österreichisches schwarzes kreuz krie gsgräberfürsorge in zusammenarbeit mit dem BM.I Mitteilungen und Berichte 141 • 2/2015 100 Jahre Lagerfriedhof Sigmundsherberg: Außergewöhnliche Gedenkveranstaltung Kriegerfriedhof Fulpmes Gedächniskapelle Łużna Kranzniederlegung Zentalfriedhof GENERALSEKRETARIAT ÖSTERREICH SEKRETARIATE UND SPENDENKONTEN Generalsekretariat, 1010 Wien, Wollzeile 9 Tel.: (01) 51 23 769, Fax: 51 20 556; E-Mail: [email protected], Raika Wien, IBAN: AT093200 000002019073; BIC: RLNWATWW Landesgeschäftsstelle Burgenland, 8010 Graz, Leonhardstr. 82 a Tel.: (0316) 32 16 01, Fax: 38 62 82; E-Mail: [email protected] PSK Wien, IBAN: AT81 60000 0000 1820 935, BIC: OPSKATWW Landesgeschäftsstelle Kärnten, 9024 Klagenfurt, Rosenegger Straße 20 Tel.: (0463) 54 0 83, Fax: 50 26 16; E-Mail: [email protected] Kärntner Sparkasse - IBAN: AT08 2070 6019 0000 0744 BIC: KSPKAT2KXXX Bank für Kärnten und Steiermark - IBAN: AT97 1700 0001 1312 1793 BIC: BFKKAT2K PSK - IBAN: AT44 6000 0000 0190 2499 BIC: OPSKATWW Landesgeschäftsstelle Niederösterreich, 1010 Wien, Wollzeile 9 Tel.: (01) 51 23 115, Fax: 51 20 556; E-Mail: [email protected] PSK Wien, IBAN: AT206000000001855498; BIC: OPSKATWW Landesgeschäftsstelle Oberösterreich, 4020 Linz, Gürtelstraße 27 Tel.: (0732) 65 60 36, Fax: 65 60 36 - 14; E-Mail: [email protected]; Allgemeine Sparkasse Linz, IBAN: AT 042032000900902843; BIC: ASPKAT2LXXX ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 2 Aus dem Inhalt Gedenken an die Opfer des Ersten Weltkrieges..............................4 ÖSK-Kuratoriumssitzung 2015: Neuwahl bestätigt den eingeschlagenen Kurs.................................5 ÖSK unterwegs auf wissenschaftlichen Pfaden..............................7 100. Jahrestag: Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn...........................................................................8 Ehrung der gefallenen Soldaten im Frontgebiet der Marmolata - höchstgelegenes Museum eröffnet.....................9 Gedenkfeiern in Gorlice und in Łużna...........................................10 Kranzniederlegung: 70 Jahre Kriegsende in Österreich............. 12 Bosnien-Herzegowina: Bundesheer unterstützt ÖSK................ 13 Kriegsgräber in Slowenien ............................................................... 15 Die Toten von Hofamt Priel...............................................................18 Kriegsgefangen in Süditalien – Caserta/Kampanien...................21 Workcamp Bundeswehr – Bundesheer.......................................... 22 Kriegsgräberfürsorge in der Slowakei............................................ 23 100 Jahre Lagerfriedhof Sigmundsherberg: Außergewöhnliche Gedenkveranstaltung.................................... 24 Das Kriegsgefangenenlager im Aschachwinkel............................31 Gedenkfeiern in Italien...................................................................... 33 Traditionelles Gedenken in Arsiero, Laghi und Tonezza/Provinz Vicenza.............................................. 33 Landesgeschäftsstelle Salzburg, 5093 Weißbach, Oberweißbach 9 Tel: 0664 45 55 441, Fax: 06582 82 83 15; E-Mail: [email protected] Salzburger Sparkasse, IBAN: AT642040401500152405; BIC: SBGSAT2S Gedenkfeier Posina: „Auf den Gipfeln herrscht Ruhe!“............. 34 Landesgeschäftsstelle Steiermark, 8010 Graz, Leonhardstr. 82 a Arbeitskommando des ÖSK auf dem Monte Grappa................. 42 Tel.: (0316) 32 16 01, Fax: 38 62 82; E-Mail: [email protected] Landeshypothekenbank Graz, IBAN: AT885600020141019318; BIC: HYSTAT2G Landesgeschäftsstelle Tirol, 6020 Innsbruck, Salurner Straße 4/II Tel.: (0512) 57 61 28, Fax: (0512) 58 27 73; E-Mail: [email protected] Raiffeisen Landesbank Tirol AG/Amras, BLZ: IBAN: AT47 3600000001506211, BIC: RZTIAT 22 Landesgeschäftsstelle Vorarlberg, 6900 Bregenz, Rheinstraße 62 Tel.: 05 / 0201 / 90 41 010; Fax: 05 / 0201 / 90 17 411; E-Mail: [email protected] Hypo-Bank Bregenz, IBAN: AT645800000011435114; BIC: HYPVAT2B Landesgeschäftsstelle Wien, 1010 Wien, Wollzeile 9 Tel.: (01) 51 23 115, Fax: 51 20 556; E-Mail: [email protected] PSK Wien, IBAN: AT876000000001749047; BIC: OPSKATWW Homepage: www.osk.at Gedenkfeiern: Cremona – Pizzighettone – Casalmaggiore...... 36 Renovierung des Kriegsgrabes in Werfen..................................... 37 Gedenkreise in das ehemalige Kampfgebiet am Isonzo..............41 Wiedereinweihung des Soldatenfriedhofs Rettenegg................. 42 Meletta-Gedenken 2015.................................................................... 43 Gedenken auf 24 Soldatenfriedhöfen in Galizien........................ 44 Beisetzung von 23 Sowjetsoldaten in Hartberg-Safenau........... 45 Sichtbarer Impuls gegen das Vergessen - Einweihung der Kapelle am Kosakenfriedhof in Lienz-Peggetz...................... 47 100 Jahre Waldfriedhof Bruneck..................................................... 50 38. Fest der Verbrüderung am Passo Paradiso .............................51 Würdiges Gedenken in Bondo/Judikarien.....................................53 Gedenkfeier in Pejo - 100 Jahre Kriegsschauplatz ...................... 54 Das Fersental gedenkt der Kriegstoten ......................................... 55 Adressänderungen Wir bitten unbedingt um sofortige Mitteilungen bei Adressänderungen, um unnötige Mehrkosten bei Rücksendungen zu vermeiden und die weitere Zustellung sicherzustellen! GENERALSEKRETARIAT ÖSTERREICH ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 3 ÖkRat Peter Rieser, Präsident Geschätzte Freunde des ÖSK, werte Kameraden! „Mit den Augen der Anderen“ –diesen Titel möchte ich für mein Vorwort zur heutigen Ausgabe wählen. Im diesem Jahr haben wir an das Kriegsende vor 70 Jahren und an die Beendigung des Zweiten Weltkrieges gedacht und dem Andenken an die Opfer von damals auch heuer wieder breiten Raum gewidmet. Getreu unseren Zielen, insbesondere die Jugend in das Opfergedenken aktiv mit einzubeziehen, stand auch die Gedenkveranstaltung des ÖSK am Wiener Zentralfriedhof. Und diese Gedanken – von Schülern der Maturaklasse des BRG in Klosterneuburg vorgebracht – möchte ich anhand der Rede der Schülerin Sophie Gräf vollinhaltlich wiedergeben. Sie zeigt die Verbundenheit mit der Generation von damals und die Erkenntnis, die sich aus dem Krieg und seinen Folgen daraus im Heute wiederspiegelt. „Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte diese Rede mit einer Geschichte beginnen: Diese Geschichte handelt von meinem Uropa. Er war Soldat im Zweiten Welt- krieg und seine Aufgabe war es eine Munitionsfabrik zu bewachen. Hätte er seinen Posten verlassen, wäre er mit der schwersten Strafe bestraft worden. Aber aufgrund einer akuten Magen-Darm Erkrankung musste er sich unbedingt erleichtern. Nach langen Überlegungen rannte er hinter den nächstgelegenen Baum. In dem Moment schlug eine Bombe in die Fabrik ein. Es gab eine Riesenexplosion, die die gesamte Fabrik zerstörte. Alle Personen in und außerhalb der Fabrik verloren ihr Leben. Mein Uropa war der einzige Überlebende. Die Geschichte habe ich leider nicht persönlich von meinem Uropa gehört, sondern von seinem Enkelkind, meiner Mutter. Er starb zwar erst im hohen Alter von 99 Jahren, trotzdem war ich damals noch zu jung. Aber jetzt, mit meinen 17 Jahren, denke ich mir: Wie gern hätte ich ihn gefragt über … … den Krieg, wie das alles aus seiner Sicht abgelaufen ist, seine politischen Ansichten … das Kämpfen an der Front … das Leben unter Soldaten … und was es bedeutet, jeden Tag aufs Neue für das Überleben zu kämpfen Meine Großeltern sind alle mitten im Zweiten Weltkrieg bzw. in der Nachkriegszeit auf die Welt