hintergrund // august 2015 Daten und Fakten zu Braun- und Steinkohlen Status quo und Perspektiven Impressum Herausgeber: Umweltbundesamt Fachgebiet I 2.5 Postfach 14 06 06844 Dessau-Roßlau Tel: +49 340-2103-0 [email protected] Internet: www.umweltbundesamt.de /umweltbundesamt.de /umweltbundesamt Autoren: I 2.5: Jeannette Pabst, Petra Icha, Detlef Drosihn, Jörg Schneider, Gunter Kuhs, Marion Dreher I 2.2: David Pfeiffer I 1.4: Lea Köder, Björn Bünger, Dirk Osiek I 3.5: Gertrude Penn-Bressel II 1.5 Kerstin Becker, Wolfgang Straff II 1.6 Dietrich Plaß, Dirk Wintermeyer II 2.1 Rüdiger Wolter II 2.2: Sabine Grimm II 2.4: Ingo Kirst II 4.1 Marcel Langner III 2.1 Rolf Beckers Publikationen als pdf: http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/datenfakten-zu-braun-steinkohlen Bildquellen: Titelbild: eyetronic | fotolia.com Stand: August 2015 ISSN 2363-829X Inhalt Einleitung und Datenquellen 7 1Braunkohlen 8 1.1Zusammenfassung 8 1.2 Energiewirtschaftliche Aspekte 8 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 Ressourcen, Reserven, Verfügbarkeit, Reichweite, Einsatzzwecke Anteil am Primärenergieverbrauch in Deutschland Anteil an der Bruttostromerzeugung in Deutschland Braunkohlenkraftwerke in Deutschland 1.3 Ökonomische Aspekte 1.3.1 Brennstoffkosten 1.3.2 CO2-Zertifikatspreise 1.3.3Stromgestehungskosten 1.3.4Emissionsbedingte Umweltkosten 1.3.5Braunkohlensubventionen 1.4Umweltaspekte 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.5 Kohlendioxid-Emissionen und Emissionsfaktoren Weitere Emissionen Auswirkungen auf die Gewässer Gesundheitliche Auswirkungen der Emissionen von Kohlekraftwerken 2Steinkohlen 8 11 12 13 15 15 15 16 16 17 19 19 19 21 25 27 2.1Zusammenfassung 27 2.2 Energiewirtschaftliche Aspekte 27 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 Ressourcen, Reserven, Verfügbarkeit, Reichweite, Einsatzzwecke Anteil am Primärenergieverbrauch in Deutschland Anteil an der Bruttostromerzeugung in Deutschland Steinkohlenkraftwerke in Deutschland 2.3 Ökonomische Aspekte 2.3.1 Brennstoffkosten 2.3.2CO2-Zertifikatspreise 2.3.3Stromgestehungskosten 2.3.4 Emissionsbedingte Umweltkosten 2.3.5Steinkohlensubventionen 27 30 31 31 34 34 35 36 36 37 3 2.4Umweltaspekte 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 37 Kohlendioxid-Emissionen und Emissionsfaktoren Weitere Emissionen Auswirkungen auf die Gewässer Auswirkungen auf die Gesundheit 37 38 39 39 3 Ausblick: Die zukünftige Rolle von Braun- und Steinkohle 40 4Literaturverzeichnis 41 5Anhänge 47 4 5.1 Tabellen zu Kapitel 1 47 5.2 Tabellen zu Kapitel 2 50 Tabellen: Tabelle 1: Gliederung der Kohlearten nach GVSt 2011 (wasser- und aschefreie Kohlen) 8 Tabelle 2: Weltweite Reserven und Ressourcen von Braunkohle 9 Tabelle 3: Braunkohlenreserven 2013 nach Regionen (Heizwert < 16,5 GJ/t) 10 Tabelle 4: Deutsche Reserven und Ressourcen nach Revieren (2014) 11 Tabelle 5: Verhältnis von Stromaußenhandelssaldo zur Bruttostromerzeugung 13 Tabelle 6: Gesamtleistung der deutschen Braunkohlenkraftwerke 13 Tabelle 7: Volllaststunden der deutschen Braunkohlenkraftwerke 13 Tabelle 8: Elektrische Bruttoleistung deutscher Braunkohlenkraftwerke nach Betreiber 15 Tabelle 9: Stromgestehungskosten von Kraftwerken an deutschen Standorten 16 Tabelle 10: Spezifische Umweltkosten für Strom je Energieträger 16 Tabelle 11: Verzicht auf Förderabgabe für Bodenschätze u. Wasserentnahmeentgelte 17 Tabelle 12: Begünstigung des Kohlenbergbaus durch BesAR bis zum Jahr 2012 17 Tabelle 13: Finanzierungsgrundlagen der Braunkohlesanierung 18 Tabelle 14: Angesetzte Mittel zur Bekämpfung der Verockerung der Spree 18 Tabelle 15: Brennstoffbezogene Emissionsfaktoren für die deutschen Braunkohlenreviere 19 Tabelle 16: Elektrische Netto-Wirkungsgrade für Braunkohlengroßkraftwerke 19 Tabelle 17: PRTR-Jahresfrachten (Freisetzung in Luft) des Braunkohlenkraftwerks Jänschwalde und Schwarze Pumpe (Berichtsjahr 2013, Stand der Daten 31.3.2015) 21 Tabelle 18: Weltweite Reserven und Ressourcen von Steinkohlen 27 Tabelle 19: Steinkohlenreserven 2013 nach Regionen (Heizwert > 16,5 GJ/t) 28 Tabelle 20: Die 10 größten Steinkohlenimporteure 28 Tabelle 21: Steinkohlenreserven, -ressourcen und -förderung 29 Tabelle 22: Primärenergieverbrauch Steinkohle nach Verwendungszwecken 30 Tabelle 23: Gesamtleistung der Steinkohlenkraftwerke in Deutschland 31 Tabelle 24: Volllaststunden der deutschen Steinkohlenkraftwerke 32 Tabelle 25: Steinkohlenkraftwerke, die 2015 in den kommerziellen Betrieb gehen 33 Tabelle 26: Elektrische Bruttoleistung deutscher Steinkohlenkraftwerke nach Betreiber 33 Tabelle 27: Bandbreite der Stromgestehungskosten an deutschen Standorten im Jahr 2013 36 Tabelle 28: Spezifische Umweltkosten der Stromerzeugung je Energieträger 36 Tabelle 29: Für die Emissionsberichterstattung abgeleitete Emissionsfaktoren 1990-2012 37 Tabelle 30: PRTR-Jahresfrachten des Steinkohlenkraftwerks E.ON Kraftwerk Scholven und des Steinkohlenkraftwerks Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG (Berichtsjahr 2013, Stand der Daten 31.3.2015) 39 Tabelle 31: Entwicklung des Anteils von Braunkohlen am Primärenergieverbrauch in Deutschland 47 Tabelle 32: Entwicklung des Anteils von Braunkohlen an der Bruttostromerzeugung in Deutschland 48 Tabelle 33: Entwicklung des Anteils von Steinkohlen am Primärenergieverbrauch in Deutschland 50 Tabelle 34: Drittlandskohlenbezüge und durchschnittliche Preise frei deutsche Grenze für Kraftwerkssteinkohle 51 5 Abbildungen: Abbildung 1: Primärenergieverbrauch von Braunkohlen in Deutschland 11 Abbildung 2: Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträger 12 Abbildung 3: EEX Terminmarkt der EU Carbon Futures (Monatsmittel) 15 Abbildung 4: Anteil der Braunkohlen an der Bruttostromerzeugung sowie an den Emissionen der Stromerzeugung 20 Abbildung 5: Tägliche Flächenneuinanspruchnahme durch den Abbau von Braunkohle (UBA-Berechnung) 23 Abbildung 6: Inländische Entnahme von Braunkohlen im Tagebau; Datenquellen: Destatis (UGR) bis 2007, BGR mit regionalen Daten ab 2008 24 Abbildung 7: Steinkohlenimporte nach Herkunftsländern seit 1991 nach Deutschland 29 Abbildung 8: Primärenergieverbrauch von Steinkohlen in Deutschland 30 Abbildung 9: Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern 31 Abbildung 10: Drittlandskohlebezüge und durchschnittliche Preise 34 Abbildung 11: Entwicklung der Preise auf wichtigen Steinkohlemärkten 35 Abbildung 12: EEX Terminmarkt der EU Carbon Futures (Monatsmittel) 35 Abbildung 13: Anteil der Steinkohlen an der Bruttostromerzeugung sowie an den Emissionen der Stromerzeugung 38 Abbildung 14: Kraftwerke und Verbundnetze in Deutschland 49 6 Einleitung und Datenquellen Braun- und Steinkohlekraftwerke waren im Jahr 2014 mit insgesamt 43,8 % an der deutschen Bruttostromerzeugung beteiligt und stießen dabei – neben anderen gesundheits- und umweltschädlichen Stoffen – etwa 80 % der Kohlendioxidemissionen der Stromerzeugung aus. Aus Umweltsicht stellen sie daher bedenkliche Energieträger dar. Der vorliegende Bericht stellt ein Kompendium wichtiger energiewirtschaftlicher, ökonomischer und umweltpolitisch relevanter Eckdaten zu Braun- und Steinkohlen dar, um die Diskussion um die Zukunft der Kohlenkraft in Deutschland mit Daten und Fakten zu begleiten. Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften und Besonderheiten werden die zwei Kohlenarten in getrennten Kapiteln behandelt. Die Kapitelstruktur ist dabei wie folgt: Nach einem energiewirtschaftlichen Unterkapitel, in dem die internationale Perspektive des Kohlenbergbaus (Ressourcen, Reserven, Förderung, Im- und Export) beleuchtet wird, werden Fakten zum Primärenergieverbrauch (PEV), zur Bruttostromerzeugung und zum Kraftwerkspark in Deutschland dargestellt. Es folgt ein Kapitel mit ökonomischen Kennzahlen. Ein drittes Unterkapitel beinhaltet die relevantesten Umweltaspekte von Kohlenbergbau und -verbrauch. In einem Schlusskapitel wird schließlich auf die zukünftige Rolle der Kohle eingegangen. Der vorliegende Bericht stellt eine Zusammenstellung der Informationen über Braun- und Steinkohlen dar, wie sie dem Umweltbundesamt (UBA) vorliegen. Dabei stehen die Daten im Vordergrund, die das Amt für die wissenschaftliche Politikberatung, aber auch für Berichtspflichten bereithält. Hierzu zählen u. a. die Emissionsberichterstattung an die UNFCCC und an dieEU und das Nationale Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregister der UNECE. Der Bericht stützt sich, wo immer möglich, auf öffentlich verfügbare Daten amtlicher Quellen. Zu diesen zählen auf nationaler Ebene: Bundesministerium für Wirtschaft und Energien (BMWi), Bundesministerium der Finanzen (BMF), Bundestag (BTag), Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Bundesnetzagentur (BNetzA) oder die Deutsche Rohstoffagentur (DERA). Zu Quellen, die den amtlichen Quellen quasi gleichgestellt sind zählt die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. (AGEB). Daneben werden auch Informationen privater Akteure und von Wirtschaftsverbänden zitiert, die zum Teil in die Arbeiten der AGEB und anderer Organe einfließen. Auf internationaler Ebene sind die wichtigsten verwendeten Quellen die Internationale Energie Agentur (IEA), der Weltenergierat (WEC) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Teileweise verweist die Publikation auch auf eigene wissenschaftliche Forschung oder auf wissenschaftliche Studien von Forschungsinstituten im In- und Ausland. Dies immer dann der Fall, wenn für diese Sachverhalte keine amtlichen Daten vorlagen. 7 1Braunkohlen 1.1Zusammenfassung 1.2 Energiewirtschaftliche Aspekte Aus globaler Sicht spielt die Braunkohle – im Gegensatz zur Steinkohle – eine eher untergeordnete Rolle. In Deutschland hingegen ist sie noch immer ein relevanter Energieträger, sowohl was die Förderung als auch den Verbrauch angeht. Zwar hat sich der Anteil der Braunkohle am Primärenergieverbrauch seit 1990 mehr als halbiert. Für die derzeit in Betrieb befindlichen 47 Braunkohlenkraftwerke ist sie dennoch primärer Energieträger. Diese als Grundlastkraftwerke konzipierten Kraftwerke weisen eine hohe Verfügbarkeit und wegen ihrer geringen variablen Betriebskosten eine hohe Wettbewerbsfähigkeit auf. Dennoch erhält die deutsche Braunkohlenwirtschaft jährlich implizite Subventionen in Millionenhöhe. 1.2.1 Ressourcen, Reserven, Verfügbarkeit, Reichweite, Einsatzzwecke All dies steht dem ambitionierten, energiepolitischen Ziel entgegen, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 % gegenüber 1990 zu verringern. Denn Braunkohle ist der fossile Brennstoff, von dem die höchste Klima- und Umweltbelastung ausgeht.Daher ist eine wesentliche Umgestaltung der Stromversorgung notwendig, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen. Neue Kohlenkraftwerke stehen diesem gesetzten Ziel entgegen. Vor allem besteht bis zum Jahr 2022 kein Bedarf an zusätzlichen mit Braunkohlen befeuerten Kraftwerken, auch nicht als Brückentechnologie. Während die Definitionen anhand der Mengenbestandteile bei Torf und Anthrazit relativ einheitlich sind, finden sich für die Unterteilungen der Braunund Steinkohlenarten unterschiedliche Definitionen.1 Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) definiert Braunkohle für Gesteine mit einem Heizwert zwischen 14,82 GJ/t und 16,5 GJ/t (wasser- und aschefrei). Die Internationale Energieagentur (IEA) wiederum definiert Braunkohle für Gesteine mit einem Heizwert unter 23,9 GJ/t.2 Ausnahmen gelten für Australien, Belgien, Finnland, Frankreich, Island, Japan, Korea, Mexiko, Neuseeland, Portugal 1.2.1.1 Braunkohle – eine Definition Die fossilen Energieträger Braun- und Steinkohlen sind brennbare Sedimentgesteine, die über Jahrmillionen unter Luftabschluss aus organischem Material im Prozess der Inkohlung entstanden sind. Dabei ist Torf das am wenigsten inkohlte Material mit dem geringsten Heizwert und Kohlenstoffanteil und dem größten Anteil an Wasser und flüchtigen Substanzen. Mit fortschreitender Inkohlung verschiebt sich die Zusammensetzung zugunsten des Kohlenstoffs, dessen Anteil bei Anthrazit bei nahezu 100 % liegt. Tabelle 1 Gliederung der Kohlearten nach GVSt 2011 (wasser- und aschefreie Kohlen)3 Kohleart Brenntorf Braunkohle Weichbraunkohle Hartbraunkohle Steinkohle Flammkohle Gasflammkohle Gaskohle Andere Fettkohle Eßkohle Magerkohle Anthrazit Heizwert (GJ/t)* flüchtige Bestandteile Kohlenstoff Wasserstoff Sauerstoff < 14,23 80-70 % 49-60 % 8-5 % 45-28 6,7-9,0** > 14,82 60-43 % 65-75 % 8-5 % 30-12 % < 32,8 32,8-34,0 33,9-34,8 > 40 % 40-35 % 35-28 % 75-81 % 81-85 % 85-87,5 % 6,6-5,8 % 5,8-5,6 % 5,6-5 % > 9,8 % 9,8-7,3 % 7,3-4,5 % 34,5-35,6 35,2-35,5 35,2-35,5 35,0-35,3 28-19 % 19-14 % 14-10 % < 10 % 87,5-89,5 % 89,5-90,5 % 90,5-91,5 % > 91,5 % 5-4,5 % 4,5-4 % 4-3,75 % < 3,75 % 4,5-3,2 % 3,2-2,8 % 2,8-2,5 % < 2,5 % * wasser- und aschefrei ** Expertenschätzung , nicht wasser- oder aschefrei. 1 2 3 8 Siehe hierzu auch: DEBRIV – Bundesverband Braunkohle – Glossar. Braunkohlen IEA (2014): Coal Information 2014 with 2013 data, S. I.13. GVSt 2011; GVSt 2015; DEBRIV 2015; BGR 2014 Quelle: GVSt 2011 und die USA. Für diese Länder wird Braunkohle mit einem Energiegehalt unter 17,4 GJ/t definiert.4 Die in Deutschland vorkommenden Rohbraunkohlen (nicht Trockensubstanz) haben laut AG Energiebilanzen (AGEB) einen Heizwert von 9,06 GJ/t.5 1.2.1.2 Die Braunkohle im internationalen Kontext Während Steinkohle im Jahr 2013 rund 28,4 % des weltweiten Primärenergieverbrauchs deckte, trug Braunkohle nur mit rund 1,7 % dazu bei6 und spielt damit im globalen Kontext eine eher untergeordnete Rolle. Die genauen Abschätzungen zu Ressourcen und Reserven unterliegen Unsicherheiten. Ressourcen sind nachgewiesene, aber derzeit technisch und/oder wirtschaftlich nicht gewinnbare sowie nicht nachgewiesene, aber geologisch mögliche, künftig gewinnbare Rohstoffmengen („yet to find“).7 Reserven sind hingegen nachgewiesene Rohstoffmengen, die zu heutigen Preisen und mit aktuell verfügbarer Technik wirtschaftlich zu fördern sind. In verschiedenen Studien werden für beide Größen, je nach verwendeter Kohlendefinition, unterschiedliche Daten genannt. Laut der IEA sammeln und veröffentlichen regelmäßig nur zwei Institutionen Daten zu den weltweiten Kohleressourcen und -reserven:8 Dies sind der Welt- energierat9 (WEC) sowie die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).10 Zur besseren Vergleichbarkeit mit den Werten von der BGR werden hier für die weltweiten Werte von WEC die Kohlen mit einem Heizwert unter 17,4 GJ/t den Braunkohlen zugeordnet. Zur Veranschaulichung wird der Wert von WEC zusätzlich nach der IEA-Definition11 (Heizwert bis 23,9 GJ/t asche- und wasserfrei) angegeben. 