Abschlussrede Herr Hatz als PDF - Pädagogium Baden

Abschlussrede (RS) am Pädagogium Baden-Baden am 10.07.2015
Liebe Schülerinnen und Schüler,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Eltern, liebe Gäste,
sehr geehrte Familie Büchler,
der heutige Tag, der 10.07.2015, ist für uns alle ein ganz besonderer Tag, ein Tag der Freude,
ein Tag des Danksagens, ein Tag, der uns mit Sicherheit lange in Erinnerung bleiben wird.
Lassen Sie mich, verehrte Eltern, zunächst einige Worte an Sie richten.
Vielen Dank, auch im Namen des gesamten Kollegiums, für die vertrauensvolle und
konstruktive Zusammenarbeit während der vergangenen Jahre.
Meines Erachtens kann unserer gemeinsamer Erziehungs- und Bildungsauftrag nur von
Erfolg gekrönt sein, wenn Elternhaus, Lehrer, Betreuer aus Internat und Freizeit, also alle
Beteiligten an einem Strang ziehen und diesen Auftrag als gemeinsame Sache betrachten.
Kinder- und Jugendliche, durch den Abschluss der Mittleren Reife nun „junge Erwachsene“,
auf das „Berufsleben“ , also das Leben nach der Schule vorzubereiten, ist meines Erachtens
mit die wichtigste Aufgabe der heutigen Gesellschaft, die weder allein vom Elternhaus, noch
allein von Schule bewältigt werden kann.
Jugendliche in ihrer Entwicklung zu begleiten, sie tagtäglich mit all ihren Stärken, aber auch
mit allen ihren Schwächen zu erleben, sie zu ermutigen und zu motivieren, ihnen Halt zu
geben in schwierigen Phasen, ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, sich weiter zu verbessern
und weiterzuentwickeln zu können, all das kennzeichnet unsere gemeinsame Arbeit.
Sie haben mit Sicherheit, wie auch wir Lehrer, in den letzten Wochen und Monaten so
manches Mal gegen die Widerstände ihrer Sprösslinge ankämpfen müssen, haben viel
Nerven aufbringen, beim Abendessen im Familienkreis die ein oder andere hitzige Diskussion
führen müssen und vielleicht auch die ein oder andere schlaflose Nacht hinter sich. Aber
letztlich haben sich all ihre Mühen gelohnt, wenn wir uns heute die einzelnen Ergebnisse
bzw. Abschlüsse ansehen.
Sie können heute allesamt stolz auf das sein, was Ihre Kinder in diesem Jahr geleistet haben.
Mein Dank geht auch an alle Kolleginnen und Kollegen der beiden Abschlussklassen, den
Erzieherinnen und Erziehern im Internat, den Betreuern aus dem Nachmittags- und
Freizeitbereich, welche keine Mühen und Strapazen ausgelassen haben, die Schüler intensiv
und optimal auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten.
Nun einige Worte an Euch, liebe Schülerinnen und Schüler,
Anvers, Utrecht, Le Havre, Pau, Plateau de Beille, Gap, Alpe d’Huez, Paris – ihr erahnt es
vielleicht schon, diese Auswahl an Städten sind allesamt Etappenzielorte der diesjährigen
102ten Auflage der Tour de France, dem wohl, trotz aller Dopingskandale der vergangenen
Jahre, immer noch berühmtesten und bedeutendsten Radrennen der Welt.
Auch ihr 42 Absolventen habt einige Etappen hinter Euch bringen müssen, um es bis hierher
ins Ziel zu schaffen. Ihr seid nun heute hier in der Aula des Pädagogiums sozusagen auf der
„Champs-Elysées“ eurer 6-jährigen Realschullaufbahn angekommen und könnt euch hierfür
feiern lassen.
Ich beglückwünsche Euch, auch im Namen von Frau Richter und des gesamten Kollegiums,
recht herzlich zu eurem Erfolg.
Ihr, der gesamte Abschlussjahrgang 2015, habt zahlreiche Etappen bis nach Paris meistern
müssen. Aber nicht die gesamte Startmannschaft ist auch mit euch im Ziel angekommen.
Einige mussten freiwillig oder auch unfreiwillig aussteigen. Wiederrum andere von euch
mussten immer wieder Rückschläge hinnehmen, erlebten Pannen und Stürze, verloren
teilweise den Anschluss an das Hauptfeld. Aber auch diejenigen haben ihre Etappenziele nie
aus den Augen verloren, allen Widerständen getrotzt und auch diese schwierigen Situationen
mit Bravour gemeistert. Auch wenn sie höchstwahrscheinlich ausgepowert, verschwitzt und
sich noch vor dem Zeitlimit mit letzter Kraft ins Ziel gerettet haben.
Aber das wichtigste ist: Ihr seid letztlich als Team am Ziel angekommen, niemand ist auf der
vorerst letzten Etappe, der Abschlussprüfung 2015, auf der Strecke geblieben.
Gleich zu Schuljahresbeginn wartete bereits die erste Herausforderung auf euch: Einige
Schüler aus euren Reihen mussten ihr gewohntes Team um die Teamchefin Frau Bender
verlassen und sich mit neuen Konstellationen zu recht finden. Auch hattet ihr auf einmal
keinen eigenen Klassenraum mehr, sondern wart nunmehr „Gäste“ bei euren Lehrerinnen
und Lehrern - eine neue Situation, auf die ihr euch erst mal einstellen musstet.