gekommen. Sie haben keine Erinnerung an den Krieg und somit kann ich auch sie nicht dazu befragen. Die einzigen Informationen über den Krieg bekomme ich aus Geschichtsbüchern und sachlichen Texten. Dadurch fühlt es sich an, als wäre der Krieg viel weiter weg als er wirklich ist. Ich habe einfach keinen persönlichen Bezug dazu. Und da stellt sich die Frage: Ist das Ende des Zweiten Weltkriegs erst 70 Jahre her oder schon 70 Jahre? In einigen Jahren wird es leider kaum noch Zeitzeugen geben und dadurch geraten die vergangenen Geschehnisse in Vergessenheit. Wenn mein Uropa nicht überlebt hätte, hätte er keinen Sohn, meinen Opa, bekommen. Ohne ihn würde ich nicht hier stehen und diese Rede halten. Und wenn ich mir das vorstelle, fühlt sich der Krieg für mich näher an als je zuvor! Wir wissen alle, dass dieses Betroffenheitsgefühl allmählich verschwinden wird. Deswegen müssen wir so wie heute zusammen kommen, Respekt zeigen gegenüber den historischen Ereignissen und gemeinsam aller Kriegsopfer gedenken. Auch müssen wir allen Überlebenden für ihre Tapferkeit und ihren Mut danken, denn ohne sie wären wir nicht hier. Es ist von Bedeutung für mich, dass die letzten direkten Zeitzeugen langsam gehen. Ich verstehe es als Auftrag für meine Generation, durch das Gedenken an Kriegsopfer und das Hochhalten von Erinnerungen an vergangene Geschehnisse das Bewusstsein für gemeinsame Krisenlösungen zu schärfen.“ Dem möchte ich nichts hinzufügen! Geschätzte Gönner, Unterstützer und Sammler für das ÖSK: Ich darf Euch alle wiederum bitten, die Allerheiligensammlung weiterhin aktiv zu unterstützen. Mit dem Erlös wird es dann wiederum möglich sein, die Kriegsgräber im gewohnten Bild zu pflegen und damit die Erinnerung an diese Opfer aufrechtzuerhalten. DANKE – Euer GENERALSEKRETARIAT ÖSTERREICH ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 6 Gedenkbuch über sowjetische Kriegstote präsentiert Zu einem Festakt der besonderen Art lud die Botschaft der Russischen Föderation am 22. Juni 2015. Es stand die Präsentation der erweiterten Ausgabe des Gedenkbuches über „Sowjetische Tote des Zweiten Weltkrieges in Österreich“ von Ing. Peter Sixl auf dem Programm. Zugleich fand die Verleihung von namentlichen Urkunden des Präsidenten der Russischen Föderation mit Übergabe von Gedenkmedaillen zur Erinnerung an „70 Jahre des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg“ an die Vorsitzenden des Österreichischen Schwarzen Kreuzes - Kriegsgräberfürsorge, des Mauthausen Komitees und der Russisch-Orthodoxen Kathedrale zum Heiligen Nikolaus in Wien statt. Mit der Elegie, op. 3 von Sergej Rachmaninow, eindrucksvoll interpretiert von der jungen Pianistin Darja Kowaljowa, eröffnete Botschafter Sergej Netschajew den Abend. Er stellte besonders die in hohem Maße ehrenamtliche Arbeit des ÖSK-Kurators Ing. Peter Sixl in den Vordergrund, der in der nunmehr 2. Auflage dieses Standardwerkes an die 80.000 Schicksale von in Österreich gefallenen und bestatteten Sowjetsoldaten erfasst und penibel aufgelistet hat. Wörtlich führte er dabei aus, dass „für die Nachkommen in den GUS-Staaten dieses Nachschlagwerk nunmehr endgültige Gewissheit über die letzte Ruhestätte ihrer Angehörigen biete“. Lob erhielt auch die wertvolle Gedenkarbeit des ÖSK und der Lagergemeinschaft Mauthausen sowie die RussischOrthodoxe Kirche in Wien für den christlichen Beistand. Diese Initiative würdigten auch Botschafterin Dr. Teresa Indjein vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres sowie Sektionsleiter-Stellvertreter Mag. Johann Bezdeka vom Bundesministerium für Inneres. Ing. Peter Sixl präsentierte da- raufhin sein Buch und stellte in besonderem Maße die Tätigkeit seiner Mitarbeiter(innen), die neben Durchforstung hunderttausender Akten auch die schwierige Aufgabe der Transkription von russischen Namen in lateinische Schreibweise vorgenommen haben, in den Vordergrund. Nach der Prelude in G-Moll, op. 23 von Sergej Rachmaninow leitete Botschafter Netschajew die Ehrungen mit einer Urkunden- und Medaillenübergabe ein. Die Schriftstücke selbst waren mit der Unterschrift von Präsident Wladimir Putin signiert. Für das ÖSK übernahmen Präsident ÖkRat Peter Rieser, für das Mauthausen-Komitee der Vorsitzende Willi Mernyi und für die Russisch-Orthodoxe Kathedrale zum Heiligen Nikolaus Wladimir Tyschuk die Auszeichnung. Abschließende Worte fand der Präsident der ÖsterreichRussischen Freundschaftsgesellschaft Dr. Ludwig Scharinger. Er erinnerte dabei an seine Jugend und Nachkriegszeit im Mühlviertel (OÖ) und an den Abzug der Sowjetsoldaten 1955. Für das ÖSK bedeute diese Ehrung zugleich auch besonderen Dank für die langjährige Betreuung der Gräber der russischen Kriegstoten in russischen und österreichischen Soldatenfriedhöfen im Bundesgebiet. Präsident ÖkRat Peter Rieser betonte dabei, dass er diese Auszeichnung für alle ehrenamtlichen Mitarbeiter des ÖSK entgegengenommen habe und diese an einem Ehrenplatz im Generalsekretariat sichtbar ausstellen werde. Oberst i. R. Alexander Barthou, GS Die ÖSK-Delegation, Bildmitte ÖSK-Präsident Peter Rieser und Botschafter Sergej Netschajew (4. v. li.) Ing. Peter Sixl bei der Präsentation der 2. Auflage seines Gedenkbuches Stalingrad muss gehalten werden In der Geschichte des Zweiten Weltkrieges ist der Kampf um Stalingrad immer noch ein beherrschendes Thema. Allein der Begriff, der damalige Name der Stadt selbst, ist und bleibt immer noch symbolbeladen. Starke Verbände der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten, während der Sommeroffensive 1942 bis zur Stadt an der Wolga vorgedrungen, wurden im November von der Roten Armee eingekesselt. Seine Erlebnisse als Soldat in Stalingrad hat Walter Naumann noch während der Zeit seiner Kriegsgefangenschaft zu einem Roman verarbeitet. Er beschreibt das Geschehen aus der Sicht eines einfachen Soldaten. Erst allmählich erschließt sich den Kämpfenden im Kessel, in welch auswegloser Situation sie sich befinden. Trotz dieser Erkenntnis halten sie weiter aus, im Vertrauen darauf, dass „uns der Führer raushaut“. Doch dieses Vertrauen wird bitter enttäuscht, die Überlebenden gehen in die sowjetische Gefangenschaft. Walter Naumanns Roman ist ein Zeitdokument, das den Krieg in aller Schrecklichkeit beschreibt. Bestellungen des Buches (erschienen im Scribeo-Verlag, herausgegeben vom VDK) zum Stückpreis von € 15,40 sind über die Adresse Dr. Günter Leikauf, Grazerstraße 17 a, 8045 Graz, E-Mail: [email protected] möglich. GENERALSEKRETARIAT ÖSTERREICH ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 7 ÖSK unterwegs auf wissenschaftlichen Pfaden Das heurige Gedenkjahr – 70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges – veranlasste die damals kriegsführenden Länder Gedenkveranstaltungen und wissenschaftliche Symposien zu diesem Thema zu veranstalten. So auch Stadt und Universität in Jekaterinburg im Uralgebiet, die im April 2015 russische Historiker und auch das ÖSK zur Teilnahme und Diskussion eingeladen hatten. Zwischen dem ÖSK und dem Oblast (Gebiet) von Swerdlowsk und seiner Hauptstadt Jekaterinburg bestehen seit Jahren partnerschaftliche Beziehungen, existierten doch in diesem Gebiet des Ural zahlreiche Kriegsgefangenenlager des Ersten und Zweiten Weltkrieges, in deren Lagerfriedhöfen viele österreichische Soldaten ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Diese Friedhöfe bilden ein laufendes Betreuungs- und Betätigungsfeld für das ÖSK, wobei es durch die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden und Instituten Jahr für Jahr gelingt, neue und aktualisierte Namenslisten der dort bestatteten Soldaten zu erhalten. Die wissenschaftliche