1.2.1.2.1Ressourcen Deutschland weist mit 36,5 Gt (Gigatonnen) 0,8 % der weltweiten Braunkohlenressourcen aus und nimmt damit den elften Rang ein12. Die größten Ressourcen befinden sich mit rund 1.370 Gt in den Vereinigten Staaten, gefolgt von Russland mit knapp 1.300 Gt und Australien mit rund 400 Gt. 1.2.1.2.2Reserven Bezüglich der Braunkohlenreserven sieht das Bild anders aus. Hier nimmt Deutschland mit 14,4 % den dritten Platz (mit 40,3 Gt) hinter Russland und Australien ein. Russland verfügt über 32,4 % der weltweiten Reserven, wobei hier in die Statistik auch Hartbraunkohlen (höherer Heizwert als Weichbraunkohle) mit einbezogen werden.13 Tabelle 2 Weltweite Reserven und Ressourcen von Braunkohle (2013) BGR in Gt WEC Heizwert <17,4 GJ/t Heizwert <17,4 GJ/t Heizwert <23,9 GJ/t Reserven 280 201 386,81 Resourcen 4.404,46 Quelle: BGR 2014, WEC 2013 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 IEA (2009): Coal Information S.5-6. AGEB: Heizwerte der Energieträger und Faktoren für die Umrechnung zur Energiebilanz 2013. Stand: 14.10.2013. BGR (2014): Energiestudie 2014, S.38 BGR (2013): Energiestudie 2013, S.29/30. IEA (2013): Resources to Reserves 2013. Oil, Gas and Coal Technologies for the Energy Markets of the Future, S.33. World Energy Council/Conseil Mondial de l‘Énergie. BGR (2014): Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. IEA (2014): IEA Statistics – Coal Information 2014 with 2013 data, S. I.13. BGR (2014): Rohstoffsituation 2013, S.32. BGR (2014): Energiestudie 2014, S.100/103. 9 Tabelle 3 Braunkohlenreserven 2013 nach Regionen in Gt Braunkohle Prozentualer Anteil 32,84 11,7 % USA 30,56 10,9 % 4 Kanada 2,24 0,8 % 18 5,07 1,8 % 5,05 1,8 % 70,53 46,4 % 40,30 14,4 % 3 Serbien 7,11 2,5 % 7 Polen 4,97 1,8 % 10 Griechenland 2,88 1,0 % 12 Tschechische Republik 2,64 0,9 % 14 Ungarn 2,63 0,9 % 15 93,07 33,3 % 90,73 32,4 % 78,19 27,9 % Australien 44,16 15,8 % 2 Indonesien 9,00 3,2 % 5 China 7,35 2,6 % 6 Neuseeland 6,75 2,4 % 8 Indien 4,76 1,7 % 11 Pakistan 2,86 1,0 % 13 0,07 0,0 % 279,76 100 % Nordamerika Mittel & Südamerika Brasilien Europa Deutschland GUS Russland Austral-Asien Afrika Insgesamt *Energiegehalt < 16,5 GJ/t 1.2.1.2.3Braunkohleförderung Der im Jahr 2013 weltweit größte Braunkohlenproduzent war Deutschland mit einem Anteil von 17,3 %, gefolgt von China (13,9 %) und Russland (6,9 %). Die geförderte Menge wurde in allen Ländern fast ausschließlich inländisch verbraucht, da Braunkohle aufgrund ihres relativ geringen Heizwertes aufgrund des hohen Wassergehalts nicht weltweit gehandelt 14 BGR (2014): Energiestudie 2014, S.100/103 10 Rang 9 1 Quelle: BGR 2014 und transportiert wird14, sondern vielmehr in der Nähe der Förderstätte als Energieträger verbraucht wird. 1.2.1.3 Die Braunkohle im deutschen Kontext Deutschlands Braunkohleressourcen verteilen sich auf vier aktive Reviere, von denen das Rheinland das größte ist. Tabelle 4 Deutsche Reserven und Ressourcen nach Revieren (2014) Rheinland Lausitz Mitteldeutschland Helmstedt Summe Reserven (wirtschaftlich gewinnbare Vorräte) 35.000 3.300,00 2.000 n. a. 40.300 Ressourcen 20.000 8.500 8.000 n. a. 36.500 Gesamtressourcen 55.000 11.800 10.000 n. a. 768.000 Davon Reserven in erschlossenen u. konkret geplanten Tagebauen 3.000 1.800 400 n. a. 5.200 Förderung im Jahre 2014 93,6 61,8 20,9 1,8 178,1 in Mio. t. Quelle: BGR 2014, DEBRIV 2015 1.2.2 Anteil am Primärenergieverbrauch in Deutschland Der Primärenergieverbrauch15 ist in Deutschland seit Beginn der 90er Jahre leicht rückläufig. Nach vorläufigen Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) betrug er im Jahr 2014 13.132 Petajoule (PJ) und lag damit um 12 % niedriger als 1990. Auf das im Energiekonzept der Bundesregierung festgelegte Basisjahr 2008 bezogen, ergab sich ein Rückgang um 9 %. Bis 2020 strebt die Bundesregierung eine Minderung des Primärenergieverbrauchs um 20 % bezogen auf 2008 und bis 2050 um 50 % an. Abbildung 1 Primärenergieverbrauch von Braunkohlen in Deutschland16 PJ 16.000 13.132PJ 14.000 12.000 10.000 8.000 12% 12% 2.000 11% 10% 12% 4.000 21% 6.000 0 1) Steinkohle Braunkohle Mineralöle Gase Kernenergie Erneuerbare Energien Sonst. Energieträger 1) Nichterneuerbare Abfälle, Abwärme und Außenhandelssaldo Fernwärme. * vorläufige Zahlen Quelle: AGEB 08/2015 1) Nichterneuerbare Abfälle, Abwärme und Außenhandelssaldo Fernwärme Quelle: AG Energiebilanzen: Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland 1990-2014, 08/2015 15 Der PEV bezeichnet den Energiegehalt aller eingesetzten Primärenergieträger. 16 AG Energiebilanzen (2015): Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland 1990-2014, Stand: 08/2015. Die Datentabelle ist im Anhang zu finden 11 Seit 1990 fanden große Veränderungen im Energieträgermix statt. Der absolute Primärenergieverbrauch an Braunkohlen ging um gut 50 % zurück. Der relative Anteil der Braunkohlen sank um etwa 10 %punkte über die letzten 24 Jahre. 1.2.3 Anteil an der Bruttostromerzeugung in Deutschland Auch die Struktur der Bruttostromerzeugung17 nach eingesetzten Energieträgern änderte sich zwischen 1990 und 2014 deutlich (siehe Abbildung 2). Der Anteil von Braunkohlen, Steinkohlen und der Kernenergie an der Stromerzeugung betrug im Jahr 1990 noch 84 %. Derzeit besitzen diese drei Energieträger zusammen nur noch einen Anteil von 59 %. Die Bruttostromerzeugung aus Braunkohle ist dabei absolut um 9 %18 zurückgegangen. Insgesamt hat sich die Bruttostromerzeugung zwischen 1990 und 201419 um fast 14 % erhöht. Abbildung 2 Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträger20 TWh 700 625,3 TWh 600 500 400 156 161 146 158 148 143 200 171 300 100 0 Steinkohle Braunkohle Kernenergie Erdgas Mineralölprodukte Erneuerbare Energien Übrige Energieträger *vorläufige Angaben, z.T. geschätzt Quelle: AGEB 2015 Quelle: AG Energiebilanzen: Sondertabelle Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2014 nach Energieträgern,Stand 08/2015 * vorläufige Angaben, z. T. geschätzt Die Entwicklungen seit dem Jahr 2011 zeigen, dass bei rückläufigem Bruttoinlandsstromverbrauch (von 606,8 TWh auf 589,8 TWh im Zeitraum 2011-2014, und damit um etwa -3 %) und einer Steigerung der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien um 30 % ein Rekordexportüberschuss an Strom von 35,6 TWh im Jahre 2014 resultierte (siehe Tabelle 5, 17 18 19 20 12 Verhältnis von Stromaußenhandelssaldo zur Bruttostromerzeugung). Dabei ist der Stromexport besonders ausgeprägt in Zeiten hoher Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, Atomkraft und Braunkohle bei gleichzeitig niedriger Nachfrage (z. B. an windreichen Wochenenden). Die Bruttostromerzeugung ist die elektrische Arbeit, die an den Generatorklemmen gemessen wird. AG Energiebilanzen (AGEB), Stand: 08/2015, vorläufige Angaben AG Energiebilanzen (AGEB), Stand: 08/2015, vorläufige Angaben AG Energiebilanzen (2015): Sondertabelle Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990-2014 nach Energieträgern, Stand: 08/2015. Die Datentabelle ist im Anhang zu finden. Tabelle 5 Verhältnis von Stromaußenhandelssaldo zur Bruttostromerzeugung 2011 2012 2013 2014* 6,3 23,1 33,8 35,6 Brutto-Stromerzeugung [TWh] 613,1 630,1 638,7 625,3 Brutto-Inlandsstromverbrauch [TWh]** 606,8 607,1 604,9 589,8 Verhältnis Außenhandelssaldo/Gesamtbruttostromerzeugung 1,0 % 3,7 % 5,3 % 5,7 % Außenhandelssaldo [TWh] * vorläufige Angaben, z. T. geschätzt ** inklusiv Netzverluste und Eigenverbrauch Quelle: UBA 2015 1.2.4 Braunkohlenkraftwerke in Deutschland 1.2.4.1 Anzahl und Leistung Zum 31.08.2015 waren in Deutschland 47 Braunkohlenkraftwerke (mit insgesamt 78 Kraftwerksblöcken) in Betrieb, die auf mehreren Ballungsgebieten (Rheinland, Lausitzer Revier und Mitteldeutschland) über die Republik verteilt sind. Im Jahr 2012 gingen drei neue Kraftwerksblöcke in Betrieb (BoA Blöcke 2 und 3 am Standort Neurath mit jeweils 1.100 MW elektrischer Bruttoleistung und Block R am Standort Boxberg mit 675 MW (Megawatt) elektrischer Bruttoleistung. In den Jahren 2013 und 2014 wurden keine weiteren Braunkohlekraftwerke in Betrieb genommen. Tabelle 6 Gesamtleistung der deutschen Braunkohlenkraftwerke21 Kraftwerke > 1MW Braunkohlen und Braunkohlenstaub Standorte Blöcke Elektrische Brutto leistung (MW) Nettoenpass leistung (MW) Fernwämeleistung (MW)* 47 78 23.005,5 20.902,7 5.859,8 * Daten sind nicht von allen Kraftwerken bekannt 1.2.4.2Volllaststunden22 „Da das System Braunkohle kostengünstig arbeitet, wird in allen Kraftwerken unabhängig vom Alter eine hohe zeitliche und kapazitative Auslastung erreicht. Das führt zu hohen Volllaststunden“.23 Nach Angaben des Braunkohleverbandes DEBRIV werden Braunkohlenkraftwerke derzeit durchschnittlich mit etwa 7.000 Volllaststunden ausgelastet. Diese Stundenwerte werden auch von anderen Quellen bestätigt: Quelle: UBA 2015, BNetzA 2015 Tabelle 7 Volllaststunden der deutschen Braunkohlenkraftwerke Studie BDEW 2014 2010 2011 2012 2013 6.600 6.820 6.800 7.030 BMWi 2013 6.546 VDI 2013 6.850 Fraunhofer ISE 2013 (mittlere Auslastung) 7.100 Kleine Anfrage (Sachsen-Anhalt 2013)* 5.104 5.500 2014 5.706 BWK 67/2015 (Heft 5) 6.900 DEBRIV 2015 7.000 UBA-Datenbank 2015 (jährliche Benutzungsstunden) * nur in ST 6.684 6.458 6.670 6.782 Quelle: UBA 2015, eigene Zusammenstellung 21 UBA (2015): Kraftwerksdatenbank Umweltbundesamt 22 Die Volllaststundenzahl ist eine Rechengröße, die sich aus dem Quotienten der von einem Kraftwerk in einem Jahr eingespeisten Strommenge (in GWh) und der entsprechende Kraftwerksleistung (in GW) ergibt. 23 Maaßen, Uwe: Sonderabgabe hat gravierende Auswirkungen auf Kraftwerke und Strommix, in: DEBRIV – Bundesverband Braunkohle (Hrsg.): Informationen und Meinungen. Ein Informationsservice der deutschen Braunkohle, Köln 01.06.2015, S. 5. 13 Anhand der obigen Tabelle und der dort angegebenen hohen Auslastung wird ersichtlich, dass Braunkohlekraftwerke traditionell in den Grundlastbereich fallen. “Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien sinkt die von konventionellen Kraftwerken zu deckende residuale Last erheblich. Vor allem sinkt der Bedarf an konventionellen Grundlastkraftwerken, die zur Deckung der residualen Grundlast erforderlich sind“.24 Folgende Größen haben Einfluss auf die Jahresvolllaststunden:25 ▸▸ Variable Kosten: Brennstoffkosten und CO2-Zertifikatspreise, ▸▸ Strombörsenpreise: Phasenweise niedrigere Marktpreise durch hohe EE-Einspeisung (MeritOrder-Effekt) ▸▸ Strombinnenmarktintegration: CEW Market Coupling ▸▸ Flexibilität und Verfügbarkeit des jeweiligen Kraftwerks ▸▸ (Teillastbetrieb, An- und Abfahrzeiten) ▸▸ Konjunktureinflüsse auf die Stromnachfrage. 1.2.4.3 Regionale Verteilung In der beiliegenden Karte „Kraftwerke und Verbundnetze in Deutschland“ sind alle größeren Kraftwerke ab einer elektrischen Bruttoleistung von 100 MW verzeichnet – d. h. Braun- und Steinkohlenkraftwerke, aber auch Kernkraftwerke, Gaskraftwerke, Wasserkraftwerke sowie große Wind- und Solarparks. Braunkohlenkraftwerke liegen – bedingt durch die erforderliche Nähe zu den Vorkommen – recht einheitlich auf einer mittleren Breitengradlinie quer durch Deutschland (Nordrhein-Westfalen, SachsenAnhalt, Sachsen, Brandenburg-Lausitz). Auch die Planungen für Neubauprojekte sind in der Nähe von Lagerstätten vorgesehen. Von den rund 21 GW an installierter Leistung entfallen etwa die Hälfte auf Kraftwerke im Rheinland, etwa 7 GW auf die Lausitz und etwa 3 GW auf Mitteldeutschland/Helmstedt. 1.2.4.4Altersstruktur Das Alter der Braunkohlenkraftwerke beträgt durchschnittlich 35 Jahre und geht bis zu gut 50 Jahren. Viele der ältesten Anlagen wurden modernisiert bzw. ertüchtigt, so dass ihre alters- oder technisch bedingten Restlaufzeiten nicht abschätzbar sind. Stilllegungen erfolgen ggf. vielmehr aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen. So wurden beispielsweise von RWE die 11 ältesten der 13 Braunkohlen-Kraftwerksblöcke in Frimmersdorf (NRW) in den Jahren 2011-2013 und die jeweils zwei ältesten Blöcke in Niederaußem und Weisweiler im Jahr 2013 stillgelegt. Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass der Braunkohle-Kraftwerkspark, insbesondere im rheinischen Revier, alt und demnach tendenziell eher ineffizient und emissionsintensiv ist.26 1.2.4.5 In Bau befindliche Kraftwerke Nach Kenntnis des UBA in Deutschland befinden sich derzeit keine Anlagen in Bau (Stand April 2015). 1.2.4.6 In Planung befindliche Kraftwerke Weiterhin sind noch Kraftwerksprojekte mit insgesamt 7.168 MW in Planung, worunter sich 2 Braunkohlenkraftwerksprojekte befinden (Niederaußem BoA plus mit 1.100 MW von RWE Power AG und Profen mit 660 MW, welches jedoch von der MIBRAG aufgrund der gegenwärtigen unsicheren politischen Rahmenbedingungen Ende April 2015 vorerst auf Eis gelegt wurde). 1.2.4.7 Zur Stilllegung angemeldete Kraftwerke Die Kraftwerksstilllegungsliste der Bundesnetzagentur weist mit Stand vom 20.07.2015 zwei eingegangene Stilllegungsanzeigen für Braunkohlenkraftwerke mit einer Summe von 151 MW aus. 1.2.4.8Betreiber Die mit Abstand größten Betreiber von Braunkohlekraftwerken sind die beiden Energiekonzerne RWE Power AG (49 % der installierten Leistung) und Vattenfall Europe GmbH (37 %), gefolgt von diversen weiteren (auch industriellen) Betreibern und Stadtwerken (vgl. Tabelle im Anhang 1). 