sonderausgabe 2015

Sonderausgabe JFSG
14. September 2015
Just For Swing Gazette
Mitteilungsblatt für Freunde swingender Musik in und um Leipzig
Tho ma s B uhé
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Tho mas Buh é
1920 - 2015
“When you’re smiling, the whole world smiles with you.”
A
m 26. September 2015 wäre der Gitarrist, Komponist und
Autor Thomas Buhé 95 Jahre alt geworden. Seine Energie
reichte nach vielen OPs der letzten Monate nicht mehr, um
diesen Tag noch zu erleben, um im Kreise seiner Familie
und Freunde feiern zu können. Er hätte es sich sehr gewünscht. In den
Morgenstunden des 14.09. 2015 hat er seine Gitarre für immer beiseitegelegt. Es ist schwer, über einen liebgewordenen Menschen zu schreiben und die richtigen Worte für etwas zu finden, was man mit Worten
kaum beschreiben kann. Im Moment des Ablebens eines wahren Freundes, wie Thomas es war, empfindet man den schmerzvollen Verlust
plötzlich real und kann es einfach nicht glauben, seine Stimme, das Lachen, den Humor, die Lebensweisheiten, die er mit uns teilte, für immer
vermissen zu müssen. Wir haben nicht nur gemeinsam musiziert, Konzerte besucht, Lesungen veranstaltet, sondern oft über die Zufälle des
Lebens und die Einzigartigkeit unserer Musik im Sinne des Schaffens
sozialer Gemeinsamkeit philosophiert. Er ließ uns nie den großen Altersunterschied spüren. Sein Engagement in unserer SwingGemeinschaft empfand er wie eine Bluttransfusion. Er betonte immer,
„Thomas“ von seinem Vater Walter Buhe gezeichnet; ca. 1921
wie er sich geehrt fühle, mit uns spielen zu dürfen. Aber wir waren es
viel mehr, die das Privileg hatten, von seinen Ratschlägen und seiner offenherzigen Art zu profitieren! Ich werde nie unsere gemeinsamen Auftritte und davon besonders den im Sächsischen Landtag 2013 vergessen. Für Thomas war dies ein
sehr bewegender Moment, als wir vor jungen Menschen, die für ihre hervorragenden Leistungen in der Schule eine Auszeichnung erhielten, spielen durften. Als der Moderator das Geheimnis um sein Alter lüftete, ging ein Raunen durch den
Saal. Wir spürten eine gespannte Aufmerksamkeit und nach unserer Version eines berührenden „Stardust“ klang der Beifall der jungen Menschen umso euphorischer. Von solchen Begegnungen konnte Thomas lange zehren. Besonders wenn
er uns an seinen Erinnerungen teilhaben ließ und uns mit Hilfe seiner akribisch geführten Kalendertagebücher, aus denen
sein inhaltsreiches und hochinteressantes Buch „Mein Kaleidoskop“ entstanden ist, seine Erlebnisse schilderte, verging
die Zeit wie im Flug. Eine geplante Stunde am Nachmittag beim Kaffee konnte sich schnell zum spontanen Grillabend
ausweiten.
Im hohen Alter fuhr er noch Auto, ließ keine Feier aus, hat sich für aktuelle politische Ereignisse interessiert, las Schorlemmers Erinnerungen und Helmut Schmidts Biografie. Augenzwinkernd genoss er es im Mittelpunkt des Geschehens
zu stehen und wunderte sich manchmal auch darüber, dass er, sich selbst witzelnd als „Unwürdigen“ bezeichnend, soviel
Achtung und Respekt empfing. Man verzieh ihm manche Eitelkeiten, im Gegenteil: man schubste ihn noch in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, wissend, wie gut es ihm tat. Seine ehemaligen Schüler verehrten ihn und überall traf er sie.
Kontakte pflegte er mit unterschiedlichsten Menschen und musste sich dabei bemühen, nicht den Überblick zu verlieren.
Seine Frau Ruth war ihm immer eine verständnisvolle Begleiterin und ein unglaublich starker Rückhalt.