Auswertung wird dann jeweils dem Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung (LBI) übertragen, das unter der Leitung von ÖSK-Vizepräsident Univ.Prof. Dr. Stefan Karner steht. Vertiefung der Zusammenarbeit Unter dem Aspekt der Vertiefung dieser Zusammenarbeit entsandte das ÖSK daher Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner zu diesem Symposium nach Jekaterinburg, das sich insbesondere mit konkreten Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges - aus russischer Sicht - beschäftigte. Als Fazit stellte Prof. Dr. Karner nach Abschluss der Vortragsreihe unter Beisein von namhaften russischen Historikern und Politologen fest: „Es ist immens wichtig, mit den verantwortlichen politischen Behörden und den wissenschaftlichen Einrichtungen vor Ort Kontakt zu pflegen und in Folge auch aufrecht zu erhalten. Nur so ist es möglich, neue Einblicke in die staatlichen und privaten Archive zu gewinnen und dabei Schicksale von Soldaten aufzuklären. Und nur so lassen sich Maßnahmen der Kriegsgräberfürsorge vom Projektstadium bis zum Endausbau und zur wissenschaftlichen Auswertung zielführend begleiten“. Krieg und Kriegsfolgen Das Thema Krieg und Kriegsfolgen in Europa stand dann auch wieder im Mittelpunkt der vom Ludwig BoltzmannInstitut für Kriegsfolgenforschung veranstalteten „Summer School“ vom 20. bis 25. Juli 2015 in der Außenstelle des LBI in Raabs an der Thaya. Als Ziel wurde festgelegt, dass „Doktoranden aus dem Gebiet der Russischen Föderation, mehrheitlich aus der Akademie der Wissenschaften in Moskau, und Studierenden aus Österreich, der wissenschaftliche Austausch ihrer Fachgebiete aus dem Bereich der Zeitgeschichte ermöglicht werden soll“. Das Wecken von Verständnis füreinander sollte hierbei im Vordergrund stehen. Ebenso wurden Vorträge etablierter Wissenschaftler im KursCurriculum angeboten. Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner hat dem ÖSK im Rahmen des Symposions unter dem Titel „Kriegsfolgen“ angeboten, die Aktivitäten und Ziele bei der Kriegsgräberfürsorge, insbesondere auf dem Gebiet der GUS-Staaten, vorzustellen und mit den Studenten darüber zu diskutieren. Generalsekretär Oberst i. R. Alexander Barthou und Bundessyndikus Brigadier Dr. Hans Kaser nahmen diese Einladung an und referierten in den vorgegebenen 30 Minuten zum Thema. Die Überraschung war groß: Die sich in lebhafter Art entwickelnde Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner beim Symposium in Jekaterinburg Diskussion und das große Interesse an der Forschung nach Gräbern und Kriegstoten in Russland veranlassten den Studienleiter Mag. Philipp Lesiak den Zeitrahmen zu verdoppeln. Eine Einladung nach Moskau zur Fortsetzung bildete den Abschluss dieses Vortrages. Für Generalsekretär Barthou und Bundessyndikus Dr. Kaser war dieser Einsatz vor Doktoranten ein positives Schlüsselerlebnis und veranlasste sie zur folgenden Feststellung: „Das Andenken an Kriegsopfer und das The- ma der Kriegsgräberfürsorge wird mit wenigen Ausnahmen im schulischen und universitären, aber insbesondere im medialen Bereich, eher stiefmütterlich behandelt. Es ist daher nicht nur wichtig, sondern insbesonders sinnstiftend, wenn es gelingt, wie hier vor Doktoranden in der Summer School des LBI, die Meinungsbildung zu diesem Thema positiv zu beeinflussen. Damit ist eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Materie nicht nur möglich, sondern auch zu erwarten“. Oberst i. R. A. Barthou Russische Doktoranden bei der „Summer School“ in Raabs LANDESGESCHÄFSTSSTELLEN WIEN - NIEDERÖSTERREICH REISEVORSCHAU Moskau – Wolgograd (Stalingrad) – Astrachan 7. bis 14. Mai 2016 Moskau: Stadtrundfahrt, Spatzenberge, Besuch des Moskauer Kreml mit den orthodoxen Kirchen und des Roten Platzes, Spaziergang auf dem Alexanderplatz mit dem Kremlgarten, Besuch des Kaufhauses GUM am Roten Platz, Basilius-Kathedrale Wolgograd-Stalingrad: Stadtrundfahrt, Mamajew Hügel, Schlachtfelder, Rossoschka – Besuch des deutschen und russischen Soldatenfriedhofes, Besuch der Jugendbegegnungsstätte und des Österreichischen Mahnmals in Pestschanka, Besuch der Dorfschule und Essen in einem russischen Bauernhof, Besuch des Panoramamuseums „Schlacht um Stalingrad“, Teilnahme an den offiziellen Feierlichkeiten zum „Tag des Sieges“ am 9. Mai, 70 Jahre Kriegsende mit Militärparade auf der Ehrentribüne Astrachan: Stadtrundgang, Kreml, Wolga, Schifffahrt ins Wolgadelta, Essen auf einem Hausboot im Delta Preis: in Ausarbeitung - zuzüglich Visum und vorgeschriebener Reiseversicherung Mutter der Heimat, Wolgograd/Stalingrad Leistungen: Flug Wien-Moskau-Wolgograd, Unterbringung im guten Hotel *** auf Basis Halbpension, alle Transfers und Flughafengebühren, Stadtrundfahrten, qualifizierte deutschsprachige Reiseleitung, Eintritte in den Kreml, Panoramamuseum (Schlacht um Stalingrad), Busfahrt nach Astrachen, Schifffahrt in das Wolgadelta, Rückflug Astrachen-Moskau-Wien Anmeldung: Österreichisches Schwarzes Kreuz, Landesgeschäftsstelle NÖ, Wollzeile 9, A-1010 Wien, Tel.: 01/512 31 15, Fax.: 01/512 05 56, E-Mail [email protected] Die Landesgeschäftsstelle NÖ des ÖSK bedient sich bei der Durchführung der Reise eines konzessionierten Reisebüros. Es gelten die Reisebedingungen des Fachverbandes der Reisebüros Österreich in der Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft sowie die Beförderungsbedingungen der beteiligten Verkehrsträger. Busreise nach Polen und die Ukraine 4. bis 11. Juni 2016 West- und Ostgalizien: Busreise in das Gebiet der Ostfront 1914 bis 1918 mit dem Besuch der Städte Krakau (Stadtbesichtigung), Lemberg, (Stadtbesichtigung) Brody, Czernowitz, Ivano Frankivsk (Stanislau), Dukla-Pass (Slowakei), Prešov (Stadtbesichtigung), Auschwitz (Besuch der Gedenkstätte und des Konzentrationslagers), die Schlachtfelder um Lemberg mit Grodek, der Klosterstadt Potschajiw in der Ukraine, Fahrt durch die Ostkarpaten mit Besuch eines Huzulendorfes Preis: in Ausarbeitung Leistung: Unterbringung im guten Hotel *** auf Basis Halbpension, Stadtrundfahrten, qualifizierte deutschsprachige Reiseleitung, Eintritte Die orthodoxe Klosterstadt Potschajiw Opernhaus Lemberg ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 26 A m 4. Mai 1945 stieß die Vorhut des 319. US Infanterieregiments (80. US Division, Major General McBride) von Vöcklamarkt kommend Richtung Timelkam. Bei der Ortschaft Straß nächst Timelkam wurde ein Sperrgraben, welcher neben der Haltestelle der Kammerbahn und die anschließenden Felder bis zur Pichlwangerstraße und darüber hinaus, bis zur Böschung der Ager, errichtet, welcher von Einheiten der 25. SS Grenadierdivision und vom 3. Bataillon des Luftwaffenpanzersturmregiments „Gayer“, vorwiegend aus HJ bestehend, besetzt war. Um 12:00 Uhr kamen etwa 25 ungarische SS-Soldaten von Pichlwang über die Geleise und nisteten sich mit einem MG an der Nordseite und einem auf der Südwestseite um das Haus Straß Nr. 9 „Auracher“ ein. Ein Soldat erstieg als Beobachter einen Hochspannungsmast, der ihm eine weite Sicht, auch auf den zwei Kilometer entfernten Koberg, ermöglichte. Um ca. 14:00 Uhr passierte eine US-Panzerkolonne den Koberg, die Panzer sammelten sich an dessen Fuße und scherten dann über die Wiesen und Felder der Aderstraße aus und rückten so in breiter Front gegen Timelkam vor. Der Bürgermeister und Gemeindearzt Dr. Grabherr, welcher Englisch sprach, verhandelte mit den Amerikanern und versicherte, dass der Ort von keinen deutschen Truppen besetzt sei. Die Panzerkolonne stieß ungehindert durch den mit „weißen Fahnen beflaggten“ Markt und drang bis zum Ortsende Haus Nr. 90 „Dichtl“ vor. Vom Dachbodenfenster aus richteten sich