Energieeffizient Wohnen mit hohem Komfort

SySpro-News 2016-01
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Energieeffizient Wohnen mit hohem Komfort
In der baden-württembergischen Stadt Tengen wurde bereits 2006 ein komplett aus Betonfertigteilen bestehendes Wohnhaus fertiggestellt. Sowohl die kurze Errichtungszeit aufgrund der im Werk
vorfabrizierten Wand-, Decken- und Dachelemente als auch die energieeffiziente Beheizung mittels
Betonkernaktivierung machen den schlichten, kompakten Bau mit dem Pultdach besonders.
Erlensee, Tengen, September 2015. In einer waldreichen Region wie dem südlichen Baden-Württemberg ist Beton sicher nicht der vorherrschende Baustoff, doch der Bauherr entschied sich für
sein 190 Quadratmeter großes zweigeschossiges Einfamilienhaus ganz bewusst für dieses Material – genauer: Sein Haus besteht vom Keller bis zum Dach aus Betonfertigteilen der Firma Egon
Elsäßer aus Geisingen. Ein Vorteil liegt in der Herstellung der Bauteile im Werk, da sie dort in
hoher Qualität witterungsunabhängig und genau nach Kundenwunsch produziert werden können.
Alle notwendigen Elektrodosen, Leitungen oder Aussparungen werden ebenfalls bereits im Werk
berücksichtigt. Anschließend lassen sich die Betonfertigteile schnell auf der Baustelle montieren – in
nur zehn Tagen kann ein solches Haus errichtet werden. Auch der nachfolgende Innenausbau geht
zügig voran, denn auf die glatten Oberflächen kann sofort gestrichen oder tapeziert werden.
Thermische Bauteilaktivierung
Die Wahl auf den Baustoff Beton fiel auch aufgrund einer besonderen Eigenschaft: Beton ist ein
sehr guter Wärmespeicher, was sich für eine energieeffiziente und wirtschaftliche Temperaturregelung im Gebäude nutzen lässt. Die thermische Bauteilaktivierung, auch Betonkernaktivierung
genannt, ist ein Heiz- bzw. Kühlsystem, bei dem die Speichermassen von massiven Betonbauteilen
zur Temperaturregulierung genutzt werden. Hierfür sind Rohrleitungen in den Wänden und Decken
verlegt, durch die Wasser zirkuliert. Die massiven Betonelemente nehmen die Wärme bzw. Kälte
vom Wasser auf, speichern sie und geben sie zeitversetzt an den Raum wieder ab. Die Massivdecke
bzw. Massivwand wird als Übertragungs- und Speichermasse komplett thermisch aktiviert, sodass
durch die großen Wärmeübertragungsflächen die Vorlauftemperaturen wesentlich niedriger als bei
den herkömmlichen Raumheizkörpern sein können. Aus diesem Grund ist die Betonkernaktivierung
für einen energieeffizienten Betrieb mit Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen geeignet. Für den
Bauherren stellte dies das zweite gewichtige Argument für sein Wohnhaus aus Betonfertigteilen dar,
auch wenn er auf die Möglichkeit der Gebäudekühlung verzichtete.
Thermowand und Thermomassivdach
Die Außenwände bestehen aus sogenannten Thermowänden. Bei dieser Doppelwand wird die Kerndämmung, 20 Zentimeter dickes EPS, WLG 035, bereits im Werk auf der Innenseite der Außenschale
aufgetragen. Die Thermowände erfüllen mühelos die Vorgaben der aktuellen Energiesparverordnung. Die beiden Betonfertigteilschalen sind durch Gitterträger mit Edelstahldiagonalen miteinander
verbunden; der Zwischenraum wird auf der Baustelle mit flüssigem Beton verfüllt. Die Kellerwände
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sind ebenfalls als Thermowände ausgeführt, allerdings ist die EPS-Dämmung (WLG 035) hier nur
acht Zentimeter dick. Für die Garagenwände kamen 24 Zentimeter breite Doppelwände zum Einsatz.
