirchenasyl in der Seelsorgeeinheit Brühl-Ketsch Eine von Abschiebung bedrohte Familie aus dem Iran findet Kirchenasyl, liebevolle Aufnahme und Heimat in Ketsch. (Red.) Eine Freundin in Teheran erzählte Vajiheh von einer Gruppe, die sich mit der Bibel beschäftige. Vajiheh entdeckte in diesem Kreis von Christen ein neues Frauenbild. Sie nahm ihren Mann Mohammad, der sich nur im Untergrund bewegen konnte, mit in diesen Kreis, um die Bibel näher kennen zu lernen. Doch dann wurden sie verraten und mussten mit ihrer Tochter Melina fliehen. Durch einen Schleuser kamen sie nach Frankfurt, jedoch mit einem Visum für Italien. Verwandte der Familie leben in Brühl. Dort fanden sie ihre erste Bleibe. Hier wollte die Familie auch getauft werden. Nach einigen Gesprächen wurde deutlich, dass sie wesentliche Inhalte der Bibel und des kirchlichen Lebens kannten, sodass wir am 1. Advent 2013 ihre Taufe feiern konnten. Dann ging ihr Weg in das Asylheim nach Karlsruhe und später nach Heidelberg. In dieser Zeit kamen sie immer wieder zu unseren Gottesdiensten. Ende Mai 2014 wurde das Asylverfahren abgelehnt. Sie sollten nach Italien abgeschoben werden. Sie mussten befürchten, dort als Obdachlose zu leben oder in den Iran abgeschoben zu werden, wo Haft oder Todesstrafe auf sie wartete. Der Rechtsanwalt, der sie betreute, fragte bei uns an, ob wir die Familie in das Kirchenasyl aufnehmen könnten. Die Wohnung im Pfarrhaus Ketsch stand leer. Der Pfarrgemeinderat stimmte zu. Wir sahen unsere moralische Verantwortung für die Menschen, die wir durch die Taufe in unsere Kirchengemeinde aufgenommen haben. Dann musste alles sehr rasch gehen. Die Familie stand vor der Pfarrhaustüre in Ketsch. Die beiden Zimmer und Diele mussten möbliert werden, eine Kochgelegenheit gefunden, eine Waschmaschine gekauft, fürs Essen gesorgt werden. Eine große Spendenbereitschaft unterstützte das Kirchenasyl un d der Weg zu rne n en rt ga rr fa P r de Nur en Mau ern bot ihen nd ze üt h sc r te in h e K ir ch e au ch m it gr oß ei n w en ig Fr eih eit,behdiaftet war. Ä ng st en finanziell. Der Rechtsanwalt wurde uns zu einer großen Stütze in allen rechtlichen Angelegenheiten und als Übersetzer. So sehr sich die Familie über ihre Bleibe freute, so bedrückend wurden für sie die Monate des Abwartens mit einer ungewissen Zukunft und der Trauer über die endgültige Trennung von ihrer Herkunftsfamilie. Sie waren praktisch in ihren vier Wänden gefangen. Nur der Pfarrgarten und der Weg zur Kirche hinter schützenden Mauern bot ihnen ein wenig Freiheit, die auch mit großen Ängsten behaftet war. Umso wichtiger wurden neben dem Besuch von iranischen Freunden Kontakte zu Menschen aus der Pfarrgemeinde. Viele boten ihre Hilfe an, die es zu koordinieren galt: 31 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen Eine ehemalige Lehrerin vermittelte Grundzüge der deutschen Sprache – auch eine Gelegenheit, über den Glauben zu sprechen und ihn zu vertiefen. Andere kamen zu Besuch, um das bei der Deutschlehrerin Erlernte im Gespräch zu praktizieren; andere tauschten beim gemeinsamen Kochen landestypische Speisen und Gewohnheiten aus oder lenkten sie mit Bastelarbeiten ab. Eine „Ersatzoma“, die sich mit ihren Enkelinnen Michelle und Angela zum Gespräch, Spiel oder alltagspraktischen Dingen zur Verfügung stellte, war schnell gefunden und ist bis heute eine wichtige Bezugsperson. Ebenso bekam Melina Flötenunterricht von Anna und deren Oma. Von Gruppierungen, die sich im Pfarrheim regelmäßig oder zu einzelnen Festlichkeiten trafen, wurden Vajiheh, Mohammad und Melina eingeladen, wie zum Beispiel zu wöchentlichen Turnstunden der Kolpingsfamilie. Immer wieder fanden sich Menschen, die bei medizinischen Problemen unentgeltlich halfen. Da Melina nicht in den Kindergarten gehen konnte, machten wir es umgekehrt: So weit es möglich war, machte sich eine Kindergartengruppe wöchentlich auf den Weg ins Pfarrheim, um dort mit Melina zu spielen, was ihr den Einstieg in den Kindergarten später sehr erleichtert hat. Es war auch für die Kindergartenkinder eine wertvolle und spannende Erfahrung. Taufkerzen verziert, die wir den Tauffamilien überreichen. Und bei dem ein oder anderen thematischen, durch Pfarreigruppen gestalteten Gottesdienst banden wir die drei aktiv mit ein. Die Familie ist so durch viele Begegnungen in unserer Pfarrgemeinde heimisch geworden. Am 19.11.2014 kam dann nach langem Warten die erlösende Nachricht, dass die Abschiebung nach Italien aufgehoben ist. Und am 14.12.14 konnte der Rechtsanwalt der Familie mitteilen, dass der Asylantrag angenommen wurde und sie als freie Menschen in Deutschland leben dürfen – ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für uns alle! Nach den Weihnachtstagen begann der Weg zu den Ämtern. Viele Anträge müssen gestellt werden. Geduld ist gefragt, bis Geld fließt und die Familie sich selbst finanzieren kann. Eine Gemeindewohnung konnte gefunden werden. Den Übergang dorthin werden wir weiter begleiten. Melina besucht den Kindergarten und wird in diesem Jahr eingeschult. Ihre Eltern drücken die Schulbank und verbessern ihre Deutschkenntnisse. Offen ist, wo sie Arbeit finden werden. Einen Platz in der Kirchengemeinde und bei den Menschen, die sich für sie einsetzten, haben sie bereits gefunden. annt, h abt uns ek g t ch ni s un t ab h r „Ih ei n ne ue s s un d un en m om en fg tr otzd em au Zuh au se g eg eb en.“ 32 Aber die Seelsorgeeinheit war nicht nur die Gebende, sondern unsere Kirchenasyl-Gäste wollten auch etwas zurückgeben; ihre Dankbarkeit über die liebevolle und treue Fürsorge drückte Vajiheh in einem selbstgemalten Christusbild aus, das seither in der St. Sebastianskirche steht. Das Überreichen dieses Bildes in einem Gottesdienst haben sie mit folgenden Worten kommentiert: „Ihr habt uns nicht gekannt, habt uns trotzdem aufgenommen und uns ein neues Zuhause gegeben. Wir danken euch von ganzem Herzen für die Herzlichkeit und Menschlichkeit. Als Zeichen unseres Dankes überreichen wir euch dieses Bild als Symbol tiefster Verbundenheit.“ Auch haben sie gerne kleinere Arbeiten für die Pfarrgemeinde übernommen, zum Beispiel bei der Vorbereitung der Caritassammlung. Sie haben Martina Gaß Pastoralreferentin, Seelsorgeeinheit Brühl-Ketsch Walter Sauer Pfarrer, Seelsorgeeinheit Brühl-Ketsch Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 Vertrauensperson, Anwalt, Betroffener Kemal Ahmed unterstützt im Auftrag der Kirchengemeinde St. Margarethen in Waldkirch Roma-Familien, die in Deutschland Asyl beantragt haben. Er ist selbst ein Roma, der mit seiner Familie vor politischer Verfolgung aus Mazedonien geflohen ist. Zusammen mit Pfarrer Heinz Vogel berichtet er in einem IMPULSE-Interview von seinen Erfahrungen. (Red.) Redaktion Herr Ahmed, inwiefern unterstützen Sie andere Roma-Familien? Kemal Ahmed Ich helfe bei Behördengängen oder bei Arztbesuchen, indem ich dolmetsche. Aber darüber hinaus bin ich eine Vertrauensperson für Roma und für andere Flüchtlinge aus den Balkanländern. Viele vertrauen sich eher mir an als einem Sozialarbeiter. Im Landkreis Emmendingen leben zurzeit etwa 250 Flüchtlinge, die vom Balkan kommen. Redaktion Wie kommt es, dass Sie so gut Deutsch sprechen? Kemal Ahmed Ich lebe mit meiner Familie seit 2011 in Deutschland, aber während des Jugoslawienkrieges 1991 sind meine Eltern mit mir nach Deutschland geflohen. Ich habe damals als Kind einige Jahre in Kenzingen gelebt und dort auch die Schule besucht. Redaktion Herr Pfarrer Vogel, wie kam der Kontakt mit Herrn Ahmed zustande? Heinz Vogel Wir haben in Waldkirch eine Roma-Familie, die von Abschiebung bedroht ist, nachdem ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Im vergangenen Jahr gab es hier u. a. von der evangelischen und der katholischen Gemeinde eine breite Unterstützung für ihre Petition zugunsten eines humanitären Bleiberechts. Herr Ahmed hat damals gedolmetscht. Wir haben dann überlegt, wie wir ihn für eine Unterstützung der Flüchtlingsfamilien gewinnen und sein Engagement vergüten können. Schließlich konnten wir ihn auf der Basis geringfügiger Beschäftigung einstellen. Wir kooperieren dabei mit dem Diakonischen Werk Emmendingen und mit anderen Seelsorgeeinheiten im Elztal. Redaktion Wie ist die Anstellung in der Gemeinde aufgenommen worden? Heinz Vogel Sehr positiv. Der Einsatz für Flüchtlinge gehört zu unserem Seelsorgeauftrag. Zum Beispiel organisiert der Familienausschuss der Kirchengemeinde einmal im Monat ein „Café International“, das auch von Flüchtlingen mit ihren Familien besucht wird. Oder im Gottesdienst wird die Familie, für die sich viele Gemeindemitglieder durch Unterzeichnung der Petition eingesetzt haben, wahrgenommen. Und seit Herr Ahmed im Pfarrhaus ein Büro hat, begegnen wir hier des öfteren Roma-Familien, die zu einem Gespräch mit ihm hierher kommen. Redaktion Welche Auswirkungen auf das Leben der Gemeinde sehen Sie? Heinz Vogel Zum einen führen uns die Roma-Familien, die hier ins Pfarrbüro