die Amerikaner mit einem MG ein. Ein weiteres wurde auf dem vorderen Balkon in Stellung gebracht. Die Panzer schossen auf das Auracherhaus und legten es in Schutt und Asche. Da nun die Panzer in Reichweite von Panzerfäusten der un- LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 39 Eine Vielzahl von Jubiläen – zum Gedenken an Frieden und Freiheit Gedenkfeier im Landtag Steiermark – Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa in Graz 2015 ist ein Jahr vieler Jubiläen, die zum Nachdenken anregen sollten. Der Präsident des Landtages Steiermark Franz Majcen und der Botschafter der Republik Polen in Österreich Mag. Artur Lorkowski haben deswegen zu einer Feierstunde anlässlich des Nationalfeiertages der Republik Polen in das Landhaus eingeladen. Der 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges ist für Polen und Österreich besonders bedeutend. Darüber wurde in allen Medien ausführlich berichtet. Österreich wurde nach dem Abschluss des Staatsvertrages im Jahre 1955 – also vor 60 Jahren – ein freier und souveräner Staat. Seit 20 Jahren ist unser Land Mitglied der Europäischen Union. Das nach den drei Teilungen nach dem Ersten Weltkrieg wiederentstandene Polen wurde im Jahre 1939 von Hitler und Stalin in einer seltsamen Waffenbrüderschaft überfallen und wieder aufgeteilt. Nach dem Jahre 1945 verschwand dieses Land hinter dem Eisernen Vorhang. Aufstände der Polen wurden mit sowjetischen Panzern niedergewalzt. Der Widerstand der Polen konnte aber nicht gebrochen werden. Im Jahre 1980 – also vor 35 Jahren – hatte die vom Arbeiterführer Lech Wałęsa gegründete Gewerkschaft Solidarność bald zehn Millionen Mitglieder. Nach der Verhängung des Kriegsrechtes und Massenverhaftungen ging die Solidarność in den Untergrund. Der zum Papst gewählte Karol Wojtyła sprach seinem Volk Mut zu und sagte: „Widersetzt euch allem, was der menschlichen Würde widerspricht.“ Johannes Paul II und Lech Wałęsa waren die großen Leitfiguren im Kampf gegen den Kommunismus. Botschafter Artur Lorkowski verwies in seinem Referat besonders auf die wichtige Rolle der Solidarność hin. Am „Runden Tisch“ mussten die kommunistischen Machthaber schließlich gesellschaftspolitischen Veränderungen und relativ freien Wahlen zustimmen. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahre 2004 ist Polen endgültig nach Europa zurückgekehrt. KZ Mauthausen-Gusen: Ein Vernichtungslager für die polnische Intelligenz Der Botschafter ging aber auch darauf ein, dass sich am 5. Mai 2015 die Befreiung des KZ-Systems Mauthausen-Gusen zum 70. Mal gejährt hat, und sagte: „Jeder vierte Gefangene im KZ MauthausenGusen war Pole. Dieses Lager und dessen Außenlager haben eine besonders grausame Rolle bei der Vernichtung der polnischen Intelligenz gespielt. Eine besondere Bedeutung haben für die Polen die drei Lager in Gusen, da dies jener Ort gewesen ist, an dem die Vernichtung der Intelligenz stattgefunden hat und man auch deshalb dieses Lager das Vernichtungslager für polnische Intelligenz genannt hat.“ Ein weiteres Jubiläum kann man feiern, weil seit einem halben Jahrtausend – also seit 1515 – diplomatische Beziehungen zwischen Polen und Österreich bestehen. Im Rahmen der Festveranstaltung im Landtag Steiermark überreichte der polnische Botschafter auch dem Honorarkonsul der Republik Polen Verleihung des Kommandeurskreuzes des Verdienstordens der Republik Polen an Honorarkonsul Dr. Gerold Ortner und der Auszeichnung „Bene Merito“ an OSR Stefanie Ortner, v.li.: LGF Oberst i. R. Dieter Allesch, Vizepräsident Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner, Landtagspräsident Franz Majcen, Dr. Gerold Ortner, OSR Stefanie Ortner und Botschafter Mag. Artur Lorkowski ÖSKKurator mit dem Amtsbereich Steiermark Dr. Gerold Ortner das Kommandeurskreuz des Verdienstordens der Republik Polen. Da auch seine Gattin Oberschulrat Stefanie Ortner mit großem Engagement die Zusammenarbeit zwischen der Steiermark und polnischen Regionen unterstützt, wurde sie mit der vom polnischen Minister für Auswärtige Angelegenheiten verliehenen Auszeichnung „Bene Merito“ ausgezeichnet. Ein Leitthema des Festaktes im Landtag Steiermark war der vom Botschafter Artur Lorkowski zitierte Satz: „Es ist wichtig, dass man weiß, woher man kommt, damit man beurteilen kann, wohin man gehen soll.“ An dieser Veranstaltung nahmen u. a. Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Krainer, Landeshauptmann a. D. Waltraud Klasnic, em. Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari, Diözesanadministrator Dr. Heinrich Schnuderl, Generalkonsul Mag. Andrzej Kaczorowski sowie viele Honorarkonsuln, Landespolizeidirektor Mag. Josef Klamminger, Vizepräsident Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner als persönlicher Vertreter des Präsidenten des Österreichischen Schwarzen Kreuzes Peter Rieser, sowie viele Abgeordnete zu gesetzgebenden Körperschaften teil. Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa in Graz Ein Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten in der Steiermark war der einige Tage später erfolgte Besuch des ehemaligen Staatspräsidenten der Republik Polen Lech Wałęsa, dem für seine Arbeit der Friedensnobelpreis verliehen worden war. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz Mag. Siegfried Nagl lud aus Anlass des 70. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges zu einer Sondersitzung des Gemeinderates ein, die wegen des großen Andranges vom Rathaus in LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK Nach der Sitzung des Grazer Gemeinderates, v.li.: Botschafter Mag. Artur Lorkowski, Vizepräsident Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner, Maria Wiktoria Wałęsa, Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa, Konsul Dr. Gerold Ortner, OSR Stefanie Ortner, Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl, Vizebürgermeisterin Dr. Martina Schröck, Vizekanzler a. D. Dipl.-Ing. Josef Riegler, Konsul Dipl.-Ing. Alonso Arboleda und Bundesrat Gregor Hammerl die Stadthalle verlegt werden musste. Festredner war Lech Wałęsa, der mehr Solidarität forderte. Wałęsa sagte aber auch: „Für uns in Polen hat der Krieg erst im Jahre 1993 geendet. Erst dann haben die Sowjet-Soldaten Polen verlassen. Die haben sich ja ungefragt bei uns niedergelassen.“ Graz und die Steiermark im Jahre 1945 Zur Situation in Graz und in der Steiermark referierte Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner, Vorstand des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte der Universität Graz und Leiter des Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung. Er führte u. a. folgendes aus: „Das Kriegsende in Österreich, in der Steiermark und in Graz selbst ist in Vielem ein Spiegelbild des Geschehens in anderen europäischen Staaten: im Baltikum, in Polen, in der Tschechoslowakei, in Ungarn oder Jugoslawien. Das herrschende NS-System klammerte sich bis zuletzt mit großer Brutalität an die Macht. Erschießungen von politischen Gegnern, von ungarischen Juden, die durch die Steiermark über Eisenerz in Richtung Mauthausen getrie- ben wurden, von Geiseln oder sogenannten „Drückebergern“, die der „Dienstpflicht“ zu entkommen suchten, erfolgten noch in den letzten Kriegstagen. Parallel dazu wurden das Land und seine Bevölkerung vom alliierten strategischen Bombenkrieg und von Tieffliegerangriffen getroffen. Zu Ostern 1945 stand die Rote Armee 30 km vor Graz in St. Ruprecht/Raab und in Kirchberg. Die Kämpfe in der Oststeiermark sowie im Wechsel- und Semmeringgebiet forderten auf beiden Seiten tausende Opfer. 