Blick auf Tecklenburg, Studie, 1892 Tecklenburg im Frühling – Blick von Norden, um 1891 Bereits früh revoltierte der Kunststudent gegen die Lehren Nein, gerade Westfalen, meine spezielle Heimat Münster, Lippstadt, Soest etc. will ich verherrlichen, wenigstens meine Laufbahn damit beginnen; dafür glühe ich, da hat für mich die Natur die schönste Seele. Tagebuch, 18. Mai 1887 seiner Professoren an der Düsseldorfer Akademie und entwickelte sich zu einem unabhängigen Einzelgänger, der seine künstlerischen Ziele mit den Begriffen Einfachheit, Innerlichkeit und Intimität definierte und seine kreative Kraft aus der geistigen Versenkung in die Natur schöpfte. Um es mit Rilke zu sagen: „Wir fühlen das Wesen eines Mannes, der mit allen Fasern sich mit der Natur verwachsen fühlt; der nicht leben Winter in Tecklenburg (am Wellenberg), 1892 Kreis Steinfurt könnte ohne die unaufhörliche innige Berührung mit den Revieren der Bäume, der Wiesen, der stillen Wasserflächen; in dem alle Träume und alle Sehnsucht sofort die Gestalt einer Landschaft annehmen.“ Otto Modersohn entdeckte in Soest und Münster, in seiner Neulich in Tecklenburg, wo die Landschaft in Eis und Schnee einen wunderbaren, märchenhaften Eindruck auf mich gemacht, eine Fülle der köstlichsten Bilder gezeigt und die größten, begeistertsten Gedanken für Kunst und Leben in mir wieder rege gemacht hat ... Tagebuch, 2. Februar 1892 westfälischen Heimat, und vor allem in Tecklenburg seine Berufung zur Landschaftsmalerei, die sein Lebenswerk bestimmen sollte. Die Tecklenburger Bilder bilden die Klammer zwischen dem westfälischen Frühwerk und dem Aufbruch zu neuen Zielen in seiner Kunst, die nicht zuletzt in Tecklenburg formuliert wurden. Ich fand sehr schöne Motive, die mich riesig interessierten, aber leider war auch das Wetter sehr unbeständig, grau und regnerisch. Von Krummachers altem Garten gewährte das am Berg liegende Städtchen mit herrlicher Baumgruppe einen sehr schönen Anblick. Mit wahrer Wonne gedenke ich noch dieser unbeschreiblich schönen Frühlingsmorgen, wenn ich in Krummachers alten Garten stieg durch dichten Blumenteppich um mich im Schatten einer alten Buche niederzulassen. Von dort aus malte ich das Motiv. ... Es war ein Motiv voll poetischer Frische, voll Gemüthlichkeit und Traulichkeit. ... Tagebuch, Tecklenburg 1888 Otto Modersohn Museum Tecklenburg Markt 9 · 49545 Tecklenburg · +49 (0) 5482 9262160 [email protected] | www.ommt.de 1. April bis 30. September: Di. - So. 11 – 18 Uhr 1. Oktober bis 31. März: Fr. 14.30 – 18 Uhr, Sa. & So. 11 – 18 Uhr Montags und am 24., 25. und 31. Dezember geschlossen Kunst ist der Inbegriff aller Seligkeit. Eine wunderbare Schwärmerei, ein ganz eigenes, köstliches, echt künstlerisches Empfinden erfüllt mich. Freiheit, Unabhängigkeit, künstlerisches Empfinden und Schaffen, künstlerisch genossen, Frische und Freude! Form und Farben, Form des Intimen nah, gibt mir die schönsten Ideen – ohne daß ich engherzig bin. Tagebuch, 1. Mai 1892 Erwachsene € 4,- | Schüler/Studenten € 2,- | Audio-Führung € 3,Gruppenführungen bis 15 Personen € 70,- (zuzüglich Eintritt) Kreissparkasse Steinfurt IBAN DE44 4035 1060 0073 6334 14 | BIC WELADED1STF Titel: Frühling in Tecklenburg (Ausschnitt), 1888, Privatbesitz Sonniger Weg vor Münster, 1887 Otto-Modersohn-Stiftung Tecklenburg, Markt 9, rechts die Legge, links das Haus des Gastes Fensterblick auf die Nordseite des Tecklenburger Marktplatzes Tecklenburg, Markt 9, Eingangstür Otto Modersohn und sein Frühwerk Das Otto Modersohn Museum Tecklenburg Der Förderkreis OMMT Bürgerschaftliches Engagement Das 19. Jahrhundert hatte ein Doppelgesicht: Rasante Fortschritte in Wissenschaft und Technik führten zu einer forcierten Industrialisierung, die mit Naturzerstörung und Massenelend einherging; Max Weber hat diese Entzauberung der Welt unter das Bild der „kalten Skeletthände rationaler Ordnungen“ gefasst. Darauf antworteten seit der Romantik starke kompensatorische Gegenbewegungen, die die Wiederverzauberung der Welt im Medium der Poesie anstrebten. Empfindsame Naturen reagierten auf die Gefährdung durch den ungebremsten Fortschritt mit programmatischer Entschleunigung: Sie kehrten den Großstädten den Rücken, zogen sich zurück aufs Land, wo die Zeit noch im Rhythmus der Natur verging, und kultivierten bewusst ihre Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gegenüber allem Lebendigen. Für das alte, denkmalgeschützte Haus Markt 9 bricht nun ein neuer Lebensabschnitt öffentlicher Nutzung als Otto Modersohn Museum Tecklenburg (OMMT) an. Dank des großzügigen Angebotes der Otto-Modersohn-Stiftung in Fischerhude, dank der Vermittlung von Emmi Howe und dank des Engagements einer Tecklenburger Familie entsteht hier an historischem Ort und in historischem Gemäuer ein Museum, das