Für die räumliche Aufteilung im Wohnhaus sorgen 12 Zentimeter starke vorgefertigte Betonwände,
in der Garage wurden 18 Zentimeter starke Betonfertigteile verwendet.
Eine weitere Besonderheit in diesem Wohngebäude stellt das Dach dar, welches als Thermomassivdach konstruiert ist. Wie bei den bewährten Thermowänden besteht dieses Dach aus zwei
Betonfertigplatten als Innen- und Aussenschale, die werkseitig mit Gitterträgern verbunden sind.
Zwischen den Schalen befindet sich die Kerndämmung. Bei dem Wohnhaus in Tengen sind Außenund Innenschale 7,5 Zentimeter dick, die Wärmedämmung aus EPS (WLG 035) ist 20 Zentimeter
stark, sodass nicht nur der winterliche und sommerliche Wärmeschutz gewährleistet sind, sondern
auch die Anforderungen des Schall- und Brandschutzes erfüllt werden.
Das als Pultdach ausgeführte Thermomassivdach des Wohnhauses weist eine Neigung von fünf
Grad aus, ist aber nicht klassisch mit Ziegeln oder Blechen eingedeckt. Vielmehr kam hier ein
Produkt der Firma alwitra zum Einsatz: die Evalon Solar Dachbahn – eine stromerzeugende Kunststoffdachbahn. Die Dachbahnen schützen das Gebäude dauerhaft vor Regen, Wind und Wetter
und gewinnen darüber hinaus elektrische Energie aus Sonnenlicht durch die integrierten flexiblen
Photovoltaikmodule. 78 Quadratmeter PV-Module sind auf dem Dach aufgebracht; der erzeugte
Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Im Gegensatz zum Dach des Wohnhauses ist das
Garagendach als 15 Zentimeter dicke Vollmassivplatte konstruiert.
Heizen und Kühlen
Um unabhängig von den steigenden Energiekosten zu sein, entschied sich der Bauherr, wie bereits
erwähnt, für ein Heizsystem mittels thermischer Bauteilaktivierung. So befinden sich in den Außenschalen der Thermowände bereits im Werk der Firma Egon Elsäßer eingelegte Kunststoffrohre, durch
die Frostschutzflüssigkeit zirkuliert. Insgesamt stehen fast 200 Quadratmeter Flächen als Fassadenabsorber zur Verfügung, die komplett genutzt werden, da in der Region Tengen das solare Strahlungsangebot vergleichsweise gering ist. Das Besondere bei diesem Pilotprojekt ist – ähnlich wie
beim inzwischen bekannt gewordenen Eisspeicherheizsystem –, dass die von der Sonne erwärmte
Flüssigkeit in den Absorbern ihre Wärmeenergie an einen Wassertank als Energiespeicher abgibt.
Der Wassertank ist unter der Garage eingebaut. Der Tank fasst 40 Kubikmeter Wasser und wird über
Regenwasser gespeist. Das darin befindliche Wasser wurde bis dato auf maximal 37 °C erwärmt;
nach der Heizperiode kühlt es auf etwa 9 °C ab.
Zur Beheizung des Gebäudes nutzt der Bauherr eine Fußboden- sowie eine Wandheizung mit einer
Gesamtleistung von 6,8 Kilowatt. Die Rohre der Wandheizung sind, ebenfalls bereits werkseitig,
in die Innenschale der Thermowände eingelegt. Die Wärmeenergie des im Tank gespeicherten,
mithilfe der Fassadenabsorber erwärmten Wassers hebt die Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau an. Durch die Kombination von Fassadenabsorber und Wärmepumpe kann eine
monovalente Heizung realisiert werden, das heißt, die Wärmepumpe wird als einzige Wärmequelle
eingesetzt. Der Bauherr kann so nicht nur die Wohnräume mit der Wärmepumpe beheizen, sondern
auch genügend Warmwasser erzeugen.