Thomas oder von seinen Freunden einfach Tom genannt, wird eine große Lücke hinterlassen. Für mich persönlich zählt
die Begegnung mit ihm zu den prägendsten Lebensabschnitten. Als ich ihm einmal gegenüber erwähnte, dass ich es
schade fand, ihn erst so spät kennengelernt zu haben, erwiderte er, er sei froh und ich solle es ebenso sein, dass wir uns
überhaupt kennengelernt haben. Wir werden seine immer freundliche und euphorische Art der Begrüßung, seine Umarmungen, sein verschmitztes Lächeln, das Augenzwinkern während einer gelungenen Improvisation über einen Chorus,
die Fähigkeit, Zuzuhören und Freude miteinander zu teilen, schmerzlich vermissen.
Jeder Titel, den wir in Zukunft spielen, wird uns an Dich erinnern.
Mach’s gut, Tom und Danke, dass wir ein Stück Lebensweg gemeinsam mit Dir gehen durften.
Detlef A. Ott
im Namen von
JUS T F OR S WI N G
Di e Tr au er f ei e r fi n det am F rei t ag, den 09. Okt ob er 201 5 u m 14.45 Uh r
au f d em S ü df ri e dh o f i n Lei pzi g st at t .
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mit dem Schriftsteller Julius Becke in Leipzig - April 2014
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mit JUST FOR SWING während eines Schülerkonzertes 2013
Zwei legendäre Gitarristen: Coco Schumann und Tom Buhé - Kurt Weill Fest Dessau 2012
Nach einem fulminanten Konzert mit dem Gitarristen „Joe“ Sachse
sein berühmtester Schüler und Freund im März 2014
Einweihung des „Jutta Hipp Weg“
„alte“ Weggefährten - mit Rolf Kühn - Leipziger Jazztage 2014
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ann darf man trauern? Wie soll Trauer aussehen. Trauer braucht kein Gesicht, keine Äußerlichkeiten. Traurig sein im Herzen und mit den Gedanken sein bei dem Menschen, der nicht mehr
unter uns weilt, und bei den Menschen, die mit mir traurig sind. Trauern heißt aber nicht, den
Kopf hängen lassen!
Es war mir vergönnt, während der letzten Tage und Stunden von Thomas Buhé oft bei ihm zu sein. Und diese
waren so reich an Nähe, wie es die Begegnungen mit Thomas immer waren. Meine Zeilen sind deshalb auch
von dieser Nähe geprägt.
Thomas hat, während seiner langwierigen Krankheit, oft schwer gezeichnet und erschöpft, immer gute Miene
gemacht und Optimismus verbreitet. Geklagt hat er nie. Auf seinem Sterbebett hat er Grüße von seinen Freunden sogar mit Lächeln quittiert, als es ihm schon nicht mehr möglich war zu antworten.
Thomas war ein optimistischer Mensch von beneidenswerter Bescheidenheit. Mit Letzterer war er besonders für
die Amateure unter den Jazzmusikern wertvoll, weil er nicht belehrend, aber umso mehr motivierend gewirkt
hat. Die von und mit ihm das Gitarrespiel erlernt haben, werden das sicher ebenso quittieren.
Wer ihn post mortem richtig kennenlernen möchte, der lese sein Buch „Mein Kaleidoskop“. Über seine Familie
wird es auch in naher Zukunft sicher noch zu beziehen sein. Eine Kostbarkeit für den Bücherschrank über ein
erfülltes Leben, über den Erzmusiker, Lebenskünstler und den Künstler an sich, um den er nie Aufhebens gemacht hat!! Schon seine Art und Weise zu erzählen ist es wert, das Buch zu lesen.
Der beste Weg einen Freund zu haben ist der, selbst einer zu sein.
Ich glaube, Thomas hatte fast ausschließlich Freunde!
Volker Stiehler
So vital musizierte Thomas Buhé am 24.September 2014 und so ergriffen stand er am Morgen seines 94. Geburtstages am 26. September
2014 vor der Geburtstagstorte seiner Freunde
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JUST FOR SWING feat. THOMAS BUHÉ
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Der Lehrer und Gitarrist Thomas Buhé – ein Leben zwischen den Tönen
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veröffentlicht in der Zeitschrift JAZZ PODIUM | März 2012
homas Buhé wird als der Vater der
Jazzgitarristenausbildung in der
ehemaligen DDR bezeichnet. Er
gehört mittlerweile zu den betagten
Zeitzeugen, die die Entwicklung des Jazz in
Deutschland früh miterlebt haben und im hohen Alter noch mit jener Begeisterung darüber sprechen können, die
von der Liebe zu dieser Musik genährt wird. Die wichtigsten Lebenserinnerungen hat er auf Drängen
von Freunden und Verwandten vor
ein paar Jahren im Buch „Mein Kaleidoskop“ verarbeitet - einem einzigartigen Erinnerungsalbum gespickt mit Anekdoten, gefüllt mit
längst vergessenen Namen und Orten. Es ist eine einzigartige Fundgrube für all Jene, denen subjektive
Erinnerungen mehr bedeuten als
Geschichtsbücher aus zweiter Hand.
