250 Jahre Fürstentum Liechtenstein

250 Jahre
Fürstentum
Liechtenstein
Otto Seger
A m 23. Januar 1719, also vor zweihundertfünfzig Jahren, wurden
die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg durch Diplom
Kaiser Karls VI. zum Fürstentum Liechtenstein erhoben. Dieses Ereignis
ist in gleicher Weise f ü r unser Land wie f ü r das Fürstenhaus von
grösster geschichtlicher Bedeutung.
Die Vereinigung der beiden Gebiete und die Erhebung zu einem
Reichsfürstentum sind die erste Voraussetzung f ü r die später erreichte
staatliche Selbständigkeit, deren Wert gerade unserer Generation am
stärksten zum Bewusstsein gekommen ist. Unsere Vorfahren als Zeitgenossen der Gründung des Fürstentums empfanden das Ereignis sicher
nicht in demselben Masse, denn sie waren in der Herrschaft Schellenberg bereits seit 1699, i n der Grafschaft Vaduz seit 1712 Untertanen der
neuen Landesherren.
Für das Fürstenhaus war die Erhebung zum Range von Reichsfürsten
mit einem reichsunmittelbaren Besitz eine grosse Ehre, die das Ansehen
der Familie i m Stande der Reichsfürsten entscheidend stärkte.
W i r können die geschichtlichen Vorgänge, die zu dieser Erhöhung
führten, nur dann verstehen, wenn wir den Zweck begreifen, den das
Haus Liechtenstein durch Generationen beharrlich verfolgte: Im Jahre
1608 war Karl von Liechtenstein durch König Matthias zum Fürsten
ernannt worden, aber es war noch nicht die W ü r d e eines Reichsfürsten,
die er erhielt. Nur Kaiser Rudolf IL, der Bruder des Königs Matthias,
hätte eine solche verleihen können. Zum Reichsfürsten wurde Karl
durch Kaiser Ferdinand II. i m Jahre 1620 erhoben, und seine Brüder
Maximilian und Gundacker erhielten 1623 den Fürstenbrief.
Die «höchste Würdigkeit und Ehr» der «höchste Glanz und Ansehen»,
wie es in Briefen der Fürsten heisst, war erst dann gegeben, wenn ein
Fürstenhaus sessionem et votum, Sitz und Stimme i m Reichstage erhielt.
Seit dem Ende des Mittelalters bestand der Reichstag aus drei Kollegien, dem Kurfürstenkollegium, dem Reichsfürstenrat und dem Städtekollegium. In seiner Kompetenz lagen Beschlüsse über die Kriegführung des Reiches, über wichtige Akte der Gesetzgebung und der Festlegung von Steuern. Seit dem 17. Jahrhundert war Regensburg sein Sitz;
er wurde nach Bedarf einberufen, tagte aber i n dieser Stadt von 1666 bis,
zur Auflösung des Deutschen Reiches i m Jahre 1806 dauernd. Zur Zeit
unserer Ereignisse war er nur mehr ein Gesandtenkongress, die Fürsten
waren also selbst nicht anwesend, sondern liessen sich vertreten.
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Die Aufnahme i n den Reichsfürstenstand geschah normalerweise
in der Form, dass ein Antrag an den Kaiser gestellt wurde, der i m Falle
der Zustimmung dem Reichstage die Aufnahme empfahl, worauf in
seinen Kollegien darüber beraten und beschlossen wurde. Erfolgte die
Zustimmung durch einen Reichstagsbeschluss, Conclusum genannt, war
die letzte Entscheidung dem Kaiser überlassen, der ein Dekret ausstellte.
Normalerweise war die wichtigste Voraussetzung der Besitz reichsunmittelbarer (immediater) Güter, also solcher Besitzungen, welche
nicht einem Landesherren, sondern nur dem Reiche und dem Kaiser
unterstanden. Bekanntlich wurde die Grafschaft Vaduz 1396 durch
König Wenzel, der in Prag residierte, zum reichsunmittelbaren Gebiete
erklärt.
Die Fürsten von Liechtenstein waren in Besitz grosser, ertragreicher
Güter, viel wertvoller i n den Einnahmen als unser heutiges Land, aber
alle waren in Niederösterreich, Böhmen, Mähren und Schlesien gelegen,
also i m Bereiche der habsburgischen Hausmacht, und dort waren die
Habsburger als Könige von Böhmen und Erzherzöge von Österreich
Landesherren. E i n immediates Gut in ihren Landen zu erhalten, war
also nicht möglich.
Die Erwerbung unseres Landes ist i n unserer Geschichte bekannt:
Misswirtschaft und Schuldenmachen der Grafen von Hohenems hatten
die Einsetzung einer kaiserlichen Kommission zur Folge, und Fürstabt
Rupert von Kempten sah keinen anderen Ausweg als den Verkauf der
Herrschaft Schellenberg und der Grafschaft Vaduz. Er erwirkte als
kaiserlicher Kommissar die Bewilligung des Reichshofrates, der als
oberste Lehensbehörde dem Verkaufe reichsunmittelbarer Güter zuzustimmen hatte.
Weniger bekannt ist der lange, umständliche und von Hoffnungen
und immer neuen Enttäuschungen gezeichnete Weg der Fürsten von
Liechtenstein.
Dieser Weg soll hier zum ersten Male anlässlich des Jubiläums unseres Fürstentumes ausführlich dargelegt werden.
Die Angehörigen des Fürstenhauses, die i m Zusammenhang mit den Bemühungen u m Aufnahme in
den Reichsfürstenrat und die Erwerbung unseres
Landes stehen
Zur besseren Übersicht w i l l ich zuerst die einzelnen Mitglieder des
Fürstenhauses, die i m Zusammenhang der Probleme öfter aufscheinen,
in ihrer verwandtschaftlichen Beziehung darstellen und dann in kurzen
Lebensbildern die Bedeutung der Persönlichkeiten in ihren vielfachen
Ämtern und Leistungen im Staate und am Kaiserhofe schildern und
zeigen, wie sie sich f ü r ihr Haus eingesetzt haben.
Karl
Maximilian
Gundacker
1569-1627
1578-1643
1580 - 1658
Carl Eusebius
Hartniann
Ferdinand Johann
1611-1684
1613 - 1686
1622 - 1666
Johann Adam Andreas
Anton Florian
1662 - 1712
1656- 1721
Josef Johann Adam
1690-1732
Die fast hundert Jahre dauernden Anstregungen der Fürsten geschahen in vier Generationen und unter fünf deutschen Kaisern, und
zwar: Ferdinand II. (1619 — 37), Ferdinand III. (1637 — 57), Leopold I.
(1657 — 1705), Josef I. (1705 — 11) und Karl VI. (1711 — 40).
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Fürst Karl
Fürst Karl führte das Haus Liechtenstein zu hohem Ansehen und
erreichte die Auszeichnung der Erhebung in den Fürstenstand.
In unbedingter Treue stellte er seine ganze Energie und staatsmännische Begabung i n den Dienst des Hauses Habsburg, das damals die
schwersten und gefahrvollsten Zeiten zu bestehen hatte. Schon mit
30 Jahren wurde er Oberstlandrichter in Mähren und i m Jahre 1606
Geheimer Rat, Obersthofmeister und Landeshauptmann von Mähren.
1605 wählten ihn die Mährer zu ihrem Feldherrn gegen die Ungarn,
die schon in ihr Land eingedrungen waren, und der Friedensvertrag
des folgenden Jahres ist von ihm mitunterzeichnet.
Für die Kosten des 15-jährigen Türkenkrieges stellte er dem Kaiser
Darlehen von mehr als 400000 Gulden zu Verfügung.
Im Bruderzwist Kaiser Rudolfs II. mit Matthias stellte er sich auf
die Seite des Erzherzogs, der König von Ungarn wurde und Karl von
Liechtenstein 1608 i n den Fürstenstand erhob. «Zu desto ansehnlicherer
Führung seines fürstlichen Standes» verlieh ihm Matthias, als er Kaiser
geworden, im Jahre 1614 das Herzogtum Troppau in Schlesien, aber
der Fürst blieb i n der Lehenspflicht des Hauses Österreich, denn das
Herzogtum war nicht reichsunmittelbar.
Nach der Schlacht am Weissen Berge bei Prag erhielt Fürst Karl
im Jahre 1620 das undankbare und gefahrvolle Amt des Statthalters
von Böhmen. Er hatte die Autorität des Kaisers in dem Lande wiederherzustellen, das von Aufständen und religiösen Parteiungen erschüttert war. Die Aufträge des Kaisers waren streng: Haftbefehle, Güterkonfiskationen, Bestrafung der H a u p t a n f ü h r e r der Gegner, und sie zogen dem Statthalter Neid und Feindschaften zu.
Im Jahre 1620 erhob Kaiser Ferdinand II. den Fürsten in den Stand
der Reichsfürsten, und drei Jahre später verlieh er ihm das Herzogtum
Jägerndorf in Schlesien.
In der Geschichte des Fürstenhauses ist Karl auch dadurch von Bedeutung, dass er 1606 die Erbeinigung zustandebrachte, einen Vertrag,
der die Unveräusserlichkeit der Familiengüter und die Regelung bestimmte, dass der Älteste in der Primogeniturlinie «Regierer des Hauses»
wurde;
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Fürst Maximilian
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Fürst Maximilian
War Fürst Karl in erster Linie Staatsmann, so erfüllt Maximilian
von Liechtenstein sein Leben vorwiegend i m Militärdienste. Er wird
zwar bereits i m Alter von 23 Jahren Mitglied des Reichshofrates, der
obersten beratenden Behörde am Kaiserhof, nimmt aber schon i m
gleichen Jahre an den Feldzügen des 15-jährigen Türkenkrieges teil.
Wie sein Bruder Karl schliesst er sich dem König Matthias an, ist
1608 sein Oberstfeldzeugmeister und Kommandant der Artillerie und
wird 1613, als Matthias Kaiser geworden war, sein Oberststallmeister
und kaiserlicher Rat.
Seine grösste Kriegstat geschah am 7. November 1620 in der Schlacht
am Weissen Berge. Der kaiserliche Oberbefehlshaber, General Bucquoi,
litt an diesem entscheidenden Tage noch an einer Verwundung, und so
hatte Maximilian den Oberbefehl in dieser f ü r das Haus Habsburg so
entscheidenden Auseinandersetzung. Er war auch Kommandant seines
eigenen Regimentes von Kürrasieren, die sich besonders auszeichneten.
In der 1623 erfolgten Erhebung in den Fürstenstand wird r ü h m e n d
auf seine Leistung in der Schlacht Bezug genommen.
Zwei Jahre war er i m Ungarnkrieg, dann auf dem schlesischen
Kriegsschauplatz, erhielt 1624 das Kommando in Mähren und eroberte
1628 dem Kaiser die Grafschaft Glatz, dann zieht er sich vom Militärdienste zurück, übernimmt aber 1638 das Kommando der wichtigen
Grenzfestung Raab in Ungarn. Dort starb Maximilian 1643 als österreichischer Feldmarschall.
Er war von 1627, nach dem Tode seines Bruders Karl, bis 1632 so
lange Regierer des Hauses, bis sein Mündel, Fürst Carl Eusebius, volljährig wurde, und gab den ersten Anstoss zu den Bemühungen des
Fürstenhauses um die Erwerbung reichsfreien Besitzes.
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Fürst Gundacker
Wie sein Bruder Maximilian trat Gundacker sehr früh in den Hofdienst und nahm schon i m Alter von 20 Jahren an Feldzügen in Ungarn
teil. Auch er war f ü r Erzherzog Matthias, den späteren Kaiser, tätig und
begleitete ihn als Offizier 1608 auf seinem Zuge nach Böhmen.
1613 wurde er Präsident der Hofkammer, der Zentralbehörde f ü r das
gesamte Finanzwesen des Reiches und der österreichischen Erblande,
dann Landeshauptmann von Oberösterreich, und 1621 wurde er von
Kaiser Ferdinand II. zum Geheimen Rate befördert.
Das Vertrauen der Kaiser Matthias und Ferdinand berief ihn zu
wichtigen Gesandtschaften, so zu den schlesischen Ständen, um sie
von der Teilnahme an der böhmischen Rebellion abzuhalten, zu den
Kurfürsten und zu Friedrich von der Pfalz, dem späteren Gegenkönig
und Besiegten in der Schlacht am Weissen Berge.
1623 erhielt er mit seinem Bruder Maximilian den Fürstenbrief und
zwei Jahre später als Obersthofmeister das höchste Amt am Kaiserhofe.
1633 wurden seine Herrschaften Krumau und Ostra in Mähren zu
einem Fürstentum mit dem Namen Liechtenstein erhoben, aber wie bei
den schlesischen Herzogtümern seines Bruders Karl war damit die
Reichsunmittelbarkeit nicht erlangt.
Seine Tätigkeit erstreckte sich auf alle Hof-, Staats- und Verwaltungsangelegenheiten. Vorübergehend war er bei Kaiser Ferdinand in U n gnade gefallen, aber im Jahre 1633 ist er wieder als Berater des Kaisers
am Hofe in Wien. Dort verfasst er unter anderem ein entscheidendes
Gutachten in der Frage, ob der Feldherr Wallenstein des Hochverrates
angeklagt werden solle. Er schlägt vor, ihn zur Rechenschaft zu ziehen,
und wenn er sich nicht zur Untersuchung stelle, einen Prozess zu
machen.
1641 und 1647 übergab er bereits seine Güter den Söhnen Hartmann
und Ferdinand Johann, die sich eifrig um die Aufnahme des Hauses
Liechtenstein in den Reichsfürstenrat bemühten. Immer wieder hielt
Gundacker seinen Neffen Carl Eusebius an, als Regierer des Hauses
sich besser f ü r diese Rangerhöhung einzusetzen.
In den letzten Jahren seines Lebens zog sich Fürst Gundacker ganz
von den öffentlichen Ämtern zurück.
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Fürst Carl Eusebius
Beim Tode seines Vaters, des Fürsten Carl, war er erst 16 Jahre alt.
Mit 21 Jahren wurde er auf Grund der Erbeinigung des Jahres 1606
Haupt und Regierer des Hauses Liechtenstein.
Er mied die öffentlichen Dienste und verbrachte sein Leben fast zur
Gänze auf seinen Gütern.
Die Schäden des Dreissigjährigen Krieges und die Unsicherheit des
Besitzes machten es notwendig, die Kraft f ü r die Wiederaufrichtung der
Herrschaften zu verwenden. Er reorganisierte die Verwaltung, baute neu
auf, wo es notwendig war, und brauchte zu allem grosse Geldbeträge.
Seine Biographen rühmen die Frömmigkeit des Fürsten und seine
Freigebigkeit, die er in kirchlichen Stiftungen bewies.
