Lunge - Bronchialkarzinom Aktuell

ICD 162
Lunge
ICD 162
Der Lungenkrebs ist nach wie
vor die häufigste Krebserkrankung der Männer. Männer sind
entsprechend 8mal häufiger als
Frauen gleichen Alters von Lungenkrebs betroffen. Pro Jahr
erkranken in Deutschland
28900 Männer und 8100 Frauen an Lungenkrebs. Das sind
insgesamt nahezu 20% aller
Erkrankungsfälle an bösartigen
Neubildungen der Männer und
immerhin 4,5% aller bösartigen Neubildungen bei Frauen.
Risikofaktoren
Das Zigarettenrauchen ist der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung von Lungenkrebs. Das individuelle Erkrankungsrisiko starker
Raucher ist mehr als 20mal höher
als das von Nichtrauchern. Selbst
das Risiko eines Nichtrauchers kann
sich durch bloßes Einatmen von Zigarettenrauch in der Raumluft (Passivrauchen) um bis zu 50% erhöhen. Auch im Beruf, der Wohnung
und der allgemeinen Umwelt können Belastungen z.B. durch Asbestfeinstaub oder Radon das Risiko erhöhen, an Lungenkrebs zu erkranken.
Trends von
Inzidenz und Mortalität
120
Fälle je 100 000
I
Männer
M
90
I
M
60
30
DDR
I Inzidenz I Saarland
M Mortalität M
0
20
Fälle je 100 000
Die altersstandardisierten Inzidenzund Mortalitätsraten der Männer an
Lungenkrebs zeigen im Saarland
wie in der DDR bis Mitte der 80er
Jahre Zunahme, gefolgt von einer
leichten Abnahme. Während der
Abstand zwischen Inzidenz und
Mortalität in der DDR unverändert
bleibt, nimmt er im Saarland mit
der Zeit ab. Für den Lungenkrebs
der Frauen im Saarland ergeben
sich zumal zum Ende des Auswertungszeitraums deutlich zunehmende Inzidenz- und Mortalitätsraten. Im Vergleich zu den Raten der
frühen 70er Jahre haben sich die
Raten verdoppelt. Alle Altersgruppen sind am Anstieg beteiligt. Weni-
Früherkennung
und Therapie
Seit 1983 wird in der DDR die Röntgenreihenuntersuchung, die ursprünglich der Kontrolle der Tuberkulose diente, auch zur Diagnose
von Krebskrankheiten der Lunge
bei symptomlosen über 40jährigen
Rauchern bzw. Raucherinnen sowie
beruflich exponierten Personen eingesetzt.
Therapeutisch ist es notwendig zwischen kleinzelligen (20%) und
nicht-kleinzelligen Karzinomen zu
unterscheiden. Bei kleinzelligen
Karzinomen ist aufgrund der Neigung zu okkulten Fernmetastasen
die primäre Chemotherapie die Regel. Nur in frühesten Stadien ist die
operative Entfernung mit anschließender Chemotherapie erfolgversprechend. Nichtkleinzellige Karzinome können kurativ durch Resektion (1 bis 2 Lungenlappen) angegangen werden. Die meisten Fälle
sind jedoch bei Diagnose inoperabel, weil bereits zu ausgedehnt. Das
führt zur palliativen Strahlentherapie.
Frauen
alle
Ersterkrankungen
( 100 % )
15
I
ausgeschlossene Fälle
nicht-DCO
DCO
Alter ³ 90
einbezogene Fälle
nicht-DCO
Alter < 90
N
N
%
N
%
N
%
M
F
9529
1234
1388
231
14,6
18,7
19
5
0,2
0,1
8122
998
85,2
80,9
DDR
M
1961/62, 68/69,
F
1979–1984
58812
8514
287
60
0,5
0,7
74
32
0,1
0,4
58451
8422
99,4
98,9
M
10
M
I
5
DDR
1970
ger steil ergibt sich der kontinuierliche Anstieg der Erkrankungs- und
Sterberaten an Lungenkrebs der
Frauen in der DDR. Wie bei den
Männern wird der Abstand zwischen
Inzidenz und Mortalität in der DDR
höher als im Saarland ermittelt.