Unterhaltsam schildert er darin sein
bewegtes Leben, die Jahre der Kindheit, als
Soldat im Krieg, die angespannte Zeit danach und das unangepasste Künstlerdasein
im mit Restriktionen angefüllten DDR Alltag, wo er schließlich als Lehrer und Hochschuldozent tätig war.
Geboren wurde Thomas Buhé am 26. September 1920 in Berlin. Als er ein Jahr alt
war, zog seine Familie in die geschäftige
Messe-, Buch- und Musikstadt Leipzig.
Durch den acht Jahre älteren Bruder Klaus
kam er frühzeitig mit Jazzmusik in Berührung. Nach dem Ende der Schulzeit hatte das
Leben für die Generation Buhés nichts anderes zu bieten als den unseligen Krieg. Diesen
überlebte er, weil er die Möglichkeit hatte,
im Musikcorps Musik zu machen.
Nach dem Ende des großen Schlachtens
brachten die Amerikaner den AFN nach
Leipzig und sendeten von Mai bis August
1945 aus dem Gebäude des Mitteldeutschen
Rundfunks Hits von Tommy Dorsey, Glenn
Miller, Benny Goodman und Artie Shaw.
Davon angestachelt gründeten gleichgesinnte
Swingfreunde um Wolfgang Arndt und
Thomas Buhé 1946 die Band “Schwarze
Spatzen“. Nachdem Buhé die während der
Kriegsjahre in Leipzig eingelagerte “Roger”
Gitarre seines Bruders Klaus Buhé im Luftschutzkeller fand, hatte er sich das Gitarrespielen selber beigebracht und die wichtigsten Griffe autodidaktisch erlernt.
Durch seinen Vater Walter Buhe, der ein bekannter Grafiker war und an der Hochschule
für Kunst und Grafik in Leipzig lehrte, lernte
er gleichzeitig die Jazz Pianistin Jutta Hipp
kennen. Die rothaarige Schönheit aus
Leipzig-Markleeberg studierte Malerei und
Grafik bei seinem Vater. Gemeinsam mit ihr
und dem jungen Rolf Kühn spielten sie im
Trio Jazzstandards. Buhé, der damals selber
noch Klarinette spielte, nahm die Gitarre zur
rhythmischen Begleitung zur Hand. „Der
Rolf Kühn hatte damals schon ein großes
Talent, dem ich mit meinem Klarinettenspiel nichts entgegensetzen konnte.“ Angeekelt von den herrschenden politischen Verhältnissen entschlossen sich Buhé und Jutta
nennt er seinen berühmtesten Schüler. Wie
viele Schüler er in seinem Leben beeinflusst hat, kann er nur raten. Seine Bücher
wie „Schule für Plektrumgitarre“ und
„Rhythmisch-stilistische
Studien
für
Jazzgitarre“ wurden mehrsprachig verlegt
und gelten immer noch als Standardwerke für viele Gitarrenlehrer
und deren Schüler. Bis heute ist er
ein „Gitarrenverrückter“ geblieben, fährt mit 91 Jahren noch
selbst zu Konzerten anderer Gitarristen und kann sich anschließend
noch stundenlang mit jungen Musikern über Gitarren unterhalten.
Was war für Dich eigentlich die
Initialzündung, Gitarre zu spielen und später zu lehren?
Hipp mit ihrem Lebensgefährten dem
Schlagzeuger Teddy Neubert über die Grenze zu gehen und in der amerikanischen Besatzungszone am Tegernsee ihr Glück zu
versuchen. Dort spielten sie zur Unterhaltung der vom Krieg traumatisierten Menschen auf. Das musikalische Talent der Jutta Hipp überragte ihre Begleiter und
schließlich fand sie ihren eigenen Weg.