Fürst Carl Eusebius führte aber kein zurückgezogenes Leben, sondern
war ein Freund grosser Hofhaltung, ein Mann vielseitiger Interessen.
Als erstes Mitglied des Fürstenhauses sammelte er zielbewusst Gemälde und andere Kunstwerke und kann so als Gründer der fürstlichen
Galerie angesehen werden.
Leidenschaftlich betrieb er die Pferdezucht und die Jagd; sein Gestüt galt als das schönste überhaupt; eine ganze Schar von Jägermeistern,
Jägern und Falknern war auf seinen Gütern angestellt, und diese Liebhabereien verschlangen Unsummen. Dazu kam, dass er an seinem Hofe
in Feldsberg eine ganze Truppe von Komödianten und eine Musikkapelle hielt, und zudem beschäftigte er Alchimisten, die entsprechend
dem Aberglauben der Zeit ihm versprachen, die Goldmacherei zum
Erfolg zu führen.
Carl Eusebius war ein Fürst von barock-höfischer Lebenshaltung,
aber der grosse Aufwand auf den verschiedensten Gebieten brachte
es mit sich, dass er seinem Sohne Hans Adam schliesslich Schulden in
der Höhe von 800 000 Gulden hinterliess.
Mehr als fünfzig Jahre war er in den Zeiten der Bemühungen um
den Ankauf freier immediater Herrschaften Regierer des Hauses, aber
bei allem Suchen fehlten letzten Endes die entscheidenden Mittel.
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Fürst Carl Eusebius
Fürst Johann Adam Andreas
Fürst Johann Adam, von seinen Zeitgenossen Hans Adam der Reiche
genannt, war ein Finanzgenie. Sofort nach Übernahme der Besitztümer
rationalisierte er den Betrieb, modernisierte er ihre Wirtschaft und zog
bald aus ihnen sehr grosse Einkünfte.
Vorübergehend war er f ü r den Kaiser zur Reorganisation des Verwaltungswesens und als Präsident der neu errichteten Girobank, der
Staatsbank, tätig, nahm aber den Abschied, um sich seinen eigenen A n gelegenheiten widmen zu können.
Es war ihm nicht nur möglich, eine Reihe von Gütern f ü r das Fürstenhaus zu erwerben, sondern auch dem Staate Darlehen i m Gesamtbetrage von etwa einer halben Million Gulden zu gewähren.
Fürst Hans Adam baute i n Wien die beiden prächtigen Barockpaläste, die zu den schönsten Bauten der Kaiserstadt zählen. Sowohl das
als Sommersitz gedachte Rossauer Palais als auch das Stadtpalais in der
Bankgasse wurde von dem berühmten Barockbaumeister Domenico
Martineiii errichtet, und besonders das Stadtpalais wurde mit Gemälden
aus Neuerwerbungen ausgestattet.
Bekanntlich erwarb der Fürst 1699 die Herrschaft Schellenberg und
1712 die Grafschaft Vaduz, beides reichsunmittelbare Gebiete, und es
gelang ihm damit der entscheidende Schritt, f ü r die Familie die Aufnahme i n den Reichsfürstenrat vorzubereiten. Ein plötzlicher Tod
brachte es mit sich, dass er den Erfolg dieses Strebens nicht mehr erleben durfte. Eine Woche nach der Huldigung des Volkes der Grafschaft Vaduz, der rechtlichen Voraussetzung f ü r die Ü b e r n a h m e des
Landes, und in den letzen Auseinandersetzungen um Anerkennung
seiner Bewerbung um die Aufnahme i n den Reichstag starb er, erst
fünfzig Jahre alt, und ohne einen Nachkommen zu hinterlassen.
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Fürst Anton Florian
Fürst Anton Florian, Enkel Gundackers und Sohn des Fürsten Hartmann, war sorgfältig auf den Staatsdienst vorbereitet worden.
1689 wurde er Gesandter beim Vatikan, wo er sechs Jahre blieb,
bis er zum Erzieher des Erzherzogs Karl, des späteren Kaisers Karl V I . ,
berufen wurde, der zum spanischen Thronanwärter bestimmt war.
Gleichzeitig war er Mitglied des Geheimen Rates des Kaisers. Im Jahre
1700 starb König Karl von Spanien, und um das Erbe des Kinderlosen
entbrannte der Spanische Erbfolgekrieg. Fürst Anton Florian begleitete
seinen ehemaligen Zögling, der als Karl III. zum König von Spanien
proklamiert worden war, sich aber schliesslich gegen seinen Gegner
Philipp von Anjou nicht durchsetzen konnte. Als Premierminister leitete Anton Florian die Politik seines Herrn, ein höchst undankbares
Amt, denn die Bundesgenossen, Engländer und Portugiesen, führten
den Krieg nur lässig, Geldmittel fehlten sozusagen ständig, und die
spanischen Anhänger Karls waren unter sich uneinig. Nach wechselndem Kriegsglück standen entscheidende Kämpfe bevor.
Da starb 1711 Kaiser Josef I., und König Karl musste als sein Nachfolger nach Wien zurückkehren, begleitet vom Fürsten Anton Florian,
der in den neuen Staatsrat berufen wurde — sein Name stand an der
Spitze der Liste — und seinen Herrn auch zur Krönung nach Frankfurt
begleitete. Dort ernannte ihn Kaiser Karl V I . zum Obersthofmeister,
und er blieb im Staatsdienste bis zu seinem Tode.
Seine vielfachen Verdienste und das hohe persönliche Ansehen beim
Kaiser waren der Grund, weshalb er f ü r seine Person i m Jahre 1712
in den Reichsfürstenrat aufgenommen wurde, ein grosses und altes
Ziel somit erreicht hatte. Der Tausch von Vaduz und Schellenberg
gegen Rumburg in Böhmen, den er mit dem Fürsten Josef Wenzel i m
Jahre 1718 vollzog, war mit der klaren Absicht geschehen, die beiden
Gebiete zu einem Fürstentum erheben zu lassen. Der Kaiser erfüllte
sogleich seine Bitte. Fürst Anton Florian wurde als Regierer des Hauses
am 23. Januar 1719 Inhaber eines reichsunmittelbaren Fürstentums, das
den Namen des Hauses Liechtenstein erhielt.
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Fürst Anton Florian
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Die Nachricht, dass Kaiser Ferdinand III. die Aufnahme des Fürsten
von Eggenbeig den Ständen empfehle, der keine immediate Besitzungen
sein Eigen nennen konnte, führt die drei Fürsten, die das Problem bisher nur einzeln behandelt hatten, zu einem gemeinsamen Schritte zusammen.
Gesuch an den Kaiser und die Antwort
A m 30. August 1641 richten die Fürsten Carl Eusebius, Maximilian
und Gundacker ein Gesuch an den Kaiser, das i m Haus-, Hof- und
Staatsarchive in Wien erhalten ist und in dem sie einleitend auf die
Erhebung der Familie in den Fürstenstand hinweisen und ausführen:
«Ob wir uns nun wohl seithero sorgfältiglichen bemüht, auch hin und
wieder fleissige Nachfrag haben halten lassen, dem Herkommen im
Heiligen Römischen Reich gemäss uns begütert zu machen und hierdurch insoweit zu qualifizieren, dass wir von Euer Kaiserlichen Majestät anderen Fürsten des Reiches gleich zu den allgemeinen Reichsdeputation- und Kreistagen allergnädigst beschrieben und erfordert und
nachfolglich uns die Session und Stimm i m löblichen Fürstenrat wirklich verstattet werden möge, so haben gleichwohl über allen angelegten
Fleiss zu einigen fürstlichen Gütern oder dergleichen Stücken i m Reich
wider unseren Willen nicht gelangen können, welche von Euerer Kaiserlichen Majestät aus kaiserlicher Macht und Vollkommenheit auf
unser alleruntertänigstes Ansuchen und Bitten zu einem Fürstentum
erhoben werden mögen.
Wann aber uns nit unbekannt, dass gleich wie Euere Kaiserliche
Majestät in Signum Eminentiae et Imperatoriae Majestatis einen und
andren meritierten und zwar von uraltem Herrenstand Entsprossenen
zu der Dignität des Heiligen Reichs Fürstenstands zu eheben in dero
allergnädigster W a h l und Belieben stehet und dieses eine solche hohe
Nota Majestatis, welche billig unter Euer Kais. Majestät regalia zu rechnen, derentwegen dann in dero Kaiserliche Wahl-Kapitulation Ihro die
freie Hand gelassen ist, also auch die Session und votum i m Fürstenrat
mit Vorwissen übriger Chur-Fürsten und Stände des Reichs allergnädigst zuzulassen und zu verstatten wohl vermögen, und wir dann der
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ungezweifelten Zuversicht leben, höchst-, hoch- und wohlvermelte des
Heiligen Römischen Reichs Churfürsten und Stände ihren Consens umsoviel willfähriger nit ungeneigt sein werden, alldieweil wir erbietig
sind, uns ehistmöglich nit allein i m Reich dem Fürstenstand gemäss
einzukaufen und begütert zu machen, sondern auch ad interim und
sobald wir zu Session und Stimm werden zugelassen sein, zu den allgemeinen Reichsanlagen proportionaliter zu concurrieren und zu solchem uns einem oder anderen Reichskreis Euer Kais. M a j . allergnädigster Verordnung nach einverleiben zu lassen, auch alles dasjenige, was
einem getreuen Reichsfürsten eignet und gebühret, anderen gleich mit
Rat und Tat beizutragen und uns des Reichs Herkommen gemäss in
allem zu bezeigen.
Als gelangt an Euere Kaiserliche Majestät unsere alleruntertänigste
und gehorsamste Bitt, Sie geruhen noch ferneres uns diese hohe Kaiserliche Gnad zu erweisen und noch unter währender dieser allgemeinen
Reichsversammlung i n den Fürstenrat zu Session und Voto allergnädigst
admittieren und zu solchem End den jetzt anwesenden Chur-Fürsten
und Ständen des Reichs auch der abwesenden Räte, Botschaften und
Gesandten diesen ihren Kaiserlichen Willen auf unsere treu-wohlgemeinte Offerta freundlichst insinuiren und zu obiger Session und Voto
gegen unser beschehenes Erbitten admittieren zu lassen».
Die drei Fürsten verweisen also in ihrem Schreiben darauf, dass es
in der Macht des Kaisers steht, die Aufnahme in den Reichsfürstenrat
auch ohne reichsfreie Güter zu empfehlen, dass sie sich b e m ü h e n werden, so bald als möglich solche zu erwerben und bis dahin an allen
Reichssteuern entsprechend beizutragen, wie wenn sie solchen Besitz
hätten. Da die Sitzungsperiode des Reichstages dem Ende zu ging, bitten sie, die Zulassung zu Sitz und Stimme i n den Fürstenrat noch während der Tagung auszusprechen.
Von einem Agenten des Reichtages werden die Fürsten darauf aufmerksam gemacht, dass die Gefahr besteht, der Reichsvizekanzler und
der Vizekanzler des Erzbischofs von Mainz werden das Gesuch den
Fürsten und Ständen nicht vortragen, wenn ihnen nicht ein «Präsent»
verehrt wird (er schlägt 1000 und 500 Dukaten f ü r die beiden vor), aber
es kam wohl nicht so weit, denn der Kaiser empfahl die Fürsten bei der
Sitzung nicht mehr, sondern er Hess ihnen durch seine Kanzlei am
3. Oktober 1641 folgendes Dekret zustellen:
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«Wann dass Ihre Kaiserliche Majestät sich erst neulich unterm Dato
des 26. Septembris jüngsthin allergnädigst resolviert, auch beiden böhmischen und österreichischen Hofkanzleien per decretum andeuten lassen, dass bei dergleichen Begnadungen und Erhöhungen jetzt und inskünftig gewisse und unter anderem auch folgende Reversales aufgericht
und vollzogen werden sollen:
Erstlich, dass alle diejenigen, so dergleichen Admission i n den
Reichsfürstenrat begehren und in Ihrer Kaiserlicher Majestät Erblanden
begütert sein . . . . gegen Ihrer Kaiserlicher Majestät als Erzherzogen zu
Österreich sich allen gebührenden Respekts gebrauchen.
Zweitens den Statutis, so allbereits aufgerichtet oder mit Ihrer Majestät Verwilligung aufgerichtet werden möchten und den Landtagsschlüssen i n dero Erbkönigreichen und Landen gemäss verhalten und
unter dem Titel des Reichsfürstenstands und desselben Privilegia darvon nicht entschlagen.
Drittens, wann sie einen Statum i m Heiligen Reich an sich bringen
und davon contribuiren würden, dass solche Contribution ohne Abgang
und Schmälerung der in dero Erbkönigreich und Landen gehörigen
Contribution geschehen solle und was etwa hierzu weiter erfordert
werden möchte.
Also haben allerhöchst gedachte Kaiserliche Majestät denen hochgedachten Fürsten zu dem End per decretum zu erinnern allergnädigst
anbefohlen, wann dieselben zu Vollziehung dieses alles gleich anderen
Fürsten und Ständen sich verbinden und solche Reversalia zu vorbesagten böhmischen und österreichischen Hofkanzleien einliefern werden, dass sie alsdann, auf Ihrer Fürsten weiteres Ersuchen sich ferners
in kaiserlichen Gnaden resolvieren wollen».
Zwischen dem Gesuche der Fürsten und der Antwort des Kaisers
wurde also eine Erschwerung der Zulassung vorgenommen, vielleicht
sogar gerade auf dieses Ansuchen hin, denn die Fürsten waren nur i n
den Erblanden des Hauses Habsburg begütert. Der Kaiser spricht auch
bei dem Eingehen auf die Verpflichtungen keinerlei Zusage aus, sondern
schreibt nur, er werde sich die Sache dann überlegen.
Fürst Carl Eusebius reiste nach Regensburg, um nach Möglichkeit
das Werk zu fördern, aber er fand dort nur mehr das kaiserliche Dekret
vor und schreibt den beiden Fürsten enttäuscht, dass er «bei solcher
Beschaffenheit keine Vermehrung unserer fürstlichen Dignität noch
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Erhöhung unseres Hauses verspüre», und Fürst Maximilian antwortet
ihm am 26. Oktober: «Wieweilen so schwere Conditiones einzugehen
begehrt werden, welche unserer fürstlichen Autorität fast zu sagen
mehr zur Verkleinerung als zur Erhöhung gereichen würden, also sind
wir mit Euer Liebden der Meinung, solches Werk ganz zu unterlassen
und alle Unkosten zu ersparen».
