Sie bringen Kirgisien nach Salzburg

20 FREIZEIT
D ONNERST AG, 17 . D EZEM BER 20 15
Sie bringen
Kirgisien
nach Salzburg
Mit Nomadique wollen Baktygul Diusheeva aus
Kirgisien und Dagmar Baumgartner aus Salzburg
traditionelles Kunsthandwerk fördern.
NICOLE SCHNELL
SALZBURG-STADT. Ein rotes Orna-
ment auf grüner Schafwolle: „Die
Verzierungen auf dem Teppich
stellen die Einheit aus Tier, Natur
und Mensch dar“, erklärt Baktygul Diusheeva aus Kirgisien und
streicht sanft über die gefilzte
Wolle. Der Rahmen in den Farben
Grau und Weiß symbolisiere Berge. Häufig würden auch Wellenlinien für die Darstellung von Wasser verwendet, sagt die 26-Jährige. Shyrdaks werden Teppiche
mit den typischen kirgisischen
Verzierungen genannt. Das Wort
leitet sich von „shyry“ (dt. „absteppen“) ab. Anhand der Symbolik der Ornamente erzählen sie
Mythologien und Geschichten.
„Das Leben der Kirgisen als Nomaden spiegelt sich in den Ornamenten wider. Sie sind bis
heute ein sehr naturverbundenes
Volk“, sagt Diusheeva. Das Kunsthandwerk gilt in Kirgisien als traditionelles Hochzeitsgeschenk.
SCHNELL
auf einen
Kaffee mit . . .
Dagmar Baumgartner &
Baktygul Diusheeva
Seit 2012 lebt Diusheeva in
Salzburg. Die junge Frau aus dem
südkirgisischen Osh studiert an
der Salzburger Universität Soziologie. Nebenbei vertreibt sie zusammen mit der Salzburgerin
Dagmar Baumgartner handgefertigte Produkte wie Teppiche, Sitzhocker, Taschen oder Hausschuhe aus Kirgisien. Das Handwerk
vertreiben sie hauptsächlich
über ihren Onlineshop und den
möblich Concept Store in der
Stadt Salzburg.
Wie die Idee dazu entstanden
sei? „Ich bin bei den Ständen der
Salzachgalerien vorbeigegangen
und dachte, kirgisische Artikel
könnten da gut dazupassen“, sagt
Diusheeva. Als sie Baumgartner,
Dagmar Baumgartner (l.) und Baktygul Diusheeva vertreiben handgefertigte Teppiche und Sitzhocker aus Kirgisien.
BILD: SN/HEINZ BAYER
auf deren Kinder sie eine Zeit
lang aufpasste, davon erzählte,
beschlossen sie, gemeinsam Nomadique zu gründen. Damit
wollen sie das traditionelle
Kunsthandwerk in Kirgisien fördern, Österreichern näherbringen und die Menschen in Zentralasien unterstützen. So werden al-
Daten & Fakten
Traditionelles Kunsthandwerk aus Kirgisien
Aus Schafwolle werden für
das Unternehmen Nomadique Teppiche, Polsterbezüge,
Sitzhocker, Sitzkissen, Taschen und Handschuhe hergestellt. Die kirgisischen Produkte, die in Salzburg vertrieben werden, können nach individuellen Wünschen – Farbe
und Maße – gefertigt werden.
Baktygul Diusheeva in einer
Jurte (einem traditionellen Zelt
der Nomaden in
Zentralasien), in
der Shyrdaks, kirgisische Teppiche, hängen.
WWW.NOMADIQUE.AT
BILD: SN/NOMADIQUE
le Produkte auch direkt in Kirgisien hergestellt. Was den Frauen
besonders wichtig ist: „Alles wird
verlässlich unter fairen Bedingungen produziert. Es gibt keine
Zwischenhändler, wir haben direkten Kontakt zu den Damen,
die vor Ort für uns arbeiten“, sagt
Baumgartner.
Gulbarchyn Madraimov, eine
Geografielehrerin und verwitwete Mutter von fünf Kindern, ist eine dieser Frauen. Sie lebt in dem
Dorf Josholu bei Gulchö in Südkirgisien. Sie entwirft und produziert gemeinsam mit anderen
Dorfbewohnerinnen die Produkte für Nomadique.
Mehrere Monate dauere die
Herstellung eines Teppichs in
aufwendiger Handarbeit, sagt
Baumgartner. Zunächst wird die
Schafwolle gewaschen, danach
gezupft, nass gefilzt und letztlich
mit Ornamenten bestickt.