Nachdem sie ihren Lebensgefährten Neubert verlassen hatte, ging sie nach München, von wo sie später nach Frankfurt/
Main weiterzog. Der Rest ist Geschichte
und wurde 60 Jahre später wieder lebendig,
als Buhé diese Zeit während der Einweihung des Jutta - Hipp - Weges in Leipzig
beeindruckend anschaulich und auf seine eigene unsentimentale Weise wachrief.
Als er Anfang der 1950er Jahre desillusioniert wieder in die Ostzone zurückkehrte,
betätigte
er
sich
im
RundfunkUnterhaltungsorchester Leipzig, später bei
Kurt Henkels, Fips Fleischer und im Tanzorchester Alo Koll. Mit dem Ensemble von
Werner Pöhlandt und von 1959 bis 1960
mit dem Günter Frieß Sextett war er auch
später noch oft auf Gastspielreisen im Westen. Nach 15 Jahren Tanzmusik und dem
ständigen auf Achse sein hatte Buhé die Nase voll und wechselte die Hemden. Schon
immer reizte ihn die Lehrtätigkeit und so
begann er nebenbei zu unterrichten, war seit
Beginn der 1960er Jahre ebenso gefragter
freier Mitarbeiter beim „Staatlichen Komitee für Rundfunk“, dem Sender Leipzig,
beim Berliner Rundfunk und vielen anderen
Institutionen. An der Musikschule Leipzig
baute er mit Wolfgang Günter 1963 die Abteilung für Tanz- und Unterhaltungsmusik
auf und lehrte ab 1970 fünfzehn Jahre als
Dozent in Weimar an der Musikhochschule
Franz Liszt. Den Gitarristen Joe Sachse
Mein Bruder Klaus zusammen im
Duo mit Hans Korseck 1936. Zu
Hause saß mein Bruder auf der Couch und
spielte mir Gitarrensoli vor. Die Freundschaft mit Hans Korseck hat meinen Bruder zur Gitarre greifen lassen. Er war ja eigentlich Banjospieler, was er ja bis zu seinem Lebensende geblieben ist. Er war der
„Wissenschaftler“ unter uns und beschäftigte sich intensiv mit Jazz. Durch ihn habe ich eigentlich die Musik kennengelernt.
Das war damals der Oldtime Jazz. Er war
ein großer Banjofan und hat in und um
Bremen nach dem Krieg ein großes Banjonetz aufgebaut. Korsecks Gitarrenschule
habe ich immer noch zu Hause. Das war
die erste Gitarrenschule für Plektrumgitarre
überhaupt, die 1941 rauskam. Selbst habe
ich das Gitarrespielen erst sehr spät erlernt.
Mit 26 Jahren ist der Zug schon längst abgefahren. Darum bin ich kein berühmter
Gitarrist geworden. Mich kennt man nicht
als Gitarristen. Ja, dann kam aber der
Krieg. Als der vorbei war, machtest du das,
was Du konntest. Das war bei mir dann
eben Jazz.
Wann kam bei Dir die Idee zu unterrichten?
Privatschüler hatte ich schon gleich nach
dem Krieg. Meine professionelle Lehrtätigkeit begann 1960. Ein Grund war auch,
dass ich als Nichtraucher und Abstinenzler
das Rumreisen mit Musikern satt hatte. Es
war teilweise eine unzumutbare Strapaze
und an irgendeinem Punkt ging das nicht
mehr. Im Stillen hatte ich schon immer unterrichten wollen. Nur gab es keine Unterrichtsmaterialien zu kaufen außer der Gitarrenschule von Götze. Aber die war für
die Musik, die wir machen wollten, nicht
geeignet. Da fällt mir eine Anekdote ein.
Ich spielte 1947 auf der Leipziger Messe
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im Duo mit einem Freund - ein Tonabnehmer, zwei Gitarren. Damals erregten wir
Aufmerksamkeit, junge Leute kamen und
guckten. Einer fragte mich, ob ich auch unterrichte. Ich sagte, ich würde es gern tun,
wenn es richtige Unterrichtsmaterialien gäbe.
Darauf antwortete er, dass er die Götze Schule besitzt. Da erwiderte ich so in meinem jugendlichen Überschwang, dass der Götze ja
keine Ahnung hätte, da er Konzertgitarrist
wäre und die Schule für uns unbrauchbar sei.