oder ins „Café International“ kommen, die 33 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen soziale Realität der Flüchtlinge, manchmal auch die spürbare Angst vor Abschiebung, ganz konkret vor Augen. Zum anderen zeigen sie uns eine Form des familiären Zusammenhalts, die wir ins Deutschland weitgehend verloren haben. Es ist ein interkulturelles Lernen, das übrigens durch unser multikulturelles Team noch gefördert wird: Seit Jahren lebt im Pfarrhaus ein afrikanischer Priester, der in Freiburg promoviert; der Kaplan ist Portugiese, ein Pastoralreferent hat indische Wurzeln. zes müssen wir , ut h sc be ie ch bs A s de Dank r A ngst aufsteh en de it m n ge or M n de je nicht sch oben zu werden. vielleicht h eute abge Redaktion Herr Ahmed, Sie haben sich ja vorher schon für andere Flüchtlinge engagiert. Was hat sich durch die Anstellung für Sie geändert? Kemal Ahmed Es ist ein großer Unterschied, ob ich als Privatperson Kemal Ahmed eine Familie zum Rathaus begleite oder das im Auftrag der Kirchengemeinde tue. Wenn ich im Auftrag der Kirche handle, begegnet man mir in den Behörden mit viel mehr Respekt. Aber das gilt auch für die Flüchtlinge: Man vertraut mir auch deshalb, weil die Kirche einen guten Ruf hat. Ich bin Vertreter der Kirche und zugleich einer von ihnen. Das schafft Akzeptanz und Vertrauen. Auch in der Stadt Waldkirch bin ich bekannter geworden. Menschen sprechen mich an: „Sind Sie nicht der Herr Ahmed von der Kirchengemeinde?“ Das hilft für meine Arbeit. Ich kann mich viel besser für die Familien einsetzen. Ich bin häufig ein Anwalt für die Interessen der Familien, nicht im juristischen Sinne, sondern im Sinne sozialer Unterstützung. Da ist es gut, wenn ich das im Auftrag der Kirche tun kann. Redaktion Sie sind selbst Flüchtling. Wie ist Ihre Situation? 34 Kemal Ahmed Der Asylantrag für meine Familie und mich wurde abgelehnt, aber dagegen haben wir geklagt; das Verfahren läuft noch. Wir genießen Abschiebeschutz, weil ich eine persönliche Bedrohung nachweisen konnte, die über die allgemeine Diskriminierung als Roma hinausgeht: Ich bin Kameramann und habe in Mazedonien politisch heikle Dokumentationsfilme produziert, unter anderem über den Aufstand der albanischen Bevölkerungsgruppe 2001, aber auch über getötete Roma-Kinder und Organhandel. Ein Verbleib wäre zu gefährlich geworden; durch die Flucht haben wir uns der Gefahr entzogen. Ich lebe mit meiner Frau und unseren drei Kindern inzwischen in Waldkirch in einer kircheneigenen Wohnung. Dank des Abschiebeschutzes müssen wir nicht jeden Morgen mit der Angst aufstehen, vielleicht heute abgeschoben zu werden. Aber unser Aufenthaltsstatus ist nicht geklärt. Auf Dauer können wir von der geringfügigen Beschäftigung nicht leben, deshalb suche ich eine Vollanstellung. Redaktion Und wie sieht die Zukunftsperspektive für die Flüchtlingsarbeit hier in Waldkirch aus? Kemal Ahmed Mein Vertrag bei der Kirchengemeinde ist zunächst bis Sommer befristet, und ich suche ja auch eine andere Arbeit. Aber unabhängig von meiner Person: Die Zahl der Flüchtlinge aus dem Balkan wird nicht so bald abnehmen. Gerade auch Roma-Familien brauchen weiterhin die Unterstützung, noch jahrelang. Heinz Vogel Pfarrer, Seelsorgeeinheit Waldkirch Ahmed Kemal Waldkirch Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 Die Nähstube als Ort der Begegnung, Verständigung und des gemeinsamen Lernens Frauen unterschiedlicher Nationalitäten zu dem einzuladen, was sie können, darin liegt der zündende Gedanke für ein Nähcafe in Heidelberg. Das Interesse der Frauen und die positiven Auswirkungen auf den Alltag der Teilnehmerinnen geben der Idee der Initiatorinnen recht. (Red.) Was spricht Frauen unterschiedlicher Nationalitäten an? Wie sieht eine Gruppe aus, die interkulturell und generationsübergreifend arbeitet? Wie kann man an der Umsetzung von persönlichen Vorstellungen der Teilnehmerinnen und von außen definierten gesellschaftlichen Erwartungen arbeiten und gleichzeitig die Mitarbeit der Teilnehmerinnen sicherstellen? Auf welchem Weg mache ich die Beratungsangebote von Wohlfahrtsverbänden und städtischen Einrichtungen bei Migrantinnen bekannt? Wie kann ich Frauen in der Berufsfindung unterstützen? Unsere Antwort: Eine Nähstube für Frauen in einem Stadtteil mit mehr als 95 Nationalitäten, der manchmal als sozial schwierig gesehen wird. Die Anfänge Ich arbeitete seit vielen Jahren beim Caritasverband Heidelberg im Migrationsdienst und hatte neben der Beratungsarbeit mehrere Jahre eine PatchworkGruppe mit Spätaussiedlerinnen geleitet, als ich 2007 gebeten wurde, in einem Stadtteil ein neues Angebot einzurichten und entschied mich für eine Frauengruppe mit dem Schwerpunkt „Nähen“. Im Stadtteil überzeugte diese Idee schon dadurch, dass es kein Sprachkurs war. Das Konzept, Frauen einzuladen, etwas zu tun, das sie können oder lernen möchten und sie nicht darauf hinzuweisen, was sie nicht können, nämlich deutsch sprechen oder verstehen, wurde sofort als überzeugendes Argument akzeptiert. Das Ziel des Angebots war es, die Teilnehmerinnen in ihrem Alltag, in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen und als Anknüpfungspunkt das gemeinsame Interesse am Nähen zu nutzen. Für die Teilnehmerinnen lag der Schwerpunkt beim Nähen und Handarbeiten, für mich als Gruppenleiterin beim sozialen Miteinander und in der Vermittlung in entsprechende Beratungsund Hilfsangebote. Auf dem verteilten Flyer der Nähstube war eine Nähmaschine abgebildet mit der Einladung an alle interessierten Frauen im Stadtteil teilzunehmen. Treffpunkt war zweimal wöchentlich ein beim Stadtteilverein gemietet Raum, in dem wir Nähmaschinen und Materialien lagern konnten. Die Teilnehmerinnen kamen aus eigenem Interesse. Schon in den ersten Monaten kamen Teilnehmerinnen aus Deutschland, Polen, Russland, China, Philippinen, Türkei, Iran zusammen. Einige sprachen Deutsch, andere nicht. Die Entwicklungen in der Nähstube Die Teilnehmerinnen lernten sich gegenseitig kennen. Sie unterstützten einander und zeigten ihr Können, es wurde zugeschaut, nachgefragt und dabei viele Gemeinsamkeiten entdeckt. „Was? Türkisch und Rumänisch heißt das beides mal „Pense“ wenn du eine Naht machst?“. Am deutlichsten zeigte sich das Sprach-Entwicklungspotential der Gruppe als eine Chinesin zum ersten Mal kam. Sie zeigt auf die Nähmaschine auf der Einladung und konnte kein 35 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen Wort Deutsch. Eine Türkin nahm sich ihrer an, zeigte ihr unsere Nähmaschinen und sah zu, was sie nähen wollte. Nebenbei fragte sie mit vielen Gesten nach Alter, Kindern und Ähnlichem. An diesem Morgen lernte die Türkin, wie professionell genäht wird. Die Chinesin konnte es ihr nicht erklären, nahm ihr aber die Sachen aus der Hand, legte sie unter die Nähmaschine und machte sie ruckzuck fertig. Anschließend wussten wir also, dass die Chinesin um die vierzig war, eine Tochter hatte, super nähen konnte, aber kein Deutsch sprach. Sie brauchte nur eine Maschine, weil sie keine besaß. Ein Jahr später kam sie lachend vorbei und meinte: „Können Sie sich noch an mich erinnern? Ich mache jetzt Tai-ChiKurse für eine Frauengruppe hier“. Oft brachten die Frauen ihre Nachbarinnen oder Freundinnen mit. Die Frauen konnten ihre traditionellen Handarbeiten oder Schnitte mitbringen, zeigen und daran weiterarbeiten. Das Nebeneinander der verschiedenen Kulturen und Sprachen ließ Raum für eigene Entwicklungen. Jede konnte von den anderen Lernen und die eigenen Werte überprüfen und darstellen. Jede hatte ihre eigene Identität und niemand wurde in Frage gestellt. Auch Kopftuch tragen war keine Frage. Wer will trägt eines, fertig. miteina nder d un en rn le zu n ue ra Von anderen F funktioniert auch mit wenig zu sprech en, prach e, aber mit viel gemeinsamer S eit füreinander. A ufmerk sa mk 36 Schön war ein Ereignis, als eine Afghanin ihr Kopftuch wechselte. Sie trug ein schönes auf der Straße und eines zum Arbeiten. Sie legte das Kopftuch auf die Haare macht zwei, drei Bewegungen und das Tuch saß fest. Und dann fragte eine deutsche Frau sie, wie sie das gemacht hätte damit das Tuch nicht rutscht. Die Afghanin war stolz, ihr das zeigen zu dürfen und nicht kritisiert zu werden. Dieses herzliche und unkomplizierte Umgehen miteinander pflegte die Gruppe in allen Details. Jede machte ihre Arbeiten so, wie sie es konnte und wollte. Jede zeigte gerne, was sie kann, aber niemand muss es deswegen auch so machen. Von anderen Frauen zu lernen und miteinander zu sprechen, funktioniert auch mit wenig gemeinsamer Sprache, aber mit viel Aufmerksamkeit füreinander. Das Verstehen kommt beim Bemühen um den anderen. Die Sprache ist ein wichtiger Aspekt, sowohl Deutsch als auch die Sprachen, mit denen die Teilnehmerinnen sich untereinander verständigen, weil die verschiedenen Sprachen, die jemand spricht, auch ermöglichen, dass er oder sie anderen etwas erklärt. Beispielsweise wenn eine Türkin auch kurdisch spricht, ist