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Monitoring
Seit seiner Fertigstellung im Jahr 2006 nutzt der Bauherr das Wohnhaus. Gleichzeitig wurden viele
Daten über den Betrieb erfasst, gesammelt und ausgewertet. Nach fast zehn Jahren lassen sich
daher nun substanzielle Aussagen über den Erfolg dieses Pilotprojektes machen. Unter anderem
liegen Messergebnisse zu den Wasserdurchflussmengen bezüglich Wärmepumpe und Absorberflächen im Beton vor sowie ferner Daten über die Temperaturen der Außenluft im Verhältnis zu den
Temperaturen des Wassers im Wassertank. Zu den ersten Ergebnissen lässt sich Folgendes festhalten:
1. Der Heizwärmebedarf im Jahresvergleich: Spitzen im Heizwärmebedarf im Januar (ca.
1.800 kWh) und Dezember (ca. 1.450 kWh); von Juni bis September ist keine Heizung nötig
dank der gut gedämmten Thermowände.
2. Ist der Speichertank auf Zieltemperatur gebracht, steht eine Heizleistung von 1.300 kWh
zur Verfügung – damit wären sogar drei bis vier sonnenlose Winterwochen überbrückbar.
3. Ungünstige Verhältnisse sind beispielsweise im trüben November gegeben mit geringer
Strahlung von etwa 20 kWh/m2; damit stehen noch mehr als 1.200 kWh im Monat zur
Verfügung, sodass der Tank nur wenig von seiner Temperatur verliert.
4. Heizwärmebedarf und Behaglichkeit: Der spez. Heizwärmebedarf beträgt 28 kWh/(qm*a).
Es herrschen das ganze Jahr über hauptsächlich behagliche Temperaturen zwischen 20°C und
22°C auf allen Geschossen (von Erd- bis Dachgeschoss), nur wenige Stunden im Jahr liegen
die Temperaturen zwischen 24°C und max. 26°C.
5. Es besteht in der Sommerzeit eine hohe Entzugsleistung der Außenwand; die gewonnene
Wärme wird mühelos im Tank gespeichert.
Auch weiterhin werden die Messdaten des Wohnhauses aufgezeichnet. Parallel laufen zwei weitere
Monitorings der SySpro-Gruppe: Das neue Bürogebäude der Firma ABI-Beton in Andernach und
ein Testobjekt in Nordhorn liefern wie das Wohnhaus in Tengen laufend Daten über den Energieverbrauch und die Energieerzeugung mittels Betonkerntemperierung und über die Absorbertechik der
Thermowände. In naher Zukunft sollen die Daten der drei Projekte verglichen werden, um Anhaltspunkte für die Effizienz der thermischen Bauteilaktivierung zu erhalten und Potenziale für Verbesserungen zu erkennen.
Weitere Informationen:
Pressekontakt:
SySpro-Gruppe Betonbauteile e. V.
Alexandra Busch Dipl.-Ing. Architektur
Hanauer Straße 31
Goebelstraße 21
63526 Erlensee
64289 Darmstadt
Tel. +49 (0)700 7000-2005
[email protected]
www.syspro.de
www.kontaktraum.com
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Alle Bilder: Syspro-Gruppe Betonbauteile e. V.
Weitere Bilder und Grafiken können angefragt werden
Das Wohnhaus in Tengen ist als klarer kubischer Baukörper konzipiert.
Alle Decken- und Wandelemente sowie das Dach bestehen aus Betonfertigteilen.
Links: Dachaufsicht mit der stromerzeugenden
Kunststoffdachbahn
Einbau der Leitungen für die Thermowände im Werk der Firma Egon Elsäßer
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Der Heizwärmebedarf des Wohnhauses im Jahresvergleich: Spitzen im Heizwärmebedarf im Januar
(ca. 1.800 kWh) und Dezember (ca. 1.450 kWh); von Juni bis September ist keine Heizung nötig
dank der gut gedämmten Thermowände.
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