Da zog plötzlich neben mir so ein kleines
Männlein seinen Hut: „Gestatten Sie, dass
ich mich Ihnen vorstelle. Götze mein Name.“
Das war natürlich irre. Ich habe mich furchtbar gefühlt, mich entschuldigt und ihm erklärt, dass es um spezielle Richtungen des
Gitarrenspielens geht, Tanzmusik und Jazz.
Er meinte, ich müsste noch viel lernen, worauf ich ihn fragte: „Wann darf ich denn zu
Ihnen kommen?“ Ich war danach ein Jahr bei
ihm und es entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis. In dieser Zeit begann ich
schöpferisch zu arbeiten und habe dann auch
später ein Kapitel „Hinweise für den Gitarrenspieler“ für ein kleines Heftchen von ihm
„Tipps für Gitarre“ geschrieben. Er war ein
kluger Mensch und guter Konzertgitarrist,
aber auch ein strenger Lehrer.
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haben sie mich eben rausgeschmissen. Zum
Beispiel saß ich eine Zeit in der Jury zur Einstufung der Amateurorchester. Amateurbands
mussten einmal im Jahr vorspielen und sich bewerten lassen, um ihre Auftrittsgenehmigungen
zu erhalten. In diese Zeit fiel meine Kündigung
der Lehrtätigkeit an der Musikschule, als ich da
politisch ins Fettnäpfchen getreten bin. Ich
Wieso bist Du nie auf den Gedanken gekommen, auch in den Westen zu gehen?
Ich habe das ja versucht. Meine ersten
Dämpfer bekam ich auf den Konzerttouren
nach dem Krieg im Westen. Aber da hatte
ich noch nichts anzubieten. Mein bisschen
Dampfklarinette, das reichte nicht. Gitarre
konnte ich noch nicht so gut. Die guten Leute waren alle schon im Westen und auf mich
hat da keiner gewartet. In Bremen, wo ich
gern hingegangen wäre, war schon mein acht
Jahre älterer Bruder der King. Der hat den
Rahm abgeschöpft. Und ich sollte der kleine
Gehilfe sein? Ich wollte immer mein eigenes
Nest bauen. Dann kam der ganze Nachlass
meines Vaters dazu, die ganzen Bilder von
ihm. Das konnte ich nicht einfach in Leipzig
zurücklassen. Es kamen viele Dinge zusammen, die es mir ratsam erscheinen ließen, in
Leipzig zu bleiben. Ich habe immer konsequent mein Ding gemacht. Die konnten mir
alle mit ihrer Politik den Buckel runterrutschen und wenn es denen nicht gefallen hat,
Dadurch ist eine ganz besondere Beziehung
zu außergewöhnlichen Menschen entstanden.
Nach dem Bau der Mauer bot ihm die Behörde in der DDR keine Auftritte an. Er war sehr
verbittert, ist mit seiner Familie 1962 nach
Neuseeland zurückgegangen und von da
nach Australien, wo sein Leben tragisch in
einem Autounfall endete, bevor es auch
künstlerisch richtig begann. Du siehst, ich
könnte noch ein Buch schreiben.
Du sagtest mir, Joe Sachse war dein berühmtester Schüler?
Ich habe bei ihm mehr gelernt als er bei mir.
Er hat sich sehr tapfer mit meinen Swingübungen auseinandergesetzt, die damals
schon gedruckt vorlagen. Für die Reihe
„Studien in Swing und Beat“ von den Dresdner Tanzsinfonikern hatte ich das Gitarrenheft gemacht. Er war aber dem schon weit
voraus. Es gab auch noch sehr gute andere
Leute wie Eberhard Struch. Mit Vielen habe
ich bis heute noch eine gute Verbindung.
Wenn Du auf dein langes Leben blickst,
was ist geblieben?
Hattest Du ein pädagogisches Prinzip im
Umgang mit Deinen Schülern?
Ich habe mich immer über Lehrer geärgert,
die genau wussten wie etwas gemacht werden musste. Ich habe meinen Schülern immer gesagt, sie sollen aufpassen, was die anderen falsch machen und es besser machen.
Das sollten sie aber selber herausfinden.