24 UBA (2009): Klimaschutz und Versorgungssicherheit. Entwicklung einer nachhaltigen Stromversorgung, 13/2009, S.74. 25 Vgl.: BDEW Energie-Info: Kraftwerksplanungen und aktuelle ökonomische Rahmenbedingungen für Kraftwerke in Deutschland. Kommentierte Auswertung der BDEW-Kraftwerksliste 2013. Berlin, 16. August 2013, S.21 26 Vgl. hierzu auch: DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2014): Szenarien einer nachhaltigen Kraftwerksentwicklung in Deutschland, S.8/ S.10. 14 Tabelle 8 Elektrische Bruttoleistung deutscher Braunkohlenkraftwerke nach Betreiber Elektr. Bruttoleistung (MW) Marktanteil (%) RWE 11.269 49,0 Vattenfall 8.524,6 37,1 E.ON 980 4,3 EnBW 933,6 4,1 Summe große 4 21.707,2 94,5 alle Betreiber 23.005,5 100,0 Betreiber Quelle: UBA2015 1.3 Ökonomische Aspekte 1.3.1 Brennstoffkosten Anders als Gas- und Steinkohlenkraftwerke unterliegen die im Band- oder Zugbetrieb mit Braunkohlen belieferten Kraftwerke nicht der Volatilität der Rohstoffmärkte. Der Brennstoffpreis für Braunkohlenstaub liegt zudem deutlich unter dem Preis für Erdgas oder Heizöl und hält sich seit Jahren auf einem relativ konstanten Niveau. Die Brennstoffkosten für Braunkohlen werden von den Energieversorgungsunter- nehmen erfahrungsgemäß nicht preisgegeben. In der Energiereferenzprognose der Bundesregierung von 2014 werden kurzfristige variable Kosten der Braunkohlenförderung von 0,4 EUR 2011/GJ angenommen.27 Für Rohbraunkohle der Vattenfall Europe Mining konnten für das Jahr 2010 Kosten in Höhe von 6,1 €/ MWhth ermittelt werden.28 1.3.2 CO2-Zertifikatspreise Bei den EU-Emissionszertifikatspreisen (EUA/ EU Carbon Futures), welche neben den Brennstoffkosten Abbildung 3 EEX29 Terminmarkt der EU Carbon Futures (Monatsmittel)30 €/t CO2 30,00 € 28,07 25,00 € 22,58 20,00 € 19,47 17,81 15,00 € 14,08 10,00 € 10,00 7,81 5,00 € 6,97 8,25 6,91 3,74 0,00 € Quelle: BMWi auf Basis EEX, Stand: 03/2015 * vorläufige Angaben, z. T. geschätzt Quelle: BMWi 2015, auf Basis EEX, Stand: 03/2015 27 BMWi (2014): Entwicklung der Energiemärkte – Energiereferenzprognose, S. 419 28 Öko-Institut (2012): Erstellung von Treibhausgas-Emissionsszenarien für den Projektionsbericht 2013, Öko-Institut (2014): CO2-Emissionen aus der Kohleverstromung in Deutschland. Berlin 10.März 2014 29 EEX: European Electricity Exchange (Börse mit Sitz in Leipzig, die durch die Fusion der deutschen Strombörsen in Frankfurt und Leipzig im Jahr 2002 entstand) 30 ICE: Intercontinental Exchange, (Börsenbetreiber mit Sitz in Atlanta, USA mit Spezialisierung auf elektronischem Handel von Optionen und Futures auf Elektrizität, EnergieAgrarrohstoffe sowie Emissionen) 15 ökonomische Relevanz für die Ermittlung der Stromgestehungskosten bei fossilen Kraftwerken haben, war seit etwa 2008 ein Abwärtstrend zu beobachten. Lagen die Preise Mitte 2008 bei etwa 25 €/t CO2, sanken sie bis Mai 2013 auf circa 3,74 €/t. Auf niedrigem Niveau pendelte sich der Zertifikatspreis ein und stieg in der ersten Jahreshälfte 2014 auf etwa 6 €/t CO2. Für Dezember 2014 war ein errechnetes Monatsmittel von etwa 7 €/t CO2 zu verzeichnen.31 Der niedrige Zertifikatepreis begünstigt die Braunkohlenverstromung. 1.3.3Stromgestehungskosten Die Stromgestehungskosten von Braunkohlenkraftwerken sind wegen hoher spezifischer CO2-Emissionen des Energieträgers Braunkohle im Vergleich zu anderen konventionellen Energieträgern stark abhängig von den CO2-Zertifikatspreisen. Braunkohlenkraftwerke sind daher die größten Profiteure der seit 2008 stark gefallenen CO2-Zertifikatspreise. Aktuelle Studien gehen von Stromgestehungskosten von 3,8 bis 5,3 € Cent/kWh aus. Tabelle 9 Stromgestehungskosten von Kraftwerken an deutschen Standorten32 Stromgestehungskosten (€/kWh) Kraftwerk minimal maximal PV klein /bzw. frei 0,08 0,17 Wind onshore 0,05 0,11 Wind offshore 0,12 0,19 Biogas 0,14 0,22 Braunkohle 0,04 0,05 Steinkohle 0,06 0,10 GuD 0,08 0,10 Erdgas 0,07 0,13 vention 2.034 aus dem Jahr 2012 legte das Umweltbundesamt best-practice Schätzungen der Umweltkostensätze vor, die auf einer Zusammenschau von Schadens- und Vermeidungskosten der Treibhausgase und ausgewählter Luftschadstoffemissionen basieren. Die mittleren brennstoffspezifischen Umweltkosten der Stromerzeugung stellen allerdings keine fixen Größen dar, sondern sind abhängig von der mittleren Güte der Anlagentechnik (elektrische Wirkungsgrade sowie Techniken zur Emissionsminderung von Luftschadstoffen wie SO2, NOX u.s.w.) des jeweiligen Teils des Kraftwerksparks. Insbesondere der Ersatz von Altanlagen durch neue Anlagen mit deutlich verbesserten elektrischen Wirkungsgraden beeinflusst die Höhe der mittleren im Kraftwerkspark vorliegenden spezifischen Umweltkosten. Aufbauend auf diesen Werten hat das Umweltbundesamt die spezifischen Umweltkosten in Cent pro Kilowattstunde Strom je Energieträger berechnet. Tabelle 10 Spezifische Umweltkosten für Strom je Energieträger (€-Cent/kWh)35 Strom erzeugung durch Luftschadstoffe Treibhausgase Umweltkosten gesamt Braunkohle 2,07 8,68 10,75 Steinkohle 1,55 7,38 8,94 Erdgas 1,02 3,90 4,91 Öl 2,41 5,65 8,06 Wasserkraft 0,14 0,04 0,18 Windenergie 0,17 0,09 0,26 Photovoltaik 0,62 0,56 1,18 Biomasse * 1,07 2,78 Erneuerbare Energien * Nach Erzeugungsanteilen gewichteter Durchschnittswert für Biomasse gasförmig, flüssig und fest (Haushalte und Industrie), Bandbreite von 0,3 bis 7,2 €-Cent/kWh 3,84 Quelle: UBA 2015 Quelle: Fh ISE 2013, AEE 2014 1.3.4 Emissionsbedingte Umweltkosten Ein wesentlicher Teil der Umweltkosten der Braunkohlenverstromung entsteht durch die Emission von Luftschadstoffen und CO2.33 Mit der Methodenkon- Dabei zeigt sich, dass bei Ansetzen eines mittleren Schadenskostensatzes von 80 €/t CO2 die Braunkohlenverstromung mit durchschnittlich 10,75 €-Cent/ kWhel mit Abstand die höchsten Umweltkosten verursacht. Bei einer Bruttostromerzeugung aus 31 Vgl.: BMWi Energiedaten - Gesamtausgabe Tabelle 26a , Stand: 03/2015. 32 AEE (2014) - Agentur für Erneuerbare Energien: Studienvergleich – Stromgestehungskosten verschiedener Erzeugungstechnologien. 09/2014 33 Braunkohlenkraftwerke stoßen neben Treibhausgasen auch weitere gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe aus, bisher liegen für die Abschätzung deren Umweltkosten keine Werte vor. 34 UBA (2012): Methodenkonvention 2.0 zur Schätzung von Umweltkosten. Ökonomische Bewertung von Umweltschäden. August 2012 35 Eine Aktualisierung der Kostensätze erfolgt im Rahmen der derzeit anlaufenden Überarbeitung der Methodenkonvention. 16 Braunkohlen von 156 TWh in 2014 belaufen sich die so verursachten Umweltkosten auf insgesamt circa 16,77 Mrd. €. Durch die mangelnde Internalisierung der Umweltkosten entstehen starke Wettbewerbsverzerrungen zugunsten der Braunkohlenverstromung und zu Lasten umweltfreundlicher Energieträger, insbesondere den erneuerbaren Energien 1.3.5Braunkohlensubventionen Die deutsche Braunkohlenwirtschaft erhält auf verschiedene Art und Weise Subventionen. Da es sich nicht um direkte Finanzhilfen oder Steuervergünstigungen handelt, gehen diese Begünstigungen nicht aus dem Subventionsbericht36 der Bundesregierung hervor. Sie sind schwierig zu identifizieren und quantifizieren.37 1.3.5.1 Begünstigungen für den Braunkohlen bergbau Besonders bedeutsam ist die Freistellung des Braunkohlentagebaus von der Förderabgabe für Bodenschätze. Laut Bundesberggesetz (vgl. BBerG § 31) sind auf bergfreie Bodenschätze 10 % des Marktpreises als Förderabgabe zu zahlen. Die Länder können diesen Satz variieren oder bestimmte Rohstoffe befreien. Auf Grundlage alter Rechte ist der Braunkohlentagebau von dieser Förderabgabe gänzlich ausgenommen.38 Eine weitere Subvention besteht in der Nichtheranziehung der Braunkohlenwirtschaft zur Entrichtung eines Wasserentnahmeentgelts, das in allen Bundesländern mit Braunkohlentagebau erhoben wird. Die Subventionierung des unentgeltlichen Wasserverbrauchs beträgt etwa 20 Mio. € jährlich39, falls man die – zwischen den Bundesländern differierenden – Wasserentnahmeentgelte als Richtwerte für die Kosten der Ressourcennutzung ansetzt. Tabelle 11 Verzicht auf Förderabgabe für Bodenschätze* und Wasserentnahmeentgelte Jahr Geförderte Braunkohle Summe Summe (circa) 2012 185,4 Mio. t 284 Mio.€ 20 Mio.€ 2013 182,7 Mio. t 280 Mio.€ 20 Mio.€ 2014 178,2 Mio. t 273 Mio.€ 20 Mio. € * Bei Annahme eines Preises von 15,31 €/t Braunkohle 40 Quelle: UBA 2015, eigene Zusammenstellung 1.3.5.2 Begünstigungen bei der EEG-Umlage und Eigenstromprivileg Darüber hinaus bestehen weitere Subventionen für die Braunkohlenwirtschaft, etwa durch Ausnahmeregelungen im Energiebereich. So waren Braun- und Steinkohlenbergbau im Jahr 2012 mit 103 Mio. € durch die Besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) begünstigt41. Eine getrennte Darstellung von Braun- und Steinkohlen ist aufgrund der Datenlage nicht möglich. Laut Berechnungen der DUH entfielen von diesen 103 Mio. € im Jahr 2012 jedoch rund 43,4 Mio. € auf den Braunkohletagebau42. Tabelle 12 Begünstigung des Kohlenbergbaus durch BesAR bis zum Jahr 2012 Jahr Summe 2008 13 Mio. € 2009 39 Mio. € 2010 56 Mio. € 2011 100 Mio. € 2012 103 Mio. € Quelle: Deutscher Bundestag 2014, auf Basis BAFA und ÜNB 43 36 BMF (2013): 24. Subventionsbericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen für die Jahre 2011 bis 2014. Berlin.//siehe auch: BMWi (2014): Schriftliche Frage an die Bundesregierung im Monat April 2014, Frage Nr.32, Antwort. Berlin 11.04.2014. 37 Lechtenböhmer, S. u. a. (2004). 38 Statistik der Kohlenwirtschaft e.V. (2014): Braunkohle. Abrufbar unter: http://www.kohlenstatistik.de/19-0-Braunkohle.html. Letzter Zugriff am: 21.04.2015 39 Lechtenböhmer, S. u. a. (2004), S. 43. 40 Eigene Berechnungen, zu Grunde gelegt wurden Kosten von 6,1 €/MWh (Bundesregierung (2013), S. 45f) und ein Wert von 2,5 MWh (gerundet) für 1kg Braunkohle und ein Preis von 15,31 €/t 41 Deutscher Bundestag (2012), S. 3. 42 Deutsche Umwelthilfe (2014): PM – Energiewende absurd: Vattenfall Braunkohletagebau profitiert immer stärker von EEG-Umlagebefreiung. Berlin 02.01.2014. 43 Deutscher Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der MdB O. Krischer u. a. vom 02.02.2012 Drucksache 17/8533: Rechtliche Ausgleichsregelungen im Kohlenbergbau. 17 Nach dem EEG 2014 gehört der Braunkohlentagebau nicht mehr zu den prinzipiell begünstigten Branchen.44 Doch ist in der Neufassung der Besonderen Ausgleichsregelung die Inanspruchnahme einer Härtefallregelung möglich. Diese Härtefallregelung sieht vor, dass Unternehmen, die für das Kalenderjahr 2014 in der Besonderen Ausgleichsregelung privilegiert sind, künftig aber nicht mehr antragsberechtigt sein werden, vom Jahr 2015 an für die erste Gigawattstunde die volle EEG-Umlage und im Übrigen mindestens 20 % der Umlage zu zahlen haben“.45 Es liegen jedoch keine aktuellen Daten zur Subventionshöhe vor. Daneben erhielt der Braunkohlentagebau teilweise Vergünstigungen nach dem sogenannten Eigenstromprivileg nach §37 des EEG 2012.46 Wie hoch diese sind, kann aufgrund fehlender detaillierter Daten47 zum Umfang des Eigenstromverbrauchs im Kohlenbergbau nicht genau angegeben werden.48 Nach dem EEG 2014 wird der Eigenstrom zwar prinzipiell zu einem Teil mit der Umlagepflicht belegt, jedoch ist aufgrund des großzügigen Bestandsschutzes davon auszugehen, dass der Braunkohlenbergbau weiterhin in vergleichbaren Größenordnungen profitiert. Aktuelle Daten zur Subventionshöhe liegen jedoch nicht vor. 1.3.5.3 Öffentliche Finanzierung der Braun kohlensanierung Die Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlensanierung beziffert die Gesamtkosten für die Finanzierung der Braunkohlensanierung in ehemaligen DDR-Tagebauen, welche von 1991 bis 2014 anfielen, auf knapp 10 Mrd. €.49 Getragen werden diese Kosten anteilig vom Bund, den betroffenen Ländern (Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) und der EU. Tabelle 13 Finanzierungsgrundlagen der Braunkohle sanierung Rechtliche Grundlagen Jahre Summe (circa) 1991 - 1993 0,724 Mrd. € VA Altlasten 1993 - 1997 3,323 Mrd.€ VA51 II 1998 - 2002 2,700 Mrd.€ VA III 2003 - 2007 1,771 Mrd.€ VA IV 2008 - 2012 1,025 Mrd. € VA V 2013 - 2017 1,230 Mrd.€ Divers 50 Quelle: LMBV 2012 Ein Teil dieser Mittel fließt derzeit beispielsweise in die Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Verockerung der Spree (vgl. Kapitel 1.4.3.3) in Sachsen und Brandenburg.52 Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV), als Projektträger und verantwortliches Unternehmen des Bundes für die Sanierung der stillgelegten Tagebauen und Veredelungsanlagen in der Lausitz und Mitteldeutschland, hat im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Maßnahmen der Braunkohlesanierung seit 2008 eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, um belastbare Daten auch zu diesem Thema zu erhalten. Aus diesen ist abzuleiten, „dass die betroffenen Gebiete großflächig und voraussichtlich auf lange Sicht (bis zu 100 Jahre) von den Prozessen des Eisenaustrags betroffen sein werden, sofern keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden“.53 Tabelle 14 Angesetzte Mittel zur Bekämpfung der Verockerung der Spree Jahr Mitteleinsatz (circa) 2013 9 Mio.€ 2014 11 - 15 Mio.€ 2015 n.n. Quelle: Deutscher Bundestag 2014 44 Vgl. auch: Deutscher Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der MdB O. Krischer u. a. vom 1. April 2014 Drucksache 18/967: Berechnungsgrundlage für Industrieausnahmen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz. 45 Vgl.: Bundestag (2014): Härtefallreglung für Braunkohletagebau Berlin 21.05.2014. 