Stadtrat Botschaft an das Stadtparlament Stadtratsbeschluss Nr. 241/15 vom 23. November 2015 Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Angestellten der Stadt Arbon Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Parlamentarierinnen und Parlamentarier Mit dieser Botschaft beantragt Ihnen der Stadtrat, der Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Angestellten der Stadt Arbon zuzustimmen. Sachverhalt Am 21. Juni 2000 hat die Gemeindeversammlung im Zusammenhang mit dem neuen Personal- und Besoldungsreglement (PBR) einer Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit der städtischen Angestellten von 42 Stunden auf 41 Stunden zugestimmt. Mit der neuen Definition der Arbeitszeit fielen damals veraltete Sonderregelungen weg, wie Kompensationstag für einen weggefallenen Feiertag oder freier Nachmittag am 24. und 31. Dezember. Zudem war damals die Stadt Arbon aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, die Teuerung auszugleichen oder gar eine Reallohnerhöhung auszurichten. Als Kompensation wurde deshalb zwischen den Sozialpartnern eine Reduktion der Wochenarbeitszeit ausgehandelt. Anlässlich der Revision des Personal- und Besoldungsreglements im Jahre 2008 wurde die Rückkehr zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden zwar im Stadtparlament diskutiert, aber schlussendlich verworfen. Der vpod ostschweiz hatte damals in seiner Stellungnahme zur 1. Lesung des PBR’s moniert, dass sich das Personal der Stadt Arbon hintergangen fühle, gäbe es doch keine sachlichen Gründe für eine Erhöhung. Viele Gesamtarbeitsverträge in der Privatindustrie würden seit längerer Zeit die 40 Stunden-Woche kennen. Aufgrund der aktuellen finanziellen Situation der Stadt Arbon und aufgrund der üblichen Arbeitszeit in den meisten übrigen Thurgauer Gemeinden ist in der vergangenen Zeit die Arbeitszeit des städtischen Personals bzw. die Rückkehr zu einer 42 Stunden-Woche im Stadtparlament und im Stadtrat verschiedentlich diskutiert worden. Erwägungen Vergleich Thurgauer Städte Die nachfolgende Umfrage zeigt, dass die übrigen grösseren Thurgauer Städte sowie der Kanton Thurgau allesamt die 42 Stunden-Woche für ihr Personal kennen. Dabei sind allerdings die unterschiedlichen Entwicklungen bei den Löhnen (Teuerungsanpassungen, Reallohnerhöhungen), allfällige Lohnnebenleistungen und der Umgang mit Überzeit nicht berücksichtigt. Stadt / Kanton Arbeitszeit pro Woche Arbon 41 Std. (1/4 Std. bez. Pause pro Tag) Amriswil 42 Std. (1/4 Std. bez. Pause pro Tag) Frauenfeld 42 Std. (1/4 Std. bez. Pause pro Tag) Kreuzlingen 42 Std. (1/2 Std. bez. Pause pro Tag) Romanshorn 42 Std. (1/4 Std. bez. Pause pro Tag) Weinfelden 42.5 Std. (inkl. Vorholzeit ½ Std. pro Woche für Weihnacht / Neujahr) (1/4 Std. bez. Pause pro Tag) Kanton Thurgau 42.5 Std. (inkl. Vorholzeit ½ Std. pro Woche für Weihnacht / Neujahr) (1/2 Std. bez. Pause pro Tag) Ferienregelung Anzahl Tage Bis 20 Jahre: 25 21 – 49 Jahre: 23 Ab 50 Jahre: 27 Ab 60 Jahre: 30 Bis 20 Jahre: 25 21 – 49 Jahre: 23 Ab 50 Jahre: 25 Ab 60 Jahre: 30 Bis 20 Jahre: 25 21 – 49 Jahre: 23 Ab 50 Jahre: 27 Ab 60 Jahre: 30 Bis 20 Jahre: 25 21 – 49 Jahre: 24 Ab 50 Jahre: 26 Ab 60 Jahre: 30 Bis 20 Jahre: 25 21 – 49 Jahre: 20 Ab 50 Jahre: 25 Ab 60 Jahre: 30 Ausbildung: 30 Bis 20 Jahre: 27 21 – 49 Jahre: 23 Ab 50 Jahre: 27 Ab 60 Jahre: 30 Bis 20 Jahre: 27 21 – 49 Jahre: 23 Ab 50 Jahre: 27 Ab 60 Jahre: 30 Neben der üblichen 42 Stunden-Woche in den