Stückchenweise habe ich gemeinsam mit
meinen Schülern gelernt. Ich war nicht der
große Weise, der da oben sitzt und erzählt,
wie es gehen muss. Eigene Fehler zu benennen, den Schülern zu zeigen, dass man nicht
fehlerfrei ist, war mein Grundprinzip. Ich habe sie alle genommen wie sie waren.
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weigerte mich in die Gesellschaft der DeutschSowjetischen Freundschaft einzutreten. Das
wurde sofort weitergemeldet. Danach war
Schweigen im Walde und meine Jurytätigkeit
nicht mehr erwünscht. Da kamen nur noch Einzelne, die mich bei diesen Einstufungsveranstaltungen kennengelernt hatten und baten
mich privat, Ihnen einige Tipps zu geben. Da
bin ich dann eben als Privatmann zum Probenbesuch eingeladen worden. Das war auch nicht
schlecht. Da war das egal, ob ich in der Partei
war oder nicht.
Dein Buch ist gefüllt mit Namen, die heute
kaum noch jemand kennt. Auch konntest
Du nicht jede Episode aus Deinem Leben erwähnen, zum Beispiel die des Gitarristen
Henare Gilbert, in dem Du einen ganz besonderen Schüler hattest.
Ja, das stimmt. Das war kein richtiger Unterricht. Aber es fiel in die Zeit, als ich zu unterrichten begann. Wir trafen uns in Berlin.
Henare war ein Maori und spielte Gitarre. Er
sprach mich an und erzählte mir seine interessante Lebensgeschichte, aber auch dass das Gesangstrio, in dem er in der damaligen DDR
spielte, ihn gefeuert hatte, da er keinen Noten
lesen konnte. Dabei war er ein begabter Gitarrist, der in den 1950er Jahren sogar mit den
Delta Rhythm Boys in Paris Aufnahmen gemacht hatte. Er konnte weder Deutsch noch
Notenlesen. Wir kamen zu Hause zusammen
und ich habe ihm so auf die Schnelle die wesentlichen Grundlagen beigebracht und selbst
dabei noch Englisch gelernt. Er blieb noch eine
Weile in Berlin, wo er eine deutsche Frau hatte,
bis seine Kinder zwei und drei Jahre alt waren.
Ja, die Möglichkeit, etwas Vernünftiges zu
tun, wenn man das Gefühl hatte, etwas zu
verändern, etwas zu verbessern. Ich wollte
mich ja selbst auch immer verbessern. Die
Erkenntnis endete damit, dass der Lehrberuf
die Weiterentwicklung der praktischen Arbeit ist. Ich stellte mich auf die Seite meiner
Schüler, versetzte mich in ihre Lage. Durch
diese menschlichen Verbindungen sind viele
positive Verbindungen entstanden. Unterricht
hat mir immer großen Spaß gemacht. Es gab
auch komplizierte Studenten, die nichts anderes wollten, als schnell auf die Bühne zu
kommen und effektvolle Musik zu machen.
Das war bei mir nicht drin. Ich wollte, dass
sie auch die Grundlagen kennenlernten.
Zu Deinem 90. Geburtstag kam auch Rudolf Dasek aus Tschechien.
Ja, der große Schweiger. Er war mit Toto
Blanke in den 1970er Jahren in Leipzig. Da
lernten wir uns kennen. Ein großartiger Gitarrist.
Was würdest Du heute Deinen Schülern
raten?
Du musst viel wissen! Wenn Du zu Hause
Gitarre spielst und es macht Dir Spaß, hast
Du den Weg schon zur Hälfte bewältigt.
Wenn Du aber Geld damit verdienen willst,
der Beste und der Berühmteste werden
möchtest, den ganzen Konkurrenzrummel
überleben willst, musst Du wie ein Vieh bis
in die Nacht hinein arbeiten. Das haben die
alle gemacht, Joe Sachse, der Uwe Kropinski… Das sind alles Besessene. Sie sind
alle was geworden. Aber wenn der Spaß an
der Freude nicht dabei ist, soll man es lieber
bleiben lassen. (DO)
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Thomas Buhé bleibt unvergessen - als Gitarrenguru, als ein Musiker, der kleinere und
große Geschichte(n) mitgeschrieben hat und
als ein wunderbarer Mensch. Ich bin sehr
froh und dankbar, dass ich ihn kennenlernen
durfte. Seine Freundlichkeit und Bescheidenheit, seine Wachheit bis ins hohe Alter, ja seine stets spürbare "Menschlichkeit" waren
außergewöhnlich. Gäbe es ein paar mehr von
seiner Art - die Welt sähe anders aus.
