Was verbindet PKZ mit Kunst und Architektur? Woher kommt der Kunstappeal, dem man fast überall begegnen kann, wo das PKZ-Label in plastischer Form erscheint? Das geht zurück auf meinen Grossvater. Für das Bewerben der Mode gab es zu seiner Zeit, also an der Schwelle zum 20. Jahrhundert, eigentlich nur zwei Medien, in denen man Produkte bewerben konnte: in Tageszeitungen und auf Plakaten, die meistens auf sogenannten Litfasssäulen tapeziert waren. Er lancierte viele Wettbewerbe mit Plakatkünstlern. Unter ihnen waren imposante Namen zu finden wie Ludwig Hohlwein, ein international bedeutender Grafiker, Architekt und Maler. Julian Opie geht mit PK Z ZUM FLANIEREN auf der Zürcher Bahnhofstrasse Interview: Frank Joss, Fotos: PKZ Julian Opie reduziert seine Arbeiten auf das absolut Wesentliche. Nichts zu viel. Nichts zu wenig. Seine Porträts widerspiegeln diese Behauptung. Er spielt nicht mit dem Unfassbaren, der Metaphysis in unserem Leben. Er widmet sich dem, was zu sehen ist, was uns die eigene Wahrnehmung an Bildern liefert. Darin sucht er in einer fast kindlich-spielerischen Form nach wiederkehrenden Mustern unseres Sehverhaltens, verfremdet sie und transferiert sie in eine neue Bildsprache. Alle Arbeiten realisiert er zuerst mit Fotografie oder Video, schlussendlich jedoch mit dem Computer. Oft sind es Videoinstallationen in einer Abfolge von linearen und figurativen Bildmotiven, wie dies beispielsweise in seinem Werk «Galloping Horse» zu finden ist, das im Yorkshire Sculpture Park in Wakefield / GB zu sehen ist. Es kommt nicht von ungefähr, dass Julian Opie an der Zürcher Bahnhofstrasse als Openair-Art zu sehen ist: am Glasgebäude von PKZ Women. Wir haben Olivier Burger zu einem Gespräch getroffen, um zu erfahren, woher die Affinität zur Architektur und Kunst kommt, die sein Unternehmen bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts prägt. 48 Später begegnete man im Repertoire von PKZ auch Namen wie Herbert Leupin oder Alois Carigiet. Mit den herausragenden Plakaten wurde die Marke geprägt, eigentlich schon fast zementiert. Das war Branding «haute de gamme». Seit einem Jahr lässt ja auch der bekannte Londoner Künstler Julian Opie seine Strichfiguren auf der Bahnhofstrasse flanieren – für PKZ. Wie kam es dazu? Nun, mit unserem Engagement in der Plakatkunst haben wir ja früh schon das Fundament gelegt für eine Form der Kommunikation, die weit über die Oberflächenwirkung der Werbesprache hinausgeht. Wir wollten damit schon immer darstellen, dass Mode ähnliche Parameter hat wie Kunst und Architektur. Es sind «allfaktorische» Einflüsse, das heisst, wie in den genannten Disziplinen werden alle unsere Sinne umschmeichelt. Damit sind auch Sinneswahrnehmungen angesprochen, die fast immer in Abhängigkeit stehen zu der Zeit, in der wir uns bewegen. Wir leben heute, ob wir das wollen oder nicht, in einer «mcdonaldisierten» Welt. Alles ist «fast»: das Essen, die Beziehungen, die Mobilität und, und, und. Was ich damit sagen will: Mit unserer Mode und der Art, wie wir sie präsentieren, geben wir unseren Standpunkt ab, unsere Art zu denken, zu handeln, zu fühlen. Wir folgen, neusprachlich ausgedrückt, einer wohldefinierten Corporate Culture. Sie sprechen die Beziehung zu Julian Opie an. Nun, die erste Begegnung mit seinen Arbeiten hatte ich in Miami. In einer gigantischen Shoppingmall sah ich Models über die Bühne gehen, und sie waren virtuell und nur silhouettiert dargestellt, also rein linear. Trotz dieser abstrahierten Form haben die Figuren wie magisch auf mich gewirkt. Sie waren lebendig, nahbar und irgendwie beseelt. Von da an waren sie und ihr Autor, Julian Opie, bei mir als Wunsch eingebrannt: «So was möchte ich auch mal realisieren.» Auch hat mich eine Aussage, die er in einem Interview machte, in meiner Wunschvorstellung bestärkt: «Stillstand ist Tod. Ich glaube, ich versuche immer realistisch zu sein. Etwas in Bewegung zu setzen scheint oft viel näher an der Realität zu sein als ein Standbild. Ein blinkendes Porträt fällt stärker ins Auge als ein nicht blinkendes, eine Landschaft mit fliegenden Vögeln und plätscherndem Wasser ist realistischer als ein starres Landschaftsbild.» Mir gefiel diese Hingabe an die Bewegung. Und wie wurde der Wunsch zur schönen Wirklichkeit? Aus vielen Gesprächen, die wir beide schon geführt haben, wissen Sie, wie wichtig es für mich und unser Unternehmen ist, dass auch die Häuser, in welchen unsere Mode ausgelegt oder präsentiert wird, nach ästhetischen Prinzipien ausgewählt oder gebaut werden. Mit dem Umbau unseres Flagshipstores an der Bahnhofstrasse, ich meine diesen markanten Glaskubus, der einen eindrücklichen Gegenpol bildet zu den umliegenden historischen Gebäuden, wollten wir ein Zeichen harmonischer Ko-Existenz von Alt und Neu aussenden. Das ist dem Zürcher Architekten Theo Hotz in hochsensibler Manier gelungen. Was mir aber noch fehlte, war ein künstlerisches Magnet, das die an der Bahnhofstrasse Flanierenden anziehen sollte. Und die Moral der Geschichte? Ich reiste nach London zu Julian Opie, bepackt mit dem Prinzip Hoffnung, aber auch mit einigen Collagen, wie ich mir die Fassadengestaltung vorstellte, in der seine Figuren die Hauptrolle spielten. Wie war diese erste Begegnung mit Julian Opie? Um ehrlich zu sein, es war die zweite. Ein paar Jahre davor habe ich ein Bild von ihm gekauft. Ob ich mich dabei schon an die Zukunft erinnert habe? Gut möglich. Nun, er fing Feuer. Wie lange dauerte der Prozess vom Rendezvous mit Opie bis zur Vernissage der Installation in Zürich? Und welche Hürden galt es zu überwinden? Knapp ein Jahr. Fast unglaublich, aber wahr. Die zuständigen Amtsstellen haben positiv auf das Projekt reagiert, allerdings fehlte uns die tatsächliche Baubewilligung bis drei Tage vor der Vernissage. Man stelle sich vor: Die künstlerische Arbeit war längstens gemacht, der Transfer ins Virtuelle auch, die Baugerüste standen, der Transport der Installation war schon in trockenen Tüchern … allein dieses matchentscheidende Papier fehlte. Geklappt hat’s doch. Und heute noch, ein gutes Jahr später, bleiben die Passanten stehen, schauen sich Opies 50 Quadratmeter grosse Installation an und gehen mit einem «big smile» im Gesicht wieder weiter. Für mich bedeutet das: Es lohnt sich, ab und zu aus den Ruinen der Gleichmacherei hinauszutreten in eine Terra incognita. Es tut auch gut, die eigene Erdenschwere hinter sich zu lassen … Wie war das da mit der «unerträglichen Leichtigkeit des Seins»? 50
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