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EINKAUF • PRAXIS
Bei Amazon billiger …
Intelligente Preissuche im Netz macht Commodities günstiger
Bild: Onventis/Parsionate
Bei internetaffinen Warengruppen sind die Onlinepreise oft deutlich niedriger als die Konditionen von
Vertragslieferanten. Jetzt liefern Pricing-Maschinen tagesgenaue Preise für die Neu- und Nachverhandlung. Das hat Folgen.
B
estellen wir etwas privat, nutzen wir völlig selbstverständlich Preissuchmaschinen. Zunehmend tun wir das
auch im Job: Ob Flug, Hotel, Arbeits- oder Betriebsmittel, wir schauen reflexartig erst mal im Web, was das so
kostet. Die Krux für den Einkauf: Je internetaffiner eine Warengruppe, desto attraktiver sind tagesaktuelle Onlinepreise. Bestellt
wird in Unternehmen aber zu jährlich verhandelten Preisen, über
elektronische Kataloge und möglichst wenige Lieferanten mit Rahmenvertrag. Dass die mühsam konsolidierte Beschaffung teurer
sein soll als freie Angebote im Netz, sehen Bedarfsträger immer
weniger ein. Ihrem Budget kommen niedrige Prozesskosten und
unternehmensweite Savings schließlich kaum zu Gute. „Bei vergleichbaren Produkten ist für Konsumenten heute der Preis der
einzig dominierende Faktor, das wird sich weiter auf die Geschäftswelt übertragen“, beobachtet Preis- und E-Commerce-Spezialist
Vladislav Gordon, Leiter Produktmanagement bei der Stuttgarter
Parsionate GmbH. Der Onlinepreisverfall verführt also zu Maverick-Buying – noch bevor das alte Einkäuferproblem endgültig
aus der Welt geschafft ist. „Je weiter die Preise zwischen Rahmenverträgen und Onlineangeboten auseinander liegen, desto eher
sind Fachbereiche geneigt, am Einkauf vorbei zu beschaffen“, erklärt auch Frank Schmidt, CEO bei Onventis und fordert: „Mitarbeiter sind heute E-Commerce-affin. Deshalb achten sie auf Preise,
das sind sie aus ihrer privaten E-Commerce-Nutzung gewohnt.
Dies ist positiv für die Unternehmen. Deshalb gilt es, aktiv
Preistransparenz zu schaffen.“
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01/2016
Die Frage, die sich in der Tat stellt, lautet: Warum sollte der Einkauf nicht vom unterjährigen Online-Preisverfall einzelner Produktgruppen profitieren und sich die attraktiven Savings sichern?
Damit verbunden ist die Antwort auf die Überlegung: Wie teuer
darf die Reduktion von Lieferanten für ein Unternehmen überhaupt sein?
Es lebe der Marktpreis
Was also ist zu tun? Gleich einen Rahmenvertrag mit Amazon schließen oder konsequent B-to-B-Online-Marktplätze nutzen? Wer stellt
dann aber sicher, dass die Preise auf diesen Plattformen, die mit Blick
auf Prozesskosten oft als Single-Source fungieren, tatsächlich stimmen? Eine Antwort auf das Dilemma will das Beratungshaus Parsionate gemeinsam mit dem Cloud-Procurement-Spezialisten Onventis
bieten. Parsionate analysiert für die Sortimente großer Handelsgruppen tages- und stundengenau Marktpreise und liefert ihnen die
Grundlage für verkaufsstrategische Preisentscheidungen. Jetzt vermarktet Onventis diese Preismaschine für den Einkauf, der die
Funktion bequem integriert in der Cloud-Procurement-Lösung nutzen kann. „Wir liefern Lösungen für die Konsolidierung und Optimierung von Einkaufsprozessen. Deshalb ist es richtig, in die
Beschaffungsautomatismen auch die tages- und stundenaktuelle
Preistransparenz aufzunehmen und damit unter anderem die Maverick-Buying-Quote zu reduzieren“, erklärt Frank Schmidt. Konkret
sieht die Preisanalyse für Commodities so aus: Der Einkauf lädt Produktdaten und Preise hoch, das System sammelt Marktpreise, Ver-
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fügbarkeiten, Lieferzeiten und Versandkosten aus über 10 000 Onlinequellen und stellt sie den Produkten gegenüber.