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Oh Gott, mein lieber Freund und Lehrer ist nicht mehr.
Joe Sachse, Jazzgitarrist, 15.09.2015
Er war für mich ein liebenswerter Mensch,
ein Unikum, eine schillernde Persönlichkeit.
Wie lebendig er aus seinem Leben erzählen
konnte, wie aufmerksam er zuhörte. Seine
Autobiographie „ Mein Kaleidoskop“ habe
ich verschlungen, ein bewegtes Leben humorvoll erzählt, einfach wunderbar! Man musste
ihn lieben, er war so einzigartig!! Ich habe ihn
sofort in mein Herz geschlossen und da wird
er bleiben.
Schon kurz nach dem Krieg habe ich
Tom in Leipzig kennengelernt, und wir
haben uns über die vielen Jahrzehnte
hinweg zum Glück nie aus den Augen
verloren. Er bleibt mir als wahnsinnig
optimistischer, humorvoll verschmitzter, kluger, hellwacher, am Zeitgeschehen stets interessierter sensibler
Mensch, Freund und Künstler im Gedächtnis.
Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie, insbesondere seiner Frau Ruth und
seiner Tochter Claudia. Möge die Zeit
der Trauer von unendlich vielen schönen Erinnerungen getragen werden. Er
wird uns allen sehr fehlen!
Ilona Haberkamp, Jazzmusikerin, 16.09.2015
Rolf Kühn, Jazzmusiker, 19.09.2015
Bert Noglik, MDR, 15.09.2015
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Ein guter Mensch und großer Musiker hat uns
verlassen. Ich bin sehr traurig.
Und gleichzeitig froh, dass ich ihn kennenlernen
durfte.
Er wird uns von oben beobachten und ab und zu
mal einen Akkord runtersenden.
Klaus Kirst, Leiter Black & Blue Jazz Band Meerane
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Mit Betroffenheit habe(n) ich (wir) den Tod von
Thomas Buhe' zur Kenntnis nehmen müssen.
Wir alle wissen, daß das Leben endlich ist. Aber
dennoch, wenn der Fall eintritt, ist man zutiefst
traurig.---Zumal es einer von uns--ein Jazzer-war. Als Lehrstuhlinhaber hat er etliche junge,
vorwiegend ostdeutsche Gitarristen, die inzwischen etabliert sind, ausgebildet. Sein Buch "Ein
Kaleidoskop" hat einen Ehrenplatz in meiner
Jazz Bücherwand. Er war ein außergewöhnlich
sympathischer Mensch. Er wird uns fehlen!
Peter “Boogie Pete“ Colev, 15.09.2015
I am so sorry to hear of our friend's passing. I
remember him well and thank you for giving
me the opportunity of hearing and knowing
him.
Phil Crumley, NGJB, San Francisco, 17.09.2015
Einen Vollblutmusikanten mit der Bescheidenheit des wirklichen Könners; einen liebenswerten
Menschen von großer Herzlichkeit und heiterer
Gelassenheit; einen Philosophen mit trockenem
Humor und tiefer Lebensweisheit - das alles haben wir traurigerweise mit Thomas verloren. Ich
bin dankbar, dass ich ihn kennenlernen und mit
ihm befreundet sein durfte.
Gerd Mucke, Jazzmusiker, 19.09.2015
Einmal, in den 1970er Jahren, spielten wir zum
"Tag der offenen Tür" vor dem KIB Chemie
(heute Stadtbibliothek) auf der Treppe vor dem
Haus etwas Dixieland/Oldtime, als ein etwas gereifter Herr mit Gitarren Etui uns vorsichtig,
freundlich fragte, ob er ein Lied mit begleiten
dürfte . . . Das war der bescheidene Gitarren
Lehrer Tom Buhé!
Zuletzt hatten wir in der Seniorenband "Just-ForSwing" die Ehre, mit ihm ein paar frohe Stunden
verbringen zu dürfen.
Bin traurig, sende euch einen Blues . . .
Harry Thurm , Leipziger Jazzmusiker, 19.09.2015
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Detlef A. Ott eingesandtes Material
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