46 Deutscher Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der MdB O. Krischer, A. Baerbock, B. Höhn, P. Meiwald und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drucksache 18/278 - vom 14. Januar 2014 Vergünstigungen durch Eigenstromverbrauch im Kohlebergbau 47 , da die Energiebilanzen für Deutschland den Stromverbrauch von Braunkohlezechen und Brikettfabriken nur gemeinsam ausweisen. 48 Nach Hochrechnungen der Deutschen Umwelthilfe kamen etwa 1,3 TWh in die Entlastung, was einem Volumen von etwa 67,7 Mio. € entspräche. (Siehe hierzu: DUH: Energiewende absurd: Vattenfalls Braunkohletagebau profitiert immer stärker von EEG-Umlagebefreiung. Pressemitteilung vom 2. Januar 2014.) Siehe daneben auch: Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag: Vergünstigungen durch Eigenstromverbrauch im Kohlebergbau – Drucksache 18/155 49 Bund-Länder Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung: Gesamtkosten aus Finanzierung der Braunkohlesanierung nach VA [€], Stand: 04.09.2013. Finanzierung der Braunkohlesanierung nach VA [€], Stand: 04.09.2013. 50 Verwaltungsabkommen über die Finanzierung ökologischer Altlasten. 51 VA = Verwaltungsabkommen. 52 Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Stephan Kühn, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 29. April 2014 –Drucksache 18/1272: Maßnahmen gegen die Spreeverockerung durch den Lausitzer Braunkohletagebau. 53 Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Drucksache 17/12444 S.4. 18 1.4Umweltaspekte 1.4.1 Kohlendioxid-Emissionen und Emissionsfaktoren Die CO2-Emissionen aus Braunkohlen werden in Deutschland entsprechend der unterschiedlichen Qualitäten nach den vier aktuell genutzten Revieren unterschieden (vgl. Kapitel 1.2.1.3). Unter Zugrundelegung einer 100 %-igen Verbrennung ohne Berücksichtigung von Stützfeuerungen und Mitverbrennungen werden für die Rohbraunkohlen der einzelnen Reviere folgende brennstoffbezogene Emissionsfaktoren (t CO2/TJ) ausgewiesen. Tabelle 15 Brennstoffbezogene Emissionsfaktoren für die deutschen Braunkohlenreviere54 Revier t CO2/TJ Rheinland 113,0 Helmstedt 103,0 Lausitz 110,0 Mitteldeutschland 103,0 Quelle: UBA 2015 Diese CO2-Emissionen von Kraftwerken werden zudem vom elektrischen Nettowirkungsgrad der jeweiligen Anlage maßgebend beeinflusst. Tabelle 16 Elektrische Netto-Wirkungsgrade für Braunkohlengroßkraftwerke Technikniveau Elektrischer NettoWirkungsgrad von Kraftwerken ab 100 MWel Alt 34 % Durchschnitt 38 % Stand der Technik (BoA) 43 % Zukunft 48 % Quelle: UBA 2015, eigene Zusammenstellung In Deutschland emittieren Braunkohlenkraftwerke spezifische Emissionen zwischen 1200 g/kWh (altes Kraftwerk mit niedrigem elektrischen Nettowirkungsgrad und Rohbraunkohlen schlechterer Qualität) und 850 g/kWh (Kraftwerk der Zukunft mit für die Braunkohlenverstromung hohem Wirkungsgrad durch braunkohlenoptimierte Anlagentechnik mit Kohlenvortrocknung – BoAplus – und Braunkohlen mit hoher Qualität). 1.4.2 Weitere Emissionen Neben den oben genannten Kohlendioxidemissionen werden bei der Verbrennung von Braunkohlen weitere Schadstoffe freigesetzt, die Luft, Gewässer und Böden belasten. Die Höhe der freigesetzten Stoffe hängt neben der Brennstoffqualität und -zusammensetzung (z. B. Gehalt an Spurenstoffen wie Schwermetallen) wesentlich von der eingesetzten Anlagen-, Feuerungs- und Abgasreinigungstechnik ab. Die rechtlichen Regelungen zur Begrenzung von Emissionen aus Großfeuerungsanlagen – das sind Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW oder mehr – finden sich in der 13. BImSchV („Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen“). Für Braunkohlenkraftwerke sind Emissionsgrenzwerte der Paragraphen §§ 4 und 11 maßgeblich; sie begrenzen die Emissionen von Staub, Quecksilber, Kohlenmonoxid, Schwefeloxiden, Stickstoffoxiden und Dioxinen und Furanen. Abbildung 4 zeigt den Anteil der Braunkohlen an der gesamten Bruttostromerzeugung in Deutschland sowie die mit der Bruttostromerzeugung verbundenen Luftschadstoffemissionen insgesamt und den durch Braunkohlen verursachten Anteil. Die Abbildung veranschaulicht die überproportionale Schadstoffbelastung durch die Stromerzeugung aus Braunkohlen. Auf disaggregierter Ebene sind Daten im Nationalen Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregister erhältlich. Mit Unterzeichnung des PRTR – Protokolls (Protokoll über die Einrichtung von Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister ) der UN-ECE im August 2007 hatte sich Deutschland verpflichtet, ein nationales Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister55 einzurichten (www.thru.de). Nach PRTR haben Einzelbetriebe jährlich die Freisetzungen bestimmter Schadstoffe (von bis zu 91) in Luft, Wasser und Boden sowie Verbringung von Abfällen 54 Umweltbundesamt 2013: Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar, Für die Emissionsberichterstattung abgeleitete Emissionsfaktoren für CO2 ab 1990, Energie, Submission 2016. 55 Protokoll über die Einrichtung von Schadstofffreisetzungs- und –verbringungsregister (Abgestimmte Übersetzung zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz vom 21. Mai 2003). 19 Abbildung 4 Anteil der Braunkohlen an der Bruttostromerzeugung sowie an den Emissionen der Stromerzeugung Stromerzeugung 161 TWh CO2 478 TWh 163.112.832.281 N2O 5.229.370 NOx Schadstoffe 180.457.506.836 3.118.036 108.070.356 SO2 161.819.532 95.477.349 Staub 85.127.103 4.496.469 6.188.199 3.991 5.599 Blei Quecksilber 3.698 Cadmium 2.555 525 Arsen 709 997 0% Daten für 2013 - Einheit kg 10% 20% 1.933 30% 40% Braunkohle undDaten vonfürSchadstoffen in Abwasser an die EU (nach 2013 - Einheit kg Europäischer PRTR-Verordnung, E-PRTR-VO Nr. 166/2006)56 und an das nationale Register dann zu berichten, wenn vorgegebene Schadstoffschwellenwerte bzw. Mengenschwellen für Abfälle (siehe Anhang II der E-PRTR-VO) überschritten werden. Nachfolgend sind beispielhaft die im PRTR-Register gemeldeten Jahresfrachten der wichtigsten Schadstoffe von zwei sich in Betrieb befindlichen Braunkohlenkraftwerken angegeben. Als Beispiel für ein Braunkohlenkraftwerk mit Altanlagen wurde das „Kraftwerk Jänschwalde (Vattenfall Europe Generation AG)“ in Peitz (Nettonennleistung 2790 MW), als 50% 60% Andere Brennstoffe 70% 80% 90% 100% Quelle: Umweltbundesamt 2015 (ZSE) Beispiel für ein Braunkohlenkraftwerk mit neueren Quelle: UBA ZSE 05/2015 Anlagen das „Kraftwerk Schwarze Pumpe (Vattenfall Europe Mining AG)“ in Spremberg ausgewählt (Nettonennleistung 1500). Eine Meldung von Brennstoffangaben ist für das PRTR nicht vorgesehen. Die Beispiele verdeutlichen anhand der Höhe der jeweiligen Schadstofffreisetzungen in Luft anschaulich die Umweltauswirkungen von Standorten mit vorwiegend älteren Anlagen und von Standorten mit vorwiegend neueren Anlagen. 56 Verordnung EG. Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der RL 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates. 20 Tabelle 17 PRTR-Jahresfrachten (Freisetzung in Luft) des Braunkohlenkraftwerks Jänschwalde und Schwarze Pumpe (Berichtsjahr 2013) Jahresfracht Jänschwalde Schwarze Pumpe Schadstoffbezeichnung Bestimmungsmethode 25.700.000.000 kg 11.400.000.000 kg CO2, gesamt Berechnung 25.400.000.000 kg 11.300.000.000 kg CO2, nicht-biogener-Anteil Berechnung 23.100.000 kg 9.000.000 kg Schwefeloxide (SO X/SO2) Messung 20.500.000 kg 5.350.000 kg Stickoxide (NO X/NO2) Messung 14.800.000 kg 2.140.000 kg Kohlenmonoxid(CO) Messung 675.000 kg 101.000 kg Feinstaub (PM10) Berechnung 307.000 kg 116.000 kg Distickoxid (N2O) Schätzung 90.500 kg 195.000 kg anorganische Chlorverbindungen (als HCl) 1.160 kg Messung Blei und Verbindungen (als Pb) Messung 593 kg Nickel und Verbindungen (als Ni) Messung 493 kg Kupfer und Verbindungen (als Cu) Messung Quecksilber und Verbindungen (als Hg) Messung 253 kg Chrom und Verbindungen (als Cr) Messung 121 kg Arsen und Verbindungen (als As) Messung Cadmium und Verbindungen (als Cd) Messung 330 kg 194 kg 43 kg Quelle: Umweltbundesamt (2015): Nationales Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister, Berichtsjahr 2013, Stand: 31.03.2015, einsehbar unter: www.thru.de 1.4.3 Auswirkungen auf die Gewässer Der Abbau von Braunkohlen hat erhebliche direkte Auswirkungen auf den Zustand von Gewässern. Die Grundwassermenge wird durch die Absenkungen negativ beeinflusst und die Grundwasserqualität insbesondere durch Einträge von Sulfat und Chlorid belastet. Eisenhaltige Abwässer aus dem Braunkohlenabbau führen in Oberflächengewässern zu einer Verockerung mit erheblichen Auswirkungen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften. Trotz eingeleiteter Gegenmaßnahmen wird der von der Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL 2000/60/EU) geforderte, gute Gewässerzustand auch innerhalb der Verlängerungsfristen bis 2027 in den betroffenen Förderregionen verfehlt.57 1.4.3.1 Auswirkungen durch Grundwasser absenkung Grundwasserabsenkungen bis in Tiefen von 400 m und damit deutlich unter die Lagerstätten des zu gewinnenden Rohstoffs mit großräumiger Wirkung (Absenkungstrichter) sind regelmäßig aus abbautechnischen Gründen bei dem Abbau von Braunkohlen erforderlich. Die Grundwasserabsenkung bleibt nicht auf die unmittelbaren Sümpfungsbereiche beschränkt, sondern reicht teilweise deutlich darüber hinaus. Bei gespannten Grundwasserleitern (insbesondere in den tieferen Schichten) erfolgt eine Reduzierung des Drucks. Dadurch entsteht eine großräumige Grundwasserabsenkung mit weitreichenden Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Insbesondere die Absenkung in den oberen Grundwasserleitern kann ohne entsprechende Ausgleichsmaßnahmen folgende negativen Auswirkungen haben: ▸▸ Beeinträchtigung der Wasserversorgung, ▸▸ Trockenfallen von Feuchtgebieten, ▸▸ Verringerung der Wasserführung in den Oberflächengewässern. 57 Das DIW spricht gar davon, dass die Fortführung der Kohleverstromung in Deutschland im Widerspruch zu der Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG sowie der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers stünde, vgl.: DIW Berlin: Politikberatung kompakt 84. Energiewende und Braunkohleausstieg, S.21. 21 Durch die Grundwasserabsenkung entsteht ein kumulatives Grundwasserdefizit in Abhängigkeit von der Dauer des Bergbaus und ggf. dicht angrenzender Förderräume und anderer Tagebaue. Am Beispiel des Braunkohlereviers der Lausitz lässt sich belegen, dass aufgrund des langjährigen Tagebaubetriebs und auf das Umland übergreifende Absenkungen zu einem Defizit von ca. 13 Mrd. m³ geführt hat. Die Auffüllung würde Berechnungen zu Folge und ohne Hinzufügung externer Wasserbereitstellungen einen Zeitraum von 56 Jahren in Anspruch nehmen. Während des Abbaubetriebes ist davon auszugehen, dass für eine Tonne Kohle etwa 6 bis 9 m³ Abraum zu bewegen sind58 und durchschnittlich 10 m³ Wasser gehoben werden müssen. Die im Abbaugebiet liegenden Grundwasseraquifere werden hierbei nahezu irreversibel zerstört. Im umgrenzenden Bereich stellen sich nach dem Auffüllen des Wasserdefizites annähernd vorbergbauliche Verhältnisse ein. Die Einleitung von Sümpfungswasser in die Oberflächengewässer (Erft, Spree u. a.) führt unter anderem zu Belastungen mit Sulfat und Chlorid. Die eingeleiteten Wassermengen können wegen ihrer Quantität und der erhöhten Wassertemperatur den Gewässerzustand deutlich verschlechtern. Der im Anschluss an den Abbau einsetzende Grundwasserwiederanstieg in Kippgebieten und Tagebaurestseen übt einen erheblichen Einfluss auf die bodenmechanische Stabilität der Kippenkörper aus, der zu Instabilitäten, Rutschungen, Setzungen, Sackungen und ggf. zum Setzungsfließen59 führen kann. Der Abraum enthält in unterschiedlicher Menge Pyrit (Eisendisulfid), der beim Abbau zwangsläufig mit Luftsauerstoff in Kontakt kommt und oxidiert. Dadurch können, bei entsprechend hohem Pyritgehalt, maßgebliche Mengen an Säuren, Eisen und Sulfat freigesetzt werden. Unter bestimmten Bedingungen können auch Schwermetalle mobilisiert werden. Die Belastung mit Schwermetallen, Ammonium und Eisen sowie die Versauerung bleiben im Wesentlichen auf die Kippen selbst bzw. den unmittelbaren Kippenabstrombereich begrenzt. Lediglich das Sulfat führt auch im weiteren Grundwasserabstrombereich der Abraumkippen zu einer erhöhten Sulfatbelastung und damit zu einer Verschlechterung der Grundwasserqualität. Diese Belastung im Kippenkörper selbst sowie in der Folgezeit auch im Grundwasserabstrom führen langfristig zu einer Verschlechterung des chemischen Grundwasserzustands. 1.4.3.2Versauerung Ein weiterer, aus Umweltsicht negativer Aspekt des Tagebaus ist die mögliche Versauerung von Gewässern. Abhängig vom örtlich anstehenden Deckgebirge kommt es durch den Kontakt mit Luftsauerstoff zur Verwitterung von Sulfiden im Abraum, bei dem im Kontakt mit dem Grundwasser jahrzehntelang Schwefelsäure entsteht. Konzeptionelle Überlegungen und Managementkonzepte in der Lausitz (Tagebaurestseen haben selbst nach 30 Jahren noch pH-Werte von 2 bis 3) haben nur teilweise Erfolg gebracht, der Einsatz von umfangreichen technischen Maßnahmen scheint daher unumgänglich. In Folge der Versauerung werden Mineralien gelöst und reichern sich in den bergbaubeeinflussten Gewässern an, so dass eine Behandlung des gehobenen Wassers (Neutralisierung und Fällungsreaktionen – Sulfat, Eisen) notwendig wird. 1.4.3.3Verockerung Durch den Braunkohletagebau kommt es zudem zu Eiseneinträgen in die Oberflächengewässer. Nachdem das Eisen durch den Kontakt mit Sauerstoff oxidiert und damit im Wasser unlöslich wird, kommt es zu einer „Verockerung“ (Eisenhydroxid) durch Sedimentation. Dies hat negative Auswirkungen auf: ▸▸ die Fischfauna und die wirbellosen Tiere der Gewässersohle (verminderte Sauerstoffaufnahme, bis hin zum Tod); ▸▸ Schädigung des Nahrungsnetzes durch Veränderung der Oberflächen natürlicher Hartsubstrate (Steine und Totholz), dadurch Entzug der Nahrungsgrundlage (Algen, Pilzaufwuchs) für wirbellose Tiere. 