'75
I Inzidenz I Saarland
M Mortalität M
'80
'85
'90
'95
Diagnosezeitraum
Saarland
1970–1988
125
Lunge
Überlebensraten
Die Zahl der berücksichtigten Fälle
bleibt bei Männern in den aufeinanDaten
der folgenden Diagnoseintervallen
Zur Berechnung der Überlebensra- gleich und nimmt bei Frauen beider
ten werden 85% der erkrankten
Regionen beträchtlich zu. Zuletzt
Männer und 81% der an Lungenergeben sich unter Frauen im Saarkrebs erkrankten Frauen im Saarland etwa 300 Fälle, in der DDR
land herangezogen, während für die 2000. Bei Männern sind es 2000
DDR jeweils um 99% der registrier- bzw. 12000 Fälle. Mit der Zeit steigt
ten Erkrankungsfälle die Eingangs- das mittlere Erkrankungsalter der
bedingungen erfüllen. Dazu trägt
Männer in der DDR um 2½ Jahre
ein DCO-Anteil zwischen 13% und
auf 66 Jahre an, während es im
18% (im Diagnoseintervall 1980–
Saarland gleichbleibend bei 65 Jah84) aller Fälle bei Männern und
ren liegt. Das mittlere Erkrankungs19% bei Frauen im Saarland bei,
alter der Frauen steigt um 2 Jahre
dem ein Anteil von meist weniger
im Saarland und 3 bis 4 Jahre in der
als 1% im Krebsregister der DDR
DDR auf 66 bis 67 Jahre an.
entspricht. Nach Ausschluß der
DCO-Fälle liegt der Anteil von Fälle,
Überlebensraten nach
die 90 Jahre und älter sind, unter
Diagnosezeiträumen
1%. Diese Fälle werden ebenfalls
für die Berechnung der Überlebens- Etwa 5 Jahre nach der Diagnose einer Krebserkrankung der Lunge
raten nicht berücksichtigt.
gleicht sich die Sterblichkeit der Erkrankten der Sterblichkeit der All-
126
Relative Überlebensraten nach Diagnosezeitraum
100
Prozent
Saarland
3
4
5
6
75
DDR
Männer
1970–1974
1975–1979
1980–1984
1985–1988
1 1961–1962
2 1968–1969
5 1980–1984
50
25
3
6
4
2
5
0
100
Prozent
Saarland
3
4
5
6
75
DDR
5
1
Frauen
1970–1974
1975–1979
1980–1984
1985–1988
1 1961–1962
2 1968–1969
5 1980–1984
50
25
4
0
2
6
3
2
5
4
6
8
10
Jahre nach Diagnosestellung
2
5
1
4
6
8
10
Jahre nach Diagnosestellung
gemeinbevölkerung in beiden Regionen an – die Überlebenskurven
verlaufen parallel zur Zeitachse. Für
Frauen bestehen etwas bessere
Überlebensaussichten als für Männer. In beiden Regionen ergeben
sich etwa die gleichen schlechten
Überlebensraten mit Lungenkrebs.
Mit der Zeit kommt es für Männer
und Frauen beider Regionen zu nur
geringfügigen Verbesserungen der
Überlebensraten. Mit einer Ausnahme gehen in beiden Regionen den
Erkrankten aller Diagnoseintervalle
seit 1960 jeweils mehr als 80% ihrer ferneren Lebenserwartung verloren. Zuletzt führen aufgetretene
Erkrankungsfälle bei Männern zu einem Verlust von jeweils 85%, bei
Frauen im Saarland von 78% und in
der DDR von 83% der verbliebenen
Lebenserwartung.
Die geringfügigen Verbesserungen
der Überlebensraten betreffen nahezu gleichermaßen die Überlebensraten 1, 2, 3, 4, 5 und 10 Jahre
nach der Diagnose. Nur der Abstand
zwischen den 1- und 2-JahresÜberlebensraten hat im zeitlichen
Verlauf in beiden Regionen und für
beide Geschlechter etwas zugenommen. Insgesamt ergibt sich für
Männer vor allem im Verlauf der
70er Jahre eine leichte Verbesserung der Überlebensaussichten,
wobei die Überlebensraten mehr als
5 Jahre nach der Diagnose auch
weiterhin unter 10% liegen. Geschätzte 9% der 1985–88 im Saarland erkrankten Männer versterben
nicht an Lungenkrebs, verglichen
mit 7% der Diagnosejahrgänge
1970–74. Zuletzt bessern sich auch
die bereits etwas günstigeren Überlebensraten der Frauen beider Regionen. Der Anteil „geheilter” Patientinnen im Saarland steigt von
11% bis 12% für frühere Diagnosejahrgänge auf zuletzt über 15%.
ICD 162
Relative 1- bis 10-Jahres-Überlebensraten
im zeitlichen Trend
Prozent
100
Männer
75
50
25
1 1
1-Jahres-RSR
5 5
Z Z
5-Jahres-RSR
10-Jahres-RSR
Unterschiede der Überlebensraten
nach dem Alter bei Diagnose ergeben sich für beide Geschlechter in
beiden Regionen. Je höher das Alter
bei Diagnose, desto schlechter sind
in der Regel die relativen Überlebensraten. Das Ausmaß dieser
Überlebensunterschiede nach dem
Alter bei Diagnose ist im Vergleich
der Überlebensraten unter und über
70jähriger besonders ausgeprägt.
