05 stat von stackelberg

Pressekonferenz zum Tag der Zahngesundheit am 25.09.2015
Statement von Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes des GKV-Spitzenverbandes
ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!
Meine Damen und Herren,
der Slogan „Gesund beginnt im Mund...“ jährt sich zum 25. Mal und der
Tag der Zahngesundheit ist mittlerweile bei vielen Menschen fest im Bewusstsein verankert. Der GKV-Spitzenverband nimmt dies zum Anlass,
allen Beteiligten hierfür noch einmal recht herzlich zu danken. Die Krankenkassen begrüßen dieses Engagement ausdrücklich, weil es dazu beiträgt, die Bevölkerung immer wieder für das Thema Zahn- und Mundgesundheit zu interessieren.
Auch die Krankenkassen engagieren sich tagtäglich für die Mundgesundheit ihrer Versicherten, indem sie diesen ein umfassendes Angebot an
zahnärztlichen Leistungen zur Verfügung stellen. Im Jahr 2014 haben die
gesetzlichen Krankenkassen hierfür insgesamt 13,7 Mrd. Euro ausgegeben. Dieses Angebot braucht sich nicht zu verstecken. Erst kürzlich wurde
durch ein Gutachten der Deutschen Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien e. V. (DGPro) bestätigt, dass die Versorgung mit
Kronen und Brücken in der GKV dem aktuellen Stand der medizinischen
Erkenntnisse entspricht. Insofern entbehrt eine Herabwürdigung dieser
Leistungen jeglicher Grundlage.
Dass dieses Geld gut angelegt ist, zeigt die Entwicklung der Mundgesundheit. In den vergangenen Jahren ist es zu einem deutlichen Rückgang der
Karies gekommen, mit der Folge, dass die Menschen heute gesündere und
mehr Zähne im Mund haben. Leider profitieren die sozial Schwächeren
davon nicht im gleichen Maße wie der Durchschnitt der Bevölkerung – hieran gilt es sicherlich noch zu arbeiten – dennoch hat sich auch bei diesem
Personenkreis die Mund- und Zahngesundheit verbessert.
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Die Geburtsstunde des Tags der Zahngesundheit im Jahr 1990 fällt in eine
Zeit, in der die gesetzlich Versicherten gerade einmal ein Jahr Anspruch
auf gruppen- und individualprophylaktische Leistungen hatten. Damals
wurde in der Zahnmedizin der Paradigmenwechsel von der Restauration
hin zur Prävention eingeläutet. Die Kariesrate war Anfang der 90er Jahre
im Vergleich zu heute unvorstellbar hoch. 1994 hatten 12-Jährige im
Durchschnitt 2,44 Zähne, die Karieserfahrung aufzeigten, während es
2009 nur noch 0,72 Zähne waren. Das ist ein großer Erfolg - die gemeinsame Anstrengung hat sich gelohnt!
Einen guten Anhaltspunkt, ob denn auch alle Bevölkerungsgruppen
gleichermaßen von der angebotenen Individualprophylaxe einschließlich
der Fissurenversiegelung sowie von den zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen für die unter 6-Jährigen profitieren, stellt die Rate der
Inanspruchnahme dar. Diese liegt bei den IndividualprophylaxeLeistungen in den letzten Jahren bei konstant 67 %, bei den Früherkennungsuntersuchungen für die unter 6-Jährigen bei 32 %. Dies bedeutet,
dass im Durchschnitt nur ein Drittel der unter 6-Jährigen von den zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen Gebrauch machen.
Und nun ein Blick auf die Gruppenprophylaxe: Während im Jahr 2003 in
den Kindertagesstätten und in den Grundschulen erst ca. 67 % der Kinder
durch gruppenprophylaktische Maßnahmen erreicht wurden, waren dies
im Jahr 2013 ca. 80 %. Damit hat sich auch die gruppenprophylaktische
Betreuung verbessert. Ein etwas anderes Bild ergibt sich dagegen, wenn
auf die Gesamtzahl der Kinder abgestellt wird. Dann sinkt der Betreuungsgrad mit gruppenprophylaktischen Maßnahmen bei den Kindertagesstätten auf knapp 50 %, weil nur ca. 61 % der 0- bis 6-Jährigen überhaupt
eine Kindertagesstätte besuchen.