58 Für die Förderung von Steinkohle gibt die Statistik der Kohlenwirtschaft e.V. hingegen ein Leistungsverhältnis von 4,943 m³ je Tonne geförderter Steinkohle an, vgl.: Statistik der Kohlenwirtschaft e.V.: Der Kohlenbergbau in der Energiewirtschaft der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013, Herne und Köln, 11/2014, S.41. 59 Setzungfließen: eine spezielle Ausprägung der Rutschung, die insbesondre bei gleichförmigen Kippenböden zu deren Verflüssigung. 22 1.4.3.4 Auswirkungen der Braunkohleverbrennung Auch wird die Gewässerqualität indirekt durch den flächendeckenden Eintrag von Luftschadstoffen aus Verbrennungsprozessen negativ beeinflusst. So erfolgen die bedeutendsten Emissionen von Quecksilber – ein Schwermetall, das nach der EU-WRRL 2000/60/EU als prioritär gefährlicher Stoff eingestuft ist und innerhalb einer Generation überhaupt nicht mehr in die Gewässer gelangen soll (sog. phasing out) – in Deutschland derzeit über den Luftpfad aus der Verbrennung von Braun- und Steinkohle (siehe hierzu auch: Kapitel 1.4.2). 1.4.3.5 Auswirkungen durch die Kraftwerks kühlung mit Wasser Zur Kühlung der Kraftwerke werden große Mengen an Wasser benötigt. Dazu wird dem angrenzenden Gewässer Wasser entnommen, welches in Form von Wasserdampf in die Atmosphäre emittiert wird. Dies stellt besonders in Regionen mit einem knappen Wasserdargebot ein Problem für den Wasserhaushalt dar. Eine andere Form der Kühlung findet über den direkten Wassergebrauch statt, bei dem das erwärmte Wasser in das angrenzende Gewässer zurück geleitet wird. Hierdurch kommt es zu einer Erwärmung des Gewässers, was besonders im Sommer eine Gefahr für die Artenvielfalt und Qualität des Wassers darstellt. Da in warmem Wasser kaum Sauerstoff gelöst werden kann, führt das zum Tod vieler Wasserorganismen. In heißen Sommern kann dies aufgrund von Einleitungsbestimmungen zum Herunterfahren von Kraftwerken führen wie z. B. im Sommer 2003.60 Die energiebedingten Quecksilberemissionen belaufen sich gegenwärtig auf 5 t/p.a., bei Gesamtemissionen in Höhe von 8 t/p.a. über die Pfade Luft und Abwasser. 1.4.4Flächeninanspruchnahme Laut Statistik der Kohlenwirtschaft wurde seit Beginn der Abbautätigkeiten für Braunkohle in Tagebauen in Deutschland insgesamt 174.734 ha Fläche in An- Darüber hinaus sind die sauren Wässer, die in den Halden entstehen, in der Lage, in größerem Umfang Schwermetalle zu lösen. Durch das saure Wasser gelöste Schwermettalle führen zur Schädigungen von aquatischen Ökosystemen und zur Überschreitung von Umweltqualitätsnormen. Abbildung 5 Tägliche Flächenneuinanspruchnahme durch den Abbau von Braunkohle Hektar pro Tag 3,00 2,50 2,00 0,6 1,50 2,5 2,3 1,00 2,2 2,1 2,0 1,9 2,0 2,1 2,2 2,1 2,2 2,1 2,2 2,1 1,2 0,50 0,4 0,01 0,00 Lagerstätten Niedersachsen Mitteldeutschland Lausitz Rheinland Braunkohle (Herkunft) Quelle: Destatis / BGR Quelle: UBA 2015, eigene Berechnung auf Basis Destatis und BGR 60 UBA (2014) http://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/feuerungsanlagen/grossfeuerungsanlagen 23 spruch genommen, von denen etwa 68,7 % bis Ende 2014 bereits rekultiviert wurden.61 Die Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft,62 der die Rekultivierungsmaßnahmen – insbesondere im mitteldeutschen Raum – obliegen, spricht von einer Flächeninanspruchnahme in der Braunkohlesanierung von 106.790 ha. Von diesen wurden bereits 81.495 ha wieder nutzbar gemacht, von denen etwa 45 % forstwirtschaftlichen, etwa 19 % zu landwirtschaftlichen Flächen und die verbleibenden 24 % zu Wasserflächen und zukünftigen Wasserflächen in rekultiviertem Gelände gewandelt wurden.63 Dabei bleiben Beeinträchtigungen der Wasserqualität u. U. über lange Zeit bestehen und auch die Nutzbarkeit der rekultivierten Flächen ist z. T. mangels Tragfähigkeit auf absehbare Zeit deutlich eingeschränkt. Während ehemalige Braunkohletagebaue in Ostdeutschland mit erheblichem Einsatz von öffentlichen Mitteln saniert werden müssen, findet auf der anderen Seite ein kontinuierlicher Abbau von Braunkohle64 statt, wodurch neue Flächen in Anspruch genommen werden. Nach den Berechnungen des BGR65 wurden im Jahr 2013 für den Abbau von insgesamt 183 Mio. t Braunkohle rund 8 km² neu abgegraben, das entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme von 2,2 ha pro Tag. Abbildung 6 Inländische Entnahme von Braunkohlen im Tagebau 1.000 t 250.000 200.000 150.000 98.317 95.778 100.000 207.086 180.414 161.284 63.600 57.897 50.000 0 Lagerstätten Niedersachsen Mitteldeutschland Lausitz Rheinland 19.508 19.584 2.133 1.196 Braunkohle (Herkunft) Quelle: Destatis/ BGR Quelle: UBA 2015, eigene Berechnungen auf Basis Destatis und BGR Die Braunkohlevorkommen und der Abbau konzentrieren sich in Deutschland auf vier Regionen.66 Davon entfielen im Jahr 2013 rund 2,1 km² auf das Rheinland für den Abbau von 98 Mio. t Braunkohle, 4,4 km² 61 62 63 64 65 66 24 auf die Lausitz für den Abbau von 64 Mio. t sowie 1,4 km² auf Mitteldeutschland für den Abbau von 20 Mio. t. Kleinere Mengen werden auch in Niedersachsen abgebaut. Statistik der Kohlenwirtschaft e. V.: Der Kohlenbergbau in der Energiewirtschaft der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013, Herne und Köln, 11/2014, S.23. Vgl. hierzu: LMBV (2013). LMBV - Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau – Verwaltungsgesellschaft mbH (2014): Daten und Fakten. Senftenberg 01/2015, S.18. Statistisches Bundesamt (Destatis) [Hrsg.]: Umweltökonomische Gesamtrechnung (UGR), jährlich Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) [Hrsg.]: Deutschland - Rohstoffsituation 2008, 2009, 2010, 2011, 2012, 2013 BGR ibid. 1.4.5 Gesundheitliche Auswirkungen der Emissionen von Kohlekraftwerken Die Luftverschmutzung in Europa wird hauptsächlich durch den Energiesektor, den Transportsektor, industrielle Emissionen, Hausbrand und die Landwirtschaft verursacht. Der Energiesektor (Kohlekraftwerke, Erdgaskraftwerke, Biomassekraftwerke) hat in Deutschland einen maßgeblichen Anteil an den gesamten Schwefeldioxidemissionen (ca. 56 % in 2012), einen relevanten Anteil an den gesamten Stickstoffoxidemissionen (ca. 26 % in 2012) und einen geringen Anteil an den gesamten Feinstaubemissionen (ca. 5 % in 2012). Die Feinstaub- und die Schwefeldioxidemissionen des Energiesektors werden nahezu vollständig von den Kohlekraftwerken verursacht (ein geringer Anteil von Biomassekraftwerken). Die NOX-Emissionen des Energiebereiches werden zu ca. 55 % von seinen Kohlekraftwerken verursacht. Die Stickstoffoxide spielen eine Rolle bei der Ozonbildung im bodennahen Bereich. Die Auswirkungen Ozon und Feinstaub auf die Gesundheit der Bevölkerung sind besonders zu betrachten. Die Schadstoffe unterliegen, wenn sie aus Kraftwerken mit hohen Schornsteinen emittiert werden, dem Ferntransport über Landesgrenzen hinweg, so dass sie großräumig zu einer Erhöhung der Hintergrundbelastung und weniger zu lokalen Belastungsspitzen führen. Zusätzliche lokale Belastungen können, je nach Kraftwerk, auch durch weitere betriebliche Prozesse (z. B. Transport) entstehen. Studien zeigen, dass auch die Erhöhung der Hintergrundbelastung mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko für Menschen verbunden ist. Im Folgenden werden die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Emissionen von Braun- und Steinkohlenkraftwerken gemeinsam abgehandelt. 1.4.5.1Feinstaub Die Langzeitexposition gegenüber Feinstaub hat negative gesundheitliche Wirkungen, wie: ▸▸ chronische Atemwegserkrankungen (chronische Bronchitis, Lungenkrebs), ▸▸ kardio-vaskuläre Erkrankungen (Bluthochdruck, Herzinfarkte, Schlaganfälle)67 oder ▸▸ akute Effekte (Brustenge, Husten, Asthma). Kinder, Senioren und Personen mit Vorschädigungen / Vorerkrankungen sind als Risikogruppen zu betrachten, da sie empfindlicher als die Allgemeinbevölkerung auf entsprechende Belastungen reagieren können.68 Neue Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Luftverschmutzung während der Schwangerschaft ein negativ beeinflussender Faktor für das Geburtsgewicht sein und Frühgeburten auslösen kann.69 Außerdem mehren sich Hinweise, dass es einen Zusammenhang zwischen der Feinstaubexposition und neurodegenerativen Erkrankungen im Alter geben könnte.70 Feinstaub insgesamt (ohne Differenzierung nach der Quelle) verursachte im Jahr 2012 in Deutschland ca. 34.400 vorzeitige Sterbefälle durch kardiopulmonale Erkrankungen und ca. 7.400 vorzeitige Sterbefälle durch Lungenkrebs und somit ca. 307.000 verlorene Lebensjahre.71 Erste Untersuchungen zur Krankheitslast, die explizit auf die von Kohlekraftwerken ausgehende Feinstaubbelastung fokussieren, zeigen erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung.72 1.4.5.2 Schwermetalle, insbesondere Quecksilber Weitere gesundheitlich relevante Schadstoffe, die den Schornstein von Kohlekraftwerken verlassen, sind Schwermetalle (u. a. Arsen, Cadmium, Blei), wobei hier insbesondere das Quecksilber (Hg) von Bedeutung ist. Die Schwermetalle erreichen die Bevölkerung im Wesentlichen über die Aufnahme 67 z. B. Hoek et al. 2013, Raaschou-Nielsen et al. 2013, Beelen et al. 2014, WHO 2013a, WHO 2013b). 68 (WHO 2013b) WHO European Centre for Environment and Health (2013b). Review of evidence on health aspects of air pollution – REVIHAAP Project Technical Report. Kopenhagen, World Health Organization: 302. 69 Pedersen et al. (2013). 70 Becker, K/ Straff, W (2015): Könnte die Luftqualität für das Entstehen und den Verlauf von Alzheimer-Demenz und Morbus Parkinson eine Rolle spielen? Umweltmedizin – Hygiene – Arbeitsmedizin; Journal of Environmental and occupational health sciences. Band 20, Nr. 2. 71 UBA, (2015) Gesundheitsrisiken der deutschen Bevölkerung durch Feinstaub. In: Daten zur Umwelt. 72 So sprach eine von Greenpeace beauftragte Studie davon, dass ca 3.100 vorzeitige Sterbefälle und 33.000 verlorene Lebensjahre auf die Feinstaubbelastung u.a. aus Kohlekraftwerken zurückzuführen wäre (vgl.: Preiss et al. (2013) Assessment of Health Impacts of Coal Fired Power Stations in Germany by Applying EcoSenseWeb, Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart). Von ähnlichen Größenordnungen sprach auch eine Studie der Health and Environment Alliance (2.700 vorzeitige Sterbefälle und 29.000 verlorene Lebensjahre) (vgl.: Heal (2013): The unpayed health bill – how coal power plants make us sick. A report from the Health and Environment Alliance.). Untersuchungen der VGB kommen demgegenüber zu dem Ergebnis, dass „Hinweise auf das gehäufte Auftreten von Krebs- und Atemwegserkrankungen sowie Allergien mit den vorhandenen Messdaten nicht in Übereinstimmung zu bringen wären“ (vgl.: Eikmann et. al im Auftrag für VGB Power Tech e. V. (2011): Kompendium – Umweltmedizinische Aspekte der Stromerzeugung aus Kohle. Kompendium zur Gesundheitsrelevanz, Köln März 2011. 25 mit der Nahrung oder belastetem Trinkwasser (vgl. Kapitel 1.4.3) und tragen über den Nahrungspfad zur korporalen Belastung der Menschen bei. Da das hohe toxikologische Potential dieser Stoffe hinlänglich bekannt ist, stehen sie in der Lebensmittel und Umweltüberwachung üblicherweise auf der Liste der zu untersuchenden Substanzen.73 Aus Studien des Umweltbundesamtes zur inneren Exposition von Erwachsenen und Kindern ist bekannt, dass eine besondere Belastung aus dem Verzehr von Seefisch resultiert74, die mit der Umweltbelastung - auch der von Kohlekraftwerken ausgehenden - zusammenhängt, weil sich Quecksilber in der Nahrungskette wiederfindet und besonders bei großen und alten Seefischen in hohen Konzentrationen anreichert.75 1.4.5.3 Gesundheitliche Auswirkungen durch eine Veränderung des Klimas. Zusätzlich zu den direkten Effekten der Schadstoffe, die durch Kohlekraftwerke emittiert werden, tragen sie mit ihren Emissionen klimagefährdender Gase zum Fortschreiten des Klimawandels und damit zu den durch den Klimawandel verursachten gesundheitlichen Gefahren, zum Beispiel den gesundheitlichen Folgen von Hitzewellen bei.76 Es hat sich auch gezeigt, dass bei Hitzewellen mehr Menschen mit den oben skizzierten Erkrankungen, die mit einer Feinstaubexposition in Verbindung zu bringen sind, in Krankenhäuser eingewiesen werden, also ein gesundheitsgefährdender Synergismus der Faktoren Luftverschmutzung und verändertem Klima vorliegt. 73 Bspw. im Rahmen des PRTR, vgl. Kapitel 1.4.2. 74 Becker et al. (1996): Umwelt-Survey - 1990/92 Band VII: Quecksilber – Zusammenhangsanalyse; WaBoLu, 6/96., Benemann et al. 2004 Umwelt-Survey 1998. Band VII: Arsen, Schwer- und Edelmetalle in Blut und Urin der Bevölkerung in Deutschland – Belastungsquellen und –pfade; WaBoLu, 03/04. 75 Eine detaillierte Stellungnahme des BfR zu dieser Problematik erschien im Jahr 2008: Insbesondere hält das BfR die Empfehlung, dass Schwangere und Stillende vorsorglich den Verzehr von Thunfisch einschränken sollten, weiterhin aufrecht. 76 Siehe hierzu auch: UBA 2014 – Klimawandel und Gesundheit 26 2Steinkohlen 2.1Zusammenfassung 2.2 Energiewirtschaftliche Aspekte Steinkohle ist ein weltweit gewonnener und gehandelter Energieträger. Auf diesem Steinkohlenweltmarkt, auf dem circa 18 % der geförderten Steinkohle gehandelt werden, sind in den vergangenen Jahren China, Indonesien und Australien zu den größten Förderländern avanciert. 