90.000 Sowjetsoldaten liegen noch heute in österreichischer Erde begraben. Peter Sixl hat sie gelistet und ihnen ihre Namen zurückgegeben. Das Schwarze Kreuz und mein BoltzmannInstitut konnten ihm dabei helfen. Das Land war überlaufen: Flüchtlinge, Heimatvertriebene, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene. Die Stadt Graz selbst war dagegen weitgehend menschenleer. Man erwartete täglich den Angriff der Roten Armee. Frauen und Kinder waren evakuiert. Der Gauleiter wollte die Stadt verteidigen – zu einem Zeitpunkt, als in Wien bereits seit zehn Tagen die Regierung Renner regierte und Österreich wiedererrichtet war. Dazu kommt es nicht mehr. Anfang Mai haben sich zwei neue demokratische Parteien gebildet: die Österreichische Volkspartei und die Sozialistische Partei Österreichs. Dazu kam die Kommunistische Partei, die in Graz im Untergrund während der NS-Zeit stark war und Kontinuität hatte. Unter Engelbert Rückl und Eduard Speck wurde eine neue Stadtregierung gebildet, noch ehe in der Nacht vom 9. auf den 10. Mai die Rote Armee die Stadt – bereits nach dem offiziellen Kriegsende – kampflos besetzte. Beherzte Polizisten hatten das mit den sowjetischen Militärs ausgemacht. Als die Grazer am Morgen des 10. Mai erwachten, prägten sowjetische Soldaten das Straßenbild. Die Steiermark war zuerst fünffach besetzt: Amerikaner im Norden, Briten im Westen, Bulgaren und TitoPartisanen im Süden. Den größten Teil besetzten Einheiten der Roten Armee, die als „Befreier“ auftraten – auch wenn die Befreiung von vielen nicht so empfunden werden konnte. Übergriffe und Vergewaltigungen standen anfänglich auf der Tagesordnung, obwohl die Rote Armee derartige Vergehen intern schnell ahndete – bis zur Todesstrafe. Allein in drei Bezirken der Oststeiermark wurden während der sowjetischen Besatzung über 9.000 Vergewaltigungen von Ärzten amtlich registriert. Die Demontage von Industrieeinrichtungen durch die Sowjets nahmen ein gewaltiges Ausmaß an: bis zu einem kompletten Stahlwerk (St. Marein) oder ein Kraftwerk (St. Dionysen) reichte die Palette. Andererseits sorgten gerade die Sowjettruppen für eine Basis-Verpflegung. Die Kinderliebe der Roten Armee war sprichwörtlich. Am 24. Juli 1945 wurde die Steiermark britische Zone. Die britische Verwaltung ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 40 richtete sich in Graz ein. Sehr schnell etablierten sich – bei aller Not – auch wieder die demokratischen Einrichtungen und Gepflogenheiten. Nun konnte man Bilanz ziehen: Neben großen Kriegszerstörungen und Demontagen waren es vor allem die menschlichen Tragödien und Opfer. Hier nur die Grazer Opferzahlen: 22.788 Personen saßen aus politischen Gründen in Grazer Gefängnissen, ungefähr 3.500 Grazer fielen an der Front, durch Bomben gab es ca. 2.000 Tote, ca. 700 Juden und politisch Verfolgte wurden hingerichtet. Während sich die Österreicher politisch immer freier fühlen konnten, die ersten demokratischen Nachkriegswahlen am 25. November 1945 abgehalten wurden und der Wiederaufbau begann, galt dies für Zehntausende nicht, die im Jahre 1945 ebenfalls im Land waren: sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter oder Kosaken. Auf sie warteten in der Sowjetunion vielfach Lager und Unterdrückung, wie die „rechte Hand“ Stalins sagte: „Die Heimat wartet auf euch, ihr Schurken“. Sie galten als Vaterlandsverräter. Sie wurden zu Opfern zweier Diktaturen. In dieser Stunde dürfen wir aber auch an jene Millionen in Mittel-Osteuropa erinnern, die 1945 ebenfalls von der Roten Armee „befreit“ wurden und sich von der sowjetischen Oberhoheit erst Jahrzehnte später befreien konnten. Lech Wałęsa wurde im Jahre 1980 zur Symbolfigur des Umbruchs in Osteuropa – zu einem Symbol der Befreiung vom totalitären Regime. 500 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Polen und Österreich – das ist ein Anlass, über eine weitere Intensivierung der derzeit schon sehr guten Beziehungen zwischen diesen beiden Staaten nachzudenken. Vizepräsident Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner Kurator Dr. Gerold Ortner LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 41 Gedenkreise in das ehemalige Kampfgebiet am Isonzo Zum Gedenken an den Kriegseintritt Italiens vor 100 Jahren veranstaltete das Österreichische Schwarze Kreuz, LGSt Steiermark, zusammen mit dem ÖKB und dem Traditionsverband der Neunerjäger von 11. bis 13. April eine Fahrt in das ehemalige Kampfgebiet am Isonzo. Mit dieser Reise wollte man, neben der Einweisung in die historischen Ereignisse, ganz besonders auch der tausenden Opfer auf beiden Seiten gedenken. Gemeinsam mit unseren italienischen und slowenischen Freunden fand dieses Gedenken an die Gefallenen in Fogliano di Redipuglia und am Sacrario Militare di Redipuglia ihren Anfang und endete mit einer großen Zeremonie mit ökumenischem Gottesdienst am Soldatenfriedhof von Prosecco bei Triest. Die Reise führte über die Schauplätze der napoleonischen Kriege von Tarvis und Malborgeth vorbei an den Verteidigungsanlagen der Zwischenkriegszeit. Wir erreichten das Isonzotal und besuchten Flitsch, den Ausgangspunkt der Durchbruchsschlacht von Flitsch und Tolmein, und legten am Friedhof einen Kranz für die dort ruhenden österreichischungarischen Soldaten nieder. Nach dem aufschlussreichen Besuch des Museums von Karfreit gab es noch im Norden von Görz eine Einweisung über die „blutige Kote“ 383, wo Generalmajor Guido Novak von Arienti sich den Militär-Maria-Theresien-Orden verdiente. Am zweiten Tag fand die erste Kranzniederlegung am österr.-ung. Soldatenfriedhof von Fogliano di Redipuglia statt, wo italienische Kameraden und der slowenische Traditionsverband Infanterieregiment Nr. 87 „Succovaty von Vezza“ die Abordnungen des ÖSK, des Bundesheeres, des ÖKB und der Neunerjäger tatkräftigst verstärkten. Danach wurde im italienischen Sacrario Militare di Redipuglia, wo hunderttau- send Italiener und auch einige tausend unbekannte Soldaten Österreich-Ungarns ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, ein Totengedenken mit einer Kranzniederlegung durchgeführt. Bei der Gedenkzeremonie am Soldatenfriedhof Prosecco bei Triest aus Anlass „100 Jahre Kriegseintritt Italiens“ waren unsere österreichischen Abordnungen bereits zahlenmäßig weit in der Minderheit, da sich italienische Traditionsverbände und auch die Abordnungen der verschiedenen Teilstreitkräfte des italienischen Militärs in einer sehr großen Anzahl dort eingefunden hatten. Nach dem ökumenischen Gedenken durch die katholischen, evangelischen, jüdischen und muslimischen Geistlichen erfolgte die Segnung dieses Friedhofes. In seiner Gedenkansprache ging LGF Obst i. R. Allesch auf die tragischen Ereignisse, die zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges geführt haben, den folgenschweren Kriegseintritt Italiens und die Leiden und Folgen, die dieser Krieg verursacht hat, mit bewegten Worten ein. Auch die hochrangigen Würdenträger äußerten in ihren Grußworten die Freude darüber, dass sich heute, so wie in dieser Zeremonie, die Feinde von einst nun in großer Freundschaft über den „Gräbern von damals“ die Hände reichen. Dem Festakt gaben die neue österreichische Honorarkonsulin in Triest Dr. Sabrina Strolego, der Vizepräsident Internationales Gedenken in Fogliano di Redipuglia: Neunerjäger aus Österreich, „Succovaty von Vezza“-Verband aus Slowenien, Freunde des Schwarzen Kreuzes aus Italien und Oberst Peter Paul Pergler als Kdt der angetretenen „Truppe“ Internationales Gedenken aus Anlass „Kriegseintritt Italiens vor 100 Jahren“ am Soldatenfriedhof Prosecco der Provinz Triest Dr. Igor Dolenc sowie hohe Vertreter des Militärs und der öffentlichen Dienststellen durch ihre Anwesenheit eine besondere Note. Am dritten und letzten