Haushaltsrede von Bürgermeisterin Susanne Stupp

Rede von Bürgermeisterin Susanne Stupp
zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2016/2017
in der Sitzung des Rates am 15. März 2016
- Es gilt das gesprochene Wort (Sperrfrist: Beginn der Rede)
Sehr
geehrte
Kolleginnen
und
Kollegen
aus
Rat
und
Verwaltung,
meine Damen und Herren von der Presse,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
meine Worte zum Haushaltsentwurf sind an neuer Stelle,
nämlich bei der Einbringung und nicht bei der Verabschiedung.
Daher möchte ich auch ganz unkonventionell mit einem
Dankeschön beginnen. Und zwar möchte ich den Fraktionen
danken, dass Sie dem Kämmerer und mir im Vorfeld ein
positives Signal zu unserer Absicht gegeben haben, einen
Doppelhaushalt für 2016 und 2017 vorzulegen.
Das gibt uns sowohl Gelegenheit, uns in der zweiten
Jahreshälfte intensiv mit dem Thema „wirkungsorientierter
Haushalt“ zu beschäftigen, als auch die nötige Zeit, uns
gemeinsam zwischen Fraktionen und Verwaltung über künftige
Standards zu unterhalten.
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Das ist aber auch leider fast das einzige, das mich am
Haushaltsentwurf wirklich positiv stimmt.
Wobei eins möchte ich doch noch hervorheben, weil das nicht
selbstverständlich ist: Wir haben in den letzten Wochen immer
darauf hingewiesen, dass es nicht nur „nicht gut“ aussieht,
sondern dramatischer denn je.
Nach den ersten Gesprächsrunden mit den Fachdiensten und
Abteilungen und ersten Prognosen sah es lange so aus, als ob
ein Haushaltssicherungskonzept unabwendbar ist.
Das liegt nicht daran, dass die Verwaltung über ihre
Verhältnisse lebt. Wie Sie alle wissen, liegt das fast
ausschließlich an den Dingen, die von außen kommen und auf
die wir keinen Einfluss haben.
Dass die folgenden Verhandlungen weder dem Kämmerer und
mir noch den Fachdiensten leicht gefallen sind, können Sie sich
alle vorstellen. Sparen macht keinen Spaß.
Aber in der aktuellen Situation musste die Verwaltung
erkennen, dass viele lieb gewonnene Standards aus den
letzten Jahren und Jahrzehnten einfach nicht mehr zu halten
sind. Dafür war Mut zur Wahrheit nötig.
Und dieser Mut hat mich – quer durch alle Bereiche und
Abteilungen – sehr beeindruckt.
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Ich möchte mich deshalb ehrlich und aufrichtig bei allen
bedanken,
die
mit
Verständnis
und
Augenmaß
dazu
beigetragen haben, dass wir mit dem heutigen Entwurf einen
Ausgleich geschafft haben.
Dieser Haushalt ist mehr als „auf Kante genäht“ und lässt keine
Luft nach oben. Im Rat haben wir vor genau einer Woche zur
aktuellen Flüchtlingssituation sehr intensiv diskutiert, was
Wunsch ist und was Wirklichkeit. Wir haben gemeinsam
Grundsätze für die Unterbringung von Menschen definiert, die
wir in unserer Stadt aufnehmen. Ob wir das in der Praxis halten
können, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Die
Zahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, hat sich
zwar gerade ein bisschen entspannt. Aber wir haben im Rat
letzte Woche auch festgestellt: Je nachdem von welcher Seite
man in die „Glaskugel“ schaut, haben Prognosen eine große
Spannweite.
Wo die Reise hingeht, wie viele Menschen und vor allem
welche Herausforderungen uns noch bevorstehen, weiß die
Verwaltung genauso wenig wie Sie. Genau hierzu hat der
griechische
Redner
und
Reformer
Perikles
vor
vielen
Jahrhunderten schon sehr treffend erkannt:
„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen,
sondern darauf, auf die Zukunft vorbereitet zu sein.“
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Das möchte ich gerne mit dem Rat gemeinsam zum Grundsatz
unserer weiteren Beratungen machen.
Stellvertretend
für
alle
Kolleginnen
und
Kollegen
der
Verwaltung kann ich Ihnen versichern, dass auch wir hoffen,
dass sich die schlimmsten Prognosen am Ende nicht
bestätigen. Deshalb danke ich Ihnen, dass Sie uns mit den
Beschlüssen
zur
Unterbringung
Vorbereitung
der
neuer
Flüchtlinge
Standorte
einen
für
die
konkreten
Handlungsauftrag gegeben haben.
Wer auch immer in unsere Stadt kommt und hofft, hier eine
neue Heimat zu finden, soll wissen: Wir alle nehmen die
Verantwortung ernst, diese Menschen nicht nur bei uns
willkommen zu heißen und im Rahmen der Erstaufnahme zu
versorgen, sondern auch langfristig Perspektiven für eine
gelingende Integration zu schaffen.