2.2.1 Ressourcen, Reserven, Verfügbarkeit, Reichweite, Einsatzzwecke Während China dabei einen Großteil der geförderten Kohle selbst verbraucht, sind Indonesien und Australien auch die größten Exporteure weltweit. Zu den Hauptimportländern zählt, neben China, Japan und Indien auch Deutschland auf dem 6. Platz. Dabei stellten die Importe in 2014 nach vorläufigen Angaben mit 56 Mio. t ein historisches Hoch dar. Demgegenüber steht die sinkende Tendenz selbst geförderter Kohle, deren Förderung nach gesetzlichen Vorgaben 2018 komplett auslaufen soll. Die derzeit insgesamt 67 in Betrieb befindlichen Steinkohlekraftwerke trugen im Jahr 2014 mit circa 19 % zur Gesamtbruttostromerzeugung bei und stießen dabei knapp 30 % der gesamten CO2-Emissionen aus. Neben den Treibhausgasen emittieren Steinkohlenkraftwerke Luftschadstoffe wie Schwefeloxide, Stickstoffoxide, Ruß und Staub sowie toxische Metalle wie Quecksilber, Blei, Arsen und Cadmium aus, welche die menschliche Gesundheit und Ökosysteme schädigen. Zurzeit tragen Steinkohlekraftwerke noch zur Sicherung der Versorgungssicherheit bei. Doch über die im Bau befindlichen Steinkohlenkraftwerke hinaus scheint kein weiterer Zubau erforderlich.77 Konventionelle Erzeugungskapazitäten sollten aus Gründen des Klimaschutzes und der besseren technischen Vereinbarkeit mit einer wachsenden Zahl dezentraler Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien bevorzugt mit Erdgas statt mit Braun- oder Steinkohlen betrieben werden. 2.2.1.1 Steinkohle im internationalen Kontext 2.2.1.1.1Ressourcen Für den fossilen Energieträger Steinkohle sind weltweit die größten Ressourcen und Reserven ausgewiesen.78 Steinkohlen haben dabei einen Anteil von 45,5 % an den nicht-erneuerbaren Primärenergiereserven und von fast 80 % an den nicht-erneuerbaren Primärenergieressourcen.79 Dieses Potential wäre ausreichend, um den absehbaren Bedarf über viele Jahrzehnte zu gewährleisten. Ähnlich wie bei der Braunkohle unterliegen auch bei der Steinkohle die genauen Abschätzungen zu Ressourcen und Reserven Unsicherheiten (siehe Tabelle 18). Tabelle 18 Weltweite Reserven und Ressourcen von Steinkohlen BGR Reserven Ressourcen WEC (2013) Heizwert >17,4 GJ/t Heizwert >17,4 GJ/t Heizwert >23,9 GJ/t 688,50 690,53 504,72 17.685 Gt Quelle: BGR 2014, WEC 2014 2.2.1.1.2Reserven Tabelle 18 zeigt die regionale Verteilung der Steinkohlenreserven und -ressourcen im Jahr 2013. Das größte verbleibende Potenzial ist in den Regionen Austral-Asien gefolgt von Nordamerika und in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zu verzeichnen. 77 UBA (2011): Hintergrundpapier zur Umstrukturierung der Stromversorgung in Deutschland, September 2011. 78 Zur Definition von Ressourcen, Reserven, Braun- und Steinkohle, siehe Kapitel 1.2.1.1 79 BGR (2014): Energiestudie 2014, S. 16. 27 Tabelle 19 Steinkohlenreserven 2013 nach Regionen* in Gt Nordamerika USA Kanada Mittel & Südamerika Kolumbien Brasilien Europa Polen GUS Russland Ukraine Kasachstan Austral-Asien China Indien Australien Indonesien Vietnam Afrika Südafrika Mosambik Insgesamt Steinkohle 229,12 223,43 4,35 8,94 4,88 1,55 20,17 15,89 130,36 69,63 32,04 25,61 285,51 120,70 81,90 62,10 13,51 3,12 0,07 9,89 1,79 688,46 Prozentualer Anteil 33,3 % 32,5 % 0,6 % 1,3 % 0,7 % 0,2 % 2,9 % 2,3 % 18,9 % 10,1 % 4,7 % 3,7 % 41,5 % 17,5 % 11,9 % 9,0 % 2,0 % 0,5 % 0,0 % 1,4 % 0,3 % 100 % * Heizwert > 16,5 GJ/t Der größte Steinkohlenförderer im Jahr 2013 war China mit einem Anteil von 51,1 % an der weltweiten Produktion. Etwa 18 % der geförderten Steinkohlen werden weltweit gehandelt. Die größten Exporteure Rang 1 12 11 15 8 4 6 7 2 3 5 9 13 10 14 Quelle: BGR 2014 sind Indonesien (31,5 %) Australien (26,6 %) und Russland (10,6 %).80 Die größten Importländer sind China, Japan, Indien und Südkorea. Deutschland rangiert auf dem 6. Platz der importierenden Länder.81 Tabelle 20 Die 10 größten Steinkohleimportländer in Mt/a China Japan Indien Südkorea Taiwan Deutschland Großbritannien Italien Spanien Nordamerika Gesamt Europa Anteil am Welthandel 2011 183 175,2 99 129,2 67 44,2 33 23,5 16 28,7 1078 230,1 21 % 2012 289 185,2 138 125,6 65 45 45 25,9 22 25,6 1242 244,1 20 % 2013 327 191,5 170 126,5 66 50,1 49 20,3 14 24,1 1325 242,5 18 % Quelle: DERA 2011, BGR 2012-2014 80 BGR (2014): Energiestudie 2014, S. 96. 81 BGR (2014): Energiestudie 2014, S. 97. 28 2.2.1.2 Steinkohle im nationalen Kontext/Importabhängigkeit Tabelle 21 Steinkohlereserven, -ressourcen und -förderung in Mio t. v. F. wirtschaftlich (subventioniert) gewinnbare Reserven 2014 bis 2018* Ressourcen insgesamt Gesamtressourcen Förderung in 2014 Importquote insgesamt Ruhrgebiet Saarrevier Ibbenbüren Aachen Zwickau Summe 21 0 10 0 0 31 45.716 45.737 5,7 23 % 16.371 16.371 0 46 % 14.422 14.432 1,9 58 % 6.437 6.437 0 77 % 13 13 0 81 % 82.959 82.990 7,6 87 % * Ermittelt aus der vorraussichtlichen Förderung bis 2018 Quelle: BGR 2014, GVSt 2015 Deutschland verfügt über Steinkohlegesamtressourcen (Summe aus Reserven und Ressourcen) von etwa 83 Mio. t. Von diesen sind bis Ende 2018 voraussichtlich rund 31 Mio. t gewinnbar.82 Seit Mitte der Neunziger Jahre erfolgt eine sukzessive Verringerung der Eigenförderung und im Gegenzug ein Anstieg der Steinkohlenimporte auf etwa ein Vierfaches des Wertes von 1990. In Deutschland wurden im Jahr 2014 nach vorläufigen Zahlen der AG Energiebilanzen etwa 56,2 Mio. t (2013: 61,3 Mio. t) Steinkohlen verbraucht,83 wovon nur knapp 7,6 Mio. t84 aus einheimischer Förderung in den zwei verbliebenen aktiven Revieren stammte.85 Mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Ausstieg aus der Subventionierung der Steinkohlenförderung in Deutschland werden ab 2019 Steinkohlen nur noch importiert. Bei den Steinkohlenimporten nach Deutschland ist der größte Anteil mit 27,7 % in 2014 aus Russland zu verzeichnen – mit steigendem Einfuhrmengen im ersten Halbjahr 2015 (siehe Abbildung 7). Die weiteren Hauptimporteure nach Deutschland waren die USA, Kolumbien, Australien, Polen und Südafrika. Abbildung 7 Steinkohlenimporte nach Herkunftsländern seit 1991 nach Deutschland86 in 1000 t 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 EU Sonstige EU Norwegen Rußland (frühere SU) USA Kanada Kolumbien Südafrika Australien China Indonesien Venezuela Sonstige Drittländer Quelle: BMWi 03/2015 auf Basis von BAFA u. VdKi 82 83 84 85 BGR: Deutschland – Rohstoffsituation 2013, Hannover 11/2014 S.31. AGEB (2015): Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2014, März 2015, S.4. VdKi – Verein der Kohlenimporteure e.V. PM 01/2015 auf Basis AGEB. Seit Anfang 2013 stammt die einheimische Steinkohle zudem lediglich aus drei Bergwerken in Nordrhein-Westphalen: Prosper-Haniel in Bottrop, Auguste Victoria in Marl und das Bergwerk Ibbenbüren im nördlichen Münsterland Vgl.: Van de Loo, Kai/Sitte, Andreas-Peter: Fachthemen – Steinkohle in Deutschland 2012, in: Mining Report 149 (2013) Heft 3. S.183 – 193. 86 BMWi (2014): Energiedaten: Gesamtausgabe, Stand: November 2014, S. 34. 29 Rund 71 % des Steinkohlenverbrauchs in Deutschland entfielen 2013 auf den Verbrauch in Kraftwerken, etwa 26 % wurden in Hütten/Kokereien verwendet und weitere 2,8 % entfielen auf den Wärmemarkt.87 Ähnlich verhält sich der Absatz der in Deutschland geförderten Steinkohlen. Über 70 % werden in Kraftwerken genutzt und tragen damit etwa zu 7 % der Stromerzeugung bei. Weitere 25 % werden in der deutschen Stahlindustrie eingesetzt. Im geringen Umfang erfolgt die Nutzung im Wärmemarkt. Tabelle 22 Primärenergieverbrauch Steinkohle nach Verwendungszwecken 2011 2012 2013 2014* Kraftwirtschaft 37,8 40,1 41,8 36,9 Stahlindustrie 16,1 15,4 17,6 17,8 Wärmemarkt 1,4 1,5 1,6 1,5 55,3 57 61 56,2 Mio. t Gesamtmarkt *2014 vorläufig Quelle Van de Loo 2013, auf Basis AGEB und VdKi 2.2.2 Anteil am Primärenergieverbrauch in Deutschland Abbildung 8 Primärenergieverbrauch von Steinkohlen in Deutschland PJ 16000 13.132 PJ 14000 12000 10000 8000 6000 0 Steinkohle Braunkohle Mineralöle Gase *vorläufige Angaben, z.T. geschätzt Kernenergie Erneuerbare Energien 1724 1840 1714 1800 1808 2021 2060 2000 2306 4000 Sonst. Energieträger Quelle: AGEB 2015 Quelle: AG Energiebilanzen: Auswertungstabellen zur Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland 1990-2014, Stand 08/2015 Der Primärenergieverbrauch ist in Deutschland seit Beginn der 90er Jahre leicht rückläufig. Nach vorläufigen Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen betrug der Primärenergieverbrauch im Jahr 2014 13.132 Petajoule (PJ) und lag damit um 12 % niedriger als 1990. Steinkohlen, lieferten dabei mit 1.724 PJ rund ein Zehntel des Primärenergieverbrauchs (siehe Abbildung 8).88 Der Anteil der Steinkohlen am Primärenergieverbrauch verzeichnet mit einem Rück87 VdKi: Jahresbericht 2014. Fakten und Trends 2013/2014, S.30 88 Für detaillierte Zahlen in der Zeitreihe siehe Tabelle im Anhang. 30 gang von 3 % über die letzten 24 Jahre hinweg einen leicht abnehmenden Trend. Heute liegt der Anteil bei 13 %. Die Gesamteinsatzmenge von Steinkohlen am Primärenergieverbrauch ging um fast 30 % zurück. Ein Grund hierfür ist der steigende Anteil an Erneuerbaren Energien und unter anderem auch die zunehmende Effizienz in der Energieumwandlung im Kraftwerkspark für die Herstellung von Strom und Wärme. 2.2.3 Anteil an der Bruttostromerzeugung in Deutschland Abbildung 9 Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern TWh 700 13.132 PJ 600 500 400 300 200 109 100 0 Steinkohle Braunkohle Kernenergie Erdgas Mineralölprodukte Erneuerbare Energien Übrige Energieträger Quelle: AG Energiebilanzen: Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis*vorläufige 2014 nach Energieträgern, Standgeschätzt 08/2015 Angaben, z.T. *vorläufige Angaben, z.T. geschätzt Quelle: AG Energiebilanzen: Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2014 nach Energieträgern, Stand 08/2015 Auch die Struktur der Bruttostromerzeugung nach eingesetzten Energieträgern änderte sich zwischen 1990 und 2014 deutlich (Abbildung 9). Der Anteil von Braunkohlen, Steinkohlen und der Kernenergie an der Stromerzeugung betrug im Jahr 1990 noch 84 %, heutzutage besitzen diese drei Energieträger zusammen nur noch einen Anteil von 59 %. Während der Anteil der Steinkohlen zwischen 1990 und 2014 von 26 % auf circa 19 % zurückgegangen ist, erhöhte sich die gesamte Bruttostromerzeugung um etwa 14 %. 2.2.4 Steinkohlenkraftwerke in Deutschland 2.2.4.1 Anzahl und Leistung Tabelle 23 Gesamtleistung der Steinkohlenkraftwerke in Deutschland89 Kraftwerke > 1 MW Steinkohle Standorte Blöcke Elektrische Bruttoleistung (MW) Nettoengpassleistung (MW) 67 101 29.288,1 26.882,9 * Daten sind nicht von allen Kraftwerken bekannt. Fernwärmeleistung (MW)* 15.081,5 Quelle: UBA 2015, BNetzA 2015 Zum 31.08.2015 sind in Deutschland 67 Steinkohlen kraftwerke (insgesamt 101 Kraftwerksblöcke) in Betrieb. 89 UBA (2015): Kraftwerksdatenbank. 31 2.2.4.2Volllaststunden Die Volllaststundenzahl ist eine Rechengröße, die sich aus dem Quotienten der von einem Kraftwerk in einem Jahr eingespeisten Strommenge (in GWh) und der entsprechende Kraftwerksleistung (in GW) ergibt. Folgende Größen haben Einfluss auf die Jahresvolllaststunden:90 ▸▸ Strombörsenpreise: Phasenweise niedrigere Marktpreise durch hohe EE-Einspeisung (MeritOrder-Effekt) ▸▸ EU-Strombinnenmarktintegration: CEW Market Coupling ▸▸ Flexibilität und Verfügbarkeit des jeweiligen Kraftwerks (Teillastbetrieb, An- und Abfahrzeiten) ▸▸ Konjunktureinflüsse auf die Stromnachfrage. ▸▸ Variable Kosten: Brennstoffkosten und CO2-Zertifikatspreise, Tabelle 24 Volllaststunden der deutschen Steinkohlenkraftwerke Studie 2010 2011 2012 2013 BDEW 2014 3.870 3.740 4.020 4.380 BMWi 2013 VDI 2013 3.879 3.790 DEBRIV (2015) 6.850 6.000 Fraunhofer ISE 2013 (mittlere Auslastung) UBA-Datenbank 2015 (hier: jährliche Benutzungsstunden) 2014 4.004 4.149 4.374 3.793 ~ 4.00091 Quelle: UBA 2015, eigene Zusammenstellung 2.2.4.3 Regionale Verteilung In der beiliegenden Karte in Anhang 3 sind alle größeren Kraftwerke ab einer elektrischen Bruttoleistung von 100 MW in Deutschland verzeichnet – d. h. Steinund Braunkohlenkraftwerke, aber auch Kernkraftwerke, Gaskraftwerke, Wasserkraftwerke sowie große Wind- und Solarparks. Ballungen von Steinkohlenkraftwerke liegen vorwiegend im Ruhr- und Saarrevier sowie in Ibbenbüren (das Aachener Revier wurde zwischen 1998-2000 stillgelegt) und – bedingt durch die Anlieferwege für Importsteinkohlen – entlang des Rheins und in der Nähe der deutschen Nordseeküste. Neubauprojekte (nicht auf der Karte verzeichnet) sind ebenfalls in Küstennähe und an großen Flüssen vorgesehen. 2.2.4.4Altersstruktur Das Alter der Steinkohlenkraftwerke beträgt durchschnittlich 30 Jahre und geht bis zu gut 50 Jahren.92 Viele der ältesten Anlagen wurden modernisiert bzw. ertüchtigt, so dass ihre alters- oder technisch bedingten Restlaufzeiten nicht abschätzbar sind. Stilllegungen erfolgen ggf. vielmehr aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen.93 So wurden beispielsweise von E.ON in den Jahren 2012/2013 die 3 ältesten der Steinkohlen-Kraftwerksblöcke in Großkrotzenburg und 2014 die 3 Blöcke in Datteln sowie von RWE 2014 die beiden ältesten Kraftwerksblöcke in Hamm-Uentrop stillgelegt. 2.2.4.5 In Bau und Probebetrieb befindliche Kraftwerke Derzeit (Stand August 2015) befinden sich gemäß UBA-Planungsliste in Deutschland 3 Kraftwerksblöcke mit einer Bruttoleistung von insgesamt 2.747 MW im Bau bzw. im Probebetrieb. 90 Vgl.: BDEW Energie-Info: Kraftwerksplanungen und aktuelle ökonomische Rahmenbedingungen für Kraftwerke in Deutschland. Kommentierte Auswertung der BDEW-Kraftwerksliste 2013. Berlin, 16. August 2013 S.21. 91 Maaßen, Uwe: Sonderabgabe hat gravierende Auswirkungen auf Kraftwerke und Strommix, in: DEBRIV – Bundesverband Braunkohle (Hrsg.): Informationen und Meinungen. Ein Informationsservice der deutschen Braunkohle., Köln 01.06.2015, S. 5. 92 Vgl.: hierzu auch: DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2014): Szenarien einer nachhaltigen Kraftwerksentwicklung in Deutschland, in: DIW (Hrsg.): Politikberatung kompakt 99, Berlin 11/2014 S.7. 93 Vgl.: hierzu auch: DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2014): Szenarien einer nachhaltigen Kraftwerksentwicklung in Deutschland, in: DIW (Hrsg.): Politikberatung kompakt 99, Berlin 11/2014 S.9. 