Wir können die Enttäuschung der Fürsten verstehen,
hinweisen konnten, dass sie selbst wie ihre Vorfahren sich
dienste um das Reich und das Haus Habsburg erworben
vom Kaiser verlangte Erklärung haben sie jedenfalls nicht
die darauf
grosse Verhatten. Die
abgegeben.
Fast zehn Jahre hindurch ruhen nun die Bemühungen des Fürstenhauses in diesen Angelegenheiten. Der Dreissigjährige Krieg war in sein
letztes, grausames Stadium getreten, und die Besitzungen des Fürstenhauses waren durch Kriegsvölker beider Parteien immer wieder verwüstet worden und dadurch schwer geschädigt.
Das Reich selbst war durch den Krieg, der.ja in erster Linie ein
Ringen zwischen den beiden Konfessionen des Reiches gewesen ist,
zerfallen, so dass ein gemeinsamer Reichstag nicht mehr zustandekam.
Erst als 1648 der Friede von Münster und Osnabrück geschlossen war,
traten wieder normale Verhältnisse ein.
Bemühungen u m den Kauf reichsunmittelbarer
Herrschaften
Da die Einberufung eines Reichstages zu erwarten war und die Fürsten von Liechtenstein erkannt hatten, dass nur dann ein Erfolg sicher
sei, wenn sie in Besitz, reichsunmittelbarer Güter kommen, setzen nun
intensive Bemühungen nach den verschiedensten Richtungen ein. Die
Schwierigkeiten waren gross. Carl-Eusebius schreibt an den Fürsten
Gundacker, dass «bei diesen geldmangelnden Zeiten und Ruin unserer
Güter» ein Verkauf nur mit grossem. Schaden geschehen könnte, und
er macht den Vorschlag, die Kleinodien zu verkaufen, um zu Geld zu
kommen, und bittet die Verwandten, zusammenzustehen und Geld f ü r
den Erwerb zu leihen. Schliesslich - zweifelt er, «dass das f ü n f u n d zwanzigjährige Werk zu einem guten Ende komme».
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Einmal macht der Herzog von Kurland das Angebot, die Besitzungen von Jägerndorf und Troppau in Schlesien zu kaufen, dann denkt
man daran, diese beiden Gebiete gegen ein immediates Gut in Tausch
zu geben.
Die vielfältigen Verhandlungen gerade der Jahre 1652 bis 1654 zeigen uns, welchen Wert das Fürstenhaus auch unter schwersten Bedingungen auf die Erlangung von Sitz und Stimme im Reichsfürstenhause
legte. Immer wieder tauchen neue Gebiete auf, deren Erwerbung überlegt wurde, und sie waren in den verschiedensten Teilen des Reiches
gelegen.
A m längsten wird über den Erwerb der Markgrafschaft Burgau im
bayerischen Schwaben verhandelt, das zu den oberösterreichischen
Landen des Hauses Habsburg gehörte. Erzherzog Ferdinand Carl in
Innsbruck war in Geldnot, aber die Schwierigkeiten waren dreifacher
Art: Der Besitz wurde auf eine halbe Million Gulden geschätzt, und
Carl Eusebius gibt zu bedenken, man dürfe «nicht zu übermässig anspannen und uns einen grossen oder Totalruin machen». Dann kam
dazu, dass die Markgrafschaft selbst nicht Sitz und Stimme im Reichstage hatte, und schliesslich trug der Kaiser immer auch den Titel eines
Markgrafen zu Burgau; ein Kauf hätte also seiner Zustimmung bedurft, die er kaum gegeben hätte.
Der gleiche Grund galt auch f ü r die Erwerbung der Grafschaft Görz
im Südosten der habsburgischen Besitzungen, denn unter den vielen
Titeln trug der Kaiser auch den eines Grafen von Görz.
Bei der Grafschaft O l l i in der Südsteiermark bestanden Zweifel, ob
sie jemals Sitz und Stimme gehabt habe, und zudem waren fast alle
Einkünfte verpfändet, so dass sie keinen Ertrag geboten hätte.
Die Grafschaft Glatz lag in Schlesien, also in den österreichischen
Erblanden, und mit Recht befürchteten die Fürsten, dass die Erwerbung
vom Kaiser abgelehnt würde, weil das Haus Liechtenstein dadurch den
Habsburgern zu mächtig würde.
Nun tauchen die Namen kleinerer Besitzungen auf, immer mit der
Hoffnung verbunden, sie könnten nach ihrer Erwerbung vom Kaiser
zu einem Fürstentum erhoben werden: Thannhausen, Ortenburg und
Neuburg in Bayern, die Grafschaft Baar i n Baden, das Rittergut Hohenzimmern der Stadt Rottweil, die Grafschaft Firnenburg, die churtrierisches Lehen war, sowie Granegg mit Schloss Friedegg, eine Be27
Sitzung, die aber von schwedischen Kriegsvölkern schwer verwüstet
worden war.
Von verschiedenen kaiserlichen und anderen Räten waren die N a men der Güter genannt worden (wohl niemals ohne die Absicht, beim
Zustandekommen des Kaufes werde ein schönes Präsent herausschauen),
aber über das Stadium von Erkundigungen und der Korrespondenz der
Fürsten untereinander geben die Akten keine weitere Auskunft, und
in jedem der vielen Einzelfälle sind die Schwierigkeiten zur Erreichung
des Zieles deutlich sichtbar.
Der neue Reichstag nahte, ohne dass es dem Fürstenhause gelungen
war, die Hauptbedingung zu erfüllen, die i m Besitz fürstenmässiger
und reichsunmittelbarer Güter bestand.
Die grosse Enttäuschung:
Der Reichstag des Jahres 1654
Gleich zu Beginn der Reichstagssession wurden am 3. Januar 1654
die Fürsten Maximilian von Dietrichstein, Johann Weikhart von Auersperg und Generalleutnant Octavio Piccolomini «aus absonderlich wichtigen Ursachen» in den Reichsfürstenrat aufgenommen. Die beiden
Erstgenannten waren durch i h r e H o f ä m t e r von grösstem Einfluss, und
der Fürst Piccolomini hatte sich als machtgieriger und ehrgeiziger Mann
bei der Ermordung Wallensteins, dem er bis zuletzt Freundschaft vortäuschte, bei Kaiser Ferdinand unentbehrlich gemacht. Obwohl erst
1652 in den Fürstenräng erhoben, empfahl ihn der Kaiser schon ein
Jahr später zur Aufnahme i n den Fürstenrat.
Eigenartigerweise stellte ein Reichsgutachten vom 19. Februar, also
kurze Zeit nach der Aufnahme der drei Fürsten, ausdrücklich fest, dass
diese Bewilligung niemandem, «wer er auch sei, über kurz oder lang»,
eine Berechtigung gebe.
Das Fürstenhaus Liechtenstein war mit Recht der Überzeugung, dass
seine Verdienste im Laufe vieler Jahrhunderte nicht geringer als die
der Aufgenommenen seien. Haus Liechtenstein war ausserdem schon
früher in den Stand der Reichsfürsten erhoben worden als die drei
Neuaufgenommenen.
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A m 5. Februar sendet Fürst Carl Eusebius seinem Neffen Fürst Hartmann eine Vollmacht, damit er beim Reichstag in Regensburg die Interessen des Hauses vertreten könne, und er ist noch der Überzeugung,
«dass wir erlangen könnten, was anderen bewilligt ist».
In einem neuen Memoriale weisen die Fürsten den Kaiser darauf
hin, dass sie sich um den Kauf von reichsunmittelbaren Besitzungen
dauernd bemüht haben und noch weiter suchen, dass aber der Kaiser
die Möglichkeit habe, seine Zustimmung zur Aufnahme in den Reichsfürstenrat schon jetzt zu erteilen, und sie stellen die «untertänigstgehorsamste Bitte», der Kaiser wolle die Zulassung noch w ä h r e n d der
Dauer des Reichstages aussprechen.
Im Namen der gesamten Familie wendet sich Fürst Hartmann in
Regensburg an alle Reichsfürsten geistlichen und weltlichen Standes
und die Vertreter der Reichsstädte. Jeder der «Hoch- und Wohlehrwürdigen, wohl- und hochedelgeborenen, wohledlen des Heiligen
Reichs Fürsten und Stände, der hochansehnlichen Herren Botschafter
und Gesandten, der gnädig hochgeehrten Herren» erhält das Schreiben,
in dem darauf aufmerksam gemacht wird, dass das Haus Liechtenstein
dieselben Bedingungen annehmen würde, wie es bei den neu aufgenommenen Mitgliedern der Fall war, und dass die Gelegenheit zu immediaten Gütern bevorstehe.
Aus der Erkenntnis heraus, dass eine kaiserliche Empfehlung Voraussetzung der Behandlung des Gesuches i m Reichstag ist, trachtet
Fürst Hartmann seit seiner Ankunft i n Regensburg, beim Kaiser vorgelassen zu werden. Noch am 20. März schreibt er, dass er ganz eifrig
darum gebeten habe, dass er aber «des Kaisers nicht habhaft werden
möge».
A m folgenden Tage findet die Audienz doch statt, aber der Fürst
kann nur die Anträge und Memoriale dem Kaiser übergeben.
A m 26. März muss er (wie die Reichstagsakten ausweisen) hören,
wie das Reichshofratsgutachten i n Anwesenheit des Kaisers vorgelesen
und gebilligt wird, das auf einer EntSchliessung des Kaisers begründet
war und drei Tage vorher schon zum Beschluss erhoben worden war.
Es ist eine «Resolution, dass inskünftig keiner mehr ohne Erfüllung der
praestandorum, er seie denn zuvor mit immediat fürstenmässigen
Reichsgütern versehen, introduziert werden soll. Also wüsste gehorsamster Reichshof rat über diese Ihre Kaiserliche Majestät bereits von
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sich gegebene Resolution zu weiterer Recommendation nicht einzuraten, sondern werde Ihre Kaiserliche Majestät die Supplicanten nach
Inhalt dero gnädigsten Resolution gnädigst zu bescheiden haben».
Das bedeutet, mag der Stil noch so gewunden sein, einen Grundsatzbeschluss und eine glatte Absage: Wer nicht schon Reichsgüter besitzt,
kann nicht aufgenommen werden, und selbst der Kaiser ist daran gebunden !
Sicher war es ein schwerer Schlag f ü r das Fürstenhaus Liechtenstein, und das Gefühl ungerechter Behandlung war nur zu begreiflich.
Schon vor der Entscheidung vermutete Fürst Hartmann, wie er sich in
einem Brief an den Fürsten Carl Eusebius ausdrückt, dass Hofkreise
ein kaiserliches Dekret hintertrieben oder zurückgehalten haben, bis
die drei anderen Fürsten mit grösserem Einflüsse in ihren Kreisen aufgenommen waren. «Leidenschaften regieren und Missgunst wider unser
Haus», steht i m Antwortschreiben.
Fürst Gundacker bringt am 17. April noch den Vorschlag, dem Kaiser
eine Summe, etwa 30000 oder 50000 Gulden zu bieten, wenn er ein
Dekret ausstelle, denn «Majestät ist geldbegierig und bedürftig», aber
natürlich könne man das Angebot nur heimlich machen. Inzwischen
ging der Reichstag dem Ende zu.
Was nützte es, dass der Reichsvizekanzler Graf Kurz über Auftrag
des Kaisers am 13. April folgendes Dekret ausstellte:
«Der Römisch Kaiserlichen Majestät ist i n Untertänigkeit referiert
worden, was Deroselben Herr Hartmann Fürst von und zu Liechtenstein wegen Admission derselben zur Session und Stimm in den Reichsfürstenrat gebeten hat.
Wie nun allerhöchst gedachte Ihre Kaiserliche Majestät des ganzen
fürstlichen Geschlechtes dem Heiligen Römischen Reich sowohl als
Ihro Erzhaus Österreich geleisteter hocherspriesslicher Dienste sich
allergnädigst wohl erinnere.
Als seien dieselben hinwiederum geneigt und erbietig, sie die gesamten Fürsten von Liechtenstein, auf . den nächstkünftigen Reichstag
den löblichen Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs zu Admission in den Reichsfürstenrat bestergestalt zu recommendieren. Welches
Allerhöchst Ihre Kaiserliche Majestät Seiner Durchlaucht zum Bescheid
also anzufügen allergnädigst anbefohlen, die deroselben mit beharrlichen kaiseilichen Gnaden wohlbeigetan verbleiben».
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Ein kaiserliches Versprechen auf Empfehlung beim nächsten Reichs;
lag, auf das sich die Fürsten von Liechtenstein noch Jahrzehnte später
berufen, aber ein Versprechen mit gebundenen Händen, ohne Wert,
wenn kein entsprechender Besitz nachgewiesen ist!
Wir können heute nicht mehr feststellen, wer gegen das Fürstenhaus
gearbeitet hat. Gelegentlich wird von allgemeiner Abneigung der altfürstlichen Häuser gegen die neuen Fürsten gesprochen, und die Ansicht
über Intrigen des Hofes sind nicht von der Hand zu weisen. Möglich ist
auch, dass die Vorbereitungen zur Aufnahme zu spät eingesetzt haben.
Jedenfalls erhielten, wie die Reichstagsakten ausweisen, die Fürsten von
Dietrichstein, Auersperg und Piccolomini schon Ende 1653 die Einladung
zum Reichstage, weil eine kaiserliche Empfehlung schon vorlag, und
Fürst Gundacker. wirft seinem Neffen Carl Eusebius in einem Briefe vor,
dass, wenn er «das Negotium mit rechtem Ernst angegriffen und, wie
andere getan, urgiert hätte», das Ziel ereicht worden wäre.
Verwirrung brachte wohl auch ein Protest der Fürsten mit dem
Ansprüche, dass das Fürstenhaus, weil es früher zur W ü r d e der Reichsfürsten gelangt war, den neuernannten Mitgliedern des Reichstages
vorgehen müsse. Diese «Protestation und Reservation» wird später
noch wiederholt, zuletzt vom Fürsten Johann Adam i m Jahre 1709 bei
seinem Aufnahmegesuch an die Reichsversammlung.
Bis zur Erwerbung der Herrschaft Schellenberg
Es war nun klar geworden, dass die Bemühungen entweder eingestellt oder aufs neue auf Besitzerwerbung gerichtet werden mussten.
Fürst Ferdinand Johann sendet noch i m M a i 1654 ein «Gutachten wegen Reichssachen, das Haus Liechtenstein betreffend» an seinen Bruder
Hartmann.
Er gibt darin verschiedene Anregungen und greift auch die Frage
der Erwerbung der Markgrafschaft Burgau wieder auf, «absonderlich,
weil sie dem Erzherzog Carl zugehöre, der ohnedies zu Zeiten das
Seinige nicht sehr achtet», schlägt Verhandlungen mit dem Kaiser vor,
ob Görz oder die Windische Mark zu haben sei, oder Erkundigungen
um Herrschaften in Schwaben oder in der Eifel. Es wird auch die A n regung vorgebracht, Güter in Österreich und Mähren zu einem Fürstentum erheben zu lassen.