dem Frühwerk Otto Modersohns gewidmet ist. Prof. Johannes Modersohn aus Berlin, ein Enkel des Malers, leitet die Umnutzung. In enger Abstimmung mit der Denkmalpflege wurden zunächst alle verunklärenden jüngeren Einbauten entfernt, so dass der bauzeitliche Raumzuschnitt im Großen und Ganzen zurückgewonnen ist. Im Erdgeschoss ist nun Platz für vier Ausstellungsräume und einen großzügigen Museums-Shop, im Obergeschoss entstehen ein Büroraum, ein Kabinett für Filmvorführungen und ein Vortragsraum mit weiteren Ausstellungsmöglichkeiten. Tecklenburg ist eine stolze Stadt mit reicher Geschichte und einer selbstbewussten Bürgerschaft, deren Bildungsstand und Einkommen deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen. Dem privaten Wohlstand jedoch steht öffentlicher Mangel gegenüber, der der Stadt kaum Spielraum für die sogenannten freiwilligen Aufgaben lässt, zu denen in Deutschland immer noch die Förderung von Kunst und Kultur zählt. Umso wichtiger wird es da, dass – wie schon im zünftig strukturierten Mittelalter oder in der frühen Neuzeit – die Bürgerinnen und Bürger selbst mit Hand anlegen an die Gestaltung ihres Gemeinwesens, was seit langem der Verein „Aktive Bürgerschaft“ in seinen Schriften eindrucksvoll dokumentiert. Von Regierungspräsident Dr. Jörg Twenhöven, dem langjährigen Oberbürgermeister der Stadt Münster, stammt der Satz: „Die Gesellschaft kann viel mehr, als der Staat bezahlen kann.“ Das beweist sich in den Bereichen Soziales, Sport und Kultur täglich wieder neu durch die Arbeit in Gemeinden und Vereinen. Neben der Wirtschaft, die primär unternimmt, was Erfolg verspricht, und dem Staat, der sich zunehmend auf seine Kernaufgaben zurückgeworfen sieht, setzt der sogenannte „Dritte Sektor“ des bürgerschaftlichen Engagements gerade da an, wo es einer aktiven Bürgerschaft um den Kitt der Gesellschaft geht: beim Gemeinsinn. So auch Otto Modersohn, der immer wieder in seine westfälische Heimat zurückkehrte: Hier entdeckte er für sich das Spektakuläre im Unspektakulären; hier suchte er das Große im Kleinen; hier fand er das Zauberhafte im Unscheinbaren. Joseph von Eichendorff hatte sich als Lyriker auf die Suche nach dem Zauberwort gemacht: „Schläft ein Lied in allen Dingen, / Die da träumen fort und fort, / Und die Welt hebt an zu singen, / Triffst du nur das Zauberwort“ (Wünschelrute, 1835); Otto Modersohn war als Maler mit eben jener „Wünschelrute“ begabt, die ihn Zauberorte finden ließ, deren Bilder jedem Betrachter die Seele weit werden lassen: einfache Orte wie einen sandigen Weg vor Münster unter endlos weitem Himmel – lauter typisch westfälische „Psychotope“. Dieses OMMT ist ein kleines Wunder bürgerschaftlichen Engagements in Zeiten öffentlicher Sparzwänge. Die dieses Wunder möglich gemacht haben und es auch weiter unterhalten werden, haben sich der Stadt und dem Kreis gegenüber verpflichtet, das Haus ganz ohne öffentliche Mittel zu betreiben – voller Zuversicht, dass sich ein breit aufgestellter Förderkreis begeisterungsfähiger Menschen findet, die dieses für die Stadt, den Kreis und das Münsterland bedeutende Projekt mit tragen. In diesem Sinne hat es sich der Anfang Dezember 2014 gegründete Förderkreis Otto Modersohn Museum in Tecklenburg e.V. zur Aufgabe gemacht, die Ausstrahlung Tecklenburgs als Kulturstadt durch die Förderung des Werkes von Otto Modersohn zu stärken, dadurch den sanften Tourismus zu fördern und Tecklenburg in ein kreisweites Netz von Kulturstandorten – wie z.B. dem Kloster Bentlage mit seiner „Westfälischen Galerie“ – einzubinden. Zeitnah möchte der Förderkreis stark genug sein, den Betrieb des Museums rein ehrenamtlich zu organisieren, mittelfristig auch eine Teilzeitkraft für die Organisationsaufgaben einzustellen und langfristig vielleicht sogar die kunsthistorische Forschung über Otto Modersohn mit unterstützen zu können. www.ommt.de Fotos Markt 9: H. Willers Sollten wir dann Hermann Willers’ Schlüsselbild nicht auch als Appell lesen? Ist der Schlüssel zum Erfolg dann nicht das Mittun? Müssen wir dann nicht, um die Tür zu Neuem zu öffnen, mehr als nur die Klinke in die Hand nehmen? Müssen wir nicht – ohne Furcht und Zagen – über die Schwelle treten, um uns und der Stadt neue Räume zu eröffnen? Räume, die im buchstäblichen Sinn der Kunst Otto Modersohns und der Feier seiner Kreativität dienen, im übertragenen Sinne aber auch der Vermittlung eines wichtigen Kapitels in der Geschichte des Tecklenburger Landes und nicht zuletzt auch dem Bürgerstolz auf diese Geschichte! Der Förderkreis Otto Modersohn Museum in Tecklenburg e.V. lädt alle Interessierten herzlich dazu ein, teilzunehmen an diesem ambitionierten Gemeinschaftsprojekt, für das er passionierte Aktive und engagierte Förderer sucht.
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