Anneliese Garms Geboren 1927 Colostoma seit 1995 „Ich bin immer da, wo man mich gerade braucht.“ Wenn es darum geht, sein Leben in die Hand zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen, macht Anneliese Garms niemand so schnell etwas vor. Selbständig zu sein gehört zu den Prinzipien der 88-jährigen. Das war früher so und hat sich bis heute nicht geändert. „Überall da sein, wo man mich braucht“ Schon als junge Frau nimmt Anneliese Garms die Dinge gerne selber in die Hand. Mit ihrem Mann leitet sie ein Filmunternehmen, das beide zuvor von ihren Schwiegereltern übernommen haben. Wenn man nach ihrer Rolle fragt, die sie damals ausfüllte, sagt sie: „Ich war überall dort, wo man mich brauchte.“ Vom Stativ tragen bis hin zur Leitung der Tonaufnahmen ist ihr keine Aufgabe fremd. Mitte der 1990er, steht die damals 68-jährige vor einer schweren Prüfung. Anneliese Garms muss lernen, mit der Diagnose Darmkrebs umzugehen. Doch nicht nur die Erkrankung stellt ihre Haltung auf die Probe. Bei einem Eingriff wird der Darm perforiert und die Patientin wacht anschließend mit einem Colostoma, einem künstlichen Ausgang des Dickdarms, auf. Es gibt keine Gelegenheit, sich auf die neue Situation vorzubereiten oder sich viele Gedanken zu machen. Annelies Garms muss sich mit der neuen Lebenssituation arrangieren. Schnell zurück zur Normalität „Nach der Operation war ich verzweifelt und dachte, mein Leben sei vorüber“, blickt die Seniorin zurück. Doch bald nachdem der erste Schock überwunden ist, beweist sich wieder ihre zupackende, positive Art. Die Befürchtungen erweisen sich als unbegründet. Mit ihrem Stoma kommt sie gut zurecht. Die Veränderung wirkt sich nur geringfügig auf ihr Leben aus. „Ich habe weiterhin meine Ausflüge unternommen und musste meine Lebensweise nur geringfügig umstellen“, sagt sie. „Einzig die Gartenarbeit habe ich ein wenig reduziert und sehr schwere Gegenstände kann ich seitdem nicht mehr heben.“ Bis heute fährt sie Fahrrad, schwimmt und nutzt ihr Auto. Mit 88 Jahren ist all das keine Selbstverständlichkeit. Ihre positive Einstellung gibt die mehrfache Großmutter auch gerne an andere Betroffene weiter. Seit 1996 engagiert sie sich bei der ILCO. Weil gegenwärtig die Position eines Gruppensprechers unbesetzt ist, übt sie dessen Aufgaben heute noch ersatzweise aus. Anneliese Garms gestaltet die Programme der Gruppentreffen, kümmert sich um die Referenten und organisiert die Jahresfahrt sowie die Jubiläumsfeiern. Nach einer erneuten Darmoperation lebt Anneliese Garms seit einigen Jahren wieder ohne Stoma. Mit Stoma, sagt sie, war der Alltag einfacher. Doch mit der aktuellen Situation hat sich die rüstige Seniorin längst wieder arrangiert. Über ihr Schicksal zu lamentieren, kommt für sie nicht infrage. Mangelhafte Aufklärung durch die Ärzte Anneliese Garms besitzt eine positive Ausstrahlung. Das hilft ihr bei der Genesung und befördert auch den Erfahrungsaustausch mit Betroffenen in der ILCO. Aber wenn es etwas zu verbessern gibt, spricht sie das auch an. „Die Ärzte wissen zwar, wie ein Stoma angelegt wird, aber wie es sich anfühlt, können sie nicht vermitteln“, fasst sie ihre Erfahrungen zusammen. „Viele Fachärzte haben auf die Fragen ihrer Patienten keine befriedigende Antwort.“ Darüber hinaus bemängelt die rüstige Seniorin, dass zu wenige Ärzte die ILCO bislang wahrgenommen haben. „Viele Gastroenterologen und Proktologen wissen nichts über eine Selbsthilfeorganisation.“ In dieser Hinsicht, so hat sie festgestellt, bestehe dringender Aufklärungsbedarf. (aufgezeichnet im August 2015)
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