Die Vorbereitungszeit auf das erste Zwischenziel war kurz: Ein erster Laktattest
(Jahreseingangsarbeit in Mathematik) zeigte schonungslos das aktuelle Leistungsvermögen
auf. Zeit zum Durchschnaufen gab es gab es wenig: Die ersten anspruchsvolleren Etappen
kamen zügig auf euch zu (Eurokom-Prüfung, Fachinterne Überprüfungen). Ehe man sich
versah, befandet ihr euch schon kurz vor den Königsetappen in der Alpen und Pyrenäen, den
schriftlichen Prüfungen in Deutsch, Mathematik und Englisch.
Auch die beiden harmonischen Klassenfahrten an den Gardasee, die RS 10a mit Frau Richter
und Herrn Peter, nach Riva, die RS 10b mit Frau Buschkowski und meiner Wenigkeit nach
Toscolano del Garda, dienten als eine kurze Verschnaufpause. Hier wurde von dem bzw. der
ein oder anderen schmerzlich festgestellt, dass das Erreichen eines Zweistündigen
sportlichen Fahrradausflugs schon Durchhaltevermögen, gutes Sitzfleisch und auch
persönlichen Ehrgeiz erfordert.
Viele von euch konnten es danach auf dem Weg nach Paris gemütlich ausrollen lassen.
Andere dagegen mussten auf den letzten Kilometern, den mündlichen Prüfungen nochmals
alles geben, um erfolgreich ans Ziel zu gelangen.
Bei der noch für alle anstehenden FÜK-Prüfung fuhren manche Schülerinnen und Schüler mit
voller Kraft voraus, andere dagegen nutzten geschickt den Windschatten ihrer
Teammitglieder.
Liebe Schülerinnen und Schüler,
damit eure nächste „Tour“, sei es eine Berufsausbildung, ein Berufskolleg oder der Weg zum
Abitur am beruflichen Gymnasium keine qualvolle „Tortur“ wird, möchte ich euch noch
einige Ratschläge mit auf den Weg geben:
„Je mehr du im Training schwitzt, desto weniger musst du im Wettkampf bluten“!
Dieser Ausspruch stammt nicht von mir, sondern von Eddy Merckx, einem sehr erfolgreichen
belgischen Radprofi der 60er und 70er Jahre.
Und nein, liebe Schülerinnen und Schüler, mit „bluten lassen“ meint er nicht schwere Stürze
oder Ähnliches, sondern vielmehr:
Eine intensive Vorbereitung auf anstehende Prüfungen ist der entscheidende Faktor für
einen erfolgreichen Wettkampf. Man kann sich dadurch viel „unnötiges Zittern bis zur
letzten Sekunde“ ersparen.
Nicht alle sind in der Vorbereitung am oberen Limit, im höchsten Gang gefahren.
Nicht alle sind immer pünktlich und zuverlässig um Training erschienen
Nicht alle haben die Hilfen eurer Trainer angenommen, die in jeder Einheit das Maximum an
Leistungsfähigkeit aus euch heraus kitzeln wollten.
Nicht immer haben alle Faktoren so zusammengespielt, dass ein optimales Ergebnis
herausgekommen ist.
Ich persönlich fände es keinen Weltuntergang, wenn es für den einen oder anderen trotz
aller Mühen nicht gereicht hätte. Viel schlimmer ist es, sich später vorwerfen zu müssen,
nicht alles erdenkliche Mögliche für den Erfolg getan zu haben. Ich denke ihr wisst, dass ihr
viel schneller und lockerer ans Ziel gekommen wärt, wenn ihr eurer volles Potential mit
ganzer Kraft während der gesamten Prüfungsvorbereitung ausgeschöpft hättet.
Ein weiterer und letzter weiser Spruch, den mit Sicherheit jeder kennt, lautet:
„Nach dem Rennen ist vor dem Rennen“!
…Was so viel bedeutet wie: Genießt euren Erfolg, lasst euch feiern und erholt euch gut von
den Strapazen. Ruht euch aber bitte nicht zu lange auf euren Erfolgen aus, die nächsten
Herausforderungen kommen erbarmungslos auf euch zu und werden mit Sicherheit nicht
einfacher.
Daher gebe ich euch mit auf euren zukünftigen Weg:
Schöpft eure Potentiale aus, quält euch täglich aus Neue, auch wenn der Sinn dahinter
manchmal nicht sofort ersichtlich ist, lasst euch von Rückschlägen, welche mit Sicherheit
kommen werden, nicht entmutigen, lernt aus den vergangenen Wettkämpfen, was eure
Stärken und Schwächen sind, überdenkt eure Vorbereitung und nehmt die euch
angebotenen Hilfen jederzeit an.
Ihr müsst aber auch in Zukunft euren Weg nicht alleine bestreiten. Ihr seid immer
eingebunden in ein Team. Nutzt die Stärke eurer neuen Mannschaftskameraden, unterstützt
euch gegenseitig, lasst niemanden auf der Strecke, habt Vertrauen in eure Teammitglieder
und Teamchefs, unternehmt keine kraftraubenden Alleingänge, denn nur mit einer
funktionierenden Mannschaft, in der jeder seine bestimmte Aufgabe zu erfüllen hat, ist man
letztlich auch erfolgreich. Um zu gewinnen brauchen Radprofis alles: physische Stärke,
Selbstbewusstsein, Aggressivität, absoluter Wille und auch bedingungslose
Teamunterstützung – eine ganz spezielle Kombination, die sich zwar realisieren lässt, aber nie
von Dauer ist.
Liebe Schülerinnen und Schüler,
beherzigt ihr alle diese Ratschläge, dann steht eurer persönlichen Bestleistung in Zukunft
nichts mehr im Wege.
Ich wünsche euch für euren zukünftigen Lebensweg, eure ganz persönliche „Tour des
Lebens“, viel Erfolg und alles erdenklich Gute.
Vielen Dank für eure und Ihre Aufmerksamkeit,
Dominik Hatz, Klassenlehrer RS 10b