32 Tabelle 25 Steinkohlenkraftwerke, die 2015 in den kommerziellen Betrieb gehen elektr. Bruttoleistung (MW) Fernwärme leistung (MW) geplante IB Unternehmen Bau/Probebetrieb Bau beginn Datteln 4 1100 380 2015 E.ON Kraftwerke GmbH B 2007 Hamburg - Moorburg A 827 120 2015 Vattenfall Europe GmbH PrB 2007 Hamm D (Uentrop, Westfalen) 820 keine 2015 RWE Power/DWE Dortmund/StW Hamm B 2008 Kraftwerksname Quelle: UBA 2015 2.2.4.6 Zur Stilllegung angemeldete Kraftwerke Die Kraftwerksstilllegungsliste der Bundesnetzagentur weist mit Stand vom 20.07.2015 Stilllegungsanzeigen für 8 Steinkohlenkraftwerksblöcke mit einer Nettoengpassleistung von insgesamt 1.127,7 MW aus, von denen sich 1 Block seit Ende 2013 in Kaltreserve befindet. Die BNetzA hat 4 dieser Blöcke als systemrelevant eingestuft.94 2.2.4.7Betreiber Die größten Betreiber mit den größten installierten Leistungen (etwa 70,6 %) sind die vier großen Energiekonzerne Steag, E.ON, EnBW und RWE, gefolgt von diversen weiteren Betreibern und Stadtwerken (vgl. Tabelle im Anhang 2). Die verbleibenden 29,4 % der Steinkohlenkraftwerke werden von Industrie- und Stadtwerken betrieben. Tabelle 26 Übersicht elektrische Bruttoleistung (MW) der deutschen Steinkohlenkraftwerke nach Betreiber und Marktanteil95 Betreiber Elektr. Bruttoleistung (MW) Anteil (%) Steag 7.554 25,8 EnBW 3.770,40 12,9 RWE 3.408,50 11,6 E.ON 3.078 10,5 2.153,70 7,4 Summe 19.964,60 68,2 alle Betreiber 29.288,10 100 Vattenfall Quelle: UBA 2015 94 BNetzA (2015): Kraftwerksstilllegungsanzeigenliste (KWSAL). 95 Umweltbundesamt: Kraftwerksdatenbank 2015 33 2.3 Ökonomische Aspekte 2.3.1 Brennstoffkosten Aufgrund der hierzulande vorliegenden geologischen Abbaubedingungen und der relativ hohen Lohnkosten sind die Förderkosten96 für Steinkohle in Deutschland (ca. 180 €/t)97 weit höher als die Importpreise von circa 73 €/t.98 Die deutsche Steinkohle ist demnach international nicht wettbewerbsfähig99 und ihr Abbau nur durch eine hohe Subventionierung möglich100 (vgl. 2.3.5). Abbildung 10 Drittlandskohlebezüge und durchschnittliche Preise101 Mio. t €/t SKE 120 40 112,0 107,0 35 100 30 80 78,8 25 72,7 65,0 60 20 53,2 15 10 42,0 40 39,9 34,4 20 5 0 0 Quelle: BP 06/2015 auf Basis McCloskey/Platts Quelle : BP 06/2015 auf Basis McCloskey/Platt Die Preisnotierungen auf den Weltmärkten für Steinkohlen sinken seit 2011 kontinuierlich.102 Gründe dafür sind z. B. ein abgeschwächtes Wachstum der Stromnachfrage in Asien, insbesondere in China oder die zunehmende Verdrängung der Kohle in den USA durch preiswerteres Shale-Gas. Dies führte auch 2014 zu einem weiter andauernden Angebotsüberschuss und so zu niedrigen Preisen.103 Für Russland ist der Export aufgrund des sinkenden Rubel-Kurses nach Deutschland 2015 noch attraktiver geworden. 96 BGR (2014): Rohstoffsituation 2013, S.31. 97 BAFA: Kraftwerkskohle – Mengen und Preisübersicht (Z 05.02.09), für Daten: siehe Tabelle im Anhang. 98 BAFA (2015): Drittlandskohlepreise. 99 BGR (2014): Rohstoffsituation 2013, S.31. 100Vgl.: UBA (2014): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland, Dessau-Roßlau. Siehe auch: Agentur für Erneuerbare Energien: Kosten und Preise für Strom. Fossile, Atomstrom und Erneuerbare Energien im Vergleich. Renews Spezial Ausgabe 52/ September 2011, S. 22.. Siehe auch: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Deutschland – Rohstoffsituation 2012, S.31: „Für das Berichtsjahr 2012 wurden dem Steinkohlenbergbau 1.761 Mio. € an öffentlichen Mitteln zugesagt“. 101BAFA (2015): Drittlandskohlepreise 102GVSt (2014/2015): Steinkohle 2014. Herausforderungen und Perspektiven. 103IEA (2014): Medium-Term Coal Market Report, S.11 u. S.48. 34 Jedoch geht die IEA davon aus, dass die Renaissance der Steinkohlen in der europäischen Region nicht dauerhaft anhalten wird bzw. ihren Höhepunkt schon überschritten hat.104 Gründe für diese Einschätzung sind nach IEA ein geringes Wachstum, Fortschritte in der Energieeffizienz, der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Stilllegung alter Kraftwerke. Abbildung 11 Entwicklung der Preise auf wichtigen Steinkohlemärkten US-$/t 250 200 150 100 50 0 Northwest European marker price US Central Appalachian coal spot price index Japan steam coal import cif price Asian Marker price Japan coking coal import cif* price Quelle: BP 06/2015 auf Basis McCloskey/Platts * cif = cost + insurance + fright (aferage price; fob= free on board 2.3.2CO2 -Zertifikatspreise Abbildung 12 EEX Terminmarkt der EU Carbon Futures (Monatsmittel) €/t CO2 30,00 € 28,07 25,00 € 22,58 20,00 € 19,47 17,81 15,00 € 14,08 10,00 € 10,00 7,81 8,25 6,91 6,97 5,00 € 3,74 0,00 € Quelle: BMWi 2015, auf Basis EEX, Stand: 03/2015 104IEA: Medium-Term Coal Market Report 2014 S.14. 35 Bei den EU-Emissionszertifikaten (EUA/EU Carbon Futures), welche neben den Brennstoffkosten ökonomische Relevanz. für die Ermittlung der Stromgestehungskosten bei fossilen Kraftwerken haben, war seit etwa 2008 ein Abwärtstrend zu beobachten. Lagen sie Mitte 2008 bei etwa 25 €/t CO2 sanken sie bis Mai 2013 auf ciraca 3,74 €/t CO2. Auf niedrigen Niveau pendelte sich der Zertifikatspreis ein und stieg in der ersten Jahreshälfte 2014 auf etwa 6€/t CO2. Für Dezember 2014 war ein errechnetes Monatsmittel von etwa 7 €/t CO2 zu verzeichnen.105 Dieser niedrige Zertifikatepreis forciert die Steinkohlenverstromung. 2.3.3Stromgestehungskosten Die aktuellen Stromgestehungskosten für eine Kilowattstunde Steinkohlenstrom liegen nach aktuellen Studien bei 6,3 bis 10,0 €-cent/kWh106 (siehe Tabelle 9: Stromgestehungskosten von Kraftwerken an deutschen Standorten).107 Tabelle 27 Bandbreite der Stromgestehungskosten an deutschen Standorten im Jahr 2013 Stromgestehungskosten (€2013/kWh) Kraftwerk minimal maximal PV klein /bzw. frei 0,08 0,17 Wind onshore 0,05 0,11 Wind offshore 0,12 0,19 Biogas 0,14 0,22 Braunkohle 0,04 0,05 Steinkohle 0,06 0,10 GuD 0,08 0,10 Erdgas 0,07 0,13 nen basieren. Aufbauend auf diesen Werten hat das Umweltbundesamt die spezifischen Umweltkosten in €-cent/kWh (Cent pro Kilowattstunde) Strom und Wärme je Energieträger berechnet. Die mittleren brennstoffspezifischen Umweltkosten der Stromerzeugung stellen allerdings keine fixen Größen dar, sondern sind abhängig von der mittleren Güte der Anlagentechnik (elektrische Wirkungsgrade sowie Techniken zur Emissionsminderung von Luftschadstoffen wie SO2, NOx usw.) des jeweiligen Teils des Kraftwerksparks. Insbesondere der Ersatz von Altanlagen durch neue Anlagen mit deutlich verbesserten elektrischen Wirkungsgraden beeinflusst die Höhe der mittleren im Kraftwerkspark vorliegenden spezifischen Umweltkosten. Tabelle 28 Spezifische Umweltkosten der Stromerzeugung je Energieträger in €-cent/kWh109 Stromerzeugung durch Luftschadstoffe Treibhausgase Umweltkosten gesamt Braunkohle 2,07 8,68 10,75 Steinkohle 1,55 7,38 8,94 Erdgas 1,02 3,90 4,91 Öl 2,41 5,65 8,06 Wasserkraft 0,14 0,04 0,18 Windenergie 0,17 0,09 0,26 Photovoltaik 0,62 0,56 1,18 Biomasse* *1,07 2,78 3,84 Erneuerbare Energien * Nach Erzeugungsanteilen gewichteter Durchschnittswert für Biomasse gasförmig, flüssig und fest (Haushalte und Industrie), Bandbreite von 0,3 bis 7,2 €-Cent/kWh Quelle: UBA 2012 Quelle: Fh ISE 11/2011, AGEE 09/2014 2.3.4 Emissionsbedingte Umweltkosten Mit der Methodenkonvention 2.0108 aus dem Jahr 2012 legt das Umweltbundesamt best practice Schätzungen der Umweltkostensätze vor, die auf einer Zusammenschau von Schadens- und Vermeidungskosten von CO2- und anderen Luftschadstoffemissio- Dabei zeigt sich, dass bei Ansetzen eines mittleren Schadenkostensatzes von 80 €/t CO2 die Steinkohlenverstromung nach Braunkohlen die zweithöchsten Umweltkosten verursacht, nämlich durchschnittlich 8,94 €-cent/kWhel. Bei einer Bruttostromerzeugung aus Steinkohlen von circa 109 TWh in 2014 belaufen sich die so verursachten Umweltkosten (bei 8,94 €-Cent/kWh) auf insgesamt circa 9,7 Mrd. €. 105Vgl.: BMWi Energiedaten - Gesamtausgabe Tabelle 26a , Stand: 03/2015. 106Agentur für Erneuerbare Energien: Studienvergleich – Stromgestehungskosten verschiedener Erzeugungstechnologien, September 2014. 107Fraunhofer ISE: Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien. Studie. November 2013. Der Wert unter der Technologie bezieht sich bei PV auf die solare Einstrahlung (GHi) in kWh/m²a) bei den anderen Technologien gibt sie die Volllaststundenzahl der Anlagen pro Jahr an. Spezifische Investitionen sind mit einem minimalen und einem maximalen Wert je Technologie berücksichtigt 108Umweltbundesamt (2012): Methodenkonvention 2.0 zur Schätzung von Umweltkosten. Ökonomische Bewertung von Umweltschäden. August 2012. 109Eine Aktualisierung der Kostensätze erfolgt im Rahmen der derzeit anlaufenden Überarbeitung der Methodenkonvention. 36 2.3.5Steinkohlensubventionen 2.3.5.1 Subventionierung des Steinkohlenbergbaus110 Der deutsche Steinkohlenbergbau wurde mit 1,288 Mrd. € im Jahr 2012 (Ist-Daten) bzw. 1,290 Mrd. € im Jahr 2014 (Planungs-Daten) gefördert. Im Jahr 2014 ist der Steinkohlenbergbau damit nach wie vor mit einem Anteil von knapp 20 % der größte Empfänger direkter Finanzhilfen des Bundes. Darin enthalten waren im Jahr 2012 (2014) 1,18 (1,17) Mrd. € Zuschüsse für den Absatz deutscher Steinkohlen zur Verstromung, zum Absatz an die Stahlindustrie und zum Ausgleich der Belastungen infolge von Kapazitätsanpassungen sowie Anpassungsgelder des Bundes für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus in Höhe von nahezu 106 (118) Mio. €. In Nordrhein-Westfalen waren für 2010 zudem 492 Mio. € an Steinkohlenbeihilfen vorgesehen.111 Die Beihilfen sollen bis 2013 jährlich um 24 Mio. € sinken. Das gesamte Subventionsvolumen im Jahr 2012 betrug damit 1,732 Mrd. €.112 Am 7. Februar 2007 einigten sich der Bund sowie die Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland mit der RAG AG und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) grundsätzlich darauf, die Steinkohlensubventionen abzubauen und den subventionierten Steinkohlenbergbau bis Ende des Jahres 2018 sozialverträglich zu beenden. Von 2009 bis 2018 stellt der Bund mit rund 15,6 Mrd. € und das Land Nordrhein-Westfalen mit rund 3,9 Mrd. € weitere Subventionen bereit (ohne Berücksichtigung von Anpassungsgeldleistungen). Der Kohlenabbau erzeugt gravierende Umweltprobleme und Folgekosten. Bergehalden sind aufwändig abzudichten, um eine Gefährdung des Grundwassers zu verhindern. Durch Bergsenkungen entstehen erhebliche Schäden an Gebäuden und Verkehrsanlagen. Der sinkende Boden verursacht Überschwemmungsrisiken, die man mit Deichbau und Pumpensystemen dauerhaft eingrenzen muss. Aus diesen Gründen entstehen so genannte Ewigkeitslasten. Der Landtag von Nordrhein-Westfahlen geht davon aus, dass sich die Kosten für die dauerhafte Polderwasserhaltung zum Ausgleich bergbaulicher Einwirkungen im Ruhrgebiet auf jährlich 51 Mio. € (zuzüglich Inflation, Basisjahr ist 2005) summieren werden. Nach dem Steinkohlefinanzierungsgesetz zur Finanzierung der Ewigkeitskosten durch die RAG-Stiftung müssen die Revierländer und der Bund unter Umständen einen Teil der Ewigkeitslasten übernehmen, wenn das Stiftungsvermögen nicht ausreicht. 2.3.5.2 Begünstigungen bei der EEG-Umlage Darüber hinaus bestehen weitere Subventionen für die Steinkohlenwirtschaft. So wurde der Braun- und Steinkohlenbergbau insgesamt im Jahr 2010 mit 56 Mio. € und 2012 mit 103 Mio. € durch die besondere Ausgleichsregelung des EEG begünstigt. Eine getrennte Darstellung von Braun- und Steinkohlen ist aufgrund der Datenlage nicht möglich. Auch nach der EEG-Reform 2014 gehört der Steinkohlenbergbau zu den prinzipiell begünstigten Branchen. Im Jahr 2015 profitieren 22 Abnahmestellen in Nordrhein-Westfahlen von der BesAR.113 Daten zur Subventionshöhe liegen nicht vor. 2.4Umweltaspekte 2.4.1 Kohlendioxid-Emissionen und Emissionsfaktoren Die CO2-Emissionsfaktoren für die in Deutschland verbrannten Steinkohlenenergieträger variieren im Zeitverlauf kaum. Lediglich bei der Rohsteinkohle sind Schwankungen von etwa einer t CO2/TJ über die Jahre festzustellen.114 Tabelle 29 Für die Emissionsberichterstattung abgeleitete Emissionsfaktoren 1990-2012 Emissionsfaktoren Steinkohle roh (Kraftwerke, Industrie) Steinkohlenbriketts Steinkohlenkoks Anthrazit (Wärmemarkt Haushalte, Kleinverbrauch) Ballaststeinkohle (Alte Bundesländer) [t CO2/TJ] 93,3 – 94,3 93,0 105,0 98,0 90,0 Quelle: Umweltbundesamt 2015 110BGR (2014): Rohstoffsituation 2013, S.31. 111Landtag Nordrhein-Westfalen (2009). 112Laut einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) summierten sich die staatlichen Förderungen und gesamtgesellschaftlichen Kosten im Jahr 2010 auf 2,2 Mrd. Euro, wobei hier auch die Unterstützungsleistungen durch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie Finanzhilfen in Form von Forschungsmitteln und Beihilfen zur Stilllegung enthalten sind: siehe: FÖS: Was Strom wirklich kostet. Vergleich der staatlichen Förderungen und gesamtgesellschaftlichen Kosten von Atom, Kohle, Erneuerbarer Energien. Berlin April 2011. 