Tag unserer Isonzoexkursion besuchten wir die altösterreichische Hafenstadt Triest und das Schloss Miramare. Nota bene: Eine interessante Information möchte ich den Lesern nicht vorenthalten: Der Bürgermeister von Fogliano di Redipuglia hat uns bei der Gedenkveranstaltung berichtet, dass sich durch den Besuch seiner Heiligkeit Papst Franziskus das Interesse an diesem eher bescheidenen und fast vergessenen Friedhof der österreichisch-ungarischen Armee ganz exorbitant gesteigert hat. Es werden viele Gestecke niedergelegt und Kerzen im Gedenken an die dort ruhenden Soldaten entzündet. Ganz besonderer Dank gilt dem Kommandanten des Traditionszuges Feldjägerbataillon Nr. 9, Obstlt i. Tr. Peter Bärnthaler, der neben LGF Obst Allesch die Hauptlast der Vorbereitung, Planung und Durchführung dieser Gedenkreise, an der 84 Damen und Herren teilgenommen haben, zu tragen hatte. Oberst Peter Paul Pergler und Wolfgang Pergler Die Reisegruppe vor dem Denkmal in Malborghet LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 42 Das italienische-steirische Einsatzteam „auf den Spuren der Soldaten auf dem Monte Grappa“ Arbeitskommando des ÖSK im Einsatz auf dem Monte Grappa Am Samstag, dem 11. Juli 2015, veranstaltete die italienische Association „Musei all‘Aperto 1915/18“ unter Präsident Cavaliere Alberto Casamiglia, Colonello Gianni Bellò und Maresciallo Diego D‘Agustino die erste Trekkingveranstaltung entlang der italienischen Verteidigungslinie des Ersten Weltkrieges auf dem Monte Grappa, die unter dem Motto „Auf den Wegen der Soldaten“ stattfand. Die von den teilnehmenden Läufern zurückzulegenden anspruchsvollen Wegstrecken betrugen 8 bzw. 16 km. Die Pfade mussten zuvor zur Sicherheit von größeren Steinen und Ästen gesäubert und gefährliche Streckenteile während des Bewerbes durch Streckenposten gesichert werden. Dabei unterstützte das Arbeitskommando des ÖSK Steiermark unter Vzlt Franz Hofer, dem Kameraden der ÖKB-Ortsverbände Weiz, Hausmannstätten und PiberBärnbach angehörten, die italienischen Freunde. Sie säuberten und renovierten italienische Laufgräben und Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg entlang des Lehrpfades. Eine von den italienischen Freunden organisierte Abschlussfeier in den Bergen bei italienischer Volksmusik und italienischen Speisen sowie die geselligen Abende davor im Freien beim Arbeitstützpunkt Andreon festigten das Band unserer langjährigen Freundschaft. Wie schon bei früheren Arbeitseinsätzen in der Provinz Veneto legten die steirischen Kameraden zusammen mit den italienischen Freunden auf dem Soldatenfriedhof in Cittadella ein Blumenarrangement in den Farben Rot-WeißGrün nieder. Dem Arbeitskommando wurde nach der Rückkehr in die Heimat in mehreren Mails von den hochrangigen Verantwortlichen aus Bassano Dank und Anerkennung für den vorbildlichen Einsatz ausgesprochen. Peter Tripp Aviso 2016 Der Soldatenfriedhof Rettenegg ist ein besonders eindrucksvolles „Mahnmal gegen das Vergessen“ Wiedereinweihung des Soldatenfriedhofs Rettenegg Am 9. Mai luden der ÖKB OV Rettenegg unter BO Vizepräsident August Kargl und Bürgermeister Johann Ziegerhofer zu einer großen Gedenkveranstaltung ein. Anlass waren die Wiedereinweihung des Soldatenfriedhofes Rettenegg nach einer Generalsanierung und das Gedenken an das Kriegsende vor 70 Jahren. Eine große Zahl an Ehren- und Festgästen, darunter 22 Fahnengruppen, waren der Einladung gefolgt und haben die sehr würdig gestaltete Zeremonie durch ihre Anwesenheit aufgewertet. Die Segnung des Soldatenfriedhofes nahm Generalvikar Msgr. Anton Schneidhofer vor, die Gedenkansprache hielt LGF Obst i. R. Dieter Allesch. In seiner Rede ging Oberst Allesch besonders auf die tragischen blutigen Kriegshandlungen in den letzten Wochen vor Kriegsende ein, die gerade im Joglland noch unzählige unnötige Kriegsopfer forderten. Besonderen Dank und Anerkennung sprach er dem hauptverantwortlichen „Bau- Aus Anlass „150 Jahre Seeschlacht von Lissa“ plant die ÖSK LGSt Steiermark mit Unterstützung durch die LGSt Wien gemeinsam mit dem Österreichischen Marineverband eine Gedenkveranstaltung im Rahmen einer Reise vom 26. bis 29. Mai 2016 auf die kroatische Insel Vis/Lissa. Die Ausschreibung wird spätestens im Februar erfolgen. Aufgrund des großen Interesses wird eine ehebaldige Anmeldung empfohlen. leiter“ ÖKB-BO August Kargl und seinem engagierten Team für den großartigen Einsatz bei der Renovierung dieser besonders würdigen Kriegsgräberanlage aus. Die äußerst gelungene Renovierung des Soldatenfriedhofes wurde auch in den vielen Grußworten besonders gelobt. Dem umfangreichen, zeitaufwändigen ehrenamtlichen Arbeitseinsatz des Obmannes und der Kameraden des ÖKB -OV Rettenegg ist es zu verdanken, dass die Renovierungskosten für das ÖSK relativ niedrig ausgefallen sind. Nach dieser Generalsanierung zählt der Soldatenfriedhof Rettenegg sicher zu den schönsten Kriegsgräberanlagen in der Steiermark und ist ein besonders eindrucksvolles „Mahnmal gegen das Vergessen“. LGF Oberst i. R. D. Allesch LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 43 Meletta-Gedenken 2015 Strahlender Sonnenschein begleitete das Meletta-Gedenken am 5. Juni 2015 in Graz und Lang. Dabei wird alljährlich der heroischen Einnahme des Monte Meletta-Fior im Gebiet der Sette Comuni im Hochland bei Asiago am 7. Juni 1916 durch das k.u.k. bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment Nr. 2 gedacht. Dieses tapfere Regiment aus dem Ergänzungsbezirk Banja Luka war am Ende des Ersten Weltkrieges das meistausgezeichnete der gesamten Alten Armee. Eingeladen hatte die Landesgeschäftsstelle Steiermark gemeinsam mit der Österreichisch-Bosnisch & Herzegowinischen Gesellschaft, dem ÖKB und der Gemeinde Lang. Zu Beginn fand in der Garnisonskirche von Graz ein Gedenkgottesdienst für das Seelenheil aller Gefallenen statt, zelebriert vom Militärpfarrer des Militärkommandos Steiermark, Militärkurat Mag. Sascha Raphael Kaspar, unterstützt vom protestantischen Militärpfarrer Amtsdirektor Manfred Wallgram. Vor Beginn der hl. Messe konnte Landesgeschäftsführer Oberst Dieter Allesch folgende Persönlichkeiten begrüßen: den Präsidenten des Steiermärkischen Landtages Franz Majcen, den Chef des Stabes des Streitkräfteführungskommandos GenMjr Mag. Heinrich Winkelmayer, die beiden genannten Geistlichen sowie den Imam der bosnischen Gemeinschaft von Graz, Ibrahim ef. Čikarić, den bosnisch-herzegowinischen Bundesminister für Angelegenheiten der Kriegsveteranen, Dozent Dr. Salko Bukvarević und den Vorsitzenden des Stadtrates von AltSarajevo, Gen. a. D. Dozent Dr. Nedžad Ajnadžić sowie Bgdr a. D. Hamdo Delalić, der eine große Gruppe aus dem Kanton Una-Sana im ehemaligen Ergänzungsbezirk Banja Luka anführte. Schließlich begrüßte Allesch noch den Kommandanten des Traditionsverbandes der k.u.k. Neuner-Jäger, Vzlt i. R. Peter Bärnthaler, den Präsidenten der Österreichisch-Bosnisch & Herzegowinischen Gesellschaft, kurz ÖBHG, Obst i. R. Wolfgang Wildberger und den Präsidenten des ÖKB Steiermark Karl Petrovitz. Im Anschluss an die Messe versammelten sich die Teilnehmer in der Ehrenhalle bei der Gedenktafel für die Zweier-Bosniaken, um unter den Klängen des Liedes „Der gute Kamerad“ der Niederlegung eines Gestecks beizuwohnen. Das Meletta-Gedenken am Bosniakenfriedhof Lang Um 15.00 Uhr meldete der Kommandant die angetretenen Traditionsverbände dem militärisch Höchstanwesenden Oberst Walter Lohnegger vom Streitkräfteführungskommando. Der Bürgermeister der Gemeinde Lang, Joachim Schnabel, begrüßte die Ehrengäste. Nach dem Marsch „Die Bosniaken kommen“, gespielt von der Musikkapelle der Post Graz, folgte die Gedenkansprache