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Die Vorschläge sind sehr allgemein gehalten, aber der junge Fürst
legt der Familie ernste Gedanken vor: Der Direktor des Hauses (also
Carl Eusebius als Regierer) möge alle Verwandten zusammenrufen,
eine Konferenz soll gehalten werden, die genaue Beschlüsse über das
weitere Vorgehen fasst, um das Werk mit Ernst zu betreiben. Nur in
gemeinsamer finanzieller Anstregung sei es möglich; aber dann so gut
wie sicher zu erreichen. Es sei unbillig, dem Regierer alles zuzumuten.
«Ich meinerseits offeriere alles, was ich effektive besitze. Wenn jeder
dies tut, geht das Werk leicht, denn besser ist's, frei mit einem Stück
Brot und Wasser sich zu ernähren, als i n dauernder Abhängigkeit mit
Papageienzungen gespeist zu werden» ist der eigenartige Schluss der
Schrift.
Die Pläne werden nicht ausgeführt; Fürst Carl Eusebius schreibt
vielmehr drei Jahre später an den Fürsten Gundacker: «Da wir jetzt
uns zu begütern keine Mittel haben, so wird die Begüterung anitzo
nicht geschehen können».
Erst 1665 tauchen in den Akten neue Namen auf: Die Stadt Strassburg sei bereit, Herrschaften i m Elsass zu verkaufen, die Reichsvogtei
Ortenau vielleicht vom Markgrafen von Baden zu erwerben, das brabantische Lehen Wittheim und das Innsbrucker Lehen Geroldseck zu
verkaufen, und zum ersten Male ist 1680 von einem Gebiete in unserer
Nähe, Bludenz und Sonnenberg, die Rede. Drei Jahrzehnte sind wieder
verstrichen.
Im Jahre 1686 starb Fürst Carl Eusebius, der mehr als fünfzig Jahre
Regierer des Hauses Liechtenstein gewesen war, und hinterliess seinem
Sohne Johann Adam Andreas Schulden i n der Höhe von 800000 Gulden, aber auch eine geordnete Verwaltung der Güter. Als Mann von
unerhörter Tatkraft setzte Fürst Hans Adam das Werk seiner Vorgänger
fort.
Im Jahre 1689 gewinnt er den Reichssekretarius von Consbruch
dazu, sich f ü r ihn um freiwerdende Reichsgüter umzusehen, und dieser
berichtet gleich von drei Möglichkeiten des Kaufes: Die Grafschaft
Megen in Holland, das-Rittergut Angelberg bei Kempten und die Herrschaft Hohenzimmern der Stadt Rottweil i n Schwaben kommen i n
Betracht.
Im gleichen Jahre bietet Graf Jakob Hannibal von Hohenems die
Herrschaft Schellenberg zum Kaufe an, aber er ist zur Veräusserung
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nicht berechtigt, da, wie wir wissen, Fürstabt Rupert von Kempten als
kaiserlicher Kommissar zu bestimmen hatte und der Reichshofrat als
oberste Landesbehörde die Zustimmung geben musste, aber der Sekretarius macht doch in einem Briefe, vom 25. Februar 1690 den Fürsten
darauf aufmerksam, dass die Herrschaft «mit anderen herumliegenden
und freiwerdenden Gütern» vergrössert werden könnte. Fürst Hans
Adam bemerkt, dass er nur in der Lage sei, den Kaufschilling in zwei
Terminen zu entrichten, ein Zeichen, dass er an freiem Gelde noch
knapp war.
Zunächst richteten sich aber die Bemühungen auf die Herrschaft
Zimmern, die aus vier Dörfern und einem Schlosse bestand und der
Stadt Rottweil gehörte. A m 2. August 1690 war der Kaufvertrag aufgesetzt und zur Unterschrift des Fürsten bereit. «Amtsbürgermeister, Rat,
ganzer Magistrat, auch die gesamte Bürgerschaft und Gemeinde» hatten
die Zustimmung gegeben und den Kaufvertrag bereits gesiegelt!
Fürst Johann Adam meldet dem Kaiser den Erwerb und schreibt:
«Ich möchte mich daran wagen, dass Euere Kaiserliche und Königliche
Majestät mir mit der hohen Gnad unter die Arme greifen und sothanes
Herren-Zimmern zu einer gefürsteten Grafschaft erklären».
Diese Erhebung w ä r e notwendig gewesen, weil die Frage von Sitz
und Stimme der Herrschaft in früheren Zeiten nicht geklärt war, aber
der Kaiser vollzog sie nicht.
Genau ein halbes Jahr nach dem Abschluss der Verhandlungen
meldete sich die Stadt Rottweil und drängte auf Unterschrift, weil auch
andere Bewerber sich gemeldet hatten, aber der Fürst vollzog den Vertrag nicht und die Erwerbung zerschlug sich.
Wahrscheinlich hätte Fürst Hans Adam das Interesse am Kaufe von
Vaduz verloren, wenn diese Verhandlungen zum Ziele geführt hätten,
und es gäbe heute kein Fürstentum Liechtenstein.
Für die Frage der Erwerbung von Schellenberg kann ich auf meine
Arbeit «Von Hohenems zu Liechtenstein» (Band 58 des Jahrbuches)
verweisen. Drei Interessenten geistlichen Standes, und zwar der Abt von
Weingarten, der Fürstabt von St. Gallen und der Bischof von Chur und
drei aus dem weltlichen Stande, die Fürsten von Liechtenstein und
Schwarzenberg und Graf Waldstein hatten sich beim Reichshofrate i n
Wien als Bewerber gemeldet, und es kam eine regelrechte Versteigerung
zustande, bei der schliesslich der Bischof von Chur 110000 Gulden,
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Erste Bemühungen um Aufnahme in den Reichsfürstenrat und erstes Fürstentum Liechtenstein
Aus der Korrespondenz der Fürsten Maximilian, Gundacker und
Carl Eusebius, der als Nachfolger des Fürsten Karl Regierer und Haupt
des Hauses Liechtenstein war, erfahren wir, dass die Bemühungen um
Aufnahme in den Reichsfürstenrat bis in das Jahr 1630 zurückreichen.
Gutachten werden eingeholt, aus denen hervorgeht, dass der Besitz
reichsunmittelbarer Güter die notwendigste Voraussetzung ist, zu dieser Ehre und W ü r d e zu gelangen. In diesem Sinne schreibt auch Fürst
Max seinem Bruder Gundacker am 19. Juni 1630, dass «niemand der
Reichsmatrikel einverleibt werden könne, der nicht i m Reich begütert
und eingesessen ist». Aber Fürst Carl Eusebius zweifelt immer wieder
am Erfolge der Bemühungen, nicht zuletzt deshalb, weil die Mittel des
Hauses knapp sind. Der Grund d a f ü r ist wohl in erster Linie die Verwüstung vieler Besitzungen des Hauses durch die Ereignisse des Dreissigjährigen Krieges. «Gott möge unserem Hause die Mittel geben»,
schreibt er noch am 31. Januar 1641 in einem Briefe an seinen Onkel
Fürst Gundacker, und er bittet ihn auch, sich der Sache anzunehmen.
Es soll hier auf die in unserem Lande wenig bekannte Tatsache hingewiesen werden, dass schon früher ein Fürstentum Liechtenstein bestanden hat: Im Jahre 1633 erliess Kaiser Ferdinand II. ein Dekret, mit
dem er verfügte, dass die Herrschaften Krumau und Ostra des Fürsten
Gundacker von Liechtenstein zu einem Fürstentum erhoben werden,
das den Namen «Fürstentum Liechtenstein» erhielt. Die Stadt Krumau
erhielt gleichfalls den Namen Liechtenstein.
Die Erhebung der Güter zu einem Fürstentum bedeutete zwar eine
Ehrung durch den Kaiser, war aber zur Erreichung von Sitz und Stimme
nicht von Bedeutung, lag das neue Fürstentum doch in Mähren, das
den Habsburgern gehörte, die sich auch als Markgrafen von Mähren
bezeichneten und naturgemäss kein Interesse hatten, dass ein reichsfreies Gebiet i m Bereiche ihrer Hausmacht entstehe.
Bei der Erhebung unseres Landes zum Fürstentum Liechtenstein
wurde ausdrücklich verfügt, dass der Name des mährischen Fürstentums und die Bezeichnung seines Hauptortes auf das neue Fürstentum
und auf Vaduz zu übertragen sei.
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Fürst Johann Adam aber 115 000 Gulden bot. A m 18. Januar 1699
wurde der Vertrag unterzeichnet, der auch das Vorkaufsrecht auf Vaduz
enthielt.
Bald aber zeigte sich, dass damit das Ziel noch lange nicht erreicht
war: Ein Gutachten stellt fest, dass «diese freie Reichsherrschaft zwar
jederzeit immediat, jedoch aber niemalen ein separater Reichsstand,
sondern ab immemoriale tempore her ein Membrum der Brandisischen
Herrschaften und in specie der Reichsgrafschaft Vaduz gewesen, mithin
darauf ein fürstlich votum nicht wohl fundiert werden könne». Die
Herrschaft Schellenberg, so wird mit Recht festgestellt, war seit urdenklichen Zeiten nur ein Glied der Grafschaft Vaduz.
Dem Ziele entgegen
Neue Lösungen musstem angestrebt werden, weitere Güter waren
zu suchen, zumal sich die Verhandlungen wegen des Kaufes von Vaduz
in die Länge zogen:
1707 erteilt Fürst Hans Adam dem Baron Rudolf Ott eine Vollmacht,
ihn in seinen Bestrebungen um Sitz und Stimme i m Fürstenrate zu vertreten, und dieser geht mit Eifer und realistisch an die Arbeit. Er erwirkt vom Fürsten die Erlaubnis, massgeblichen Persönlichkeiten Geschenke zu überreichen, so dem Bischof und Kurfürsten ,von Mainz,
dem Bischof von Konstanz und dem Herzog von Württemberg schöne
Pferde aus dem fürstlichen Gestüt und verschiedenen massgeblichen
Beamten, Kanzlern und Sekretären, ansehnliche Geldgeschenke;
A m 1. Oktober rät er dem Fürsten, neben Vaduz auch Hohenschwangau mit Schwabeck oder die Landgrafschaft Leuchtenberg zu
kaufen, und später berichtet er vom Fürstentum Mindelheim, das allerdings österreichisches Lehen war. Die genannten Herrschaften waren
grösser, ertragreicher und daher auch teurer als Schellenberg, und
darum gibt der Unterhändler die Möglichkeit zu bedenken, diese
Herrschaft zu verkaufen, um eine der Neuerwerbungen vornehmen zu
können.
Auch i n diesem Falle können wir feststellen: Wäre der Vorschlag
verwirklicht worden, wäre unser Land jetzt kein Fürstentum und nicht
selbständig.
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A m 22. Oktober berichtet er, der Bischof von Konstanz interessiere
sich f ü r den Kauf von Vaduz und Schellenberg f ü r den Fall, dass Fürst
Johann Adam durch sie nicht zu Sitz und Stimme gelange, und er biete
400000 Gulden dafür.
Parallel mit diesen Plänen lief ein anderes Vorhaben. Bereits i m
Jahre 1699 bot Fürst Hans Adam dem Kaiser an, er sei zu einem Aequivalent i n Bargeld bereit, wenn er nicht zu fürstenmässigen Gütern
gelangen könne, die den Anforderungen entsprechen.
Als vollberechtigte fürstenmässige Güter galten solche, die pro Jahr
einen «Anschlag» von 15 200 Gulden an Steuern ergeben. Nachdem
Schellenberg nur auf 1200 Gulden, Vaduz auf 2400 Gulden eingeschätzt war, entsprachen sie auch zusammen nicht den Anforderungen.
A m 1. November 1704 legt der württembergische Geheimrat und
Kreisminister von Backmeister den Plan vor, Fürst Hans Adam von
Liechtenstein könne «gegen ein ansehnliches Stuck Bargeld rezipiert
werden», und er berechnet die Summe auf 304000 Gulden.
A m 1. März 1707 berichtet der Baron von Ott dem Fürsten, er habe
in Stuttgart die Versicherung erhalten, «die Rezeption dero Hohen fürstlichen Hauses auf die Reichsfürstenbank gegen einen baren Schuss von
250000 Gulden durchzudringen».
A m 25. November 1707 kommt ein Beschluss des schwäbischen
Reichskreises zustande, den Fürsten Johann Adam von Liechtenstein i n
Anbetracht des Umstandes, dass er eine Herrschaft i m Kreise bereits
besitze, sich um weitere Immediatgüter bewerbe und die 250000 Gulden bis zur Begüterung mit entsprechenden Besitzungen anbiete, als
Mitglied in den Kreistag aufzunehmen und die Aufnahme in den Reichsfürstenrat zu befürworten. Es war die Zeit eines schweren Krieges gegen
Frankreich, der gerade von den westlichen Gebieten des Reiches grösste
Opfer forderte. Der Kreisbeschluss stellt auch ausdrücklich fest, dass
man das Geld «bei dermaligen sehr erschöpften Zustand des Kreises
zur Fortführung der schweren Kriegslast höchst benötige». Nach der
Erwerbung von Vaduz setzen Bemühungen ein, das Geld wieder zu
rrhalten, aber der schwäbische Kreis beruft sich darauf, dass auch
Vaduz und Schellenberg zusammen nicht den nötigen «Anschlag» ergeben, und erst i m Jahre 1737 kommt ein Vergleich zustande, wonach
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£od)fürjUtci)en ®itafren/ Gerrit/
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fcenfpura.
Anno 1654, refolvirtc Surftltd) £te$tenftemif#e
INTRODUCTION
3»
<Den Steicf^ = Surften * 9tat^
fcctreffent».
Titelseite der Eingabe von Fürst Johann Adam
um Aufnahme in den Reichsfürstenrat
75000 Gulden zurückgegeben werden. Der Hauptteil der Summe blieb
für immer verloren.
Nun war Fürst Johann Adam Mitglied des schwäbischen Kreises
auf der sogenannten Fürstenbank, aber noch immer nicht Mitglied des
Reichstages.
Kaiser Josef bestätigte die Aufnahme und richtet am 27. Januar 1708
ein Schreiben an Cardinal von Lambrecht, Fürst und Bischof von Passau
und Mitglied des Reichsdirektoriums, in dem er die Aufnahme i n das
Reichsfürstenkollegium befürwortet. A m 2. M a i wendet sich der schwäbische Kreis an alle Stände des Reiches und empfiehlt gleichfalls die
Rezeption des Fürsten, die sozusagen ausser allem Zweifel sei. Daraufhin langen viele Schreiben bei Fürst Johann Adam ein, in denen geistliche und weltliche Fürsten zusichern, sich f ü r ihn einzusetzen, und es
kann mit Genugtuung festgestellt werden, «dass alle Churfürsten und
die meisten Fürsten des Reiches favorabel geantwortet haben».
