Klettern an künstlichen Kletteranlagen

Sicherungstheorie
SBI06587
Klettern an künstlichen
Kletteranlagen
Inhalte der Sicherungstheorie
1.
2.
3.
4.
5.
Der Lehrer beim Klettern
Die persönliche Schutzausrüstung
Künstliche Kletterwände
Der Sturz
Sicherungsarten, -geräte und das
Sichern
6. Besonderheiten in der Schule
7. Der Partner-Selbst-Check
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Jörg Rathsack
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1.1 Aufgaben des Lehrers
•
•
•
•
Vermittlung von Techniken
Beachten und Vermitteln von Sicherheitsaspekten
Umwelterziehung
Übermitteln der ästhetischen und sozialen
Grundsätze des Kletterns
• Schaffung optimaler Rahmenbedingungen
für das effektive und pädagogisch wertvolle
Klettern
• gering Halten aller Verletzungsrisiken
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Jörg Rathsack
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1.2 Einflüsse auf die Sicherheit
beim Klettern
• Verwendetes Material,
• Wahl der Sicherungsgeräte und -methoden
• Unterrichtsorganisation (Ordnung, Übersichtlichkeit, Kommunikation, ...)
• Zusammensetzung der Klassen/Gruppen
• Voraussetzungen (Wissen, Können, Alter, ...)
• Unterrichtsatmosphäre
• Eigene Voraussetzungen
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Jörg Rathsack
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2. Die persönliche Schutzausrüstung
• Seile, Reepschnüre, Bandschlingen, Karabiner,
Gurte, Sicherungsgeräte
• CЄ-Zertifizierung (z. B. CЄ 0123)
• Nachweis über Kauf, Zustand, Verwendung und
Kontrollen führen!!!
• Verwendetes Fremdmaterial muss vor jeder
Nutzung im Unterricht durch Sachkundigen
geprüft werden
• Jährliche Materialprüfung durch Sachkundigen
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2.1 Seile
• Heutige Kern-Mantel-Seile bestehen aus
Polyamid
• Kerns: nimmt 70% der Belastung auf
• Mantel: Schutz des Kerns, 30% Belastung
• Bei Kontakt mit chemischen Stoffen (Säuren,
Laugen, Glykolen und Phenolen) sofort das Seil
aussondern!!!
23.08.15
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2.1.1 Dynamische Seile
• Dehnen sich bei Sturz (Energieaufnahme)
• In der Schule nur Einfachseile (①), keine Halb( 1/2 ) oder Zwillingsseile (
)
• Qualitätsmerkmale: Anzahl der Normstürze,
Flexibilität, Mantelverschiebung
• Vor jeder Nutzung Kontrolle auf: Mantelschäden,
Verdickungen, Verschmutzungen, Schmorspuren,
Verfilzungen, Knoten
• Gefahren durch: scharfe Kanten, Abrieb,
chaotischen Seilverlauf
23.08.15
Jörg Rathsack
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Jörg Rathsack
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2.1.2 Gebrauchsmeterszahl
als Maß der Abnutzung
Anzahl Normstürze
Gebrauchsmeter=(Abseilmeter * 1,66)+
(Klettermeter * 0,33)
16
Bei top rope-Nutzung
14
12
wird die Zahl verdoppelt
10
Bsp. 10m Umlenkpunkt:
8
Klettern,Ausbinden,Abseilen
6
=20Gebrauchsmeter
4
top rope
2
0
=40Gebrauchsmeter
0
2000
6000
12000
13000
Gebrauchsmeterzahl
11mm
23.08.15
Jörg Rathsack
10,5mm
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10mm
14000
2.2 Klettergurte
• Brustgurte nur in Verbindung mit Hüftgurten
verwenden
• Einsatz von Brustgurten individuell
• Für die Schule sind einheitliche Verschlusssysteme
günstig
• Einbinden direkt in das Seil (Produktbeschreibung)
• Vor jedem Klettern überprüfen: Verschlusssystem,
Sitz des Gurtes, Knoten, richtige Schlaufe
• Gurte aussondern bei: erkennbaren Schäden an
Bandmaterial, Nähten oder Metallteilen, Berührung
mit Chemikalien, übermäßiger Verschmutzung,
(nach großen Stürzen)
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Jörg Rathsack