anderen grossen Thurgauer Orten spricht auch die Entwicklung der Überzeitguthaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine geringfügige Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Rechnungsprüfungskommission der Stadt Arbon hält in ihren Berichten regelmässig fest, dass Massnahmen gegen die hohen Ferien- und Überzeitguthaben getroffen werden müssten. Ferien- und Überzeitguthaben Die Ferien- und Überzeitguthaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Arbon haben sich gegenüber den Vorjahren wie folgt verändert: Ferien Überzeit Total 2012 494 Tage 207 Tage 701 Tage 2013 517 Tage 129 Tage 646 Tage 2014 564 Tage 149 Tage 713 Tage Mit einer Erhöhung der Arbeitszeit ist damit zu rechnen, dass sich die Überzeitguthaben reduzieren werden. Allerdings ist bereits jetzt lediglich der Übertrag von 41 Stunden auf das nächste Kalenderjahr möglich, was vor allem bei Kaderangestellten regelmässig dazu führt, dass Ende Jahr Überzeit gestrichen wird. Seite 2 von 5 Lohnentwicklung seit 2001 Die Teuerung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise betrug im Zeitraum November 2001 bis November 2014 rund 7,10 % (Basis Mai 2000 = 100). Im gleichen Zeitraum wurden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern folgende Lohnanpassungen gewährt: Jahr 2002 2003 2004 Anpassung Teuerung* 0,4 % 0,9 % 0,5 % Lohnanpassung generell 0,7 % 0,0 % 0,0 % Lohnanpassung individuell 0,8 % 1,5 % 0,8 % Lohnanpassung Total 1,9 % 2,4 % 1,3 % 2005 1,5 % 0,0 % 0,8 % 2,3 % 2006 2007 2008 2009 1,0 % 0,5 % 1,8 % 1,4 % 0,0 % 0,5 % 0,5 % 1,5 % 0,8 % 0,8 % 0,8 % 0,8 % 1,8 % 1,8 % 3,1 % 3,7 % 2010 2011 0,0 % 0,3 % 0,0 % 0,5 % 0,4 % 0,4 % 0,4 % 1,2 % 2012 0,0 % 0,5 % 0,8 % 2013 0,0 % 0,0 % 0,4 % 2014 0,0 % 0,0 % 0,8 % 2015 0,0 % 0,0 % 0,8 % *) jeweils Stand 30.11. im Vergleich Stand 30.11. des Vorjahres 1,3 % 0,4 % 0,8 % 0,8 % Bemerkungen Teuerungsausgleich bis max. Fr. 6'000 Monatslohn (BG 100 %) Sockelbeitrag: Teuerungsausgleich bis zum Betrag von Fr. 6'000 Monatslohn (BG 100 %) ab Fr. 100'000.-Jahreslohn 1,0% generelle Erhöhung Generelle Lohnerhöhung begrenzt auf Fr. 500.-- pro Jahr Eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um eine Stunde entspricht einem Anstieg von 2,44 %. Als teilweise Kompensation dieser Massnahme ist eine Anpassung der Löhne zum gleichen Zeitpunkt sinnvoll. Eine generelle Reallohnerhöhung hat seit 2013 nicht mehr stattgefunden. Deshalb soll auf den Zeitpunkt der Umstellung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 42 Stunden eine generelle Lohnerhöhung um 1,5 % vorgenommen werden, und zwar unabhängig von der Entwicklung der Teuerung. Diese Massnahme verursacht einen Mehraufwand von rund Fr. 150‘000.-- (Löhne inkl. Sozialleistungen). Zeitpunkt Umsetzung / Fazit Anzustreben ist eine Umsetzung der beiden Massnahmen auf den 1. Januar 2017. Zusammenfassend werden damit folgende Vorteile erzielt: ― ― ― Höhere durchschnittliche Löhne bedeuten eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit bei der Personalrekrutierung Eine höhere wöchentliche Arbeitszeit mindert den Druck für die Anstellung von zusätzlichem Personal bzw. ermöglicht situativ die Reduktion von einzelnen Stellenpensen Insgesamt resultiert aus den beiden Massnahmen ein positiver Saldo für die Stadt und verbessert demnach die finanzielle Situation Seite 3 von 5 Kritiker könnten zudem ins Feld führen, dass Arbon keinen ausserordentlichen und überproportionalen Finanzausgleich