Aber wieder sollte es anders kommen: Eine Eingabe des Fürsten
wird in Regensburg am 9. Juli 1709 behandelt — sie enthält allerdings
den alten Protest wegen des Vorranges vor den Fürsten Dietrichstein,
Piccolomini und Auersperg — und findet die Gegnerschaft der altfürstlichen Häuser.
A m gleichen Tage berichtet der österreichische Gesandte beim
Reichtag dem Fürsten, es seien noch andere Bewerber vorhanden
gewesen und dass «die alten fürstlichen Häuser unter sich beschlossen
haben sollen, die Multiplikation der neuen fürstlichen Voten, so viel
als möglich zu behindern, sogar dass einige dafürhalten wollen, man
solle anjetzo gar kein neues Votum mehr annehmen».
W i r können uns vorstellen, wie gross die Enttäuschung des Fürsten
Johann Adam gewesen ist! Die Empfehlung des schwäbischen Kreises
und selbst die des Kaisers hatten gegen die Ränke der Fürsten nichts
genützt, und es ist sogar anzunehmen, dass an der internen Ablehnung
durch die Altfürsten solche mitgewirkt haben, die dem Fürsten ihre
Unterstützung versprochen hatten.
Im Jahre der Erwerbung von Vaduz und bevor er auch nur einen
Kreistag erlebt hatte, starb der Fürst am 16. Juni 1712 plötzlich.
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Bemühungen und Erfolg des Fürsten Anton Florian
Im Jahre 1711 war Kaiser Karl VI. zur Regierung gekommen, und
die? dürfte f ü r den Fürsten Anton Florian der Anlass gewesen sein, sich
um die Aufnahme in den Reichstag zu bewerben, war er doch der Erzieher des jungen Thronfolgers gewesen und, seit seiner Proklamation
zum König von Spanien i m Jahre 1701 sein engster Berater.
Überraschend schnell kam er zum Erfolge.
A m 6. A p r i l 1712 empfiehlt Kaiser Karl seine Aufnahme und verweist darauf, dass das uralte Geschlecht Liechtenstein schon vor fast
hundert Jahren in den Reichsfürstenstand erhoben worden ist. Er verweist auf des Fürsten ungewöhnliche Verdienste «von Jugend an als
unser Obrist-Hofmeister i n allen Reisen, Feldzügen und auch zum gemeinen Besten angediehenen Bemühungen, erwiesenen unermüdeten
Eifers und angewandter ungemeiner Vernunft und Treu».
Commiffions-Decret,
©t'e admiffion
f$)Ktt
£0C&flitfit ©ItatW/
$ e r t n Anton Florian Don glC&tenfteitl/ falvis Tic.
PlenifT jeftt ©lorwur&igfh %t$imribtt£tyftvl 90tojejldt »ütdfe
li^@eo«mcn SRot()öunD Obnft £offmctfter$ / uno £>ero
£o#fur(Htdjen J^aufeö &u ©<§ uno ©ttmm m
oem SRric&ö gttrjhn 4Kan)/ betreffend.
Publice diäirt $Ke<jen$&urg Den 20« Aprilis 1712.
per Moguntinum.
A m 3. Dezember erfolgt ein Conclusum commune, ein gemeinsamer
Beschluss der beiden höheren Reichscollegien, also des Churfürstenund Fürstenrates: «So ist nach der Sachen reifer Erwägung darfür gehalten und geschlossen worden, dass in Ansehung des Fürsten Anton
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Florian von Liechtenstein Fürstlicher Gnaden bei Ihro Kaiserlichen und
Königlichen Katholischen Majestät dem Heiligen Römischen Reich und
dem gemeinen Wesen erworbenen statt- und vortrefflichen Verdiensten
deselbe f ü r sich und seine männlichen Erben i n den Fürstenrat zu Sitz
und Stimme zu admittieren, der Sitz auf der weltlichen Fürstenbank
anzuweisen und der Observanz gemäss zu introduzieren seie, jedoch
mit der ausdrücklichen Verwahrung, dass was in praesenti casu aus
ganz besonderen Ursachen geschehen, niemals zu einer Consequenz
gezogen, viel weniger zu Einführung einigen Rechts von jemandem,
wer der auch seie, allegiert noch sonsten zur Praejudiz der Reichskonstitution gereichen». Es handelt sich also um eine ausgesprochene Ausnahme, war doch Fürst Anton Florian überhaupt nicht i m Besitze
reichsunmittelbarer Güter.
Er musste einen Revers unterschreiben, dass er bis zu Erwerbung
solcher Besitzungen dem Reiche drei Soldaten zu Fuss und zehn zu
Pferd oder die entsprechenden Geldablöse zahle, vor allem aber, dass
die Zulassung nur f ü r seine Person, f ü r die männlichen Erben aber erst
dann gelten solle, wenn sie fürstenmässige Güter erworben haben;
Die Aufnahme war einstimmig geschehen, und nach altem Brauche
wurde die Einführung in den Reichstag mit einem.grossen Feste gefeiert,
das in Regensburg am 15. Februar 1713 stattfand.
50 Personen waren geladen, «ohne die Frauenzimmer, die beim Ball
erschienen und mit Konfekt und liqueurs zu bedienen seien». Sie
scheinen einen guten Appetit entwickelt zu haben, denn allein 40 Kilogramm Konfitüren und 15 Kilogramm kandierte Früchte wurden aufgetragen, und beim Festessen gab es englische Braten, Wildschwein,
Gemse, Hirsch und Reh, Auerhahn, Wildenten und Fasanenpasteten.
Musikaufführungen, eine Oper und ein Lustspiel standen auf dem Programm, die Musikanten erhielten ebenso wie die «Operisten» 800 Gulden, f ü r die «Burlesken» gab es 400 Gulden, dem «compositori der
Serenaden und opera» wurden 50 Dukaten, also Goldstücke, überreicht,
den «zwei Meidlen, so auf der Opera tanzent» 20 Dukaten. Serenaden
und die Oper scheinen eigens zum Anlasse komponiert worden zu sein.
Es war sicher ein Fest von echt barocker Pracht.
Was in achtzigjährigen Bemühungen dem Fürstenhause nicht gelungen war, hatte Fürst Anton Florian i n einem einzigen Jahre erreicht,
aber doch eigentlich nur f ü r seine Person.
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Das war nicht sein endgültiges Ziel. Schon vor der Erwerbung von
Schellenberg hatte er den Fürsten Johann Adam darauf hingewiesen,
dass es sich um eine Angelegenheit handle, die zum Ansehen der gesamten Familie von grösstem Werte sei. Zielbewusst arbeitete er in
diesem Sinne weiter.
Der junge Fürst Josef Wenzel, Urenkel des Fürsten Gundacker, war
im Testamente des Fürsten Johann Adam zum Erben bestimmt, und
damit zum Herren der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg geworden. Er stand damals erst i m Alter von 16 Jahren. Anton
Florian aber war Regierer des Hauses Liechtenstein.
U m für die ganze Familie und f ü r alle Zeiten die Aufnahme in den
Reichstag zu erwirken, kam am 12. März 1718 ein Permutationskontrakt,
also ein Tauschvertrag, zustande: Fürst Anton Florian ü b e r n a h m Schellenberg und Vaduz und gab dem Fürsten Josef. Wenzel die um vieles
ertragreichere Herrschaft Rumburg in Böhmen, und zwar mit der Zustimmung aller Familienmitglieder. Es geschah «zur Aufnahme der
Familie, dann zur Perpetuierung des vom Fürsten Antonio in das
Reichsfürstencollegium requierierten Voto et sessionis und zu desto
besserer Versorgung der fürstlich philippinischen Linie», und zum
grösseren Ansehen des Hauses.
Der Vertrag ist nicht nur von den Angehörigen des Hauses, dem
Fürsten Walter von Dietrichstein und Reichsgrafen Maximilian Ulrich
von Kaunitz als Vormünder des Fürsten Josef Wenzel, sondern auch
von einer ganzen Reihe von befreundeten Zeugen aus dem Hochadel
unterzeichnet und gesiegelt, darunter auch von Graf Franz Ferdinand
Kinsky von Chinitz und Tettau.
Kaiser Karl V I . wird um Bestätigung und Approbation gebeten, die
er am 8. Juni erteilt. Weil sie «zu fernerer Aufnahm und Zierde und
gutem Vernehmen, Nutzen und Wohlstand ihres Fürstenhauses gereiche», erfolgt die Bestätigung «mit wohlbedachtem Mut, gutem zeitigem Rat und rechtem Wissen».
Schon bei den Plänen der Erwerbung von reichsfreien Herrschaften
war immer der Gedanke mitbestimmend, die Bitte an den Kaiser zu
stellen, sie zum Range eines Fürstentums zu erheben. Diesen Weg
beschreitet nun Fürst Anton Florian: Als Besitzer der Grafschaft Vaduz
und der Herrschaft Schellenberg stellt er an den Kaiser den Antrag auf
Erhebung zu einem Fürstentum. Ein schriftliches Ansuchen ist nicht
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zu finden. Fürst Anton Florian war als Obersthofmeister am Kaiserhofe
Inhaber des höchsten Hofamtes und hatte dadurch direkten Zugang
zum Kaiser, dem er seine Bitte wohl mündlich vorgetragen haben wird.
Das kaiserliche Diplom:
Erhebung zum Fürstentum Liechtenstein
A m 23. Januar 1719 stellt Kaiser Karl V I . in Wien die Urkunde, mit
der goldenen Bulle versehen, aus, mit der die Graf- und Herrschaften
Vaduz und Schellenberg zum Fürstentum Liechtenstein erhoben werden.
Der Text des Diplomes ist sehr umfangreich. Im Anhang zu dieser
Arbeit wird er zum ersten Male veröffentlicht. Hier seien nur die wesentlichen Teile hervorgehoben und erläutert.
Der Kaiser versichert in der Einleitung, dass er allzeit geneigt sei,
Verdienste an Kaiser, Reich und Erzhaus Österreich zu belohnen. Der
«Hochgeborene, unser Oheim» (was ein Ehrentitel ist und keinen Verwandtschaftsgrad bedeutet), «Fürst und lieber getreuer Anton Florian,
Regierer des Hauses Liechtenstein, von Nikolsburg, Herzog von Schlesien zu Troppau und Jägerndorf, unser kaiserlicher geheimer Rat und
obrister Hofmeister, Ritter des Goldenen Vliesses» habe ihn darauf hingewiesen, wie seine Vorfahren, zuletzt Fürst Johann Adam sich vielfältig und sorgsam bemüht haben, die Aufnahme des Fürstenhauses
in den Fürstenrat zu erhalten und unmittelbare Reichsgüter zu kaufen.
Kaiser Ferdinand II. habe die mährischen Güter des Fürsten Gundacker
1633 zu einem Fürstentum erhoben, aber das Haus Liechtenstein habe
daraus keinen Nutzen ziehen können, weil sie nicht reichsunmittelbar
waren.
Das Fürstenhaus habe es geschehen lassen müssen, dass viele neue
Fürsten in der Zwischenzeit in den Fürstenrat eingeführt wurden. Dann
würdigt der Kaiser das Opfer, das Fürst Johann Adam dem Reiche
durch die Zahlung der 250000 Gulden in den schwäbischen Kreis gebracht hat: Da «der Schwäbische Kreis durch die damaligen französischen Kriegsdrangsalen in die äusserste Not und Gefahr, seine zu des
allgemeinen deutschen Vaterlandes Diensten ausgestellte Kriegsrüstung
gleichsam zu verfallen zu sehen gebracht; diesem Übel ist von Fürsten
Hans Adam von Liechtenstein aus grossem f ü r das allgemeine Beste
41
Titelseite des kaiserlichen Diploms vom 23. Januar 1719
42
I i i
- ^ H a t f o - Ö r p f
Schlußseite des Diploms mit Unterschrift Kaiser Karl VI.
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gehegtem Eifer dergestalten patriotisch abgeholfen worden, dass er demselben zweimal hundert und fünfzig tausend Gulden baren Geldes
ohne Zins gutmütig vorgeschossen». Zwar habe der schwäbische Kreis
die Aufnahme in den Reichsfürstenrat befürwortet, aber da «die hergeschossenen Gelder allein nicht zulänglich erachten wollen, die Reichsfürstenstandschaft darauf zu gründen», habe er die Grafschaft Vaduz
dazugekauft, sei aber dann plötzlich gestorben und habe sein Vorhaben
nicht ausführen können. Aus diesem Textteil können wir erkennen,
was aus den Akten nicht hervorgeht: Der Reichstag hat sich auf den
Standpunkt gestellt, dass die Herrschaft Schellenberg nicht selbständig
gewesen und nur als ein Teil der Grafschaft Vaduz anzusehen ist.
Die Erben des Fürsten Hans Adam (die Söhne des Fürsten Philipp
Erasmus: Josef Wenzel, Emanuel und Johann Anton) seien «nicht bei
solchem Vermögen, dass sie die Würde und Ansehen eines regierenden
unmittelbaren Reichsfürsten mit Nachdruck f ü h r e n und aus ihren Gütern die fürstenmässigen Reichsbeschwerden und -anlagen würden bestreiten können, herengegen aber die erstgeborene Linie von Gott mit
weit erträglicheren ansehnlichen Herzogtümern und Herrschaften dermassen gesegnet, dass sie nicht allein die unmittelbare Reichsstandschaft mit Ehren behaupten, sondern auch zu denen bereits zugegen
seienden noch mehrere Herrschaften an sich zu bringen können».
Der Kaiser verweist dann auf den Tauschvertrag zwischen Fürst
Anton Florian und Fürst Wenzel, auf Grund dessen Fürst Anton Florian
Vaduz und Schellenberg übernommen hat.
Die Bitte des Fürsten wird wie folgt wiedergegeben: «Und uns demnach Seiner Liebden gehorsamst angelangt und gebeten, wir ihro zu
ihrem gesamten Fürstenhauses wahren Aufnehmens und ewigen Angedenken f ü r ihre segnende kaiserliche sonderbare Gnade, ihnen auch
diese besondere kaiserliche Milde zu erteilen und obbedachte beide
freie Reichs- Graf- und Herrschaften Vadutz und Schellenberg zusammen in ein Fürstentum unter dem Namen des Fürstentums Liechtenstein allergnädigst zu erheben, auch das Schloss und Markt Vadutz mit
eben diesem Namen zu begnadigen». Fürst Anton Florian beantragt
auch die Übertragung des Namens des mährischen Fürstentums Liechtenstein auf das neue Fürstentum.