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2.3 Karabiner
• Die Bruchlast (Belastbarkeit bis zum Bruch)
hängt von Lage, Belastungsrichtung und
Schnapperposition ab
8
• KN ↔22↕9
• Möglichst einheitliche Verschlusssysteme
verwenden
• Aussondern bei defektem
Verschlussmechanismus, Verformung,
Gradbildung, Einkerbung,
Einschleifungen durch Seil über 20% des
Querschnitts
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Bewertung der Verschlusssicherheit von Karabinern
Verschlusssicherheit
(DAV)
Niedrig
Mittel
Hoch - Safelock
Twist-Lock
Schrauber Magnetron
Ball-Lock Belay Master
Pinch Lock Slider
Push-/Pull-and-Twist
Bajonett gegenläufige
Schnapper
Beispiel für
Karabinermodelle
Verbindung
Sicherungsgerät mit
Klettergurt
23.08.15
Akzeptabel
(bei HMS Hand
unten mangelhaft)
Jörg Rathsack
gut
sehr gut
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3.1 Vorschriften für Kletterwände
• Vor Inbetriebnahme Abnahme durch
Sachverständigen (außer Boulderwände)
• Jährliche Prüfung durch Sachkundigen
(Zustand der Wand, Umlenkpunkte, Griffe)
• Fremdnutzung muss Unterbunden werden können
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3.1 Vorschriften für Kletterwände
• Absprungbereich (bis 2,5 Meter von der
Wand):
• Bis 0,5m Fußhöhe keine Stoß dämpfende
Unterlage nötig
• Bis 2,0m Fußhöhe Stoß dämpfende
Unterlage erforderlich
(bis 1,0m: Rasen, Kies, Holzschnitzel,
Sand, Turnmatten,
ab 1,0m Weichbodenmatten
→ Umknickgefahr)
• Über 2,0m Tritthöhe nur mit Seilsicherung
23.08.15
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4. Der Sturz
• Beim Abfangen eines Sturzes nimmt das Seil
durch Dehnung einen Teil der Energie auf und
entwickelt eine verzögernde Bremskraft, deren
größter Wert (am Ende der Sturzbewegung) der
Fangstoß ist (max. 1200 daN)
• Eine weitere Kraft wirkt gleichzeitig auf den
Sichernden: der Sturzzug
• Die Summe beider Kräfte wirkt auf den
Umlenkpunkt
• Sturzzug = 100%  Fangstoß = 150%
• Umlenkbelastung = Sturzzug + Fangstoß =
250%
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Kraft-Zeit-Diagramm eines Sturzes
Fmax --
F Gew. --
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5.1 Die Sicherungskette
• Ist die vollständige Verbindung vom Kletterer bis
zur Selbstsicherung
• Energieaufnahme durch:
Seil, Zwischensicherung,
Reibung, Anseilknoten,
Sicherungsgerät, Gurt,
Körper , Selbstsicherung
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5.2 Einbindeknoten
• Ziel für die Schule: Einfachheit, Erlernbarkeit,
Übersichtlichkeit, Einheitlichkeit
• Sackstich (Führungsknoten): einfach,
übersichtlich, geringer Seilverbrauch aber schlecht zu
lösen (hohe Energieaufnahme), Sicherungshalbschlag
• Achterknoten: etwas komplizierter, übersichtlich,
größerer Seilverbrauch, leichter zu lösen
• Doppelter Bulinknoten: kompliziert,
unübersichtlich, sehr gut zu lösen
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•Sackstich (Führungsknoten):
einfach, übersichtlich, geringer Seilverbrauch
aber schlecht zu lösen
(hohe Energieaufnahme),
evtl. Sicherungsschlag
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•Achterknoten:
etwas komplizierter, übersichtlich, größerer
Seilverbrauch, leichter zu lösen
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•Doppelter Bulinknoten:
kompliziert, unübersichtlich, sehr gut zu lösen
(Ergänzungsstoff)
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5.3 Sicherungsgeräte
Halbautomaten
(SG mit Blockierungsunterstützung)
Dynamische
Sicherungsgeräte
(ohne Blockierungsunterstützung)
GriGri
Smart
Click-Up
Eddy
Mega Jul
...
ATC
Tube
Halbmastwurfsicherung
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5.3.1 Halbautomaten



