Organisation : Pausenverpflegung
Äpfel aus dem
Natürlich ernähren wir uns auch im Büro alle ganz gesund, achten auf die
Herkunft von Produkten und auf die schlanke Linie. Doch was kommt bei
der Pausenverpflegung am Arbeitsplatz wirklich am besten an? Wir haben
bei Anbietern nachgefragt. Alice Gundlach
Es ist 9 Uhr und der Magen meldet sich. Das
zweite Frühstück am Schreibtisch ist angesagt – das sollte aber schnell erledigt sein,
denn man will die Pause ja optimal ausnutzen.
Schnell, das ist oft ein Riegel oder Gebäck aus
dem Automaten oder der Kantine. Viele Büroarbeiter – und auch ihre Unternehmen – wünschen sich gesünderes Essen am Arbeitsplatz.
Aber gesund alleine reicht vielen nicht.
Automaten- und Kantinenbetreiber arbeiten
ständig an neuen Konzepten. Dabei gilt es
manchmal auch, scheinbar konträre Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Beispiel: Das
Angebot soll abwechslungsreich sein, aber
auch möglichst regionale Produkte beinhal22 : Miss Moneypenny 4·2015
ten. Der Restaurant- und Kantinenbetreiber
ZFV, Zürich, hat zum Beispiel an allen seinen
Standorten regionale Zulieferer. «Für eine
Kantine in Bern kommt das Fleisch dann auch
von einem Berner Metzger», betont CEO Andreas Hunziker. «So haben wir kurze Wege
und halten die Wertschöpfung in der Region.»
Vitamine oder Rührei mit Speck?
Bei Backwaren sind die Schweizer überwiegend traditionell, sagt André Katschinski,
­Leiter Category Management bei Selecta,
dem grössten Automaten-Aufsteller in der
Schweiz: «Gipfeli, Linzer Schnitten – so etwas
iStockphoto
Automaten
läuft immer.» Die «Swissness» sei ein wichtiger Faktor – dafür bietet Selecta die Backwaren-Linie «Maître Gaston» an. Abwechslung müsse man zwar schon bringen, allerdings mit Bedacht: «Muffins sind hierzulande
etabliert. Ab und zu dürfen es auch einmal
Cookies oder Bagels sein.» Immer auf die allerneuesten Trends aufzuspringen, sei aber
nicht geeignet für die Betriebsverpflegung.
Lieber bietet Selecta wechselnde «Sandwiches des Monats» an.
Für den Vitamin-Kick am Morgen betreibt der
ZFV an manchen Standorten Obst- und Gemüse-Bars und neuerdings auch Counter, an
denen Smoothies frisch gemixt werden. «Die
Pausenverpflegung : Organisation
Smoothies werden auf Wunsch auch mit
‹Superfood›-Zutaten wie Chia-Samen versetzt
und die Obst-Gemüse-Mixe können auch unpüriert als Salat mitgenommen werden», erklärt Andreas Hunziker.
Doch manchmal ist eben auch einfach nur
Genuss gefragt. «In manchen unserer Betriebe bieten wir einmal pro Woche ein Ameri-
von den bekannten Schweizer Traditionsmarken kommen, betont Schlittler.
Auch Selecta verkauft nach eigenen Angaben
am häufigsten Schoggi- und Müsliriegel. Gerade hat der Anbieter aber eine neue Linie mit
dem Namen «Fresh+Fit» mit eigenen Automaten kreiert. Diese sind gefüllt mit frischen
Obst- und Gemüseportionen, Smoothies,
Man ernährt sich zunehmend gesünder, will aber
zwischendurch auch mal bewusst sündigen.
can Breakfast an. Das ist enorm beliebt», berichtet Andreas Hunziker. «Das hängt auch
damit zusammen, dass sich das Frühstück
zunehmend von zu Hause an den Arbeitsplatz
verlagert.»
In der Mittagspause kommt in manche ZFVKantinen an bestimmten Tagen ein SushiMaster, ein anderer Trend seien aber auch
hausgemachte Burger – aber nicht wie im
Fast-Food-Restaurant, sondern unter anderem mit hochwertigem Angus Beef, betont
Hunziker. «Die Nachfrage nach Finger Food
steigt generell, vor allem auch zum Mitnehmen. Dafür halten wir dann auch entsprechende Behälter vor.»
Nicht immer nur Sandwiches
Auch bei der Sitzungsverpflegung ist Kreativität gefragt. «Immer nur Sandwiches, das ist
langweilig. Eine Alternative dazu sind Single
Portions wie unsere Gourmet Trays», erklärt
Andreas Hunziker. Diese sind angelehnt an
Bento-Boxen, die in Japan beliebt sind, und
enthalten je eine Vorspeise, ein kleines Hauptgericht und ein Dessert. Neben einer asiatischen Variante bietet der ZFV auch ein
schweizerisches und ein vegetarisches Gourmet Tray an. Ein anderes Beispiel für klein
portionierte Snacks sind Weckgläser, die mit
Suppen, Salaten, Spiesschen oder Falafeln
gefüllt werden.