Auf der anderen Seite sind in den letzten Jahren erschreckende Tendenzen
festzustellen, nämlich, dass das tägliche Zähneputzen in vielen Kindertagesstätten eingestellt wurde. Nach Auffassung der GKV ist dies kontraproduktiv, weil damit die gruppenprophylaktischen Maßnahmen ins Leere
gehen, insbesondere für Kinder aus Elternhäusern, in denen das tägliche
Zähnebürsten vernachlässigt wird.
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In die Beurteilung der Gesamtsituation von Gruppen- und Individualprophylaxe muss aber auch noch ein weiterer Faktor einbezogen werden: der
demografische Wandel. Zwischen 2003 und 2013 ist die Anzahl der Kinder und Jugendlichen von 0 bis 18 Jahren von 15 Mio. auf 13 Mio. und
damit um über 13 % gesunken.
 Dies hat zur Folge, dass heute pro Kind für zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen rein rechnerisch 33 % und für Individualprophylaxe-Leistungen sogar fast 50 % mehr Geld zur Verfügung
steht als noch 2003.
 Etwas anders sieht dies bei der Gruppenprophylaxe aus. Infolge
der verstärkten Einbeziehung der unter 3-Jährigen in die Betreuung
in Kindertagesstätten ist der Kreis der Kinder, die Anspruch auf
gruppenprophylaktische Maßnahmen haben, in den letzten Jahren
gestiegen. Da aber derzeit nur ca. 30 % der 0- bis 3-Jährigen in einer Einrichtung betreut werden, steht aufgrund des demografischen Wandels auch für die Gruppenprophylaxe ca. 20 % mehr Geld
pro Kind zur Verfügung.
Anders formuliert: Im Jahr 2013 wurden aus Mitteln der GKV für Individualprophylaxeleistungen 53,12 Euro und für die Gruppenprophylaxe 6,28
Euro pro Inanspruchnahme berechtigtem Kind ausgegeben. Im Jahr 2003
waren dies noch 36,12 Euro bzw. 5,24 Euro.
Pro Kind steht heute mehr Geld für zahnmedizinische Prävention zur Verfügung als jemals zuvor. Zu keinem Zeitpunkt wurden mehr Individualprophylaxe- und Früherkennungsleistungen erbracht oder war der Betreuungsgrad in der Gruppenprophylaxe höher. Gleichzeitig hat die Intensität der Betreuung zugenommen. Trotz der Tatsache, dass heute pro
Kind mehr Geld für die zahnärztliche Prävention zur Verfügung steht als je
zuvor, ist der Betreuungsgrad bei den unter 3-Jährigen in der Gruppenprophylaxe und die Inanspruchnahmerate von zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen immer noch zu niedrig.
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Daraus ergibt sich nach Auffassung des GKV-SV der folgende Handlungsbedarf:
 Bei den zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen sollte sichergestellt werden, dass eine höhere Inanspruchnahme erreicht
wird, da die Maßnahmen ansonsten den betroffenen Kindern nicht
zugutekommen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass
diese Maßnahmen zukünftig auf die unter 3-Jährigen ausgedehnt
werden sollen.
 Für eine Verbesserung des Betreuungsgrades der unter 3-Jährigen
in der Gruppenprophylaxe sind von öffentlichen und privaten Trägern die notwendigen Betreuungsplätze zu schaffen. Hier sind vor
allen Dingen Städte und Kommunen gefragt.
Wir sind weit gekommen, aber noch lange nicht am Ende des Weges. Auch
heute noch sprechen gute Gründe dafür, gerade die Kinder unter 6 Jahre
am Tag der Zahngesundheit in den Mittelpunkt des Geschehens zu stellen, allerdings unter - im Vergleich zu 1991 - deutlich verbesserter
Mundgesundheit. Es gilt also, das Interesse für die Zahn- und Mundgesundheit besonders dieser Personengruppe wach zu halten. Dieser Aufgabe wird der Tag der Zahngesundheit sicherlich auch in den kommenden
25 Jahren gerecht werden. Hierzu wünschen wir allen Akteuren weiterhin
viel Glück und einen langen Atem.
Vielen Dank.
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