untertützen durch Blockierungshilfe die
Sicherung
Bremsfunktion wird durch das Einklemmen des
Seils zwischen Karabiner und Gerät erzeugt
Funktion ist (außer GriGri) von
Bremshandposition/-funktion abhängig
23.08.15
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5.3.1 Halbautomaten
Vorteile:

Funktionieren unabhängig von Handkraft des
Sichernden

Erhöhen Chance, dass trotz Sicherungsfehler
Bodensturz verhindert wird

Besonders geeignet für Kletterneulinge, leichte
Sichernde, unerfahrene beim Halten von Stürzen
und für Situationen, in denen Ablenkung und
Unaufmerksamkeit wahrscheinlich sind
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5.3.1 Halbautomaten
Nachteile:

Viele verschiedene Geräte mit unterschiedlichen
Eigenheiten, die gekannt und beherrscht werden
müssen

Verführt zur Unaufmerksamkeit

Kein gerätedynamisches Sichern möglich
23.08.15
Jörg Rathsack
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5.3.1 Halbautomaten
Empfehlung Smart

Einfaches Funktionsprinzip ohne komplexe
Mechanik

Löst auch bei geringem Zug aus

Ohne Bremshand nur 60-80kp Bremskraft!

Korrekte Bremshandposition und
Bremshandprinzip müssen beachtet werden

Nur mit HMS- oder Ovalkarabinern

Ablassen schwer dosierbar und unangenehm
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5.3.2 Dynamische Sicherungsgeräte






besitzen keine Blockierungsunterstützung
gerätedynamisches Sichern möglich
besonders für schwere Sicherer
Bremshandposition entscheidend (außer HMS)
mehr Handkraft nötig
mehr Aufmerksamkeit nötig
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23.08.15
Jörg Rathsack
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5.3.2.1 Sicherung mit ATC/Tube
Vorteile:
• schnelles Seileinziehen bzw. -ausgeben
• einfaches Einlegen, geringe Fehlerquote
• Seil schonend
23.08.15
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5.3.2.1 Sicherung mit ATC/Tube
Nachteile
• geringere Bremskraft (180...250daN)
• größere Handkräfte nötig
• kann je nach Gerät nach Belastung klemmen,
dadurch können Probleme beim Ablassen
auftreten
23.08.15
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5.4 Sicherungsarten
Das Gewichtsverhältnis zwischen Kletterer und
Sichernden ist bedeutend für die Wahl der
Sicherung

Je schwerer der Sichernde desto härter der Sturz
bei Blockierung

Maximale Gewichtsverhältnisse
bei top rope-Sicherung:
Sichernder 100%  Kletterer 150%

23.08.15
Jörg Rathsack
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Gewichtsunterschied
(DAV)
Faktor ≤ ca. 0,8
Weich Sichern mit Seil-Eingeben und
anschließendem dosierten Abfedern
Kein Seildurchlauf in der Bremshand
Ca. 0,9 – 1,1
Weich Sichern durch Abfedern
Aktive Körpersicherung
Ca. 1,1 – 1,2
Passive Körpersicherung
Faktor ≥ ca. 1,2
Ggf. Ballastsack oder Selbstsicherung
23.08.15
Jörg Rathsack
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5.4.1 körperdynamisches Sichern
Halbautomaten blockieren das Seil, so dass kein
Seildurchlauf entsteht