das ein Teil der Verständigung zwischen den Völkern. Für die Näh-Gruppe war die Sprachvielfalt immer eine Herausforderung, die sich gemeinsam gut meistern ließ. Die gemeinsamen Fortschritte Durch das gegenseitige Kennenlernen hat sich für viele Frauen auch ihr Stadtteil verändert. Sie gehören zu einer Gruppe dazu, werden über Aktionen im Stadtteil informiert, nehmen bei Interesse daran teil oder leisten einen Beitrag zum Gelingen der Aktion. Die Nähstube wurde zu einem Ort der Begegnung, der Verständigung über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg und des gemeinsamen Lernens. Darüber hinaus wurde sie zu einem weiteren Knotenpunkt im Netzwerk im Stadtteil Emmertsgrund. Unsere Teilnehmerinnen besuchten das internationale Frauencafé, wurden durch die Heidelberger Dienste in der beruflichen Bildung gefördert, nahmen am Integrations-Sportprojekt teil, engagierten sich beim Stadtteilfest und dem örtlichen Weihnachtsmarkt und besuchten Sprachkurse im Stadtteil. Es entstand ein Terrain, auf dem sich die Frauen immer sicherer bewegen konnten. Mittlerweile ist die Nähstube in das neue Seniorenzentrum im Stadtteil eingebunden und arbeitet auch dort mit einem generationenübergreifenden Konzept. Und noch immer ist diese Gruppe ein Einstieg für Migrantinnen in andere Angebote, ein Türöffner für Frauen. Michaela Günter Sozialpädagogin Caritasverband Heidelberg Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 Solidarität mit osteuropäischen Pflegehelferinnen und Pflegehelfern In der Seelsorgeeinheit Markdorf erhalten Pflegehelferinnen und Pflegehelfer aus Osteuropa vielfältige Unterstützung vom Besuchsdienst der Caritas-Konferenzen (CKD). So beginnt die weltweite Solidarität an der nächsten Haustür. (Red.) Als ehrenamtliche Besuchsdienstmitarbeiterin der Caritas-Konferenz Bermatingen-Ahausen besucht Frau Gerda Dilger regelmäßig alte, kranke Menschen zu Hause. Bei ihren Besuchen trifft sie immer wieder auch auf Pflege-Helfer/innen aus Osteuropa. Frauen und Männer, die ihre Heimat verlassen, um sich in Deutschland kostengünstig und in der Regel rund um die Uhr um pflegebedürftige alte Menschen zu kümmern. Durch zahlreiche Gespräche mit diesen Menschen erfuhr Frau Dilger von deren Nöten und Sorgen, von Heimweh und Einsamkeit und dem Leben, das sie in ihrer Heimat zurückgelassen haben. Diese Berichte lösten in Frau Dilger eine große Betroffenheit aus und es entstand der Impuls, die Helfer/innen in ihrem Alltag zu begleiten und zu unterstützen. Frau Dilger nahm Kontakt zu anderen Besuchsdienstgruppen auf und stellte ihre Idee beim „Runden Tisch“ im Dekanat Linzgau vor. Beim „Runden Tisch“ treffen sich Vertreter/innen der Caritaskonferenzen, karitativ ehrenamtlich Engagierte und Verantwortliche der Kirchengemeinden sowie der Geschäftsführer des Ortscaritasverbandes. Dabei machte sie die Erfahrung, dass auch andere Besuchsdienstmitarbeiter/innen die Einsamkeit und Nöte der Helfer/innen wahrnehmen. Ziel war es Helfer/innen aus Osteuropa miteinander in Verbindung zu bringen, ihnen Gelegenheit zum Austausch zu geben, sie zu Veranstaltungen in der Gemeinde einzuladen und auf Orte aufmerksam zu machen, an denen sie sich treffen können. an den Treffen n ne in r/ fe el H e di it Dam en zunäch st teilneh men k önnen,itashabkonferenz in dieser ar Ehrena mtlich e deuur ngC der Pflegebedürftigen Zeit die B etre ernommen. üb Als Ort für Angebote und Treffen steht heute das Mehrgenerationenhaus in Markdorf zur Verfügung. Neben dem Austausch über ihre Lebenssituation einmal im Monat besteht das kostenlose, wöchentliche Angebot eines Deutschkurses für die Helfer/innen. „Die Chance in der Landessprache kommunizieren zu können, ist das Wichtigste bei der Integration und auch bei der Pflege der alten Menschen“, so Frau Dilger. Damit die Helfer/innen an den Treffen teilnehmen können, haben zunächst Ehrenamtliche der Caritaskonferenz in dieser Zeit die Betreuung der Pflegebedürftigen übernommen. Diese Entlastung hat allerdings auf Dauer zu einer Überlastung der Ehrenamtlichen geführt, so dass die Betreuung nun über stundenweise bezahlten Einsatz der örtlichen Sozialstationen und Nachbarschaftshilfe abgedeckt wird. Die Kosten hierzu müssen vom Arbeitgeber der Helfer/innen übernommen werden. Frau Dilger bedauert 37 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen sehr, dass es nur wenige Arbeitgeber gibt, die bereit sind, diese Auszeit und Unterstützung für ihre Helfer/ innen zu finanzieren. Die Kooperation mit dem Mehrgenerationenhaus hat sich ebenfalls weiterentwickelt. Im Mehrgenerationenhaus werden häufig Kleiderspenden, sowie Spielsachen abgegeben. Ein Teil davon erhalten die Helfer/ innen, die diese mit großer Dankbarkeit an ihre Kinder, Enkel und Familien in der Heimat weiterleiten. Das Mehrgenerationenhaus in Markdorf ist verkehrstechnisch gut zu erreichen. Für all diejenigen, für die die Erreichbarkeit dennoch schwierig ist, bieten die ehrenamtlich Engagierten einen Fahrdienst an. „Uns ist es wichtig, dass unser Angebot so barrierefrei wie möglich angenommen werden kann“, betont Frau Dilger, „alle Angebote sind kostenlos“. Deswegen ist die Akquise von Spendengeldern ein wichtiger Baustein in der Organisation des Angebotes. Zu Beginn standen Projektfördermittel des Diözesanverbandes zur Verfügung. Des Weiteren konnte durch die Teilnahme an einem Ehrenamtspreis weitere Mittel generiert Familien und e el vi st ch li ög m ss da Ziel ist es, erfahren und en ot eb ng A n de n vo n Helfer/inne profitieren k önnen. n vo da e m ah ln ei T ne du rch ei werden. Die Auszeichnung durch den Sozialpreis von Innovatio war nicht nur finanziell ein Gewinn, sie ist auch eine große Anerkennung für das außergewöhnliche ehrenamtliche Engagement. Die ehrenamtlich Engagierten investieren viel Zeit und Kraft in das Projekt. „Ich bereue dieses Projekt trotz all der Aufregung und zahlreicher Widerstände nicht“ lautet die Zwischenbilanz von Frau Dilger. Mit großer Begeisterung wirbt sie bei ortsansässigen Arbeitsagenturen, Besuchsdienstgruppen, Verbänden und im Gottesdienst beim Caritassonntag für das Projekt. Ziel ist es, dass möglichst viele Familien und Helfer/innen von den Angeboten erfahren und durch eine Teilnahme davon profitieren können. Gerne würde Frau Dilger die Helfer/innen noch mehr in das Gemeindeleben einbeziehen. Aber die Teilnahme sowohl an den Gottesdiensten als auch zum Be- 38 spiel das Singen im Kirchenchor sind durch die wenige freie Zeit, die den Helfer/innen bleibt, kaum möglich. Am besten gelingt dies, wenn die zu pflegende Person ebenfalls an der Pfarreiaktivität teilnimmt. „Eine Helferin besucht jeden Sonntag gemeinsam mit der zu pflegenden, dementen Frau den Gottesdienst. Sie empfangen gemeinsam die Kommunion und die Gemeinde respektiert die unruhige, alte Dame“, berichtet Frau Dilger. Im Rahmen des Projektes „Neue Wege ehrenamtlichen Engagements fördern“, das durch die Glücksspirale gefördert wird, fungiert das Projekt im Verband als „best practice“ Beispiel. Angesteckt von der Idee und den positiven Erfahrungen gibt es bereits drei weitere CKD Besuchsdienste im Erzbistum Freiburg, die ein Angebot für Pflegehelfer/innen aufbauen. Frau Dilger unterstützt die Gruppen mit ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz und erworbenen Fachwissen. Durch die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Verleihung des Innovatio-Sozialpreis wurde ein Mehrgenerationenhaus in Berlin auf das Projekt aufmerksam sowie eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. „Vielleicht wird das Projekt bald Teil einer Dissertation über die Pflegekrise in Deutschland“, berichtet Frau Dilger stolz. „Ich freue mich sehr über das vielfältige Interesse an unserem Projekt und hoffe, dass es noch weitere Nachahmer zur Unterstützung von Pflegehelfer/innen geben wird.