erhalten soll, solange eine im Vergleich mit anderen Gemeinden geringere Wochenarbeitszeit gilt. Der Kanton hat gegenüber dem Stadtrat zum Ausdruck gebracht, dass ein zusätzlicher Finanzausgleich (Beitrag für Sonderlasten) nur gewährt wird, wenn entsprechende Sparmassnahmen umgesetzt wurden. Stellungnahme Arbeitnehmervertreter/innen Am 17. August 2015 wurde eine Delegation der Vertretung der Arbeitnehmenden (Personalkommission der Stadt Arbon Peko, vpod ostschweiz, vpod Sektion Arbon) über die geplante Arbeitszeiterhöhung informiert. vpod und Peko lehnen die Arbeitszeiterhöhung ab. Die wöchentliche Arbeitszeit sei im Jahre 2002 im Rahmen der Personal- und Besoldungsrevision um eine Stunde von 42 Stunden auf 41 Stunden gesenkt worden. Bereits damals sei es schlecht um die Finanzen der Stadt Arbon gestanden. Mit der Senkung der Arbeitszeit konnten unter anderem nicht gewährte Lohnerhöhungen ausgeglichen werden. vpod und Peko vertreten die Ansicht, dass mit einer Arbeitszeiterhöhung die finanziellen Probleme der Stadt Arbon nicht gelöst werden können. Eine solche Massnahme wirke sich demotivierend auf das Personal aus und zusätzliche Leistungen seien damit nicht zu erreichen. Die Massnahme sei einzig und alleine politisch motiviert und entbehre jeder Grundlage. Die Erhöhung der Arbeitszeit habe faktisch eine Lohneinbusse von 2,4 % zur Folge. Von dieser Einbusse sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermassen betroffen. Das Angebot von 1,5 %, welches allenfalls noch in generell und individuell aufgeteilt werden solle, verstosse gegen Treu und Glauben und wird ebenfalls abgelehnt. Notwendige Änderung Personal- und Besoldungsreglement Für die Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit sind folgende Änderungen des PBR’s notwendig: Art. 17 Abs. 2 49 Abs. 1 Bisher Die durchschnittliche wöchentliche SollArbeitszeit beträgt 41 Stunden, beziehungsweise durchschnittlich 8 Stunden und 12 Minuten pro Tag. Soweit es der betriebliche Ablauf erlaubt, kann der Stadtammann Dienstaltersgeschenke auf Gesuch ganz oder teilweise in Ferien umwandeln. Dabei entspricht ein halber Monatslohn 82 Stunden und ein Monatslohn 164 Stunden. Neu Die durchschnittliche wöchentliche SollArbeitszeit beträgt 42 Stunden, beziehungsweise durchschnittlich 8 Stunden und 24 Minuten pro Tag. Soweit es der betriebliche Ablauf erlaubt, kann der Stadtpräsident Dienstaltersgeschenke auf Gesuch ganz oder teilweise in Ferien umwandeln. Dabei entspricht ein halber Monatslohn 84 Stunden und ein Monatslohn 168 Stunden. Seite 4 von 5 Kompetenzen Die Arbeitszeit der Angestellten der Stadt Arbon ist in Art. 17 Abs. 2 PBR geregelt. Zuständig für den Erlass dieses Reglements ist gemäss Art. 33 Gemeindeordnung das Stadtparlament. Dieses Geschäft untersteht nicht dem fakultativen Referendum bzw. dem Behördenreferendum (Art. 35 GO). Für Lohnanpassungen ist gemäss Art. 41 PBR der Stadtrat im Rahmen des Voranschlags zuständig. Antrag Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Parlamentarierinnen und Parlamentarier Der Stadtrat beantragt Ihnen, der Anpassung der wöchentlichen Soll-Arbeitszeit auf 42 Stunden und den damit verbundenen Änderungen des Personal- und Besoldungsreglements in Art. 17 Abs. 2 und in Art. 49 Abs. 1 zuzustimmen. FÜR DEN STADTRAT ARBON Andreas Balg Stadtpräsident Andrea Schnyder Stadtschreiberin Arbon, 23. November 2015 Seite 5 von 5
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