durch den Präsidenten der ÖBHG, Obst i. R. Wolfgang Wildberger. Dieser erläuterte zunächst die Geschichte, wie es überhaupt zur Bildung des Bosniaken-Friedhofs Lang kommen konnte. Auf diesem sind ja über 1.600 Soldaten zur letzten Ruhe gebettet, mehr als die Hälfte Zweier-Bosniaken, der Rest k.u.k. Soldaten anderer Regimenter bzw. Kriegsgefangene aus Serbien, Russland, Rumänien und Italien. Danach kam er kurz auf die eigentliche Erstürmung des Monte Meletta unter dem Kommandanten Obstlt i. G. Stevo Duić zu sprechen, bei Gebete der Geistlichkeit, v. li.: Imam Ibrahim effendi Čikarić, Militärkurat Mag. Sascha Raphael Kaspar und evang. Militärpfarrer AB Manfred Wallgram Die bosnisch-herzegowinische Delegation mit Vertretern des ÖSK, ÖBH und ÖBHG beim Denkmal des unvergessenen Mentors der Bosniaken Pavo Jussuf Urban-Ibruljević der die Bosniaken gegen weit überlegenen Feind über 200 Gefallene verloren. Schließlich meinte der Gedenkredner, wie traurig es ihn stimme, dass heute, 20 Jahre nach dem Ende des unseligen Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien, das Verhältnis zwischen den Entitäten immer noch nicht so ist, dass man von einem Miteinander reden könnte. „Dabei geben die hier friedlich vereint liegenden serbischen, kroatischen und moslemischen Bosnier das beste Beispiel“, führte er aus, „sie haben gemeinsam gekämpft, gemeinsam auf ein Ziel hingearbeitet, es auch gemeinsam erreicht und haben dabei gemeinsam Opfer gebracht.“ Nachdem er noch der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass die am folgenden Tag sicherlich zu hörende Friedensbotschaft von Papst Franziskus anlässlich seines Besuchs in Sarajevo auf fruchtbaren Bo- den fallen möge, beendete Wildberger in Analogie zu einem Ausspruch des EUKom m i s sion spr ä sident en Juncker seine Rede mit den Worten: „Wer an BosnienHerzegowina zweifelt, wer an Bosnien-Herzegowina verzweifelt, der sollte den Bosniakenfriedhof in Lang-Lebring besuchen!“ Nach den besinnlichen Worten der christlichen und moslemischen Geistlichkeit erfolgten die Kranzniederlegungen unter den Klängen des Liedes „Der gute Kamerad“. Schließlich sprach auch noch der anwesende bosnische Minister für Veteranenangelegenheiten, Dr. Salko Bukvarević zu den zahlreichen Teilnehmern, wobei er Österreich für seine Leistungen für Bosnien-Herzegowina seinen Dank aussprach. Mit der steirischen Landeshymne endete der Festakt. LGF Oberst i. R. W. Wildberger LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 44 Gedenken auf 24 Soldatenfriedhöfen in Galizien Wie schon in den Vorjahren hatte sich auch heuer eine Delegation der Landesgeschäftsstelle Steiermark des ÖSK auf den Weg nach Galizien gemacht. Kurator RR Ing. Peter Sixl und RR Helfried Grandl sind aufgebrochen, um Soldatenfriedhöfe entlang der Frontlinie Grodek - Lemberg des Ersten Weltkrieges zu besuchen. Nach der langen Anreise war der Soldatenfriedhof Nr. 4 in Grab unser erstes Ziel. Unser Gedenken galt hier nicht nur den Gefallenen, sondern auch dem Mitinitiator für die Renovierung dieser Anlage Brigadier Johann Urdl, der leider nicht mehr unter uns weilt. Gemeinsam mit dem unermüdlichen Kurator Dr. Herwig Brandstetter wurden die Soldatenfriedhöfe in Ożenna und Krempna in den Jahren 1990 bis 1995 vorbildlich renoviert und in den ursprünglichen Zustand versetzt. In Krempna haben wir auch Roman Frodyma getroffen. Seit mehr als 30 Jahren befasst er sich mit der Aufarbeitung von Soldatenfriedhöfen. Er besitzt ein umfangreiches Archiv und kennt jede einzelne Anlage und deren Geschichte. In Anbetracht dieser Verdienste durften wir ihm auf dem Soldatenfriedhof Łysa Góra das Große Ehrenkreuz des ÖSK verleihen. Ein herzliches Dankeschön wurde den rührigen Betreuern der Soldatenfriedhöfe in der Gemeinde Krempna Dr. Dariusz und Barbara Mielczarek ausgesprochen. Als Dolmetsch hat uns am ersten Tag dieser Reise unser alter Freund Mag. Piotr Majchrzak aus Lublin begleitet. Nach dem Besuch weiterer Friedhöfe in Nowy Zmigród war die Stadt Kołaczyce unser nächstes Ziel. Einen besonders netten Empfang hat uns der neue Bürgermeister der Stadt Tarnowiec Mag. Ing. Jan Czubik bereitet. Er hat besonders hervorgehoben, dass das Grab seines im Ersten Weltkrieg gefallenen Großvaters mit Hilfe des ÖSK gefunden wurde. Weiter hat uns der Weg in die kleine Ortschaft Radawa – ca. 25 km westlich von Lubaczów – geführt. Hier hat Pfarrer Andrzej Kot die Initiative ergriffen und unmittelbar neben der Pfarre St. Anna eine Kriegsgräberanlage vorbildlich neu gestaltet. Nach einem Gedenkgottesdienst durften wir bei der Segnung dieser Anlage anwesend sein. In Anbetracht ihrer Verdienste wurde Pfarrer Kot das Goldene Ehrenzeichen des ÖSK und weiteren Persönlichkeiten, die an der Renovierung beteiligt waren, das Ehrenkreuz des ÖSK verliehen. Unser nächstes Ziel war Radymno. Auch hier wurde uns von Vizebürgermeister Adam Lisanczuk und Amtsvorstand Blazej Pilisko ein überaus freundlicher Empfang bereitet und wurden uns alle im Gemeindegebiet liegenden bestens gepflegten Soldatenfriedhöfe gezeigt. Amtsvorstand Pilisko hat uns im Anschluss noch begleitet, um uns auf einen Soldatenfriedhof in der Nachbargemeinde Wiązownica hinzuweisen, der seiner Meinung nach einer der größten in der Region ist. Wir waren über das Ausmaß dieses Soldatenfriedhofes im Ortsteil Zapalow – ca. 20 km südwestlich von Lubaczów – erstaunt. Er hat die Größe eines Fußballfeldes, wir konnten allein 40 Grabhügel von je 20 Metern Länge zählen. Die Anlage wirkt leider vernachlässigt und ungepflegt. Es gibt keinerlei Hinweise oder Gedenktafeln, daher wird es unsere Aufgabe sein, uns um diese Gräberanlage zu kümmern. Unser nächstes Ziel war die Gemeinde Tomaszów Lubel- Auf dem Soldatenfriedhof Łysa Góra, v. li.: Dr. Dariusz Mielczarek, Ing. Peter Sixl, der „ausgezeichnete“ Roman Frodyma und Helfried Grandl Auf dem fußballfeldgroßen Soldatenfriedhof in Zapalow konnten allein 40 Grabhügel von je 20 Metern Länge gezählt werden. ski, wo wir von Bürgermeisterin Marzena Czubaj-Gancarz herzlich begrüßt wurden. Auch in dieser Gemeinde konnten wir das Gefühl gewinnen, dass man sich ehrlich bemüht, den am Rande der Stadt befindlichen Soldatenfriedhof gebührend zu gestalten. Auf einem hohen Hügelgrab, in dem 896 Gefallene der österreichisch-ungarischen und russischen Armee beigesetzt sind, befindet sich ein mächtiges Kreuz. Im Zuge unserer Rückreise am 2.8.2015 haben wir nochmals in Krempna und Ożenna Soldatenfriedhöfe besucht. Insgesamt konnten wir im Zuge dieser Reise 24 Grabanlagen besuchen und der Gefallenen gedenken. Auf Seite 35 des im Jahre 1918 vom Militärkommando Krakau herausgegebenen Buches „Westgalizische Heldengräber aus den Jahren des Weltkrieges 1914 -1918“ ist zu lesen: „Die Kriegsgräberfürsorge des Militärkommandos Krakau hat es ja gerade als ihre vornehmste Aufgabe angesehen, unter allen Umständen zu verhüten, dass auch nur ein einziges Grab eines der Helden, denen wir so großen Dank schuldig sind, dem Verfall oder gar der Vergessenheit anheim fiele.