Es ist interessant, dass er auch bittet, etwa noch i m schwäbischen
Kreis, in der Schweiz oder Graubünden freiwerdende Herrschaften,
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wenn sie gekauft würden, dem Fürstentum einzuverleiben. Fürst Anton
Florian denkt offenbar an solche Zukaufe, damit das Darlehen an den
schwäbischen Kreis frei werde, wie es ausbedungen war.
Der Kaiser würdigt dann die Verdienste des Hauses Liechtenstein
und insbesondere des Bittstellers Anton Florian: «Wir dahero gnädiglich angesehen und betrachtet, nicht nur des nunmehro das schon über
hundert Jahren hero in den Reichsfürstenstand erhobenen uralten Hauses von Liechtenstein und desselben bei unseren Vorfahren am Reich
Römischen Kaisern und Königen glorreichsten Andenkens und unserem
Erzhaus erworbene mannigfältige, stattliche und vortreffliche Verdienste, sondern auch in kaiserlicher Milde beherziget, ihre des Fürsten
Anton Florians Liebden eigene unseres hochgeehrtesten Herrn Vaters'
und freundlichst geliebtesten Herrn Bruders Kaiserlicher Majestäten
hochseligsten Gedächtnis, nicht weniger dem Heiligen Römischen Reich
in dero obgehabten und ruhmwürdigst vertretenen fürnehmsten Botschaften, Kommissionen und anderen grossen Verrichtungen geleistete
vielfältige, hochansehnliche, getreu und wohlerspriessliche Dienste, insonderheit aber gnädigst zu Gemüt genommen, den uns Selbsten von
unserer Jugend an als unser damaliger Ober- und nunmehriger Obersthofmeister in unserer Erziehung und anderen Bedienungen, schweren
zu Wasser und Land verrichteten Reisen, Feldzügen, Schlachten mit uns
ausgestandenen harten Belagerung und anderen zum gemeinen Besten
angediehenen Bemühungen erwiesenen schon i n das vierzehnte Jahr
r u h m w ü r d i g unermüdetem Fleiss, ununterbrochene Wachsamkeit,
grosse Sorgfalt, auch dabei bezeigte ungemeine Vernunft und Treu, in
welcher gegen uns, unser löbliches Erzhaus und das Heilige Römische
Reich Seine Liebden auch bis an ihr Ende unaussetzlich zu-verharren
des gehorsamsten Erbietens seind».
Die ausführlich und barock-umständliche Würdigung nimmt also
Bezug auf die Verdienste des Fürsten an der Erziehung des Kaisers, der
sein Zögling gewesen ist, auf Gesandtschaften und ganz insbesonders
auf die schwere Zeit i n Spanien. Die hohe persönliche Achtung des
Kaisers ist wie bei der Aufnahme i n den Reichsfürstenrat bestimmend
für die Bewilligung seiner neuen Bitte.
Vom Kaiser wird « m i t w o h l b e d a c h t e m Mut, gutem Rat und rechtem
Wissen diese besondere kaiserliche Gnad erteilet und dero Graf- und
Herrschaften Vaduz und Schellenberg . . . in ein unmittelbares Reichs45
fürstentum gnädigst aufgerichtet und erhoben, auch dasselbe sowohl
als das Schloss und Markt Vaduz durch Veränderung des vorigen mit
dem Namen und Prädikat Liechtenstein gnädigst begäbet». Zu allen
Zeiten soll es ein reichsunmittelbares Fürstentum sein und bleiben, und
Fürst Anton Florian und seine ehelichen männlichen Erben sollen nach
dem Recht der Erstgeburt als Fürstenstand des Reiches angesehen und
geehrt und zu den Reichs- und Kreistagen geladen werden.
Alle alten Privilegien, Freiheiten und Rechte sollen dem Lande
bewahrt bleiben.
Das neue Fürstentum trug also fortan den Namen des Hauses Liechtenstein, was eine besondere Eigenheit darstellt, nennen sich doch sonst
die Herrschergeschlechter nach dem Lande, und nur unser Land ist
nach dem Fürstenhause benannt. Auch das Schloss und der Hauptort
sollen den Namen Liechtenstein tragen. Zwar finden wir gelegentlich die
Bezeichnung «Hohenliechtenstein» f ü r Schloss Vaduz, aber nur ganz
kurze Zeit, und der Ort, von Carl Ludwig von Sulz zum Markt erhoben,
bezeichnet sich immer als.Vaduz und nie als «Markt Liechtenstein».
Fürst Anton Florian hat sein Ziel erreicht: Die Errichtung des Reichsfürstentums Liechtenstein ist verbunden mit dem vom Kaiser versprochenen Rechte auf Sitz und Stimme i m Reichsfürstenrat f ü r seine Person, seine Nachkommen und die Inhaber des Fürstentums.
Letzte Schwierigkeiten und endgültige Lösung
Nun schien das Ziel endgültig erreicht zu sein, hatte sich doch auch
der Kaiser verbürgt, dass das Fürstenhaus für alle Zeit Sitz und Stimme
im Reichstag haben solle.
Im Jahre 1721 schickte Fürst Anton Florian seinen Rat und Landvogt
von Vaduz Johann Christoph von Bentz an den Kreistag des schwäbischen Kreises nach U l m , aber dieser musste ihm berichten, dass dort
die Grafen von Hohenems niemals Sitz und Stimme f ü r Vaduz angesprochen hätten. Es sei ihm erklärt worden, dass zwar Vaduz jederzeit
von viel hundert Jahren her ein Stand des Reiches (also reichsunmittelbar) gewesen sei, dass sich aber die Besitzer nie um den Sitz i m Reichstage gekümmert hätten.
Fürst Anton Florian gibt seinem Landvogte den Auftrag, mit dem
46
Grafen von Hohenems zu verhandeln, dass er entweder Sitz und
Stimme der Grafschaft Hohenems. dem Fürsten überlasse oder einen
Teil der Kaufsumme zurückgebe, er werde sich sonst an den Reichshofrat wenden. Der Fürst sieht (er wurde bereits 1712 in den Reichsfürstenrat aufgenommen und der Kaiser hatte die Fortsetzung des
Rechtes f ü r die Nachfolger zugesagt) solche Einwände als reine «iuristische Grillen» an, und zwar sicher mit Recht.
Ein Beschluss des schwäbischen Kreistages vom 5. M a i 1721 aber
lautet, die Versammlung habe die «besondere Condideration und respektiven Hochachtung, welche dieselbe vor hochbesagt Seiner fürstlichen Gnaden tragen, zu erkennen gegeben, bei reifer Überlegung aber
aller i n dieser Sache vorgekommener Umstände nicht finden können,
dass solche Reichsherrschaft in diesem Kreis ein besonderes Votum
von Rechts wegen möge prätendiert werden, wohlerwogen sich in den
Kreisactis kein Vestigium findet, dass die Prossessoren von Vaduz wegen solcher Grafschaft jemals wären zu Kreistagen convociert worden
oder da Sitz und Stimme gehabt hätten». Es wird angegeben, dass man
bis 1314 zurück nach einer Spur der Mitgliedschaft gesucht und nichts
gefunden habe ! Das alles geschieht trotz der bereits erfolgten Aufnahme des Fürsten Johann Adam und Anton Florian !
Derselbe schwäbische Kreistag der den Fürsten Hans Adam wärmstens zur Aufnahme in den Reichsfürstenrat empfohlen hatte und f ü r
den das Darlehen von 250000 Gulden eine Hilfe in grösster Not gewesen war, macht nun dem Fürstenhause Schwierigkeiten und nimmt
eine Haltung ein, die weder von Konsequenz noch von Dankbarkeit
zeugt.
A m 11. Oktober 1721 starb Fürst Anton Florian in Wien.
Sein Sohn und Nachfolger Fürst Josef Adam nimmt sich sofort der
neuen Aufgabe an, obwohl er in den Angelegenheiten wenig bewandert
ist. Der österreichische Kanzler schlägt ihm am 31. Dezember .1721
folgendes Vorgehen vor: Allen Churfürsten und Fürsten soll die Lage
als Antrag um Entscheidung vorgelegt werden, ein neues kaiserliches
Kommissionsdekret sei anzustreben und durch Zirkularschreiben bekanntzumachen, dann werde es leicht fallen, die Fortführung des Rechtes zu erreichen, das schon 1712 zugestanden worden war.
Fürst Josef Adam trägt sich sogar mit dem Gedanken, Vaduz und
Schellenberg wieder abzutreten, und zwar gegen einen gleichwertigen
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Besitz in Österreich, aber ein zweiter Ratgeber, der churmainzische
' Kanzler, rät dringend davo'n ab, auch davon, sich um andere Güter im
Reiche zu bemühen, da solche nicht zu haben seien. Der Fürst war auf
diesen Gedanken verfallen, «weil die zu erhaltende Stabilität mein
einziger Endzweck ist».
A m 19. Juni 1722 wendet er sich an den Kaiser mit der Bitte um
Beförderung der Angelegenheit und um Kundmachung an die Reichsversammlung.
A m 7. April 1723 erlässt der Kaiser ein klares Kommissionsdekret,
das in seinem Schlüsse lautet: «Allerhöchst Ihro Kaiserliche und Königliche Majestät lassen bei Churfürsten und Fürsten des Reiches ein
solches dahero bestens empfohlen sein, damit diese von denenselben
den Reichssatzungen nach verwilligte Fortführung des fürstlich liechtensteinischen Sitzes und voti zum gehörigen Stand gebracht und festgestellt werde».
So beschliesst auch der Fürstenrat am 6. August, das Kurfürstenkollegium am 13. August und eine gemeinsame Sitzung der beiden
Collegien am gleichen Tage, «das vorhin schon erhaltene fürstlich
liechtensteinische Sitz- und Stimmrecht i m löblichen Reichsfürstenrat
durch weiland hochgedachten Fürsten Anton Florian von Liechtenstein
hinterlassenen Herrn Sohn Josef Johann Adam, des Heiligen Römischen Reiches Fürsten und Regierern des Hauses von und zu Liechtenstein, auch Rittern des Goldenen Vliesses, Grand d'Espagne von der
ersten Class, kaiserlicher Majestät geheimer Rat und Kämmerer, fürstlicher Gnaden, dero Erben und Nachkommen nunmehro künftig beständig und wirklich fortzuführen».
Wieder ist die feierliche Einführung eine teure Angelegenheit. Zwar
ist das Fest bescheidener als vor zehn Jahren, aber die «Presenten» an
die verschiedenen Reichsgesandten sind umso ausgiebiger und kosten
fast 14000 Gulden !
Die Lösung war nunmehr endgültig — nach fast hundert Jahren
unglaublicher Mühen und Schwierigkeiten. Bis zur Auflösung des
Reichstages i m Jahre 1806 waren die Fürsten von Liechtenstein Mitglieder mit- Sitz und Stimme i m Reichsfürstenrat. Sie gehörten, auch
besonders durch die Leistungen der Fürsten und Feldmarschälle Fürst
Josef Wenzel und Fürst Johann I. zu den angesehensten Familien des
Reiches und Österreichs.
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Zusammenfassung
W i r haben allen Anlass, das Jubiläum der Erhebung unseres Landes
zum Fürstentum Liechtenstein dankbar zu begehen.
Der geschichtliche Akt bedeutet die erste und entscheidende Stufe
der Erlangung unserer Souveränität.
Als Napoleon im Jahre 1806 durch Aufnahme unseres Landes in die
Reihe der sechzehn Mitgliedsstaaten des Rheinbundes die offizielle,
wenn auch praktisch sehr eingeschränkte Selbständigkeit verlieh, konnte
er es nur tun, weil das Fürstentum Liechtenstein ein eigenes Glied i m
Körper des Deutschen Reiches gewesen ist.
Auch der Beitritt unseres Landes zum Deutschen Bunde, einer Vereinigung von 38 souveränen Einzelstaaten, der am Wiener Kongress
im Jahre 1815 erfolgte, hatte die Existenz einer reichsunmittelbaren
Monarchie zur Voraussetzung.
Die dritte und letzte Stufe, die absolute und bündnisfreie Selbständigkeit, erreichten wir durch die Auflösung des Deutschen Bundes im
Jahre 1866.
Die Leistungen des Fürstenhauses im Dienste des Reiches und des.
Hauses Habsburg bewirkten die Erhebung eines an sich recht unbedeutenden Gebildes zweier kleinen Herrschaften zu einem Reichsfürstentum. W i r haben gesehen, welche Bedeutung die Fürsten Karl,
Gundacker, Maximilian und Johann Adam in der Geschichte ihrer Zeit
hatten, und wir erkennen klar, dass Kaiser Karl V I . das Diplom als
Anerkennung der grossen Verdienste des Fürsten Anton Florian ausgestellt hat als Zeichen des Vertrauens und des Dankes f ü r seinen opfervollen Einsatz.
Wir haben erfahren, wie vielfach und mühevoll die Bemühungen
des Hauses Liechtenstein gewesen sind, in den Besitz eines reichsunmittelbaren Gebietes zu gelangen. Gerade in unserem Lande haben sie
zum Erfolge geführt. Was uns als Zufall erscheint, ist das grosse Glück
unserer Geschichte geworden.
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Das Diplom über die Erhebung
zum Reichsfürstentum Liechtenstein
VORWORT
Kaiser Karl VI. hat am 23. Januar 1719 dem Fürsten Anton Florian
von Liechtenstein auf dessen Bitte drei Urkunden ausgestellt, und zwar:
1. ) Diplom über die Vereinigung der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg und ihre Erhebung zum Reichsfürstentum
Liechtenstein.
2. ) Eine Urkunde mit Bestätigung der alten, sogenannten Brandisischen Freiheiten.
3. ) Eine Urkunde, in der unter Hinweis auf die Erhebung zum Reichsfürstentum Liechtenstein das Palatinatsdiplom bestätigt wird, das
Kaiser Ferdinand II. dem Fürsten Gundacker, Grossvater des Fürsten Anton Florian, verliehen hat.
Landesverweser Carl von In der Mauer hat i m Jahrbuch 1 des H i storischen Vereines als Anhang zu seiner Arbeit «Die Gründung des
Fürstentums Liechtenstein» irrtümlich die dritte Urkunde statt der ersten unter dem Titel «Palatinatsdiplom über Erhebung der Herrschaften
Vaduz und Schellenberg zum Reichsfürstentum Liechtenstein» wiedergegeben. Schon die Bezeichnung ist für die Erhebungsurkunde unrichtig,
weil ein Palatinatsdiplom immer nur die Verleihung bestimmter Privilegien und Rechte zum Inhalt hat. Selbst Jakob von Falke, der fürstlicher Bibliothekar war, hat anscheinend das Erhebungsdiplom nicht gekannt und in seiner «Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein»
auf diese dritte Urkunde verwiesen. In der Literatur wurde diese Publikation mehrfach als die Erhebungsurkunde zitiert.