Gemessen an den verloren gegangenen Lebensjahren treten bei
Männern nur sehr geringe Unterschiede nach Altersgruppen auf.
Nur für saarländische Frauen, deren
Überlebensraten auf den niedrigsten Fallzahlen beruhen, fällt der
Anteil verlorener Lebensjahre an
der ferneren Lebenserwartung im
letzten Diagnoseintervall bei unter
50jährigen Frauen mit 63% deutlich
günstiger aus als für über 70jährige
mit 85%.
1
1
2
5
0
2
5
Z
Z
Prozent
100
Überlebensraten
nach dem Alter
DDR
Saarland
Frauen
DDR
Saarland
75
50
1 1
1-Jahres-RSR
5 5
Z Z
5-Jahres-RSR
10-Jahres-RSR
1
25
1
2
5
Z
Z
1960
'65
'70
'75
'80
2
5
'85
'90
Diagnosezeitraum
Relative Überlebensraten nach Überlebenszeit und Alter
Prozent
100
Saarland (1980–88)
DDR (1983/84)
U 0–49 Jahre
3 50–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
75
Männer
U 0–49 Jahre
3 50–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
50
25
U
3
4
5
0
Prozent
100
Saarland (1980–88)
U
DDR (1983/84)
U 0–49 Jahre
3 50–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
75
4
3
5
Frauen
U 0–49 Jahre
3 50–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
50
25
3
U
4
U
5
0
1
2
3
4
5
Jahre nach Diagnosestellung
1
4
3
5
2
3
4
5
Jahre nach Diagnosestellung
Die geringfügigen Verbesserungen
der 5-Jahres-Überlebensraten mit
der Zeit ergeben sich in beiden Regionen und für beide Geschlechter
in allen Altersgruppen. Die geringsten Verbesserungen weisen die
Überlebensraten der über 70jährigen auf. Anfangs gehen über 70jährigen Männern im Saarland 86%,
zum Ende 85% ihrer noch ausstehenden Lebensjahre verloren. Für
Männer in der DDR liegen die entsprechenden Anteile anfangs bei
87%, zum Ende bei 84%. Bei über
70jährigen Frauen im Saarland
steigt der Verlust an Lebenserwartung mit der Zeit sogar von 84%
auf 85% geringfügig an, für Frauen
in der DDR geht er von 85% auf
84% zurück.
127
Lunge
Internationaler Vergleich
sert. Möglicherweise aufgrund
eines geringeren Anteils kleinzelliger Bronchialkarzinome sind die
Überlebensaussichten von Frauen
in den meisten europäischen Ländern wie im Saarland und der DDR
mit zuletzt 17% bzw. 11% günstiger. Beträchtliche Unterschiede der
Überlebensraten nach dem Alter bei
Diagnose mit 5-Jahres-Überlebensraten bis an 20% für die jüngsten
Altersgruppen gepaart mit extrem
schlechten Raten von 3% für über
70jährige ergeben sich in nahezu
allen europäischen Vergleichsländern. Wenn nach dem Stadium der
Erkrankung wie im SEER-Progamm
der USA differenziert wird, ergeben
sich Verbesserungen der Überlebensraten bei lokal begrenztem und
regionären Wachstum, nicht jedoch
bei bereits metastasiertem Karzinom. Zudem blieb dort der Anteil
bereits metastasierter Karzinome
bei über 40% mit der Zeit nahezu
unverändert.
Ein Vergleich mit relativen Überlebensraten zum Lungenkrebs in anderen europäischen Ländern und
den Vereinigten Staaten anhand der
Daten epidemiologischer Krebsregister zeigt im Saarland und der DDR
zuletzt etwas günstigere 5-JahresÜberlebensraten mit jeweils 9% für
Männer und mehr als 10% für Frauen als im europäischen Mittel. Im
Zeitraum 1978–85 ergibt sich im
Mittel europäischer Länder eine 5Jahres-Überlebensrate von 8% für
Männer und 10% für Frauen aller
Altersgruppen. Für US-Patienten
der Diagnosejahrgänge 1986–93
ergeben sich bessere Raten von
14%, nach 8% für Diagnosen aus
den frühen 60er Jahren. In geringerem Ausmaß haben sich auch in der
DDR die relativen Überlebensraten
der Männer von 6% in den 60er
Jahren bis 9% 1980–84, bzw. von
7% im Saarland bis auf 9% verbes-
128
Zusammenfassung
Der Verlauf der Überlebensraten
mit der Zeit weist für Männer nur
eine sehr geringe, für Frauen eine
etwas deutlichere Verbesserung der
insgesamt schlechten Überlebensaussichten mit Lungenkrebs auf.