Der Sichernde lässt sich durch Sturzzug dosiert
mitziehen

Geeignet besonders bei schweren Kletterern und
leichten Sichernden

23.08.15
Jörg Rathsack
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5.4.2 gerätedynamisches Sichern
Bei dynamischen Sicherungsgeräten ist ein
kontrolliertes Nachgeben von Bremsseil möglich,
beispielsweise wenn Kletterer erheblich leichter
als der Sichernde ist

Es ist mehr Handkraft und Bewegungsroutine
zum Halten von Stürzen erforderlich, dafür kann
der Sturzverlauf besser beeinflusst werden

23.08.15
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5.5 Das Sichern
Die reine Fallhöhe ist nicht alles!!
• Schlappseil
• Seildurchlauf am Sicherungsgerät
• Seildehnung
• Zusammenziehen der Knoten
• Reaktionszeit
• Standpunktveränderungen des Sichernden
Risiko: die ersten Meter beim top rope
Klettern (grounder)
23.08.15
Jörg Rathsack
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5.5 Grundprinzipien des Sicherns


Konsequente Einhaltung des „Bremshandprinzips“
Bewegungsroutine beim Seileinholen, -blockieren
und -ablassen

Erfahrung im Halten von Stürzen

Beachtung des Gewichtsunterschieds

Berücksichtigung der Handkraft bei Gerätewahl

Richtige Position vor der Wand


Reduzierung der Schlappseillänge auf das Nötigste,
insbesondere beim „bodennahen Sichern“
Ständige Aufmerksamkeit
23.08.15
Jörg Rathsack
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Dreibeinlogik der Sicherung
(DAV)
Bremsmechanik des
Gerätes kennen
Bremshandprinzip
einhalten
Reflexe des Menschen
• Handhabungen favorisieren,
die dem Zugreif-Reflex
entsprechen
23.08.15
Jörg Rathsack
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In einer Einheit nicht mit
verschiedenen
Sicherungsgeräten sichern
 Gerätewechselunfälle
durch falsche Handhabung
6. Besonderheiten in der Schule
•
•
•
•
•
•
•
•
Konzentrierte und ruhige Atmosphäre
Positives Sozialverhalten, Potenzen nutzen!
Vorschriften, Bestimmungen, …
Problemlose Übersicht aller Bereiche durch
Lehrer
Eindeutige Kommandosprache
Ordnung im Sicherungsraum
Ständige Kontrolle durch Lehrer und Schüler
Organisation der ständigen Beschäftigung
23.08.15
Jörg Rathsack
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7. „4-Augen-Check“
oder Partner-Selbst-Check
• Die beste Prophylaxe gegen vermeidbare Fehler
ist die ständige, gegenseitige Kontrolle!
• Der 4-Augen-Check wird vor jedem Klettern
gegenseitig von den Schülern durchgeführt.
• Erst danach erfolgt die Abnahme durch den
Lehrer.
23.08.15
Jörg Rathsack
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7. „4-Augen-Check“
oder Partner-Selbst-Check
• Gurte: Schnallen/Verschlüsse,
Sitz („passt“ der Gurt)
• Knoten (Achter): Anseilpunkt, richtiger Knoten
• Sicherungsgerät: richtige Stelle, Seil richtig
eingelegt, Karabiner zu
• Seil/Umlenkung: Knoten am Ende, Seilverlauf, in
redundanter Umlenkung?
23.08.15
Jörg Rathsack
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Quellen
Sicherungsgeräte-Empfehlung des DAV
Halbautomaten sind keine Vollautomaten
FAQs - Sicherungsgeräte-Empfehlung des DAV
DAV Sicherungstheorie TrC Sportklettern 2015
DAV Methodik TrC Sportklettern
23.08.15
Jörg Rathsack
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