“ Michaela Lampert Diplom Sozialpädagogin, Haus des Lebens, Freiburg Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 Interkulturelles Café im Kinderhaus Arche Noah „MEIN ALLERLIEBSTES KUSCHELTIER“ Ein Best-Practice-Beispiel aus der interkulturellen Pädagogik – nicht nur für Kinder! (Red.) „Ich begrüße euch ganz herzlich! Ich bin Minouche und sitze sonst bei der Gabi im Büro“. Minouche, unsere kuschelige Bürokatze, geht mit Frau Burger unserer Leitung an der Hand zu jedem Cafébesucher und begrüßt ihn persönlich. „Ich bin Marina“, stellte sich ein Mädchen Minouche vor und küsst sie sanft auf die Stirn. Heute sind 21 Gäste zu zählen, darunter 5 unserer Mütter. Die Kinder sind zwischen 3 und 10 Jahre alt. Nach einer ausgiebigen Vorstellungsrunde führt Frau Burger das heutige Thema des 5. Interkulturellen Cafés „Mein allerliebstes Kuscheltier“ ein, zu dem jedes Kind sein Kuscheltier mitbringen dürfte. Vorausgegangen war der Idee eine Kuscheltieraktion („Teddy Bear Toss“) vom EHC Freiburg. Die Kuscheltiere wurden vom Publikum auf die Eisfläche geworfen und von den Spielern und der Jugendmannschaft eingesammelt. Diese gingen anschließend als Spende u. a. an unser Kinderhaus. Frau Burger erklärte anhand eines Eishockeytrikots und eines Fotos, das die symbolische Übergabe auf dem Eis zeigt, wie es zu den Kuscheltieren kam, die wir in unserer dialogischen Stuhlkreismitte aufgebaut hatten. Frau Brendler, unsere Fachkraft für Sprachbildung, wollte danach von den Kindern wissen, welche Kuscheltiere sie mitgebracht hatten, bevor die Tiere im Korb in der Mitte genauer angeschaut werden sollten. Die Kinder erzählten reihum, wie ihr Kuscheltier heißt und wann sie es besonders brauchten. Roberto erzählte uns von seiner bunten Eidechse, die er auf Mallorca im Urlaub gekauft hatte. Stolz geht er zu jedem Cafébesucher und zeigt seine Eidechse. Nachdem der Korb leer war – Kinder die kein eigenes Kuscheltier dabei hatten, haben sich hier bedienen können – wurde dieser durch eine große Weltkarte ersetzt, auf der alle Kontinente unserer Erde zu sehen sind. Unsere Fachkraft für Migration, Frau Bickel, erfragte, nachdem jedes Kind zu Wort gekommen war, welches etwas zu seinem Kuscheltier sagen wollte, von Kindern, wie unsere Gruppentiere eigentlich heißen, ob die Kinder sie gemeinsam zusammen aufzählen könnten. Nach und nach nannten die Kinder die Namen unserer Gruppen im Kinderhaus. Sie zählten die Pinguine, die Kängurus, die EisEulen, die Eulen, die Krokodile, die Koalas und die Giraffen auf. Danach sollten die Kinder gemeinsam überlegen, wo die Gruppentiere eigentlich wohnen, auf welchem Kontinent sie beheimatet sind. Die Fachkraft für Migration hatte kleine Karten von den Gruppentieren dabei, die die Kinder nehmen und dann auf den entsprechenden Kontinent legen konnten. Nachdem alle Tiere mit vereinten Kräften ihr Zuhause gefunden hatten, durften sich alle am „tierischen Buffet“ stärken. Unser Buffet bestand aus selbstgebackenen Tierkeksen, Tierkuchen, Schlangengurken und anderen tierischen Kulinaritäten. Bei einer Tasse Kaffee haben wir auch von unseren Müttern erfahren können, dass auch sie selbst Kuscheltiere hatten, die sie durch ihre Kindheit begleitet hatten. Unsere Gäste kamen aus Serbien, 39 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen Äthiopien, Italien, Sri-Lanka, Spanien, Schweiz, Griechenland, Niederlande, Russland, Marokko und Deutschland. „Mein allerliebstes Kuscheltier“ kann eben nicht nur „trösten“ sondern auch „verbinden“. In einer Kooperation von Leitung, Fachkraft für Sprachbildung sowie Fachkraft für Migration ist das Interkulturelle Café (I. C.) geplant und durchgeführt worden. Bevor es stattfand, haben unsere Kolleginnen und Kollegen die Eltern informiert. Zudem hat eine Informationswand, die von Kuscheltieren umgeben war, in unserem Foyer auf das Café per Aushang hingewiesen. Im Vorfeld wurden mit unseren Kindern Gruppentiere gebacken, die den Eltern in der Abholzeit mit einer Einladung zum I. C. gereicht wurden. Im Morgenkreis wurde ca. 2 Tage vor dem I. C. der Termin mit den Kindern thematisiert. Das Projekt und die Ziele unseres Interkulturellen Cafés ist vor ca. zwei Jahren entstanden, als unsere Leitung, Frau Burger, eine Zusatzausbildung zur Elternbegleitern absolviert hat. Sie entwickelte gemeinsam mit der Fachkraft für Migration die Projektidee vom Interkulturellen Café. Schon damals hatten wir einen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund von fast 60%. Die Vision vom Café war es, dass sich Eltern und Kinder mit und ohne Zuwanderungsgeschichte in einer unbefangenen Atmosphäre in vertrauten Räumlichkeiten begegnen können, um miteinander in Kontakt zu kommen. Die Gemeinsamkeit, die alle Eltern in diesem Café verbinden würde, wäre, dass mindestens eins ihrer Kinder in unserem Kinderhaus betreut wird. Wir als konfessionelle Kindertageseinrichtung orientieren uns am christlichen Menschenbild. Auf Basis dieser Grundlage haben wir ein Migrationskonzept entwickelt. Dieses beinhaltet folgende Ziele der interkulturellen Pädagogik, da es uns nicht nur darum geht, Wissen über andere Kulturen und Religionen zu erwerben, sondern auch respektvoll mit Menschen mit Migrationshintergrund umzugehen: Vorurteilsfreier Blick 40 Wir wollen Kinder mit Migrationshintergrund in ihrer Gesamtentwicklung wahrnehmen, ihre bisherige Entwicklung wertschätzen und ihre individuellen Kompetenzen stärken, anstatt den Blick ausschließlich auf die fehlende Sprachkompetenz zu richten. Sichtbarmachen von Kulturen und Religionen in der daru m, Wissen über r nu t ch ni s un ht ge Es n zu erwerben, ne io ig el R d un n re tu andere K ul it Mensch en mit m l ol tv ek sp re ch au sondern umzugeh en. Migrationsh intergrund Einrichtung für alle Beteiligte Unser Kinderhaus wird von vielen Kindern mit Migrationshintergrund besucht. Daher ist es uns wichtig, auch ihre Kulturen, Religionen und Sprachen in unserer Einrichtung sichtbar zu machen. Friedfertiges und tolerantes Zusammenleben aller Kulturen und Nationalitäten fördern In unserem regelmäßig stattfindenden Interkulturellen Café möchten wir unseren Eltern mit und ohne Migrationshintergrund Raum geben, ihre Kultur zu leben und die Möglichkeit bieten, mit Eltern aus unterschiedlichen Kulturen in Kontakt zu kommen und auf diesem Wege interkulturelle Begegnungen bewusst initiieren. Nadia Bickel Fachkraft für Migration Caritasverband Freiburg Erfahrungen für die Pastoral 2/2015 Wenn Verständigung möglich wird PFORZHEIM IST SPITZE Eine Antwort auf die Frage, wie Kirchengemeinden mit Migration umgehen sollen: Das tun, was sie immer schon tun, den Glauben in Gemeinschaft leben und in Offenheit Orte der Begegnung für Menschen zu bilden.(Red.) Derzeit sind wir bundesweit die Stadt mit den meisten Menschen mit Migrationshintergrund. Ca. 49 %, das sind bei 120.000 Einwohnern etwa 58.000 Menschen, die entweder, wie die rund 25.000 Ausländer, keinen deutschen Pass haben oder die selbst bzw. einer ihrer Vorfahren nach 1949 in Deutschland zugewandert sind. Einen Migrationshintergrund haben also sowohl der irakische Basil, der vor Jahren aus Mossul kam, als auch die deutsche Tamara, deren Oma 1955 aus der Sowjetunion einreiste. Bei den Ausländern gehen in den letzten Jahren die Zahlen der Türken oder Italiener, die mit einem Fünftel bzw. einem Sechstel die größten Gruppen ausmachen, leicht zurück. Wohingegen sich die Zahl der Iraker seit 2007 verdreifachte (2.000 Personen). Mit jeweils über 1.000 Personen sind auch die Gruppen der Kroaten, Polen und Portugiesen groß. Zum Teil ortsansässige katholische Missionen anderer Muttersprache kümmern sich um Italiener, Portugiesen, Polen, Kroaten, Vietnamesen und chaldäisch-katholische Iraker und treffen sich seit 2010 halbjährlich auf Einladung von Dekan Bernhard Ihle im Missionsrat. Gelungen sind dadurch zum Beispiel eine Verstetigung der Beteiligung an Fronleichnam, die Einbindung von Chaldäern und Polen bei der ökumenischen Langen Nacht der Kirchen oder das gemeinsame Gedenken von Portugiesen, Italienern und Deutschen am 23. Februar, der Zerstörung Pforzheims vor 70 Jahren. Gemeinsam feiern wir Lichterprozessionen und Missionsfeste auf dem Marktplatz. Die Bereitschaft, sich auf diese Kooperation einzulassen, ist vorhanden. Für diesen Missionsrat auch Vertreterinnen und Vertreter der deutschsprachigen Gemeinden zu gewinnen, hat sich nur zum Teil verwirklichen lassen. Was diese Zusammenarbeit erleichtert, ist ein Bewusstsein des gemeinsamen Katholisch seins – wenngleich es große Unterschiede im Verständnis dessen gibt, wie Katholisch sein „geht“ – das deutsche Sprachvermögen der Beteiligten und die ähnlich gelagerten Themen. Dazu gehören Zukunftsfragen, Spracherziehung der Kinder, verständliche Katechese, riesige Zuständigkeitsgebiete und die Not und Zerreißproben innerhalb der Familien, die deutsche und die heimische Kultur zusammenzubringen. Im Missionsrat ist für diesen Erfahrungsaustausch eine Plattform gegeben, ebenso eine unkomplizierte Vernetzung mit den kommunalen Stellen wie zuletzt mit der Integrationsbeauftragten der Stadt. Unabhängig von diesem Missionsrat, zum Teil unter Beteiligung einzelner Missionen, geschah und geschieht Integration in den deutschsprachigen Kirchengemeinden dadurch, dass sie „normale“ Kirchengemeinden sind. Orte, an denen im Miteinander die deutschen Sprachkenntnisse 41 2/2015 für die Pastoral Erfahrungen entwickelt werden, an denen Alltagskultur beiläufig gelernt wird, an denen Freundschaften und Bindungen entstehen, die Arbeitsplätze bieten und Beteiligung ermöglichen. Wenngleich tun, was sie zu s da n, le eh pf em zu G emeinden ist er sch on taten: am gemeinsamen idealtypisch imm ube in G emeinschaft zu leben, Interesse, Gla d in Offenh eit Orte der anzuk nü pfen un ng zu bilden. B egegnu es für manche sehr ungewohnt ist, sich in der Gemeindepastoral zu engagieren. Doch trugen und tragen Kirchengemeinden dazu bei, in Pforzheim anzukommen und Heimat zu finden. Insofern ist Gemeinden auf die Frage, wie sie mit Migration umgehen sollen, zu empfehlen, das zu tun, was