Wie
wir
uns
in
dem
Bereich
aufstellen,
ist
ein
fachdienstübergreifendes Thema. Wir werden unsere weitere
Strategie natürlich auch gemeinsam mit dem Rat und den
Fachausschüssen
abstimmen.
Da
sind
Bereiche
wie
Stadtentwicklung und Wohnungsbau genauso betroffen wie
Familie und Soziales oder Kultur.
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Wie Sie wissen, beschäftigt sich die Verwaltung aktuell mit
Überlegungen zu einem Integrationskonzept, das wir Ihnen zu
gegebener Zeit vorstellen und mit Ihnen diskutieren wollen.
Wir müssen und wir werden also sparen. Die Verwaltung hat
deshalb alles kritisch auf den Prüfstand gestellt und einige
Projekte in spätere Jahre verschoben. Alle Fachdienste und
Abteilungen haben wichtige Beiträge geleistet, um die Zahl auf
der Ausgabenseite zu verringern.
Am Ende sind es aber die großen Projekte gewesen, die uns
vor dem Haushaltssicherungskonzept retten. Im Einzelnen
können Sie das dem vorliegenden Entwurf entnehmen.
Beispielhaft
möchte
ich
aus
dem
Bereich
„Kanal“
die
Maßnahmen an der Hasenweide und in der Rudolf-DieselStraße nennen, mit denen wir durch eine Verschiebung in
spätere Jahre ca. 1,2 Mio. Euro sparen wollen. Beim
Straßenbau möchten wir die Projekte „MAN im BP 60 F“ und
„JCB im Gewerbegebiet“ erst später angehen.
Soviel also zu den Ausgaben. Aber ein Haushalt hat schließlich
zwei Seiten. Ich möchte an dieser Stelle nicht die Vorschriften
der
Gemeindeordnung
und
die
Grundsätze
der
Mittelbeschaffung zitieren. Das überlasse ich Dr. Lehmann.
Außerdem bin ich überzeugt, dass Sie die vorgeschriebene
Reihenfolge der Einnahmebeschaffung selbst gut kennen.
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Es ist weder meine Aufgabe noch meine Absicht, den Haushalt
schön zu reden. Wir können aber auch auf der Einnahmeseite
nicht vermeiden, uns über Einschnitte zu verständigen. Wir
werden zwar versuchen, das auch in diesen schweren Zeiten in
einem moderaten Rahmen zu tun.
Aber - und auch das ist nichts Neues - für das Haushaltsjahr
2017 sieht der Entwurf Erhöhungen im Bereich der Grundsteuer
B und der Gewerbesteuer von 30 bzw. 40 Punkten vor.
Die Hoffnung stirbt zwar bekanntlich zuletzt, manchmal muss
man sie aber vielleicht doch begraben. Egal ob Fernsehen,
Radio oder Zeitung: Die Situation in der Energiewirtschaft ist
Ihnen allen bekannt. In den letzten Jahren hat es trotz düsterer
Prognosen immer noch gereicht. Davon sind wir diesmal mehr
als weit entfernt.
Aufgegriffen
haben
wir
einen
Hinweis
der
Gemeindeprüfungsanstalt zur Staffelung der Beiträge für die
Kindertageseinrichtungen. Auch wenn die GPA die Frechener
Staffelung der Einkommensgruppen grundsätzlich als sehr
differenziert positiv bewertet hat, gab es doch die Empfehlung,
eine Anpassung für die höheren Einkommensgruppen und in
Bezug auf die „Geschwisterkind-Regelung“ vorzunehmen.
Damit haben wir uns beschäftigt und werden Ihnen die
konkreten Vorschläge zu gegebener Zeit im Fachausschuss
vorstellen.
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Die Mehreinnahmen, die wir dadurch erzielen könnten, decken
allerdings
gerade
die
Mehrausgaben,
die
bei
den
Personalkosten nach den Tarifverhandlungen im Sozial- und
Erziehungsdienst entstanden sind.
Eins kann ich Ihnen aber versprechen: Unser Vorschlag sieht
keine
Erhöhungen
der
Beiträge
für
die
unteren
Einkommensgruppen vor. Mehreinnahmen um jeden Preis wird
nicht unsere Devise sein.
Meine Damen und Herren,
wir sind uns der aktuellen Sorgen und Ängste der Bürgerinnen
und Bürger bewusst. Die Unsicherheit die sich in der aktuellen
Flüchtlingssituation zeigt, nehmen wir ernst. Trotzdem wollen
wir vor allem eins: Wir wollen für die 52.000 Menschen da sein,
die
unsere
Stadt
ausmachen,
und
wir
wollen
unsere
Bürgerinnen und Bürger mitnehmen.