Zum ersten Male wird nun das Erhebungsdiplom (in der buchstabengetreuen Schreibweise des Originals) publiziert. Es ist sinnvoll, dass
die Wiedergabe des f ü r unsere Geschichte so wichtigen Dokumentes
gerade im Jubiläumsjahre erfolgt.
Für den Hinweis auf die Ausstellung der drei kaiserlichen Urkunden
danke ich Herrn Kabinettsdirektor Dr. Gustav Wilhelm bestens.
50
W i r Karl der Sechste, von Gottes Gnaden Erwehlter Römischer
Kayser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs,
König in Germanien, zu Castilien, Arragon, Legion, beeder Sicilien, zu
Hierusalem, Hungarn, Böheimb, Dalmatien, Croatien, Sclavonien, Navarra, Granaten, Toledo, Valentz, Gallicien, Majorica, Sevilien, Sardinien, Corduba, Corsica, Murcien. Giennis, Algarbien, Algeriern, Gibraltar, der Canarische'n und Indianischen Insulen und Terrae Firmae des
Oceanischen Meers,
Ertzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund, zu Brabant, zu Meyland,
zu Steyr, zu Kärnten, zu Crain, zu Limburg, zu Lützenburg, zu Geldern,
zu Wirttemberg, Ober- und Nider Schlesien, zu Calabrien, zu Athen
und zu Neovatrien,
Fürst zu Schwaben, zu Catalonien und Asturien,
Marggraff des Heyligen Römischen Reichs zu Burgau, zu Mähren, Oberund Nider Laußnitz, gefürster Graff zu Habsburg, zu Flandern, zu
Tyrol, zu Pfird, zu Kyburg, zu Görtz und zu Arthois, Landgraff in Elsas,
Marggraff zu Oristani, Graf zu Goziani, zu Namur, zu Russillion und
Leritania,
Herr auf der Windischen Marek, zu Portenau, zu Biscaja, zu Molins, zu
Salins, zu Tripoli und zu Mecheln
Bekennen für Uns und Unßere Nachkommen öffentlich mit dießem
Brieff und thuen kundt allermänniglich: Wiewohl W i r aus kayßerlicher
Höhe und Würdigkeit, darein uns der Allmächtige Gott nach seinem
Vätterlichen willen gesetzt und verordnet hat, auch angebohrener güte
und mildigkeit allezeit geneigt seind, aller und jeder Unßerer und des
Heyligen Römischen Reichs anverwandten Hohen und Nideren Ständten und gliederen Ehren und Würden, auffnehmen und Wohlfahrt zu
beobachten und zu befördern: So ist doch Unßer Kayßerliches Gemüth
billig mehr gewogen und begierlicher, denen jenigen Unßere Kayßerliche gnad und sanfftmüthigkeit mitzuteilen und Sie mit sondern
Kayßerlichen gnaden und Freyheiten zu begaben, deren Voreltern und
Sie selbst Unßeren Vorfahren am Reich Römischen Kayßern und Königen, auch Uns, dem Heyligen Römischen Reich und Unßerem Ertzhauss
vor anderen getreue, aufrichtig und nutzliche dienste bewießen und erzeigt und sich andurch besonders verdient gemacht.
51
Wan Uns nun der hochgebohrene, Unßer Oheimb, Fürst und lieber
getreuer Anthon Florian Regirer deß Haußes Liechtenstein von Niclaspurg, Herzog in Schleßien, zu Troppau und Jägerndorff Unßer Kayßerlicher Geheimbe Rath und Obrister Hoffmeister, Ritter deß güldenen
flüßes in unterthänigkeit zu vernehmen gegeben, w a ß gestalten seine
abgelebte Vorforderen und noch letzthin sein Vetter Weyland Johann
Adam Fürst von Lichtenstein sich vielfältig und sorgsamst bemühet,
bey dem Heyligen Römischen Reich die auffnahm seines fürstlichen
Haußes in den fürsten Rath zu erhalten und dahero die hierzu und zu
einem fürstlichen anschlag gehörige ohnmittelbare Reichsgütter zu erkauffen und sich damit fähig zu machen, eyfferigst getrachtet habe, zu
solchem Ende auch Weyland Fürst Gundacker von Lichtenstein nicht
ermanglet, von Unßerem in gott ruhenden Urahnherrn Kaißer Ferdinando -Secundo die allerhöchste gnad auszuwürcken, dass dessen in
dem Marggrafentumb Mähren gelegene Schloss, Stadt und Herrschaft
Cromau mit anderen seinem Hauß dazumahl zugestandenen Mährischen Städten, Schlössern und Herrschaften in ein Fürstenthumbe Erhoben und lauth deß in Anno sechzehn hundert drey und dreyßig ertheilten Fürstenbrieffs der nahmen Lichtenstein beygeleget, nicht minder auch die damahlige Stadt Mährisch Cromau mit eben solchem
nahmen begnadiget worden, alldieweil aber Ihre Kayßerliche Majestät
als Marggraff in Mähren sich darüber die Landsfürstliche Obrigkeit vorbehalten, mithin seine Vorfahrere aus solchem neu errichteten fürstenthumb den gewünschten nutzen nicht ziehen können, so habe sein
fürstliches Hauß geschehen lassen müssen, dass ohngeachtet viele
neuere Fürsten umb willen dießelbe sich mit einigen auch geringen
aus allerhöchster Kayßerlicher milde in Fürstenthumber oder gefürstete
graffschaften erhobenen immediat güttern versehen, unter der Zeit in
den fürsten Rath eingeführet worden, Sie dannoch aus abmangel solcher
Reichsherrschaften dazu nicht ehender gelangen können, als biß Anno
Siebzehenhundert und sieben der Schwabische Crayss durch die damahlige Französische kriegstrangsaalen in die äußerste noth und gefahr, seine zu deß allgemeinen teutschen Vatterlandts diensten ausgestellte kriegsrüstung gleichsamb zerfallen zu sehen gebracht, dießem
übel aber von sein Supplicantens Primogenitur Vorfahrer fürsten Hanns
Adam von Lichtenstein aus großem für das gemeine beste gehegtem
eyffer dergestalt patriotisch . abgeholffen worden, daß Er demselben
zweymahlhundert und funfzigtaussend gülden baaren gelds ohne Zinß
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unter der alleinigen bedingung ihme dessentwegen als einen ohnmittelbahren Reichs- und Crayß-Standt auffzunehmen und im fall erhaltendohnmittelbarer fürstlicher Reichsgütter die angeliehene Haubt-Summ
wider zurück zu geben gutmüthig vorgeschossen, dardurch auch nicht
allein die würckliche auffnahm in den Schwabischen fürsten Rath und
gegen den Genuß der aus obigen zweymahl hundert und funffzig
taußend gülden fallenden Zinßen die Vertretung eines fürsten-Anschlags nicht allein, sondern noch ferner dießes erhalten, daß besagter
Crayß ihme noch darzu, damit ein gleiches beiy dem Reich geschehen
möge, durch seine gehorsambste Intercessioa zu Weege zu bringen
getrachtet habe: Alldieweilen aber besagter fürst Hanns Adam die hergeschoßene gelder allein nicht zulänglich erachten wollen, die Reichsfürstliche Standtschafft darauff zu gründen, habe Er sich sogleich bemühet, die zu einem Fürsten-Anschlag gehörige gütter in selbigem
Crayß zu erhalten, zu solchem Ende auch von denen graffen von Hohen Embs, gleichwie allbereit vorhero die Reichsfreye Herrschaft
Schellenberg, also auch noch ferner anno siebzehnhundert und zwölff
die uhralte Reichsgraffschaft Vadutz gegen einer grossen Summa gelds
sehr kostbar an sich erkaufft. Weilen Er aber von den todt übereylet
sein rühmbliches vorhaben nicht auszuführen vermögt und in seinem
Anno siebzehenhundert und eilff den siebenzenden Julij auffgerichten
letzten willen obgedachte beede graff- und Herrschaften sambt denen
obigen bey dem Schwabischen Crayß wegen der Reichs- und Crayß
Standtschaft zu bestreittung eines Fürsten-Anschlags hinterlegte zweymahlhundert und funffzig taußend gülden deß Fürsten Anton Florians
Liebden bruders Söhnen Fürsten Joseph Wentzel, Emanuel und Johann
Anthön nach dem vorzug deß Alters und erstgeburth also und dergestalt hinterlassen, dass nach deren allerseithigen Mannlichen abgang
ihme Fürsten Anthon Florian und seiner Mannlichen Nachkommenschhafft obbesagte graff- und herrschafften Vadutz und Schellenberg
sambt dem darzu gehörigen obangeregten Capital zufallen sollen: Da
nun entzwischen durch besagten Fürsten Hanns Adams erfolgten todtfall
das Lichtensteinische Erstgeburths-Recht auf Seine deß Fürsten Anthon
Florians Liebden gediehen, dieselbe auch auff Unßern f ü r Sie bey der
Reichs Versamblung zu Regenspurg den neunzehenden A p r i l Siebzehenhundert und zwölff eingelegten gnädigsten Vorspruch krafft deß
von deroselben den Zwölfften Septembris siebzehenhundert und zwölff
abgefasten und von Uns den siebenzehenden Januarij siebzehenhundert
53
und dreyzehen allermildest genehm gehaltenen Reichsgutachtens Sitz
und Stimm in dem Fürsten Rath zwar, jedoch mit dießer bedingnus erhalten, daß solche auffnahm, falß ihre Mannliche Nachkommenschaft
nach dero abieben mit fürstmässigem ohnmittelbaren Reichsgüttern
nicht versehen seyn wurde, auff ihre persohn allein verstanden seyn
sollte. Nachdeme aber unter dießer Zeit bey dero gesambten fürstlichen
Hauß wahrgenohmen, daß die von dem Fürsten Johann Adam seeligen
mit denen mehrgemelten Reichsgraff- und Herrschaften Vadutz und
Schellenberg ersten Ohrts bedachte fürstliche Philippinische Söhne
nicht bey solchem vermögen, daß Sie die würde und Ansehen eines
Regirenden ohnmittelbaren Reichsfürstens mit nachdruck f ü h r e n und
aus ihren güttern die fürstmässige Reichsbeschwehrden und Anlagen
würden bestreitten können, herentgegen aber die erstgebohrne Linie
von Gott mit weit erträglicheren ansehentlichen Herzogtumbern und
Herrschaften dermaßen geseegnet, daß sie nicht alleine die ohnmittelbare Reichs Standschafft mit ehren behaubten, sondern auch zu denen
bereits zugegen seynden noch mehrere Reichsherrschaften an sich zu
bringen, zugleich auch dem Fürst-Philippinischen jedesmahligen erstgebohrnen anstatt der zu solchem Reichsfürstenstand und anschlag
noch nicht genugsamb fähigen Reichsherrschaften mit mehrers erträglichem Einkommen versorgen könne: So seye dan zu veststellung deß
von dero gesambten fürstlichen Haußes Vorfahrern biß dahero so nachdrucklich gesuchten ohnmittelbaren Reichsfürstenstands, von allerseithig dermahlen i m Leben seyenden Fürsten von Lichtenstein, und
so viel ihrer noch minderjährig, dero Vormünderen genehmhaltung
mehr offt gedachte Schwabische Reichsgraff- und Herrschaften sambt
denen darzu gehörigen zweymahlhundert und funffzigtaussend gülden
und Schwabische Crayß Standtschaft von der fürstlich-philippinische
Linie ihme Anthon Florian Fürsten von Lichtenstein gegen einem
nahmhafften aequivalent krafft eines derowegen den zwölfften Martij
siebenzehen hundert und achtzehen getroffenen und von Uns den
8. Junij ejusdem A n n i bestettigten Contracts zu der fürstlich- lichtensteinischen Primogenitur also überlassen worden, daß darzu nach und
nach mehrere Land und Leuthe erworben und andurch ein neues
Reichsfürstenthumb zu beständig ewig wehrender beybehaltung deß
von Ihro und dero mehrgemelten Vetters Liebden seeligen auf obgedachte arth und weiß respective gesucht- und erhaltenen ohnmittelbaren Reichs-Fürstenstands bey dero gesambten Hauß der Fürsten von
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Lichtenstein errichtet werden möge: Und Unß demnach Seine Liebden
gehorsamst angelangt und gebetten, W i r Ihro zu ihres gesambten fürstlichen Haußes wahrem auffnehmen und ewigen angedencken Unßerer
für ihme hegenden Kayßerlicher sonderbaren gnade, ihme dieße auch
besondere Kayßerliche milde zu ertheilen und obgedachte beede freye
Reichs-Graff- und Herrschafften Vadutz und Schellenberg zusammen
in ein Fürstenthumb, unter dem nahmen deß Fürstenthumbs Lichtenstein allergnädigst zu erheben, auch das Schloß und Marek Vadutz mit
eben dießem nahmen zu begnadigen und zu solchem ende die auff die
Herrschaft Cromau von unßerm Vorfahrern am Reich, Kayßer Ferdinando Secundo glorwürdigster gedächtnus gegebene fürstliche Erhebung und nahmen Lichtenstein auch andere derselben anhängige von
ersthochgedachtem Ferdinando Secundo den vierzehenden Novembris
erstbesagten jahrs und Ferdinando Tertio den drey und zwantzigsten
Octobris sechzehenhundert vierundfunffzig als Römischen Kayßern
verliehene Kayßerliche Freyheiten auff obgemeltes Fürstenthum zu
übertragen und demselben einzuverleiben auch dessen als graff- und
Herrschaften ehemals gehabte und genossene Kayßerliche Vadutz- und
Schellenbergische Privilegien zu bestettigen und Ihro zu erlauben, allermildest geruheten, auch noch andere sowohl in dem Schwabischen
Crayß, als in der Schweitz und Graupünden etwa noch befindliche,
entweder widerkäuflich vereussert und verkauffte oder auch nur
pfandsweiße versetzte immediate Reichsgütter auf thuenliche weiße
an sich zu bringen nahmens Unßer und des Heyligen Römischen Reichs
einzulößen oder zu erkauffen und dießelbe seinem neuen Fürstenthumb
in das Z u k ü n f t i g e zu allen Zeiten und Tägen als ein Theil und zugehörde einzuverleiben.