Die Preistransparenz, die wir als Konsumenten schon lange gewohnt sind, hält damit in den Einkauf Einzug. Das bleibt nicht
ohne Folgen. Vladislav Gordon wagt eine Prognose: „Bei bestimmten Warengruppen wird sich der Einkauf von der Wunderwelt der
Reduktion auf wenige große Lieferanten wieder verabschieden.“
Gegen Preisverfall absichern
Heißt es also künftig: Preisverhandlung ade, es lebe die Internetsuche? Ganz so einfach ist es nicht. Aber der Einkauf erhält
durch den Realtime-Vergleich natürlich exzellente Daten und
kann einzelne Warengruppen sehr viel gezielter an Lieferanten
vergeben. Auch unterjährig lässt sich noch einmal nachfassen,
falls die Differenz zum ausgehandelten Preisgefüge zu groß
wird. Im Procurement-System wird der Preisverfall aktiv angezeigt und mögliche Savings auf
das verhandelte Einkaufsvolumen
hochgerechnet. „Für einen Einkäufer ist es wichtig, schnell bewerten zu können, ob die Preise,
die ihm angeboten werden, wirklich gut sind“, erklärt Gordon. Oft
haben nicht einmal die Lieferanten diese detaillierte Marktkenntnis und im Gespräch ergibt sich
dann die eine oder andere Überraschung. Keine eben schlechte
Verhandlungsposition.
Onventis Geschäftsführer Frank
Schmidt betont: „Eine One-Supplier-Strategie werde ich mit Blick
auf Versorgungssicherheit, Reduktion von Prozess- und Handlingkosten aufgrund einiger weniger
Cent Einsparung natürlich nicht
aufweichen, aber ich erhalte gegenüber meiner Single-Source eine
ganz andere Preistransparenz und
Preiskontrolle.“ Die Ziele der indirekten Beschaffung lauteten bislang: konsolidieren, logistische
Vorteile nutzen, Prozesskosten optimieren – die optimalen Preise
kommen jetzt als Zielgröße (zumindest theoretisch) wieder dazu.
Die Preistransparenz lässt sich
auch global nutzen. Über welche
Kanäle eine weltweite Bündelung
zu den besten Konditionen möglich ist, hierfür liefert die Analyse
ebenfalls Hinweise. Überhaupt
sind Marktpreise ein hervorragender Ausgangspunkt für Konsolidierungsbestrebungen, die bislang vor
allem auf Basis von Stammdaten
vorangetrieben werden. „Spiele ich
die Preise, die ich am Markt bekomme, dagegen, erhalte ich doch
ein ganz anderes Bild“, erklärt
Schmidt.
Preismaschine und Einkauf 4.0
Die Mission Rahmenvertrag mit wenigen großen Lieferanten geht
also durch Internet-Preismaschinen nicht zu Ende – sie bekommt
aber eine ganz andere Dynamik. Zum Beispiel durch eine höhere
Flexibilität, die Anpassungen bei merklichen Marktpreisschwankungen in die Verträge einbindet.
Letztlich nehmen Preismaschinen dem Einkauf ein weiteres
Stück Arbeit ab. Und das ist gut so. Wer als Sparringspartner für
Innovation fungiert, wer Wertbeiträge durch die Auswahl der richtigen strategischen Partner generiert, der sollte sich mit Preisen für
Commodities tatsächlich nicht länger als nötig aufhalten. Intelligente Preisfindung im Netz ist deshalb nur ein weiterer logischer
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Schritt im Projekt Einkauf 4.0.
Autorin
Annette Mühlberger