sie idealtypisch immer schon taten: am gemeinsamen Interesse, Glaube in Gemeinschaft zu leben, anzuknüpfen und in Offenheit Orte der Begegnung zu bilden. Gleichwohl gibt es auf allen Seiten Widerstände und Hürden. Oft auch Unsicherheit, denn wie gelingt ein Kontakt, wenn Sprachhindernisse hemmen? Gute Katechesemodelle kommen an ihre Grenzen, wenn Elternbriefe, Elternbücher und Kirchenführungen nicht verstanden werden. Wie bereichert, wie katholisch-glücklich hat man sich aber nicht schon gefühlt, wenn Verständigung dann doch irgendwie möglich wurde. Hürden liegen auch in den Kirchen- und Priesterbildern. Dort wundert man sich, wenn der Pfarrer ermahnt, in den Gottesdienst zu kommen, hier wundert man sich, wenn der Pfarrer das nicht tut. Dementsprechend sind zum Beispiel Kinder häufig in den Gruppen der deutschsprachigen Gemeinden eingebunden, gelegentlich werden sie dann aber für die „eigentliche Katechese“ in die muttersprachliche Gemeinde gehen. Manchmal auch gegen den Wunsch der Kinder, die um der gewollten Identität und des Zusammenhaltes willen den Erwachsenen folgen. Auch bei der gemeinsamen Nutzung von Kirchen- und Gemeinderäumen gibt es gelegentlich Interessenkonflikte, da es um Identitäten (was „gehört“ uns?), Feierkultur und um Bilder von Ordnung geht. 42 Noch viel interessanter wird der Blick auf das Migrationsphänomen, wenn man beispielsweise im Umkreis von wenigen hundert Metern um die Herz Jesu Kirche nicht nur eine evangelische Kirche und mehrere Freikirchen findet, sondern auch die Synagoge, den Hindutempel und eine Moschee. Die Gefahr ist groß, dass man trotz aller räumlichen Nähe unter sich bleibt. Doch viele Beteiligte bieten Dialogformen an. Bundesweit ist zum Beispiel die Woche der Brüderlichkeit dem christlich-jüdischen Dialog gewidmet – so auch in Pforzheim. Hier kommt jedoch hinzu, dass zusätzlich Veranstaltungen mit Muslimen, Aleviten und Hindus geplant werden. Diese Erweiterung ist inhaltlich eigentlich abzulehnen, in Pforzheim drängt sie sich aber auf. Öffentliche Jugendtrialogforen suchen den Kontakt zwischen jungen Christen, Juden und Muslimen herzustellen, ein interreligiöser Stadtplan entstand bei der 72 Stunden-Aktion 2013 (www.relimap-pforzheim. de) und 2015, unter Federführung eines Teams um Schuldekan Hauser im Hildagymnasium, fuhr der „berühmte“ Goldstadtbus mehrere religiöse Stätten an und Schülerinnen und Schüler lieferten recherchierte Innenansichten der Religionen. Diese Beschreibung ist längst nicht umfassend – im Blick auf die fast 70% Menschen mit Migrationshintergund bei den unter 16Jährigen, fehlt z.B. die Sicht der Kindergärten – und sie stellt erste Ansätze, zarte Pflänzchen dar. Das pilgernde Gottesvolk und die Menschen mit Migrationshintergrund, da gibt es viele Gemeinsamkeiten zu entdecken und es ließe sich noch eine Menge voneinander lernen. Tobias Gfell Dekanatsreferent im Dekanat Pforzheim Material und Medien für die Pastoral 2/2015 Medien zum Thema An erschreckenden und bewegenden Bildern über das Schicksal von Flüchtlingen fehlt es uns nicht. Deren Not ist in unseren Medien täglich präsent: bedrückend, bedrohlich, herausfordernd. Ohnmacht kommt bei nicht wenigen von uns auf. Wer es als Flüchtling nach Europa geschafft hat, ist nicht unbedingt willkommen im erhofften „gelobten Land.“ Deutlich ist: Migration und Integration, Toleranz und Verständnis für zunächst Fremdes sind gefordert. Welchen Beitrag können wir dazu durch Bildungsprozesse bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen leisten? Und: Helfen „gute“ Filme, um – über die Bilder der tagesaktuell berichtenden Medien hinaus – ein Bewusstsein für die Situation von Fremden unter uns zu wecken? Die Mediathek für Pastoral und Religionspädagogik hat einem umfangreichen Medien-Tipp „Flüchtlinge heute“ im Internet bereit gestellt. Daraus werden drei besondere Filme in diesem Beitrag vorgestellt. Migration und Integration: „Einfache Fahrt“ Das Intro in diesen bemerkenswerten Dokumentarfilm endet mit der Titeleinblendung: „One Way. A Tuareg Journey“. Schon dieser Einstieg beeindruckt: Häufige Bildwechsel von Italien in den Niger und umgekehrt. Städtisches Umfeld in kalter Jahreszeit, wüstenhafte Landschaft mit Ziegen im Sonnenlicht. Bruder und Schwester, dunkelhäutig in Italien – der kleine Bruder in Niger. Sein älterer Bruder, Sidi, vielleicht 12 Jahre alt, erklärt in bestem Italienisch: „Unser jüngerer Bruder ist in Niger geblieben. Er hat sein Passwort nicht erhalten. Ich sage es anders: Er hat seinen Personalausweis nicht bekommen.“ Der kleine Bruder im Wüstensand bleibt eine Sehnsucht: „Ich träume jeden Montag von ihm“, so Sidi. Und seine Schwester ergänzt: „Ich jeden Dienstag“. Integrierte Migranten in Italien! Armutsflüchtlinge einmal anders! Welche Kontrastbilder zu den im Meer ertrinkenden Bootsflüchtlingen! – Das sind einige meiner Assoziationen, die mir beim Betrachten von „Einfache Fahrt“ kommen. Doch: Fragen bleiben offen, z.B. was das positive Schicksal dieser Tuareg-Familie in Italien unterscheidet von dem Elend anderer Flüchtlinge, das uns gemeinhin über die Medien vermittelt wird. Es gilt dieses filmische Portrait als Sonderfall, als Ausnahme zu sehen, als Beispiel, wie Migration und Integration von Afrika nach Europa gelingen kann, wenn … Aber: Auf die dafür notwendigen Bedingungen gibt „Einfache Fahrt“ weder im Blick auf diese konkrete Familie noch generell eine Antwort. In dieser Offenheit liegt – zumindest - Potential für Gespräche. 43 2/2015 für die Pastoral Medien Materialzum und Thema Medien Dass nicht alles als heile Welt erscheinen soll, macht der Film z.B. durch Interviews und einen kurzen FernsehAusschnitt aus einer Parlamentsdiskussion deutlich: nicht nur die „Lega Norte“ fordert ein „Italien den Italienern“. Auch Sidis Sicht und Gefühlslage ist ambivalent: „Als ich in Italien ankam, erschien mir alles wunderschön. Mir tat nur Leid, dass mein Bruder nicht bei uns war. Jetzt, wo ich diese Welt kennen gelernt habe, fehlt mir die meine.“ Es gelingt schließlich, die Papiere für den kleinen Bruder zu bekommen. Bewegend ist, wie die Kamera ihn begleitet im Flugzeug, auf seiner Zugfahrt im Winter Italiens, bei einem Besuch im Supermarkt. „Einfache Fahrt“ ist vielfach prämiert worden. Er hätte auch meine Stimme bekommen! – Eine noch nicht genannte Besonderheit: Immer wieder hat Sidi die Kamera selbst in der Hand, dreht die Bilder für diesen Film und führt Interviews. Lassen wir dazu den Filmregisseur, Fabio Caramaschi, selbst zu Wort kommen: „Ich traf die Hauptpersonen dieser Geschichte vor fast 10 Jahren. Um Zugang zu ihrer Welt zu bekommen, bedurfte es eines langsamen Vertrauensaufbaus und auch vieler Filmaufnahmen. Ich gab dem Erzähler Sidi die Kamera, die ich für meinen ersten Film benutzt hatte, um ihm Gelegenheit zu geben, sich selbst auszudrücken und um gleichzeitig dem Zuschauer eine Innensicht der Geschichte zu ermöglichen. Sidis Aufnahmen mit der DVCam … nehmen unsere Zuhörer mit in die Intimität der kleinen Tuareg-Gemeinschaft in Italien, eine Welt, zu der Außenstehende normalerweise keinen Zugang haben. Die Kamera ist für Sidi nicht nur ein Wegbegleiter geworden, dem er seine Geheimnisse und Wünsche anvertraut. Sie ist auch eine Verbündete, um sein eigenes Schicksal zu entdecken, das zwischen der neuen italienischen Wirklichkeit und dem Heimweh nach den Weiten seines Herkunftslandes gefangen zu sein scheint.“ Heimat und Identität: „Sores & Sirin“ Nacht. Hubschrauber-Geräusche und Schüsse. Beine, die auf der Flucht sind. Ein Text wird eingeblendet: „Iraki Kurdistan 2003“. Es sind zwei, die da fliehen, aber nur zwei Füße, die den Boden berühren. Ein Junge trägt ein Mädchen auf seinem Rücken. Seine Schwester, wie sich zeigen wird. Blut ist zu sehen. Es geht den Berg hinauf. Erschöpfung ist zu erleben. Der Junge ruft: „Großvater“. Dann liegen beide erschöpft auf der steinigen Erde. Ein neuer Tag bricht an. Sie werden gefunden. Jetzt springt der Film um 5 Jahre nach vorne: Der Junge, Sores sein Name, wird geweckt und zwar von seiner Pflegemutter. Sirin, seine Schwester, kommt ins Zimmer. Was zwischen der Flucht und diesem Heute geschehen ist, spart der Film aus. Sores und Sirin wurden offensichtlich gerettet und nach Deutschland gebracht. Ihre Pflegemutter kümmert sich liebevoll um sie. Spuren von damals erlittenen Verletzungen sind aber noch sichtbar: Sirin trägt eine Augenklappe und Sores, ihr Bruder, hat Probleme mit einem Bein. Er humpelt. – Was ich hier beschrieben habe, dauert im Film keine 2 Minuten, weitere 20 folgen. Das mit der Aufenthaltsgenehmigung ist schwierig. Sie muss jährlich erneuert werden. Sirin wendet dabei einen Trick an: Sie stellt ihr Problem mit den Augen gravierender dar, als es in Wirklichkeit ist. Erneut wird eine Verlängerung ausgesprochen. Sores, ihr Bruder, weiß um die Unehrlichkeit seiner Schwester. Zudem zieht es ihn zurück in seine Heimat: ins irakische Kurdistan. Sirin ist hier aber gut integriert: Sie hat Freundinnen und kleidet sich auch wie diese. Einen Schleier trägt sie nicht. 