Dass wir dahero gnädiglich angesehen, und betrachtet nicht nur das
nunmehro schon über hundert Jahren her in dem Reichs Fürstenstandt erhobenen uhralten Haußes von Lichtenstein und desselben bei
unßeren Vorfahrern am Reich Römischen Kayßern und Königen glorreichesten andenckens und Unßerm Ertzhaus erworbene mannigfaltige
stattliche und vortreffliche Verdienste, sondern auch in Kayßerlicher
Milde behertziget ihre deß Fürstens Anthon Florians Liebden aigene
Unßers Hochgeehrten Herrn Vatters und freundlich geliebten Herrn
Bruders Kayßerlicher Majestäten und Liebden höchstseeligster gedächtnus, nicht weniger dem Heyligen Römischen Reich in dero obgehabten
55
und ruhmwürdigst vertrettenen fürnehmsten Pottschafften, Commissionen und anderen grossen Verrichtungen geleistete vielfältige hochansehntliche getreu- und wohlerspriesliche Dienste, insonderheit aber
gnädigst zu gemüth genommen den Uns Selbsten von Unßerer Jugend
an als Unßer damahlig Ober- und nunmehriger Obrister Hoffmeister
in Unßerer Erziehung und anderen bedienungen, schwehren zu Wasser
und Land verrichteten Reyßen, Feldzügen, Schlachten mit Uns ausgestandenen harten Belagerung und anderen zum gemeinen besten angediehenen bemühungen erwießenen schon in das vierzigste jähr ruhmwürdig ohnermüdeten Fleiß, ohnunterbrochene Wachtsambkeit, große
Sorgfalt und eyffer auch dabey bezeigte ungemeine Vernunfft und Treu,
in welcher gegen Uns, Unßerm löblichen Ertzhauß und das Heylige
Römische Reich Seine Liebden auch biß in ihr End unaussetzlich zu
verharren deß gehorsambsten erbiethens seind: Massen dan Unßer gnädigstes Vertrauen in Seine Liebden vestiglich gestellet ist, dieselbe auch
solches wohl thuen können, mögen und sollen.
Und haben wir demnach in reifflicher betrachtung dießes alles und
aus sothanen und mehr anderen Unßer Kayßerliches Gemüth hierzu
gnädiglich bewegenden Ursachen mehrgemeltem Anthon Florian Fürsten
von Lichtenstein zu einem wahren Kayßerlichen Merckmahl, dass wir
Seiner Liebden und dero gesambten fürstlichen Haußes auffnehmen
und wohlfahrt zu bedencken und zu beförderen gnädigst geneigt und
mit Kayßerlichen gnaden und allem guten beständig wohlbeygethan
seyen, mit wohlbedachtem muth, gutem rath und rechtem wissen dieße
besondere Kayßerliche Gnad ertheilet und dero graff- und Herrschaften
Vadutz und Schellenberg sambt allen ihren jetzo besitzend — und künfftig von Jhro oder ihren Erben und Nachkommen obgedachtermassen
erkauffenden in Unßerem und deß Heyligen Römischen Reichs nahmen
einlößenden oder durch anderen rechtmässigen titel überkommenden
und dießem neu aufrichtenden Fürstenthumb, jedoch mit Unßerem
oder Unßerer Nachkommen am Reich jedesmahligen Vorwissen und
bewilligung einverleibenden ohnmittelbahren Herrschaften, güttern,
Rechten und gerechtigkeiten in ein unmittelbares Reichsfürstenthumb
gnädigst auffgericht und erhoben, auch dasselbe sowohl als das Schloß
und den Marek Vadutz durch Veränderung der vorigen mit dem nahmen und praedicat Lichtenstein gnädigst begäbet. Thuen das auch aus
Kayßerlicher Machtvollkommenheit als Römischer Kayßer: Errichten,
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erheben und halten vielernandte graff- und Herrschaft Vadutz und
Schellenberg, auch alle andere denenselben, wie obgedacht, über kurtz
oder lang einverleibende ohnmittelbare freye gütter, Recht und gerechtigkeiten, zusammen mit allen Regalien, Herrlichkeiten, gerecht- und
Obrigkeiten auch anderen an- und zugehörungen f ü r ein sonderbares
Fürstenthumb deß Reichs: begaben es auch, wie obgemelt, mit dem
Nahmen und praedicat Lichtenstein hiemit wissentlich i n krafft dießes
brieffs also und dergestalt, dass solches nun h i n f ü h r a n zu allen Zeiten
ein Reichsohnmittelbares Fürstenthum seyn und bleiben und sambt
dem Schloß und Marek Vadutz den nahmen Lichtenstein haben, führen,
darfür von Uns und Unßeren Nachkommen, auch sonst allenthalben
im Heyligen Römischen Reich von männiglich und sonderlich i n dem
Schwabischen Crayß darfür gehalten, gewürdiget, geachtet, erkennet
und genennet wie auch deß Fürsten von Lichtenstein Liebden und deroselben Eheliche Mannliche Erben und besitzere dießes Fürstenthumbs
Lichtenstein nach dem Recht der erstgeburth für einen fürstlichen
Standt dess Reichs gehalten, geehret und zu denen Reichs-Deputationund Crayßtägen beschrieben werden sollen, auff denenselben i n der
persohn oder durch ihre gevollmächtigte Räthe als andere Unßere und
des Reichs Fürsten erscheinen, auff erstberührten und anderen Zusamm e n k ü n f t e n ihren Sitz und Stimm in ihrem orth und rang, auch alle
und jede vortheil, Freyheiten, Recht und gerechtigkeiten wie obgemelt,
alß Fürsten des Heyligen Römischen Reichs haben, sich derselben
freuen, gebrauchen und genießen sollen und mögen, alles getreulich
und ohne gefährde: Doch Uns, dem Heyligen Römischen Reich und
sonsten männiglich an seinen habenden Rechten, gerechtigkeiten, immuniteten und freyheiten unnachtheilig und unschädlich.
Über dießes thuen und geben W i r auch Seiner deß Fürsten von Lichtenstein Liebden, dero ehelichen Mannlichen Erben und Erbens Erben als
besitzern dießes Fürstenthumbs Lichtenstein dieße besondere Kayßerliche Gnad auch vollkommene Macht und gewalt also und dergestalt,
daß dießelbe nicht allein die in der Schweitz und graupünden noch
etwa befindliche entweder widerkäufflich alienirte oder auch versetzte
Reichsgütter in Unßerem Allerhöchsten Nahmen, jedoch dass Uns oder
Unßeren Nachkommen am Reich Römischen Kayßern und Königen
jedesmahl davon zeitliche Nachricht gegeben und alles mit Unßerm
und dero Vorwissen, genehmhaltung und würcklicher bestettigung ge57
schehe, einzulößen, sondern auch über kurtz oder lang in dem Schwabischen Crayß allerhand ohnmittelbahre Schlösser, Sitz und Landgütter
mit Märckten, Dörffern, oder einschichtigen Unterthanen viel oder wenig Wäldern, Schäffereyen, Fischwässern und Weydneyen, Zollen, Zehenden auch allen ein- und zugehörungen, rechten und gerechtigkeiten,
nichts davon ausgenommen, zu erkauften oder in andere rechtliche
weege an sich zu bringen und solche alle, wie die nahmen haben, mit
ihren Rechten und Freyheiten obgemeltem von Uns gnädigst erhobenen
Fürstenthumb Lichtenstein mit obgedachter massen vorhergehenden
eines zeitlichen Römischen Kayßers Wissenschaft und schriftlicher
Bewilligung, jedoch Uns, Unßeren Nachkommen und jedermänniglich an seinen habenden Rechten und gerechtigkeiten, Privilegien
und Freyheiten unnachtheilig einzuverleiben und mit demselben solchergestalt zu vereinigen, daß Sie in das k ü n f t i g e und zu allen Zeiten
und Tägen als ein theil und zugehörde deß Fürstenthumbs Lichtenstein
gehalten, darvon nicht mehr getrennet, sondern demselben jederzeit
unter dessen nahmen als darzu gehörige Ämbter unzertheilig einverleibt bleiben sollen und mögen ungehindert männiglichs.
Ferner und zu mehrerm auffnehmen, ansehen und würde obgedachtes
dero von uns erhobenen Fürstenthums Lichtenstein haben W i r Seiner
Liebden diese Kayßerliche Gnad gethan und die von obhöchstbesagten
Unßeren Vorfahreren am Reich glorwürdigsten andenckens Ferdinando
Secundo und tertio einem jeden zeitlichen Lichtensteinischen Primogenito ertheilte Freyheiten und Rechten, so wie sie nach gestalt der
dermahligen zeiten zu üben seind, auff obgedachtes neue fürstenthumb
Lichtenstein und dessen von dießem fürstlichen Hauße künftige besitzere aus Kayßerlicher Machtvollkommenheit nicht allein allergnädigst
übertragen, sondern dießelbe auch nebst denen dießem Fürstenthumb
als ehemaligen Graff- und Herrschafften zugekommen- und zustehenden von Weyland Unßerm Vorfahrern am -Reich Römischen Kayßer
Friderico tertio höchstlöblicher gedächtnus ihnen gnädigst ertheilten
Freyheiten, Recht und gerechtigkeiten in allen und jeden ihren worthen,
Clausulen, puncten, Articulen, Innhalt, mein- und begreiffungen als
Römischer Kayßer allermildest bestettiget und b e k r ä f t i g e t , waß W i r
daran gegenwertigen Reichs Satzungen und Zeiten nach zu bestettigen
und zu b e k r ä f t i g e n haben. Wie Wir dan Unßere Kaißerliche ertheilung
und bekräfftigung unter heutigem dato insbesonder darüber ausfertigen
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lassen also und dergestalt, daß Seine Liebden dero Erben und jedesm a l i g e r in der erstgeburth folgende Fürst von Lichtenstein sich dißer
Kayßerlichen gnaden, Privilegien, Freyheiten, Recht und gerechtigkeiten freuen, gebrauchen und genießen könne, solle und möge, von Unß,
Unßeren Nachkommen und sonst männiglich unverhindert.
Gebieten darauff allen und jeden Churfürsten, Fürsten, geist- und weltlichen, Praelaten, graffen, freyen Herrn, Rittern, Knechten, Landmarschallen, Landshaubtleuthen, Landvögten, Haubtleuthen, Vitzdomben,
Vögten, Pflegern, Verweeßern, Ambtleuthen, Landrichtern, Schultheissen, Burgermeistern, Richtern, Räthen, Kundigem der Wappen, Ehrenholden, Persevanten, burgern, gemeinden, und sonst allen anderen
Unßeren und deß Reichs, auch Unßeren Erbkönigreich-, Fürstenthumbund Landen Unterthanen und gethreuen, waß würden, Stands oder
weeßens die seind ernst- und vestiglich mit dießem brieff und wollen,
daß Sie die vielgedachte ehemalige graff- und Herrschafften Vadutz
und Schellenberg und die von dem hochgebohrnen Anton Florian
Unßerm Kayßerlichen geheimben Rath und Obristen Hoffmeistern lieben Oheimb und deß Heyligen Römischen Reichs Fürsten von Lichtenstein oder deren Erben und Nachkommen inskünfftig darzu erkauffende
oder auff andere rechtmäßige weiße überkommende und denen selben
einverleibende Lande und gütter, nun und h i n f ü h r o zusammen f ü r ein
unzertheiliges ohnmittelbares Reichsfürstenthumb mit dem namen
Lichtenstein halten, schreiben, annehmen nennen und erkennen, Seine
Liebden und dero nach der erstgeburth folgende Erben und Nachkommen Männlichen geschlechts besitzere dießes Fürstenthumbs Lichtenstein zu denen Reichs- und Crayß-Versamblungen beschreiben, in denen
selben und allen andern Zusammenkünfften, Ritterspiehlen, hohen und
nideren Ämbtern, geist- und weltlichen auch sonst allen orthen und
Enden f ü r einen fürstlichen Standt deß Reichs ehren, achten zulassen
und erkennen, Sie also bey aller und jeder ehr, würde, sitz, stimm,
vortheil, freyheit, Recht und gerechtigkeit, deren sich andere gebohrne
und würckliche deß Heyligen Römischen Reichs Fürsten von Rechts
oder gewohnheit wegen freuen, gebrauchen und genießen gäntzlich
und geruhiglich verbleiben lassen und Sie an allem deme, w a ß hieoben
umbständlich geschrieben stehet, nicht hinderen, noch irren, auch hierwider nicht thuen noch das jemand anderen zu thuen gestatten, in
keine weiß noch weeg, alß lieb einem jeden seye Unßere und des
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Reichs schwehre ungnad und straff und darzu ein poen nemblichen
zweyhundert Marek löthigen golds zu vermeiden, die ein jeder, so offt
Er freventlich hierwider thete, Uns halb in Unßer und des Reichs Cammer und den anderen halben theil Seiner deß Fürsten von Liechtenstein
Liebden oder denen, so hierwider beleidiget wurden, unnachlässig zu
bezahlen verfallen seyn und nichts destoweniger Seine Liebden wie
auch dero obgedachte Erben und Nachkommen bey dießer fürstlichen
erhebung dero Fürstenthums Lichtenstein und obbesagten Privilegien
und freyheiten würcklich geschützt und gehandhabt werden sollen.
Dessen zu wahrer urkundt haben wir unßere Kayßerliche güldene Bullam an dießen brieff hangen lassen, der geben ist in Unßer Stadt Wien
den dreyundzwanzigsten Tag Monaths Januarij nach Christi Unßers
lieben Herrn und Seeligmachers gnadenreichen geburth i m Siebenzehenhundert und neunzehenden, Unßerer Reiche deß Römischen im
achten, deß Hispanischen i m Sechzehenden, deß Hungarischen und
Böheimischen aber auch i m achten jähre.
Carl
A d mandatum Sac. Caes.
Majestatis proprium
E. F. V. Glandorff
mppria
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QU ELLEN NACHWEIS
Die Arbeit ist auschliesslich aus dem Studium der Originalakten entstanden. Im fürstlichen Hausarchive sind sie in den Kartons 38 bis 45 chronologisch
geordnet. Ergänzungen dazu, und zwar besonders f ü r die Eingabe der Fürsten
aus dem Jahre 1641 und für die Vorgänge i m Zusammenhange mit dem Reichstage des Jahres 1654 fand ich beim Studium der Reichstagsakten und des Protokollum Resolutionum 1654 i m Haus-, Hof- und Staatsarchive in Wien.
Ich danke Seiner Durchlaucht Fürst Franz Josef II. für die Überlassung
der über 2000 Akten zum Studium, Herrn Direktor Dr. Richard Blaas des Haus-,
Hof- und Staatsarchives in Wien f ü r sein Entgegenkommen und seine Hilfe
und dem Bildarchive der österreichischen Nationalbibliothek f ü r die Bewilligung, die Fürstenporträts zu reproduzieren.
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