Frechen ist eine tolle Stadt. Das sage ich nicht weil das meine
Aufgabe als Bürgermeisterin ist, sondern weil mir das – trotz
einiger kritischer Stimmen – die meisten der Menschen die hier
leben, genauso so sagen. Die Kritiker mögen zwar lauter sein.
Aber die Anderen sind immer noch deutlich mehr. Und es ist
nicht nur Ihnen im Rat, sondern auch mir ein großes Anliegen,
dass das so bleibt.
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Der Mensch hat von Natur aus ein Bedürfnis nach Sicherheit.
Die Menschen in unserer Stadt sind da keine Ausnahme. Mit
der
Entscheidung
zum
Bau
der
neuen
Feuer-
und
Rettungswache und der Grundsteinlegung in der vergangenen
Woche sind wir einen großen Schritt weiter gekommen, genau
in dieses Sicherheitsbedürfnis zu investieren. Die neue Wache
ist ein Mammutprojekt, das es so in der Vergangenheit noch
nicht gegeben hat. Genau da sind die Investitionen mehr als gut
angelegt, und sowohl hinsichtlich der Infrastruktur als auch der
personellen Ausstattung werden wir das in Zukunft weiter
ausbauen.
Ja, wir müssen sparen. Aber in den Gesprächen mit den
Fachdiensten haben wir uns auch darauf verständigt, dass
Sparen „auf Teufel komm raus“ nicht das Ziel sein kann. In
wesentlichen Bereichen werden Sie im Haushaltsentwurf keine
Kürzungen
finden:
Nämlich
in
Bezug
auf
Sport,
Vereinszuschüsse, Brauchtumsveranstaltungen oder Kultur.
Die Menschen in Frechen sind in der aktuellen Situation enger
denn je zusammengerückt. In Gesprächen mit den Vereinen
haben wir in den letzten Monaten unglaublich viel Verständnis
erlebt. Das hat mich tief beeindruckt.
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Die Vereine leiden sehr unter der aktuellen Situation und haben
durch die Bank erklärt, dass sie trotzdem gemeinsam mit
Verwaltung und Politik versuchen werden, das Beste aus der
Lage zu machen. Das möchten wir gerne honorieren und
werden deshalb weder die Sportvereine noch die Kultur- und
Brauchtumsvereine über Gebühr strapazieren. Ehrenamt war
immer schon wichtig. Aber das Maß an Hilfsbereitschaft, das
wir hier vor allem seit dem Sommer 2015 erlebt haben, kannten
wir bis jetzt nicht.
Im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen, die täglich im
Bereich der Flüchtlingshilfe im Einsatz sind, sage ich deshalb
nochmal aufrichtig „Danke“!
Das hätte eine Verwaltung alleine niemals geschafft. Und ich
bin stolz, sowohl Chefin dieser Verwaltung zu sein, als auch
Bürgermeisterin vieler großartiger Menschen dieser Stadt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat,
so wenig wir also auch heute wissen, was in den nächsten
Wochen und Monaten auf uns zukommt, so sicher bin ich:
Schaffen können wir das nur zusammen. Erfolge werden wir
nur erzielen, wenn wir miteinander arbeiten. Gerne kritisch, in
der Sache auch gerne streitbar, aber am Ende mit gemeinsam
getragenen Ergebnissen.
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So habe ich den Frechener Rat bis heute immer erlebt. Und
auch in meiner neuen Funktion als Bürgermeisterin haben Sie
alle bis jetzt dazu beigetragen, dass ich mich in dieser Rolle
sehr wohl fühle und Spaß an meinem Amt habe. Hierfür danke
ich Ihnen nochmal besonders.
Ich wünsche mir natürlich, dass das so bleibt. Das wird mal
mehr und mal weniger der Fall sein, aber auch das bringt der
Job mit sich und ist völlig in Ordnung.
Ihnen
allen
wünsche
ich
für
die
kommenden
Haushaltsberatungen den Mut zu Entscheidungen. Auch wenn
die nicht immer alle zufrieden stellen werden. Uns allen sowohl dem Rat als auch der Verwaltung - wünsche ich, dass
wir am Ende der Beratungen gut gerüstet sind für die
Herausforderungen die uns erwarten.
In den Beratungen wollen wir Ihnen ein guter Partner sein. Für
Fragen und Erläuterungen stehen Ihnen die Spezialisten im
Haus jederzeit gerne zur Verfügung.
Die Verwaltung hat Ihnen einen Entwurf vorgelegt, dessen
Schwerpunkte ich Ihnen dargestellt habe. Beraten Sie ihn gut
und gewissenhaft, er hat es verdient!
Ach ja: ich würde dem Haushalt 2016/2017 zustimmen!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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