44 Sores hatte Kontakt mit seinem Großvater aufgenommen und dieser kommt nach Deutschland, um seine beiden Enkel abzuholen. Ein vielschichtiger Konflikt tritt nun zutage: „Heimat“ ist für Sores und Sirin nicht mehr das gleiche. Kulturell-religiöse Tradition ihres Herkunftslandes und ihr Leben in Deutschland stehen in Spannung zueinander. Medien Materialzum undThema Medien für die Pastoral 2/2015 Hinzu kommt, dass die Rechtsberatung folgende Auskunft erteilt: „Im Irak herrscht kein Kriegszustand mehr. Der Rückführung steht somit nichts mehr im Weg. Das ist ja auch der ganz normale Ablauf.“ Am Ende des Films eröffnet uns die Kamera einen Blick in einen voll besetzten Bus mit überwiegend fröhlichen Menschen, der eine weite Reise beginnt: zurück in den Irak. Der Großvater ist zu erkennen. Ob auch seine Enkel mit dabei sind, zeigt sich erst beim Schauen dieses packenden Kurzspielfilms. „Sores & Sirin“ bringt folgende Themen in den Blick: Fluchtursachen, die zur Aufgabe von Heimat führen; Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge; Identitätssuche. – Im guten Begleitmaterial zur DVD lesen wir: „Filme verdichten und verknappen Wirklichkeit. In SORES & SIRIN geht es primär um die menschliche und psychologische Seite der Themen Flucht, Identität, Familie, Heimat, Asyl! … SORES & SIRIN ist keine Dokumentation, sondern ein fiktionaler Film. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der menschlich-emotionalen Seite des Themas, das komplexe Bleiberecht in Europa und besonders jenes in Deutschland filmisch adäquat darzustellen, würde den Rahmen eines 20 Min. Kurzfilms sprengen und kann demnach nur verkürzt dargestellt werden. Insbesondere der Schluss … ist in der Realität so nur schwer vorstellbar. Aber es kann in Zusammenhang mit dem Film eine Verbindung hergestellt werden zwischen der menschlichen Seite einer Duldung in Deutschland und dem Recht auf einen dauerhaften Aufenthalt. Dabei ist es durchaus sinnvoll darüber zu diskutieren, inwieweit Recht zu Unrecht wird, wenn es die Würde des Menschen nicht an die erste Stelle setzt.“ Vertreibung und Teilen: „Der wunderbarste Platz auf der Welt.“ Wenn es doch so einfach wäre, wie es dieser offensichtlich (zunächst) für Kinder gemachte Trickfilm vermitteln möchte: Die allesamt grünen Frösche in einem Teich verstehen, dass es gut ist, den rot gefärbten Molch in ihrem Frosch-Teich nicht nur zu dulden, sondern gar als künftige Bereicherung sehen zu lernen. Aber: Kann diese märchenhafte Tiergeschichte eingesetzt werden, um über Flucht, Vertreibung, Suche nach neuer Heimat ins Gespräch zu kommen? „Nein“, werden die einen sagen, denn der Film vereinfacht und harmonisiert das Schicksal von Flüchtlingen unzulässig. „Ja“, könnten andere meinen, weil es mit dieser Geschichte gelingt, bereits Schulkindern der 3./4. Klasse zu vermitteln, was es heißt, ausgestoßen zu werden, und wie wichtig Freundschaft sein kann, um gemeinsam Schweres zu bewältigen. „Vielleicht“ werden diejenigen annehmen, die sich mit der Überlegung tragen, den Film „Der wunderbarste Platz auf der Welt“ bei Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren einzusetzen, um, angesichts der – zurecht! – allgegenwärtigen Präsenz medial vermittelter Schreckensbilder über Menschen auf der Flucht, zu fragen, wir uns zu diesen Dramen verhalten sollen. Welches Menschenbild leitet uns dabei? Die Fragen nach den Einsatzbereichen dieses Filmes mögen komplex sein. Die Geschichte ist es nicht! So fängt es an: „Boris wohnte zusammen mit den anderen Fröschen in einem kleinen Teich. Dem wunderbarsten Platz auf der Welt.“ Wir sehen einen relaxed auf dem Blatt einer Seerose liegenden Frosch bis „eines Tages aus heiterem Himmel der Storch kommt. Boris begreift auf der Stelle, dass er in großer Gefahr ist“ und tritt die Flucht nach vorne an. Jetzt beginnt eine Odyssee: überall Ablehnung! Zunächst im Karpfen-, dann im Ententeich; dort fehlen ihm die Schuppen, hier der Schnabel und die Federn. Auch der Versuch einer Anpassung mit künstlich aufgesetztem Schnabel und einem Feder-Kleidchen scheitert. Boris wird just in dem Moment entlarvt, als eine Ente auf die nur „aufgesetzte“ CharmeOffensive des Frosches herein zu fallen scheint. 45 2/2015 für die Pastoral Medien zum Material und Thema Medien Eine Wende nimmt diese Fluchtgeschichte erst in höchster Not. Angekommen an einem Teich, an dem Boris auf einen roten Molch trifft, werden beide auf einmal von dem Storch bedroht, den Boris kennen gelernt hatte … Auf originellwundersame Weise können sie sich jetzt gemeinsam der Storch-Bedrohung erwehren. Und Boris geht mit seinem Molch-Freund zurück zum Frosch-Teich, wo die Geschichte ihren Ausgang nahm. Ende gut? Die Frosch-Kollegen tun sich zunächst mit dem Molch-Fremdling schwer: „Das ist ein Frosch-Teich und du bist nicht grün!“ Doch als Boris seine Geschichte mit dem gemeinsam errungenen Sieg über den Storch erzählt hatte „verstanden sie. Von nun an würden sie ihn teilen: den wunderbarsten Platz auf der Welt.“ Thomas Belke Leiter der Mediathek für Pastoral und Religionspädagogik INFORMATIONEN 46 • Einfache Fahrt. Eine Migrationsgeschichte, Dokumentation, 30 Min., mit dt. Untertiteln, Kapitelanwahl, Begleitmaterial für die Schule, ab 12 Jahren, Ausleihe: Mediathek und Religionspädagogische Medienstellen, Download über Medienportal • Sores & Sirin, Kurzspielfilm, 23 Min., deutsche Sprachfassung, z.T. kurdisch mit deutschen Untertiteln, Kapitelanwahl, Begleitmaterial für Schule und Jugendarbeit, ab 14 Jahren, Ausleihe: Mediathek, Download über Medienportal • Der wunderbarste Platz auf der Erde, Trickfilm, 8 Min., Kapitelanwahl, umfangreiches Begleitmaterial; ab 8 Jahren, Ausleihe: Mediathek und (ab September) Religionspädagogische Medienstellen, Download über Medienportal • Schwerpunkt-Thema „Flüchtlinge heute“: www.mediathek-freiburg.de >>> Medien-Tipp Material und Medien für die Pastoral 2/2015 Material und Medien Nah an Menschen von weit weg Flüchtlinge begleiten und unterstützen Erzdiözese Freiburg und ihre Caritas stärken ehrenamtliches Engagement Eine erste Hilfestellung ist die Broschüre „Nah an Menschen von weit weg. Flüchtlinge begleiten und unterstützen“, die der Diözesan-Caritasverband gemeinsam mit der Erzdiözese Freiburg herausgegeben hat. Sie bietet erste Informationen und Hilfsmöglichkeiten für Ehrenamtliche, Helferkreise und Pfarrgemeinden und nennt dabei ganz konkrete Beispiele einzelner Initiativen aus unseren Regionen. Immer mehr Menschen in den Kommunen und Pfarrgemeinden engagieren sich ehrenamtlich für Flüchtlinge und Asylbewerber. Sie fühlen sich durch die Not von Menschen persönlich herausgefordert. Aus ganz unterschiedlichen Gründen mühen sich Frauen und Männer an einer Willkommens-Kultur in unserem Land: aus Menschlichkeit, aufgrund ihrer christlichen Grundhaltung oder auch weil eine solche Kultur dem Ansehen Deutschlands gut tut. Viele Menschen erinnern sich an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der die eigene Familie gezwungen war, alles stehen und liegen zu lassen und irgendwo anders ganz neu zu beginnen. Sie mahnen ihre Enkel dazu, auf das Schicksal von Menschen genau hinzuschauen, bevor sie sich ein Urteil erlauben. Vielerorts entstehen Helferkreise und runde Tische, in denen Aktivitäten gebündelt und koordiniert werden sollen, damit die unterschiedlichen Hilfsangebote auch wirklich dort ankommen, wofür sie gedacht sind. Dabei stoßen Ehrenamtliche bald an Grenzen: eine sich immer wieder ändernde Rechtslage, unübersehbare Verfahrensordnungen, Anforderungen an die interkulturelle Kompetenz, bis hin zur Frage, wie ich Menschen richtig begleite, hilfreich bin, ohne mich aufzudrängen oder auch vereinnahmen zu lassen. Wie gehe ich damit um, häufig nur eine Beziehung auf Zeit aufbauen zu können. Um Ehrenamtlichen Hilfestellungen zu bieten, Brücken zu bauen zu den staatlichen Stellen, zu vermitteln und zu unterstützen, wurden im Rahmen des Projektes „Nah an Menschen von weit weg“ Koordinations- und Unterstützungsstellen in den Ortscaritasverbänden eingerichtet. Vor Ort werden Informationsveranstaltungen initiiert, die die entstehenden Fragen aufgreifen und zu klären versuchen. Im weiteren Verlauf sollen auch konkrete Schulungsangebote gemacht werden. Insgesamt 11 Stellen für Hauptamtliche in 22 örtlichen Caritasverbänden der Erzdiözese Freiburg werden bis zum 1. Juli diesen Jahres im Rahmen des Projektes neu geschaffen. Vera Borgards, Referentin für Migration und Integration – [email protected] Alexander Gromann-Bross, Referent für Gemeindecaritas – [email protected] Dr. Jörg Sieger, Projektreferent „Nah an Menschen von weit weg“ – [email protected] 47 2/2015 für die Pastoral Material und Medien „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ Als Kirche zusammenleben mit Menschen anderer Herkunft, Sprache und Religion Hrsg.: ACK – Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg Die Handreichung der ACK in Baden-Württemberg bietet für alle diejenigen, die mit Migrationsfragen – als unmittelbar Betroffene oder als Mitbürgerinnen und Mitbürger – zu tun haben, konkrete Hilfen und Anregungen. Sie informiert, benennt konkrete Herausforderungen und Möglichkeiten und gibt Anregungen und zeigt anhand konkreter Beispiele Handlungsperspektiven auf. Die Broschüre ist in vier Kapitel gegliedert, die folgende Themen aufgreifen: 1. Vom Fremd sein 2. Unsere Gaben und Aufgaben als christliche Kirchen 3. Unsere Lebenswirklichkeit in der pluralen Gesellschaft 4. Unsere Möglichkeiten als christliche Kirchen Erhältlich ist die Broschüre bei der ACK Baden-Württemberg [email protected], Tel. 0711 - 243114 www.ack-bw.de Flüchtlinge im ländlichen Raum Die Landzeit 1.2015 Das Schwerpunktthema der Landzeit 01-2015 sind die Flüchtlinge im ländlichen Raum. Die Landvolk- (KLB) wie die Landfrauenbewegung (KLFB) haben eine lange Geschichte sozialen Engagements. So richten sie in ihrer Zeitschrift, die sie gemeinsam mit der Landvolkshochschule St. Ulrich und dem Referat Kirche und Ländlicher Raum im Seelsorgeamt veröffentlichen, ihre Aufmerksamkeit darauf, wie der strukturschwache dörfliche Raum mit dieser gesellschaftlichen Herausforderung umgeht. Bei Interesse bestellen Sie ein Exemplar unter [email protected] oder Sie lesen die Landzeit gleich online unter www.landpastoral.de. 48 Material und Medien für die Pastoral 2/2015 Landpastoral … wo Milch und Honig fließen Erntedank 2015 Nahezu jedes Kind hält irgendwann ein Bilderbuch über das Schlaraffenland in Händen und ergötzt sich an der traumhaften Möglichkeit eines Lebens, das keine Sorgen kennt, aber in einem Überfluss ohnegleichen schwelgt. Demgegenüber verblasst die Tatsache, dass der Name dieses Landes ursprünglich „das Land der faulen Affen“ bedeutet. Da ist schon eher präsent, dass die Schilderung des Landes sich biblischen Motiven verdankt: Gott verheißt dem unterdrückten Volk Israel ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Was aber einem unterdrückten Volk ein Hoffnungsbild ist, das entpuppt sich als ungeheure Herausforderung, als dieses Volk im „gelobten Land“ lebt. Denn Überfluss verlangt, wie Mangel, nicht minder soziale Gerechtigkeit. Vielleicht ist soziale Gerechtigkeit in einer Situation von Überfluss und Reichtum sogar schwieriger zu verwirklichen als in einer Situation des Mangels, in der es für alle ums Überleben geht. Das Thema der Erntedankaktion 2015 verdankt sich sowohl der biblischen Verheißung wie der aus ihr entstandenen märchenhaften Situation im Schlaraffenland. Gerade das Erntedankfest stellt den Feiernden die unglaubliche Vielfalt an Gaben und Möglichkeiten, aber damit eben auch die Herausforderung und den Anspruch von Vielfalt und Überfluss vor Augen. Genau dieses Gegenüber von Gabe und Aufgabe, von Überfluss und Gerechtigkeit prägen das Thema und die Texte des diesjährigen Erntedankfestes. In jeder Gabe wird der Geber sichtbar und erfahrbar. Das ist ein Grundthema von Erntedank. Der Schöpfer nährt seine Geschöpfe. Aber indem Gott seine Kinder nährt, nimmt er sie zugleich in die Pflicht. Keine Gabe gehört einem allen, vielmehr gehören alle Gaben allen Geschöpfen. „Leben und leben lassen“ ist darum zu wenig. „Leben und zum Leben helfen“ ist der Auftrag, der im Erntedankfest wohnt. Dass die Verheißung eines Landes, in dem Milch und Honig fließen, zunächst einem unterdrückten Volk zuteilwird, gibt diesem Auftrag seinen besonderen Klang. Diese Hintergründe gehen in einer Überflussgesellschaft wie der unseren rasch verloren. Wenn alles überreichlich vorhanden ist, verliert sich rasch jede Erfahrung von Mangel – das gilt sowohl für den eigenen Mangel wie den Mangel anderer auf diesem Globus. Erntedank kann darum auch ein Fest sein, das an Gerechtigkeit erinnert: Gesellschaftlich etwa im Blick auf die meist unsichtbaren Armen unter uns oder auf die Notwendigkeit gerechter Preise für die Landwirtschaft. Und global angesichts eines weltweiten Hungerproblems, das nicht zuletzt zu einem Flüchtlingsstrom vieler führt, die noch immer auf jenes Schlaraffenland hoffen, an das wir, erwachsen geworden, schon lange nicht mehr glauben … vielleicht weil wir die Last erkannt haben, die im „Land der faulen Affen“ auf uns liegt. Das Themenheft des Referates Kirche und ländlicher Raum bietet auch 2015 verschiedene Hintergrundinformationen. Texte und Bausteine für Gottesdienst, Predigt und Minibrotaktion. Das Heft ist erhältlich im Seelsorgeamt, Referat Kirche und ländlicher Raum oder als pdf-Datei unter www.landpastoral.de 49 2/2015 für die Pastoral Material und Medien Familienpastoral Patchwork-Familien In Patchwork-Familien geht es bunt bis chaotisch zu, kreativ und manchmal schräg. Lebhafter jedenfalls als in Mutter-Vater-Kind-Familien. Fernsehmacher mögen das, andere nennen das die „Patchwork-Lüge“. Weil diese Familien noch häufiger scheitern als andere. Doch die Betroffenen haben eine Chance verdient. Dabei helfen nur ein klarer Blick und Sensibilität für die Wünsche und Widerstände aller Beteiligten. Jenseits von Schönfärberei wie Schwarzmalerei wirft Heft 2/2015 der Zeitschrift neue gespräche im Schwerpunktthema einen Blick auf die Situation von Patchwork-Familien. Mit Hochachtung vor der Leistung der Väter, Mütter und Kinder, die den Mut haben, ihre Patchwork-Familie neu zu erfinden, fragt das Heft, wie wir als Kirche mithelfen können, dass die Familienmitglieder sich mit ihren Lebensgeschichten versöhnen und den neuen Wegen trauen können. Die weiteren Themen des Heftes befassen sich mit der Inklussionsdebatte („Die Revolution der Handicaps“) und dem Wert einer gemeinsamen freien Zeit für Familien („Ein Samstag ist kein Sonntag“). „neue gespräche: Partnerschaft – Ehe – Familie“ erscheint viermal jährlich zu Themen, die Familien beschäftigen. Das Abonnement für vier Hefte pro Jahr kostet 10 Euro, das Einzelheft 3,90 Euro, jeweils zzgl. Versandkosten. Probehefte gibt es bei www.neue-gespraeche.de. oder beim Familienreferat in Freiburg, so lange der Vorrat reicht. www.familienseelsorge-freiburg.de Bonifatiuswerk boni kids – Die Sternsinger Die jahrelang bewährte Kinderzeitung des Bonifatiuswerkes „Die Sternsinger“ wurde komplett neu überarbeitet. boni kids, die Sternsinger, das Magazin für kleine und große Christen führt seit dem 15.März durch das Kirchenjahr. Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich und ist im Abo für 1,50 Euro (für 4 Hefte) erhältlich. 50 In jedem Heft können die Kinder ein Fest des Kirchenjahres mit seinem Brauchtum und Heiligen kennenlernen. Durch spannende Geschichten, die sehr gut zum Vorlesen oder Selbstlesen geeignet sind, kniffligen Rätseln und Bastelaufgaben kann auf anregende Weise mehr von den Grundlagen christlichen Glaubens erfahren werden. Die Hefte können per Mail unter [email protected] bezogen werden. Material und Medien für die Pastoral 2/2015 Buchtipps Assisi für Pilger Ein spiritueller Reisebegleiter Helmut Schlegel Echter-Verlag 2013 – ISBN 978-3-429-03586-0 Assisi, ein herrliches in Umbrien gelegenes, mittelalterlich geprägtes Städtchen, ist schon als solches eine Reise wert. Mehr noch für den, der sich als Pilger dorthin auf den Weg macht. Die beiden Heiligen, Franziskus und Klara, die dort gelebt haben, sind für jede Pilgerin und jeden Pilger Anstoß und Herausforderung, sich mit dem eigenen Leben und Glauben auseinander zu setzen. Dieser Spirituelle Reisebegleiter zeigt Lebensstationen, Wege und Ereignisse aus dem Leben der beiden Heiligen auf, die den Pilgern Zugänge zu ihrer Person, ihren Entscheidungen, ihrer Spiritualität ihrem Glauben ermöglichen.Verschiedene Themen wie „Gott erfahren“, „Schöpfung bewahren“, „Frieden stiften“, oder „Kirche bauen“ zeigen die besonderen Zugänge und Akzente der beiden auf. Zu all den Orten und Themen enthält der Reiseführer Anregungen, Fragestellungen und Impulse, sowie weitere Hinweise auf Textquellen. Der dritte Teil enthält Vorschläge für Gebete für das persönliche und gemeinsame Gebet und für gottesdienstliche Feiern, die zu einer spirituellen Vertiefung beitragen. Helmut Schlegel, Leiter des Exezitienhauses der Franziskaner in Hofheim/Taunus, stellt mit seinem Buch den AssisiPilgern einen spirituellen Reisebegleiter an die Seite, der sie in Assisi und darüber hinaus im Alltagsleben inspiriert. Franz von Assisi – Freiheit und Geschwisterlichkeit in der Kirche Franziskanische Akzente Niklaus Kuster Echter-Verlag 2015 – ISBN 978-3-429-03781-9 Dieses Büchlein ist in der Reihe Franziskanische Akzente erschienen und dem verpflichtet, zeigt es Akzente auf, die der Ordensgründer, der heilige Franziskus, selbst gesetzt hat. Akzente von damals, die für das Heute nichts an Aktualität und Bedeutung eingebüßt haben. So fügt sich an jedes der kurzen Kapitel ein Dialog mit heute an, der einen Transfer anregt und ermöglicht. Biographische Einblicke zeigen die persönliche Entwicklung des Giovanni „Francesco“ Bernadone auf, wie er zur wahren Freiheit in den Fußspuren Jesu findet. Geschichtliche Durchblicke zeigen auf, was die frühe franziskanische Bewegung kennzeichnet, wie z.B.Vertrauen in die Inspiration jedes Menschen, geschwisterliche Offenheit, Entfaltungsfreiheit für Frauen, Respekt vor anderen Religionen, etc. Aktuelle Ausblicke setzen an den drei Schwerpunkten an, die Papst Franziskus bei seiner Namensgebung hervorhebt: Liebe zur Armut, Einsatz für Frieden und die ökologische Sorge um die Welt. Ein kleines Büchlein mit – hoffentlich – großer Wirkung. 