Wormser Zeitung vom 10.07.2015 Stolpersteine in Worms verlegt: Erinnerung an 23 Schicksale Von Ulrike Schäfer WORMS - Zum zehnten Mal wurden am Donnerstag auf Initiative des Vereins Warmaisa Stolpersteine in Worms verlegt, insgesamt 23 Stück, und nie zuvor hatte sich eine so große Menge eingefunden, um der Menschen, die hier gelebt hatten, zu gedenken. In der Kämmererstraße 10, ganz in der Nähe der Familie Arthur Mayer (siehe unten stehenden Bericht), hatten Alfred Herz und seine Eltern Ferdinand Julius und Selma Magdalena, geborene Salomon, gelebt. Zwei Schüler des Rudi-Stephan-Gymnasiums hatten das Schicksal des Jungen Alfred recherchiert, der 1932 in die Sexta des Gymnasiums aufgenommen worden war, aber niemals hatte Abitur machen dürfen, und trugen ihre Ergebnisse in Dialogform vor. Alfreds Vater war ein angesehener Kaufmann, der mit seinem Bruder Albert ein Eisenwarengeschäft betrieb. Durch die Boykottmaßnahmen von 1933 wurde er jedoch gesellschaftlich und wirtschaftlich ins Abseits gedrängt. 1936 verließ der 16-jährige Alfred die Schule, angeblich um eine kaufmännische Ausbildung zu beginnen. Die Reichspogromnacht war ein weiterer tiefer Einschnitt. Die Familie des Onkels wurde misshandelt, sein Geschäft verwüstet. Alfred und seine Eltern zogen nach Mannheim, wo sie versuchten, sich so „unsichtbar“ wie möglich zu machen. Ob die Familie bei der Deportation der badischen, pfälzischen und saarländischen Juden im Oktober 1940 ins Lager Gurs verschleppt wurde, ist unbekannt. Fest steht, dass sie im August im Sammellager in Drancy/Paris war und von dort nach Auschwitz gebracht wurde. Als Alfred starb, war er 20 oder 21 Jahre alt. DER ANFANG „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Dieses Zitat aus dem Talmud war dem Kölner Künstler Gunter Demnig Motivation, in den 1990er-Jahren sein Projekt „Stolpersteine“ ins Leben zu rufen. Freitod nach Deportation Schüler des Gauß-Gymnasiums hatten sich im Unterricht von Gundula Werger eingehend mit der Familie Mayer in der Luisenstraße beschäftigt, insbesondere mit den Brüdern Julius, Fritz und Erwin Mayer. Fritz und Erwin hatten im Zeitraum von 1898 bis 1908 die Oberrealschule (heute GaußGymnasium) besucht. In ihrem erschütternden Bericht zeichneten die Schüler, die auch einen der Stolpersteine spendeten, das Schicksal von insgesamt neun Personen nach: Bis auf Lieselotte Mayer waren sie alle ums Leben gekommen. In der Wilhelm-Leuschner-Straße berichtete Apotheker Werner Schlienbecker von Amelie Mayer, die nach dem Tod ihres Ehemanns Bernhard allein ein Hüte- und Modegeschäft in der KW betrieb. 1933 musste sie das Geschäft aufgeben, Sohn Erwin wanderte mit seiner Frau nach Jugoslawien aus, sie zog zur Tochter Betty Leyser nach Essen. Als Tochter und Schwiegersohn deportiert wurden, nahm sie sich das Leben. Werner Steiner schließlich berichtete von den Schwestern Elisa, Bertha und Lea Blum, die auf dem Obermarkt ein Modegeschäft hatten und noch in hohem Alter Schreckliches erleben mussten, und Rudi Hauser schilderte in der Bärengasse 27 das tragische Schicksal August Langs, seiner Tochter Auguste Loduchowskis und ihrer Kinder. Schüler des Leistungskurses Geschichte von Frau Werger haben die Verlegung im Unterricht vorbereitet. Wormser Zeitung vom 04.07.2015 - Schülern des GGW verlesen Biografien von Familie Mayer Nachrichten Worms 04.07.2015 Stolpersteine werden verlegt WORMS - (red). Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt zusammen mit dem Verein Warmasia, der seit acht Jahren das Projekt „Stolpersteine in Worms“ betreibt, insgesamt 23 Stolpersteine in Worms. Dabei sind zum ersten Mal Gäste aus Israel, die eigens aus diesem Anlass nach Worms kommen. Acht Angehörige der Familie von Artur Mayer und Lisbeth Mayer wollen auf Einladung von Warmaisa am Donnerstag, 9. Juli, dabei sein, wenn in der Kämmererstraße 10 um 11.30 Uhr die Stolpersteine für ihre Vorfahren verlegt werden. Nur wenige Meter daneben werden weitere Steine für die Familie Herz verlegt. Die Patenschaft dafür hat der Hebräisch-Kurs des Rudi-Stephan-Gymnasiums mit Barbara Steuer übernommen. Die nächste Station ist dann die Luisenstraße 3. Dort werden Schüler des Gauß-Gymnasiums neun Biografien einer weiteren Familie Mayer verlesen, die sie mit ihrer Lehrerin Gundula Werger recherchiert haben. Die weiteren Stationen sind Wilhelm-Leuschner-Straße 10 (vor der Apotheke), Obermarkt 22 (2 Steine) und Bärengasse 27 (4 Steine). Wenn diese 23 Steine verlegt sind, ist die Zahl der Wormser Stolpersteine auf 152 angewachsen; etwa 200 weitere sollen noch dazukommen.
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