«Auch wenn Automaten und gesundes Essen
zunächst wie ein Widerspruch klingt: Wir sehen das steigende Kundenbedürfnis nach
gesunden und nachhaltig produzierten Zwischenverpflegungen am Arbeitsplatz», berichtet Martin Schlittler, Marketing Director des
Büroartikel-Lieferanten Lyreco, der auch
Snacks im Angebot hat. Deshalb biete man
zum Beispiel auch Bio-Schokoriegel, Bio-­
Cashew-Nüsse, Bio-Kaffee und Bio-Rohr­
zucker an. Am meisten verkauft würden aber
die Schoko-Snacks. Diese müssten natürlich
leichten Sandwiches oder Gemüsesuppen.
«Alle diese Produkte sind zertifiziert von der
Berner Fachhochschule für Gesundheit», berichtet André Katschinski. Die Auswahlkriterien
dabei: Die Produkte sollen vollwertig sein und
möglichst wenig Fett, Salz und Zucker enthalten. «Dabei fielen auch so manche Produkte
heraus, die man zunächst für gesund halten
würde, zum Beispiel bestimmte Müsliriegel,
die viel Zucker enthalten», erklärt Katschinski.
Wählerisch beim Fleisch
Vegetarisch und vegan sind derzeit die am
meisten gehypten Essens-Trends. Die Nachfrage danach steigt zwar, aber gleichzeitig gibt
es auch die Gegenbewegung. «Wir beobachten eine gesteigerte Nachfrage nach Wurst-
«Nach unseren Erkenntnissen sind etwa 50 Prozent der Bevölkerung Fleischesser, 40 Prozent sind Flexitarier, die Fleisch auch einmal
bewusst weglassen, etwa 10 Prozent sind Vegetarier und davon ein bis zwei Prozent Veganer», berichtet Andreas Hunziker. Es gebe nur
vereinzelt «Cluster-Standorte», an denen sich
ein grösseres Angebot für Vegetarier lohne: An
der Uni Zürich eröffnet der ZFV demnächst
seine erste vegetarisch-vegane Mensa.
Bitte klären Sie mich auf!
Ein wichtiger Punkt ist allerdings die Trans­
parenz in Bezug auf Lebensmittelallergien und
Unverträglichkeiten. «An Hinweisen auf Gluten oder Laktose sind wir dran», sagt André
Katschinski. Ausserdem wolle man auch Produkthinweise auf Vegetarisches und Schweinefleischloses einführen.
Im Oktober startet der ZFV die Initiative «Aus
Freude am Genuss», die die Ernährungstrends
Gesundheit, Nachhaltigkeit und Transparenz
verbinden soll. «Dabei werden mit Icons zum
Beispiel vegetarische Produkte gekennzeichnet oder Informationen für Allergiker gegeben», erklärt Andreas Hunziker. Neben der
Deklaration an den Angeboten selbst sollen
auch Broschüren ausgelegt werden, die über
die Lieferanten Auskunft geben.
Kurzum: Die Kunden haben vor allem ein gesteigertes Bedürfnis danach, über die Herkunft und die Inhaltsstoffe von Produkten
Sechs Food-Trends für die Pause
1. Smoothies: Obst und Gemüse werden zusammen frisch püriert, z. B. Apfel und Spinat.
2. Esst mehr Obst: Für die unkomplizierte Versorgung mit gesunden Snacks sorgen Vitamin-Bars in
der Kantine und frische Obst- und Gemüseportionen aus dem ­Automaten.
3. Burger: Individuell belegt, mit einem Patty aus hochwertigem Fleisch – McDonald’s war gestern.
4. Fair naschen: Zutaten für Schoggi- und Müsliriegel kommen immer öfter nicht nur aus biologi­
schem Anbau, sondern auch aus fairem Handel.
5. Fleischeslust: Der Veggie-Welle zum Trotz werden Wurst- und Schinkensnacks ­immer beliebter.
Beim Kantinenbesuch achten die Kunden bei keinem anderen Produkt so sehr auf regionale Herkunft
wie bei Fleisch und Geflügel.
6. Frozen Yoghurt: Der US-Dauerbrenner hat auch die Schweiz erreicht und erobert nun die Kantinen.
und Fleisch-Snacks, zum Beispiel Landjäger
oder Bündner Fleisch», berichtet André Katschinski. Bei Fleisch sind die Verbraucher aber
auch am wählerischsten: Eine Umfrage im
Auftrag des ZFV habe ergeben, dass die Konsumenten bei keinem anderen Produkt so
grossen Wert auf Herkunft und Nachhaltigkeit
legten, berichtet Andreas Hunziker.
aufgeklärt zu werden, damit sie das Gefühl
bekommen, selbst über ihre Ernährung entscheiden zu können. Andreas Hunziker fasst
zusammen: «Man ernährt sich zunehmend
gesünder, aber man will zwischendurch auch
einmal bewusst sündigen.» M
Miss Moneypenny 4·2015 : 23