«Nicht der Durchschnitt interessiert mich, sondern das Eigenständige»

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Jonas Ruther
«Nicht der Durchschnitt
interessiert mich,
sondern
das Eigenständige»
Der Schlagzeugstudent Jonas Ruther
gehört zu den hoffnungsvollen
Nachwuchstalenten der Schweizer
Musikszene. Dieses Jahr schliesst er sein
Studium an der Hochschule Luzern –
Musik – ab.
Text: Fabrice Müller
Bild Titelseite: Photograph Timon Schäppi
JAZZTIME-Verlag CH-5312 Döttingen
Nicht in erster Linie die Technik oder das Mathematische interessiere ihn am Schlagzeug, sondern vielmehr das Instrument als Kommunikationsmittel, sagt Jonas Ruther, der diesen Sommer
an der Jazzabteilung der Hochschule Luzern
– Musik – sein Studium abschliessen wird. «Die
einen haben einen ausgesprochen technischen
Bezug zum Schlagzeug. Bei mir steht das Emotionale im Vordergrund. Ich lerne zum Beispiel
einen Rhythmus stundenlang, bis ich das Gefühl
habe, dass er in mein emotionales Gedächtnis
übergegangen ist und mich berührt», erzählt
der 25-jährige Musikstudent. Diese Art, einen
Rhythmus zu lernen, brauche zwar mehr Zeit,
als wenn man ihn vor allem über die Noten und
Technik spielt. Es sei eben stets eine persönliche
Sache, wie sich ein Musiker an ein Stück herantaste. «Ich versuche, tendenziell einfacher zu
spielen, dafür mit einer gewissen emotionalen
Absicht. Allzu komplizierte Stücke interessieren
mich weniger, weil dann der Kopf zu stark im
Spiel ist. Wenn ich mich bei einem Stück wohl
fühle, kommt das auch beim Publikum entsprechend rüber», ist Jonas Ruther überzeugt.
Improvisation und Gleichberechtigung
Der Schlagzeuger sieht sich als vollwertiges
Mitglied der Band. Diese Rolle habe sich in den
letzten Jahren verändert. Während Schlagzeuger
früher vor allem begleitende Rhythmusaufgaben
übernommen haben, sind sie heute vielerorts
ein wichtiges, stilprägendes Element. Dies hängt
laut Jonas Ruther stark mit der professionellen
Ausbildung von Musikern an den Jazzschulen
zusammen, wo auch Schlagzeugstudierende in
Harmonik und Melodik ausgebildet werden und
nachher Aufgaben als Bandleader und Komponisten übernehmen. «Ich betätige mich auch
als Komponist in unseren Formationen. Bei uns
herrscht unter den Musikern Gleichberechtigung.
Wir legen grossen Wert auf Improvisationen und
das Zusammenspiel», erzählt Jonas Ruther. Be«TELEJAZZ 2013» 33
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wusst spielt der Zürcher in Formationen, in denen die Improvisation ein zentrales Thema ist.
So auch als Co-Leader in der Band Hely, einem
Klavier-Schlagzeug-Duo mit Lucca Fries, oder in
seinem neuen Trio mit Dave Gisler an der Gitarre
und Tobias Meier am Alt. Aktuell spielt er auch
als Sideman in Bands wie «Smiff», «France Porter» oder der Formation von Raphael Jost.
Zwei Förderpreise gewonnen
Zu den Vorbildern von Jonas Ruther gehören
einheimische Schlagzeuger wie Norbert Pfammatter, Christian Niederer sowie internationale
Grössen wie Ed Blackwell, Jorge Rossy oder Steve Jordan. Zwei Musikpreise würdigen das Talent und Schaffen des Musikstudenten aus der
Limmatstadt: 2003 war Jonas Ruther Gewinner
des UIL Championship in den USA als «most
outstanding multiple percussionist». Letztes Jahr
gewann er den Förderpreis der Friedl-Wald Stiftung, was ihm einen sechsmonatigen Aufenthalt
in New York ermöglichte. Neben seinen Auftritten in diversen Formationen gibt Jonas Ruther
sein Wissen als Schlagzeuglehrer der Musikschule der Stadt Zürich weiter, wo er mit einem
25-Prozent-Pensum angestellt ist. «Mir gefällt
die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen
sehr. Meine Faszination für das Schlagzeugspielen weiter zu geben und Neugierde an der Musik
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zu wecken, ist für mich etwas vom Schönsten
meiner Arbeit als Musiklehrer.»
Die Suche nach dem persönlichen Stil
Vor elf Jahren wurde Jonas Ruther vom Schlagzeug-Virus infisziert. Von 2002 bis 2006 nahm er
bei Christian Niederer Unterricht. Danach folgte
das Bachelorstudium an der Hochschule Luzern –
Musik, wo er Unterricht bei Norbert Pfammatter,
Marc Halbheer, Kaspar Rast, Roberto Domeniconi und Dominik Burkhalter genoss. 2011 begann
das Masterstudium in Performance, das er diesen Sommer bei Norbert Pfammatter abschliessen wird. Wie hat Jonas Ruther die Ausbildung
erlebt? «Es war für mich eine äusserst positive
Erfahrung. Die Jazzschule in Luzern ist sehr offen
und ermöglichte mir die Suche nach meinem persönlichen Stil.» Auf einen bestimmten Stil möchte sich Jonas Ruther nicht festlegen. Die Improvisation hat es ihm angetan. Diese Leidenschaft
möchte Jonas Ruther künftig gezielt in ausgewählten Bands pflegen und weiterentwickeln.
«Es würde mich reizen, für längere Zeit an einem
Projekt zu arbeiten, das dann auch Früchte trägt.
Nicht der Durchschnitt interessiert mich, sondern
das Eigenständige.»
www.jonasruther.ch
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