51 2/2015 für die Pastoral Material und Medien Männlich glauben Eine Herausforderung für den spirituellen Weg Manfred Gerland Kreuz Verlag, Freiburg 2014 Im ersten Teil des Buches von M. Gerland werden im Kapitel, „Männer und Religioneine Problemanzeige“, Gründe für die Kirchenferne der Männer dargelegt: Religion sei zur Frauensache geworden und Männer fühlen sich in einer überwiegend von Frauen geprägten Atmosphäre in den Kirchen nicht mehr beheimatet. Männer gehen daher ihre eigenen Wege. Sie glauben anders als Frauen, da ihr Gehirn und ihr Körper anders sind. Sie glauben dabei nicht an etwas ganz anderes, aber ihr Weg unterscheidet sich. Männer bevorzugen andere Zugänge zum Glauben. Vor allem in der Natur, in der Stille, in Seminaren und Männerwochen sind sie bereit, ihre Berufs- und Alltagswelt zu verlassen und sich auf Glaube und religiöse Sinnfragen einzulassen. Sie legen Wert darauf, dies selbstbestimmt und in Freiheit tun zu können. Nach diesem eher analytischen Blick auf Männer und Glaube, verwendet Gerland die Legende von Christophorus, der Züge des archetypischen „wilden Mannes“ trägt, als roten Faden für die weiteren Abschnitte des Buches. Auf seinem Weg der Suche nach der eigenen Berufung wird „Reprobus“, wie er zunächst hieß, zum Fährmann, zum „Christusträger“. Es erging ihm, wie vielen Männer heute auch: Er konnte mit traditionellen Formen des Glaubens nichts anfangen. Beten und fasten kam für ihn nicht in Frage. Er begab sich auf seinen eigenen Weg, der zu einer Art Heldenreise wurde, an dessen Ende eine tief greifende Transformation seines Lebens und Glaubens stand. Gerland bindet verschiedene Themen, beispielsweise den Umgang mit dem Körper, die Bewältigung von Lebensübergängen, Sexualität, Macht und Ohnmacht, Krise der Lebensmitte in die Geschichte von Christophorus ein und ergänzt diese mit praktischen Übungen und Anleitungen. Mich hat die „Flussmeditation“, durchführbar als Imaginationsübung, oder einem realen Fluss, in besonderer Weise angesprochen und berührt. In vergleichbarer Weise habe ich selbst schon, mit einer ähnlichen Übung, damit gearbeitet und konnte dabei gute Erfahrungen sammeln. Ebenso sind die weiteren Praxisimpulse, sei es die Übung „Gott in meinem Atem“, die bioenergetische Körperübung, die Anleitung „Wie ein Baum“, gut geeignet, sie selbst oder auch in Gruppen durchzuführen. Dieses empfehlenswerte und anregende Buch von Manfred Gerland hätte einen anderen Titel als „Männlich glauben“ verdient. Denn der Titel ist zumindest unglücklich gewählt, da dieses Buch nicht nur für Männer geschrieben ist. Gerland weist gleich zu Beginn darauf hin, dass die Attribute „männlich“ und „weiblich“ nicht nur biologisch zu verstehen sind, sondern damit unterschiedliche Wege des Glaubens beschrieben werden. Das Buch eignet sich für Männer und Frauen bestens zur eigenen Lektüre, bietet aber auch die Chance, die einzelnen Abschnitte, z.B. in einer Männer- und Frauengruppe, zu bearbeiten. Die praktischen Anregungen geben hierzu hilfreiche Impulse. Norbert Wölfle 52 Material und Medien für die Pastoral 2/2015 Filmtipps Was wir über den Glauben wissen DVD, Dokumentarfilm, 45 Min., Deutschland 2014, Eignung ab 14 Jahren Mediathek-Nr.: 4801652 Das WDR-Magazin mit Ranga Yogeshwar setzt sich in 7 Kapiteln mit dem Phänomen „Glauben” auseinander: 01. Wunder 02. Religion ist uralt: Herkunft, Entwicklung,Verbreitung 03. Religion ist angeboren 04. Glaube ist gesund 05. Sekte: dunkle Seite des Glaubens 06. Trost der Religionen im Vergleich 07. Zwei Physiker im toleranten Glaubensdialog Drei Themenschwerpunkte ziehen sich durch die Kapitel: – Warum glaubt der Mensch? / – Wie sehen die dunklen Seiten des Glaubens aus? – Wie gehen Glauben und Wissenschaft zusammen? Karl Leisner Das Wunder im KZ Dachau + Christ aus Leidenschaft DVD, Dokumentarfilm, 63 Min., Deutschland 2015, Eignung ab 14 Jahren Mediathek-Nr.: 4801653 Karl Leisner gehört zu den bekanntesten Häftlingen des KZ Dachau. Seine geheime Priesterweihe im Lager empfinden viele Mitgefangene als „Wunder in einer gnadenlosen Zeit”. Die Handauflegung durch den französischen Bischof Piguet wird zur Handreichung der Feinde. Getrieben vom Bemühen, der Verblendung seiner Zeit etwas entgegenzusetzen, kämpft Leisner zuvor jahrelang für eine Alternative zur Hitlerjugend. Die Dokumentation beleuchtet sowohl die KZ-Haft von Karl Leisner als auch seine Zeit als Jugendschaarführer. In persönlichen Aufzeichnungen kommt er selbst zu Wort. Darüber hinaus kommentieren jene Bischöfe sein Leben, deren Vorgänger Leisners Priesterweihe ermöglichten: Der Münchener Kardinal Reinhard Marx, der Münsteraner Bischof Felix Genn und der französische Bischof Hippolyte Simon. Ida DVD, Spielfilm, 79 Min., Dänemark, Polen 2013, Eignung ab 14 Jahren Mediathek-Nr.: 4801625 Die 18-jährige Anna ist in einem polnischen Waisenhaus aufgewachsen. Im Jahr 1962 steht sie als Novizin kurz vor ihrem Gelübde. Auf Anordnung der Äbtissin besucht sie davor zum ersten Mal ihre letzte noch lebende Verwandte – Wanda, eine Tante. Die merkwürdig möndäne wie parteitreue Richterin konfrontiert Anna mit ihrer jüdischen Herkunft und der Ermordung ihrer Eltern im Holocaust. Auf der Suche nach dem Grab der Eltern begeben sich die beiden unterschiedlichen Frauen auf eine Reise durch Polen. Anna fühlt sich darauf nicht mehr bereit, ihr Gelübde abzulegen. Nach dem Selbstmord ihrer Tante taucht sie kurzfristig ganz in das weltliche Leben ein - um schließlich ins Kloster zurückzukehren. 53 2/2015 für die Pastoral Autorinnen und Autoren Autorinnen und Autoren Ahnert, Anneli Referentin für Engagement/Gemeindecaritas, Gemeindecaritas, Caritasverband Hochrhein Bickel, Nadia Fachkraft für Migration, Kinderhaus Arche Noah, Caritasverband Freiburg Dombrowsky, Daniel Referent für Ministrantenpastoral, Erzbischöfliches Seelsorgeamt Freiburg Gaß, Martina Pastoralreferentin, Seelsorgeeinheit Brühl-Ketsch Gfell, TobiasDekanatsreferent, Dekanat Pforzheim Gromann-Bross, Alexander Referent für Gemeindecaritas, Caritasverband Freiburg Günter, Michaela Sozialpädagogin, Seniorenzentrum Boxberg/Emmertsgrund, Caritasverband Heidelberg Lampert, Michaela Diplom Sozialpädagogin, Haus des Lebens, Freiburg Lück, GerhardJournalist, Kirchzarten Oltmer, Prof. Dr. Jochen Professor, Universität Osnabrück, Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien Polak, Prof. MMag. Dr. Regina Assoz. Prof., Institut für Praktische Theologie, Katholisch- Theologische Fakultät der Universität Wien Sauer, Pfr. Walter Pfarrer, Seelsorgeeinheit Brühl-Ketsch Schohe, Stefan Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge, Deutsche Bischofskonferenz Bonn Tießler-Marenda, Dr. Elke Referentin für Grundsatzfragen der Migrations- und Integrationspolitik sowie für Ausländerrecht und verwandte Rechtsgebiete Vogel, Pfr. Heinz Pfarrer, Seelsorgeeinheit Waldkirch und Kemal Ahmet 54 Impressum für die Pastoral 2/2015 Impressum für die Pastoral Herausgeber: Rektor des Erzbischöflichen Seelsorgeamtes Domdekan Andreas Möhrle Redaktion: Dr. Stefan Bonath Dr. Claudia Fuchs-von Brachel Dr. Norbert Kebekus Rainer Moser-Fendel Wolfgang Müller Silke Wissert Satz: José R. González-Bellón Druck: schwarz auf weiss, Freiburg Bildnachweis: Titelseite: Stadt Halle (Saale)/Thomas Ziegler S. 4: REUTERS/Rodi Said S. 6/26: Eva Raiser-Johanson/Attributsfenster St. Barbara, München Glaswerkstätte: Bayrische Hofglasmalerei Gustav van Treeck Fotos: Siegfried Wameser Anschrift der Redaktion: Erzbischöfliches Seelsorgeamt Postfach 449 79004 Freiburg [email protected] Bezug: Erzbischöfliches Seelsorgeamt, Vertrieb Postfach 449, 79004 Freiburg Tel. 0761-51 44 115, Fax 0761-51 44 76 115 [email protected] Diese Ausgabe kann nachbestellt werden. Bestellnummer: 17840715 Preis: 3,– Euro zzgl. Versandkosten Zum Download steht die Ausgabe unter folgendem Link zur Verfügung: www.seelsorgeamt-freiburg.de/impulse ISSN 1862-3956 55 , d as e h c ir K r e d m es Proble t n e g in t n o k in e sen gilt . lö u z h c is t li o Migration ist k p ozial und s n r e t x e d n elbst . Die u s e h c ir K r es intern e d Dynamik n e r e er k n W in s r e u t z u t g r ö in h e e g ß Sie nicht blo t is n e t n a r ig M tvollzug. s lb e S m e r Aufnahme von ih u gehör t z n r e d n o s , e h c der Kir a Polak, S. 14 Regin
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