113Statistische Auswertungen zur „Besonderen Ausgleichsregelung“ des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für 2015 (22.04.2015) 114Es wird eine 100%-ige Verbrennung ohne Berücksichtigung von Stützfeuerungen und Mitverbrennungen angenommen. Emissionsfaktoren für Steinkohlen liegen nicht zeitspezifisch vor. 37 2.4.2 Weitere Emissionen Neben den oben genannten Kohlendioxidemissionen werden bei der Verbrennung von Steinkohlen weitere Schadstoffe freigesetzt, die die Luft, die Gewässer und die Böden belasten. Die Höhe der freigesetzten Stoffe hängt neben der Brennstoffqualität und -zusammensetzung (z. B. Gehalt an Spurenstoffen wie Schwermetallen) wesentlich von der eingesetzten Anlagen-, Feuerungs- und Abgasreinigungstechnik ab. Die rechtlichen Regelungen zur Begrenzung von Emissionen aus Großfeuerungsanlagen – das sind Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW oder mehr – finden sich in der 13. BImSchV („Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen“). Für Steinkohlenkraftwerke sind Emissionsgrenzwerte der Paragraphen §§ 4 und 11 maßgeblich; sie begrenzen die Emissionen von Staub, Quecksilber, Kohlenmonoxid, Schwefeloxiden, Stickstoffoxiden und Dioxinen und Furanen. Abbildung 13 zeigt den Anteil der Steinkohlen an der gesamten Bruttostromerzeugung in Deutschland sowie die mit dieser Bruttostromerzeugung verbundenen Luftschadstoffemissionen insgesamt und den durch Steinkohlen verursachten Anteil. Berichtspflichtige CO2-Emissionen fallen nur beim Betrieb von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerken an. Die übrigen Luftschadstoffe fallen beim Betrieb von mit fossilen Brennstoffen und Biomassen betriebenen Kraftwerken an. Die Abbildung veranschaulicht den erheblichen Anteil, zu dem Steinkohlenkraftwerke zur Schadstoffbelastung der Stromerzeugung beitragen. Abbildung 13 Anteil der Steinkohlen an der Bruttostromerzeugung sowie an den Emissionen der Stromerzeugung Stromerzeugung 127 TWh CO2 100.210.816.570 N2O Schadstoffe 511 TWh 226.369.733.824 1.350.400 NOX 7.043.043 62.012.114 SO2 211.734.844 54.289.092 Staub 129.114.847 3.589.003 Blei 7.117.018 3.939 Quecksilber 5.650 2.258 Cadmium 3.998 535 Arsen 700 1.534 0% 10% Steinkohlen 20% 1.396 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Andere Brennstoffe Daten für 2013 - Einheit kg Auf disaggregierter Ebene sind Daten im Nationalen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister erhältlich. Mit Unterzeichnung des PRTR – Protokolls (Protokoll über die Einrichtung von Schadstofffrei- Quelle: Umweltbundesamt 2015 (ZSE) setzungs- und -verbringungsregister)115 der UN-ECE im August 2007 hatte sich Deutschland verpflichtet ein nationales Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister einzurichten (www.thru.de). Im 115Protokoll über die Einrichtung von Schadstofffreisetzungs- und –verbringungsregister (Abgestimmte Übersetzung zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz vom 21. Mai 2003). 38 Nationalen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister sowie im Europäischen PRTR-Register (nach Europäischer PRTR-Verordnung, E-PRTR-VO Nr. 166/2006)116 werden die Jahresfrachten bestimmter Schadstoffen (Freisetzung in die Luft, in das Wasser und in den Boden sowie von Verbringung von Abfällen und von Schadstoffen in Abwasser) von Einzelbetrieben aufgelistet. Nach der europäischen PRTR-Verordnung müssen Betriebe über bis zu 91 Schadstoffe berichten. Wärmekraftwerke und Verbrennungsanlagen ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW werden standortbezogen abgebildet. Da für das PRTR keine Brennstoffangaben gefordert werden, würde ein Abgleich mit der Kraftwerksdatenbank der BNetzA oder des UBA eine Kraftwerks-Anlagenscharfe Auflistung aller Emissionen bzw. Freisetzungen ermöglichen. Nachfolgend sind beispielhaft die im PRTR-Register gemeldeten Jahresfrachten der wichtigsten Schadstoffe von zwei sich in Betrieb befindlichen deutschen Steinkohlenkraftwerken angegeben. Als Beispiel für ein Steinkohlenkraftwerk mit Altanlagen wurde das „E.ON Kraftwerk Scholven“ in Gelsenkirchen (Nettonennleistung 2194 MW) als Beispiel für ein Steinkohlenkraftwerk mit neueren Anlagen das „Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG“ in Lünen ausgewählt (Nettonennleistung 750 MW). Eine Meldung von Brennstoffangaben ist für das PRTR nicht erforderlich. Die Beispiele verdeutlichen anhand der Höhe der jeweiligen Schadstofffreisetzungen in Luft anschaulich die Umweltauswirkungen von Standorten mit vorwiegend älteren Anlagen und von Standorten mit vorwiegend neueren Anlagen. Tabelle 30 PRTR-Jahresfrachten (Freisetzung in Luft) des Steinkohlenkraftwerks E.ON Kraftwerk Scholven und des Steinkohlenkraftwerks Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG (Berichtsjahr 2013, Stand der Daten 31.3.2015) Jahresfracht Scholven 10.200.000.000 kg 6.110.000 kg 3.720.000 kg Lünen 2.810.000.000 kg 924.000 kg 848.000 kg 643.000 kg 516.000 kg 353.000 kg 248.000 kg 247.000 kg 203.000 kg 61.600 kg 20.200 kg 161 kg 155 kg 101 kg 41 kg 32 kg 23,2 kg Bestimmungsmethode Schadstoffbezeichnung Kohlendioxid (CO2) Stickoxide (NO X/NO2) Schwefeloxide (SO X/SO2) anorganische Chlorverbindungen (als HCl) Kohlenmonoxid (CO) Distickoxid (N2O) NMVOC Methan (CH4) Feinstaub (PM10) anorganische Fluorverbindungen (als HF) Ammoniak (NH3) Kupfer und Verbindungen (als Cu) Quecksilber und Verbindungen (als Hg) Nickel und Verbindungen (als Ni) Arsen und Verbindungen (als As) Cadmium und Verbindungen (als Cd) Arsen und Verbindungen (als As) Scholven Berechnung Berechnung Berechnung Lünen Berechnung Messung Messung Berechnung Messung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Berechnung Quelle: Umweltbundesamt (2015): Nationales Schadstofffreisetzungs- und verbringungsregister, Berichtsjahr 2013, Stand: 31.03.2015, einsehbar unter: www.thru.de 2.4.3 Auswirkungen auf die Gewässer 2.4.4 Auswirkungen auf die Gesundheit Vgl. hierzu Kapitel 1.4.5.2 Quecksilberemissionen und Kapitel 1.4.3.5 Auswirkungen durch die Kraftwerkskühlung mit Wasser. Vgl. hierzu Kapitel 1.4.5 Gesundheitliche Auswirkungen von Kohlekraftwerken 116Verordnung EG. Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der RL 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates. 39 3 Ausblick: Die zukünftige Rolle von Braun- und Steinkohle Die Verbrennung von Braun- und Steinkohlen zur Energiegewinnung läuft wegen der hohen CO2-Emissionen den Bestrebungen des Klimaschutzes und der klimaverträglichen Energieversorgung entgegen. Die Bundesregierung hat im Energiekonzept aus dem Jahr 2010 Leitlinien für die Entwicklung und Umsetzung einer bis 2050 reichenden Gesamtstrategie für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung festgelegt.117 Das Energiekonzept unterstreicht dabei die Notwendigkeit von klaren Entwicklungspfaden. Für die gesamtwirtschaftliche Minderung der Treibhausgasemissionen bis 2050 wird folgender Entwicklungspfad formuliert (Minderung jeweils ggü. 1990): minus 40 % bis 2020, minus 55 % bis 2030, minus 70 % bis 2040 und minus 80 bis 95 % bis 2050. Das Umweltbundesamt zeigte, dass ein treibhausgasneutrales Deutschland, mit einer Minderung der THG-Emissionen um 95 % möglich ist.118 Der aktuelle Projektionsbericht der Bundesregierung119 gibt Aufschluss über die zu erwartende Entwicklung der deutschen Treibhausgasemissionen bis 2035 auf Basis bereits umgesetzter Politikmaßnahmen (Stand 31. August 2014). Bis 2020 wird von einer Minderung um 32,7 % gegenüber 1990 ausgegangen. Somit ergibt sich für 2020 gegenüber der Zielvorgabe des Energiekonzepts eine Minderungslücke von mehr als 7 %punkten. Das Aktionsprogramm Klimaschutz120 von 2014 soll diese Lücke schließen. Für die Stromerzeugung ist dabei eine zusätzliche Emissionsminderung von 22 Mio. t CO2e als Beitrag zur Schließung der gesamten Minderungslücke vorgesehen. Die zusätzlich erforderliche Minderung bei der Stromerzeugung sollten vor allem alte, ineffiziente Braunund Steinkohlekraftwerke erbringen, da sie besonders klimaschädlich sind. Handlungsbedarf besteht insbesondere bei der Braunkohle. Ohne zusätzliche Minderungsmaßnahmen würden im Jahr 2020 mehr als die Hälfte der Treibhausgasemissionen der Strom- erzeugung auf die Braunkohle entfallen (Steinkohle 34 %, andere Energieträger 15 %).121 Auf Grundlage der vom Energiekonzept der Bundesregierung gesetzten übergeordneten Entwicklungspfade hat das BMUB in der zielorientierten Modellierung „Klimaschutzszenario 2050“122 ermitteln lassen, welche Emissionsminderungen zwischen 2020 und 2050 auf sektoraler Ebene zu erbringen sind. Die Ergebnisse einer ersten von insgesamt drei Modellierungsstudien wurden 2014 veröffentlicht. Demnach ist eine gesamtwirtschaftliche Minderungsleistung bis 2050 von 80 bis 90 % THG-Minderung gegenüber 1990 mit starken Reduktionen der Kohleverstromung verbunden. Das UBA empfiehlt, die Reduktionserfordernisse der Kohleverstromung konsequent an einem 95 % Treibhausgasminderungsziel bis 2050 auf der Basis von 1990 auszurichten. Im Current Policies Scenario im World Energy Outlook (WEO) der IEA123 wird davon ausgegangen, dass die weltweite Kohlennachfrage bis 2040 im Durchschnitt um 1,5 % pro Jahr zunehmen wird. Das Szenario beschreibt die Entwicklung unter den aktuell umgesetzten Politiken. Während die Nachfrage nach Kohle in den OECD-Staaten abnimmt, wird diese in China und Indien voraussichtlich weiter zunehmen und so weltweit zu einem Anstieg führen. Im 450 Szenario soll der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % unter zwei Grad gehalten werden. In diesem Szenario sinkt die Kohlennachfrage von 2012 bis 2040 um ein Drittel. Der größte Rückgang (ca. 45 %) findet in den OECD Staaten statt. Dementsprechend muss Deutschland, als einer der 34 OECD-Staaten, die Nutzung von Braun- und Steinkohlen zur Energieversorgung in den nächsten Jahrzehnten einschränken, um eine weltweiten Temperaturanstieg um mehr als zwei Grad zu verhindern. 117BMU (2011): Das Energiekonzept der Bundesregierung 2010 und die Energiewende 2011. Berlin, Oktober 2011. 118UBA (2014): Treibhausgasneutrales Deutschland im Jahr 2050 – Studie. Climate Change 07/2014, Dessau-Roßlau, April 2014. 119BRD (2015): Projektionsbericht 2015. Berlin, März 2015. 120BMUB (2014): Aktionsprogramm Klimaschutz 2020, Kabinettsbeschluss vom 3. Dezember 2014. Berlin, Dezember 2014. 121UBA (2015): Klimabeitrag für Kohlekraftwerke – Wie wirkt er auf Stromerzeugung, Arbeitsplätze und Umwelt? Position, Dessau-Roßlau, April 2015 122BMUB (2014): Klimaschutzszenario 2050, 1. Modellierungsrunde. Berlin, August 2014. 123IEA (2014): World Energy Outlook 2014. Paris. 40 4Literaturverzeichnis AGEB - AG Energiebilanzen e. V. (2015): Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2014, Stand 03/2015 AGEB - AG Energiebilanzen e. V. (2015): Primärenergieverbrauch für Deutschland, Stand 03/2015 AGEB - AG Energiebilanzen e. V. (2015): Sondertabelle Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1900 bis 2014 nach Energieträgern Stand 08/2015 AGEB - AG Energiebilanzen e. V. (2014): Auswertungstabellen zur Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland 1990 bis 2014, Stand 08/2015 AGEB - AG Energiebilanzen e. V. (2014): Heizwerte der Energieträger und Faktoren für die Umrechnung zur Energiebilanz 2013. Stand: 14.10.2013 AGEE - Agentur für Erneuerbare Energien (2011): Kosten und Preise für Strom. Fossile, Atomstrom und Erneuerbare Energien im Vergleich. 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Kopenhagen, World Health Organization: 302 46 5Anhänge 5.1 Tabellen zu Kapitel 1 Tabelle 31 Entwicklung des Anteils von Braunkohlen am Primärenergieverbrauch in Deutschland Braunkohlen Primärenergieverbrauch insgesamt Prozentualer Anteil der Braunkohlen [PJ] [PJ] [%] 1990 3.201 14.905 21% 1991 2.507 14.610 17% 1992 2.176 14.319 15% 1993 1.983 14.309 14% 1994 1.861 14.185 13% 1995 1.734 14.269 12% 1996 1.688 14.746 11% 1997 1.595 14.614 11% 1998 1.514 14.521 10% 1999 1.473 14.323 10% 2000 1.550 14.401 11% 2001 1.633 14.679 11% 2002 1.663 14.427 12% 2003 1.639 14.600 11% 2004 1.648 14.591 11% 2005 1.596 14.558 11% 2006 1.576 14.837 11% 2007 1.613 14.197 11% 2008 1.554 14.380 11% 2009 1.507 13.531 11% 2010 1.512 14.217 11% 2011 1.564 13.599 12% 2012 1.645 13.447 12% 2013 1.630 13.723 12% 2014* 1.572 13.077 Jahr * Vorläufige Angaben 12% Quelle: AG Energiebilanzen 09/14 47 Tabelle 32 Entwicklung des Anteils von Braunkohlen an der Bruttostromerzeugung in Deutschland Braunkohlen Bruttostromerzeugung insgesamt Prozentualer Anteil der Braunkohlen [TWh] [TWh] [%] 1990 171 550 31% 1991 158 540 29% 1992 155 538 29% 1993 148 527 28% 1994 146 529 28% 1995 143 537 27% 1996 144 553 26% 1997 142 552 26% 1998 139 557 25% 1999 136 556 24% 2000 148 577 26% 2001 155 586 26% 2002 158 587 27% 2003 158 609 26% 2004 158 618 26% 2005 154 623 25% 2006 151 640 24% 2007 155 641 24% 2008 151 641 24% 2009 146 596 24% 2010 146 633 23% 2011 150 613 24% 2012 161 630 26% 2013 161 633 25% 2014* 156 614 Jahr * Vorläufige Angaben Anhang: Tabelle bestehender Braunkohlenkraftwerke (Stand August 2015) www.umweltbundesamt.de/dokument/tabelle-braunkohlenkraftwerke 48 25% Quelle: AG Energiebilanzen 02/15 Abbildung 14 Kraftwerke und Verbundnetze in Deutschland Quelle: Umweltbundesamt August 2015 49 5.2 Tabellen zu Kapitel 2 Tabelle 33 Entwicklung des Anteils von Steinkohlen am Primärenergieverbrauch in Deutschland Steinkohlen Primärenergieverbrauch insgesamt Prozentualer Anteil der Steinkohlen [PJ] [PJ] [%] 1990 2.306 14.905 15% 1991 2.330 14.610 16% 1992 2.196 14.319 15% 1993 2.139 14.309 15% 1994 2.140 14.185 15% 1995 2.060 14.269 14% 1996 2.090 14.746 14% 1997 2.065 14.614 14% 1998 2.059 14.521 14% 1999 1.967 14.323 14% 2000 2.021 14.401 14% 2001 1.949 14.679 13% 2002 1.927 14.427 13% 2003 2.010 14.600 14% 2004 1.909 14.591 13% 2005 1.808 14.558 12% 2006 1.964 14.837 13% 2007 2.017 14.197 14% 2008 1.800 14.380 13% 2009 1.496 13.531 11% 2010 1.714 14.217 12% 2011 1.715 13.599 13% 2012 1.725 13.447 13% 2013 1.788 13.723 13% 2014* 1.647 13.077 Jahr * Vorläufige Angaben 50 13% Quelle: AGEB 09/2014/ 03/2015 Tabelle 34 Drittlandskohlebezüge und durchschnittliche Preise frei deutsche Grenze für Kraftwerkssteinkohle Zeitraum Kraftwerkssteinkohle Mio. t Euro/t SKE* 1996 12,7 38,00 1997 16,2 42,00 1998 20,5 37,37 1999 20,5 34,36 2000 21,5 42,09 2001 26,6 53,18 2002 26,1 44,57 2003 27,9 39,87 2004 25,9 55,36 2005 20,4 65,00 2006 23,6 62,00 2007 27,3 68,00 2008 29,3 112,00 2009 26,7 78,81 2010 27,6 85,33 2011 31,0 106,97 2012 32,0 93,02 2013 36,5 78,09 2014 35,5 72,74 Quelle: BAFA 2015 Anhang: Tabelle bestehender Steinkohlenkraftwerke (Stand August 2015) www.umweltbundesamt.de/dokument/tabelle-steinkohlenkraftwerke 51 ▸ Diese Broschüre als Download http://bit.ly/1RQDAuy www.facebook.com/umweltbundesamt.de www.twitter.com/umweltbundesamt
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