“ Regierungsrat Helfried Grandl LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK Ursula Hermann und Roland Posch bei der Zuordnung und Protokollierung der exhumierten Rotarmisten ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 45 Der russisch-orthodoxe Geistliche segnet die sterblichen Überreste. Beisetzungszeremonie für 23 Sowjetsoldaten am Soldatenfriedhof Hartberg-Safenau Drei Wochen vor dem 8. Mai 2015, dem historischen Datum des Kriegsendes vor 70 Jahren, wurden auf der Kriegsgräberanlage der Roten Armee in Hartberg-Safenau, wo bereits über 1.000 Gefallene ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, weitere 23 gefallene Sowjetsoldaten in einer feierlichen Zeremonie beigesetzt. Die Einsegnung der sterblichen Überreste erfolgte durch einen orthodoxen Priester. In den letzten Kriegsmonaten im Frühling 1945 war besonders Ostösterreich und da vor allem das Joglland von schrecklichen Kriegshandlungen betroffen. Obwohl der Zusammenbruch bzw. das Kriegsende kurz bevorstand, kam es in dieser Region noch zu heftigen Gefechten und damit verbunden zu vielen Gefallenen auf beiden Seiten. Im Kampfgeschehen war es damals meist so, dass die Toten in aller Eile ohne jede Zeremonie an dem Ort, an dem sie ihr junges Leben lassen mussten, von ihren Kameraden beerdigt wurden. Dank der großen Bemühungen von Kurator RR Ing. Peter Sixl ist es gelungen, viele vergessene Feldgräber beider Armeen in der Oststeiermark ausfindig zu machen. Nach schon vorangegangenen Exhumierungen hat er auch diese der 23 Soldaten der Sowjetischen Armee und von zwei Soldaten der Deutschen Wehrmacht im Gemeindegebiet von Vorau organisiert und die Vorbereitungen für ihre endgültige Bestattung eingeleitet. Die feierliche Beisetzung der beiden Wehrmachtsoldaten wird in nächster Zeit am Friedhof in Mönichwald erfolgen. In Absprache mit dem Innenministerium bzw. dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung und mit Unterstützung durch das MilKommando Steiermark und des ÖKB StV Hartberg unter Obmann Anton Allmer organisierte die ÖSK LGSt Steiermark diese Bestattungszeremonie, die durch ein Quartett der Militärmusik Steiermark musikalisch umrahmt wurde. Eine starke Abordnung des ÖKB StV Hartberg und umliegender Ortsverbände sowie die Anwesenheit hoher Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland haben die Feierlichkeit sehr aufgewertet. Besonders erwähnenswert ist die Anwesenheit des Botschafters der Russischen Föderation Sergej Netschajew, Am Soldatenfriedhof Hartberg-Safenau, v.li.: Verteidigungsattaché Sergey Travnikov, der Botschafter der Russischen Föderation Sergej Netschajew, BzKdtStv. Peter Ahrer, StV-Obm. Anton Allmer und LGF Oberst i. R. Dieter Allesch des Verteidigungsattachés Obst Sergey Travnikov sowie des Militärattachés der Republik Kasachstan Oberst Alexander Dabtsey mit weiteren Vertretern dieser Staaten sowie des Bezirkshauptmannes von Hartberg Mag. Max Wiesenhofer und des Präsidenten der OG Stmk Kurator Oberst Gerhard Schweiger. Der russische Botschafter dankte der Republik Österreich und dem ÖSK ganz besonders für die vorbildliche Betreuung der Soldatenfriedhöfe der Roten Armee in Österreich und für die Bemü- hungen, vergessene Soldatengräber aufzufinden. LGF Oberst i. R. Allesch hob in seiner Ansprache hervor, dass es in Österreich selbstverständlich ist, nicht nur die Gräber der eigenen Gefallenen, sondern auch die der ehemaligen Gegner würdevoll zu behandeln. Er betonte, dass auch mit dieser Zeremonie dokumentiert wird, dass die Wunden von einst vernarbt sind und das Gegeneinander von gestern erfreulicherweise einem Miteinander von heute gewichen ist. Oberst i. R. Dieter Allesch LANDESGESCHÄFSTSSTELLE STEIERMARK Selbstbewusst haben die Kinder ihre „Werke“ am Soldatenfriedhof Lang präsentiert und sind sehr stolz, dort auf einer Schautafel namentlich „verewigt“ worden zu sein. Volksschule Lang: Projekt „Gegen das Vergessen“ ÖSK - Ausgabe 2/2015 • 46 Landesgeschäftsstelle Tirol Ein sehenswerter Friedhof in Fulpmes Der idyllisch gelegene Kriegerfriedhof wurde 2015 von Friedhofsbetreuer Hans-Peter Pließnig unter großzügiger Unterstützung der Gemeinde renoviert. Er wurde während des Ersten Weltkrieges für die im damaligen Lazarett von Fulpmes verstorbenen Soldaten angelegt. 1922 plante der berühmte Baumeister Clemens Holzmeister die sehenswerte Gedenkkapelle, die von Heimkehrern gebaut wurde. 1947 malte der Künstler Ernst Schroffenegger die Fresken. Mit der Gemeinde Lang verbindet die ÖSK Landesgeschäftsstelle Steiermark nicht nur die großartige Unterstützung durch Bürgermeister Joachim Schnabel mit seinem Gemeinderat und durch den ÖKB mit Obmann Hermann Baldauf bei der Pflege und Erhaltung der großen Kriegsgräberanlage, sondern auch eine herzliche Beziehung mit der Volksschule Lang. Dir. Karoline Gaber, die alle Jahre dafür sorgt, dass ihre Schüler vor Allerheiligen den Soldatenfriedhof besuchen und die Gräber mit Kerzen und Blumen schmücken, ließ sich aus Anlass „100 Jahre Erster Weltkrieg“ ein besonders hervorhebenswertes Projekt zu diesem Thema einfallen. Im Sinne des Leitspruches des ÖSK „Erinnern statt Vergessen“ bearbeitete sie diesen Themenkomplex mit ihren Schülern. So befassten sich die Schüler der 3. Klasse mit dem Thema Krieg und Frieden. Sie erarbeiteten Frieden als friedliches Miteinander im Alltag, also auch in der Klasse und auf dem Pausenhof. Die Kinder übten, mit Konflikten umzugehen und sie ohne Gewalt zu lösen. Ziel war es nicht, Lösungsmöglichkeiten für die große Politik zu suchen und ihnen eine heile Welt vorzugaukeln, sondern die Schüler sollten vielmehr lernen, dass Streit in jeder Gemeinschaft vorkommen kann, dass es aber sehr wohl friedliche Lösungsmöglichkeiten gibt. Gemeinsam wurden Ideen gesammelt, Wünsche formuliert und Bilder gestaltet, die Frieden sym- bolisieren und veranschaulichen sollen. Im Zuge dieses Projektes besuchten die Schüler auch den Soldatenfriedhof, wo ihnen vor Augen geführt wurde, welch fürchterliche Auswirkungen Kriege mit sich bringen. Zum Abschluss wurden Wünsche vorgetragen, die sehr zum Nachdenken anregen – darunter: Ich wünsche mir, dass… … bald auf der ganzen Welt Frieden herrscht. … die Verstorbenen nicht in Vergessenheit geraten. … keine Menschen mehr gefoltert oder gequält werden. … alle Nationen friedlich und respektvoll miteinander umgehen. … sich jedes Land an die Gesetze und Regeln hält. …Menschen einander verzeihen können. … Menschen nie die Hoffnung verlieren. … man bei Streit und Krieg nicht einfach wegschaut. … die Erinnerung hilft, dass so etwas nie mehr passiert. …Angehörige Trost finden. …die Verstorbenen im Tod Frieden erfahren. LGF Oberst i. R. D. Allesch Renovierter Kriegerfriedhof in Fulpmes Foto: Mayerhofer/Fulpmes Dank für langjährige Sammeltätigkeit Am 7. Juni 2015 wurde den beiden Marketenderinnen Anna Schafferer und Verena Pfurtscheller von der Schützenkompanie Mutters-Kreith seitens der Landesgeschäftsstelle Tirol des Österreichischen Schwarzen Kreuzes - gemeinsam mit Schützenhauptmann Werner Graus - als Dank für die langjährige Sammeltätigkeit zu Allerheiligen die Ehrennadel in Gold verliehen. Im Bild die ausgezeichneten Marketenderinnen Unsere Totengedenktage ALLERHEILIGEN ALLERSEELEN stehen vor der Tür. Bitte spenden auch Sie für die Pflege und Erhaltung der Kriegsgräber. Diese mahnen zum Frieden und erinnern an die vielen Opfer der Kriege. Das ÖSTERREICHISCHE SCHWARZE KREUZ führt zum Gedenken an die Opfer der Kriege ethisch und kulturell hochwertige Aufgaben auf nationaler und internationaler Ebene im Sinne der Republik Österreich durch. Österreichische Post AG • Info.Mail • Entgelt bezahlt IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger) und Herausgeber: Österreichisches Schwarzes Kreuz/Kriegsgräberfürsorge, Wollzeile 9, 1010 Wien, www.osk.at / DVR 0984736 Für den Inhalt verantwortlich: Oberst i. R. Alexander Barthou, Generalsekretär Redaktion: Bgm. a. D. Oberstleutnant Prof. Friedrich Schuster, Gürtelstraße 27, 4020 Linz Layout: Pressebüro Josef Pfleger, Hangsiedlung 7, 3580 Horn Tel.: 02982/3965; www.pfleger.at Titelbild: Lagerfriedhof Sigmundsherberg / Kurator Martin Pfleger Druck: Druckerei Berger, Wiener Straße 80, 3580 Horn, www.berger.at
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