Der geschätzte Anteil „geheilter”
Patienten steigt im Saarland von
7% auf 9% bei gleichbleibender Erkrankungshäufigkeit und für Patientinnen von 10–12% auf mehr als
15% bei deutlich zunehmender Erkrankungshäufigkeit. Die Verbesserung der Überlebensaussichten erfaßt die 1-, 2-, 3-, 4-, 5- und 10Jahres-Überlebensraten. Es gibt
Anzeichen für eine etwas frühere
Diagnosestellung.
Relative 5-Jahres-Überlebensraten nach Alter im zeitlichen Trend
100
Prozent
Saarland
U 0–49 Jahre
3 50–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
75
DDR
Männer
U 0–49 Jahre
3 50–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
50
25
3
0
100
Prozent
75
4
U
5
Saarland
U 0–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
4 3
5
U
DDR
Frauen
U 0–59 Jahre
4 60–69 Jahre
5 70–89 Jahre
50
25
U
4
4U
5
5
1960
'65
'70
'75
'80
'85
'90
Diagnosezeitraum
'65
'70
'75
'80
'85
'90
Diagnosezeitraum
ICD 162
Verlust an Lebenserwartung
100
Für beide Geschlechter zeigen sich
in beiden Regionen konsistente Unterschiede der Überlebensraten
nach dem Alter bei Diagnose. Vor
allem die Überlebensraten über
70jähriger fallen schlechter aus als
die Überlebensraten Jüngerer. Gemessen am Anteil der ferneren Lebenserwartung, der durch Krebserkrankungen der Lunge verloren
geht, ergeben sich jedoch zwischen
den verschiedensten Altersbereichen bei Männern kaum Unterschiede. Nur bei Frauen bewirken
die etwas günstigeren Überlebensraten Jüngerer auch einen geringeren Verlust an Lebensjahren.
Prozent
M
F
M
F
M
F
75
M
F
M
F
M
M M
FF F
'80
'85
'90
Diagnosezeitraum
M
F
50
Männer
Frauen
Männer
Frauen
25
1960
M
Saarland
F
M
DDR
F
'65
'70
verlieren männliche Patienten mit
Lungenkrebs um 85% ihrer verbliebenen Lebenserwartung. Nur saarländische Frauen verlieren zuletzt
Spürbare Verbesserungen der
insgesamt mit 78%, unter 50jähriÜberlebensraten mit Lungenkrebs
ge mit nur 63% ihrer ausstehenden
können allenfalls bei jüngeren Frau- Lebenserwartung deutlich weniger
en ausgemacht werden. Im Verals in früheren Diagnoseintervallen.
gleich zur Allgemeinbevölkerung
'75
Die Überlebensraten mit Lungenkrebs im Saarland und der DDR
sind geringfügig besser als im europäischen Mittel, aber deutlich
schlechter als in den USA. Nur in
den für die Schweiz in die europäische Vergleichsstudie einbezogenen
Kantonen Basel und Genf ergeben
sich ähnlich günstige Überlebensraten wie in den USA.
Beobachtete und relative 5-Jahres-Überlebensraten
DDR
1983–1984
Männer
Altersgruppe
Saarland
1980–1984
Saarland
1985–1988
COSR
CRSR
COSR
CRSR
COSR
CRSR
95%-CI
95%-CI
95%-CI
95%-CI
95%-CI
95%-CI
12
14
10
13
15
10
17
23
11
17
23
11
14
19
8
14
20
8
50–59
11
13
10
12
14
11
12
15
9
13
16
9
10
13
7
11
14
8
60–69
8
9
7
10
11
8
7
9
5
9
11
6
9
11
6
10
13
7
70–89
3
4
3
5
6
5
4
5
2
6
8
4
3
5
2
6
8
3
Gesamt
7
8
7
9
10
9
7
9
6
10
11
8
7
9
6
9
11
8
0–59
16
19
12
16
20
13
14
21
6
14
21
6
22
32
13
23
32
13
60–69
12
15
9
14
17
10
9
16
3
10
18
3
19
27
11
21
29
12
70–89
5
7
4
8
10
6
5
9
1
6
12
1
5
9
1
7
13
2
Gesamt
10
11
8
12
14
10
9
12
5
10
14
6
14
18
10
17
22
12
Frauen
0–49
129