51 INNOVATION & DIGITALES Die sollen so den nötigen Rohstoff liefern für eine Biogasanlage, die Strom und Wärme erzeugt. Noch mehr Energie produzieren Solarzellen auf dem Dach. Es fungiert zudem als Sammler für das Regenwasser, das in die Tränken der Kühe fließt. Im Untergeschoss wächst unterdessen das Futter für die Kühe heran: Gras, das von LED-Lampen optimal beleuchtet wird. Zwei Millionen Euro kostet der Prototyp, den die Gründer mit privaten Mitteln finanzieren. Seit Oktober ist die Plattform im Bau, ab August 2016 sollen die ersten Kühe auf dem Wasser weiden. Dass die Tiere auf dem Wasser womöglich seekrank werden, glaubt van Wingerden nicht. Die schwimmende Farm sei artgerecht, versichert er und kalkuliert 15 Quadratmeter Fläche pro Tier. Das sei mehr als in den meisten regulären Ställen. „Die Kühe können selbst entscheiden, wann sie gemolken werden“, erzählt der Gründer. Dazu gehen sie zu einem weiteren Roboter, der die Euter erkennt und automatisch melkt. Das vorbeiströmende Wasser der Maas soll die Kühlung für die Milchfabrik im UntergeSee-Kühe Der erste Bauernhof auf dem Wasser soll ab 2016 Milch liefern schoss des maritimen Gehöfts liefern. Pro Tag, hat van Wingerden berechnet, könnte die Anlage – ganz nah an den Abnehmern – hen, nah zu den Verbrauchern, um auch die 1500 Kilogramm Milch produzieren. KünfTransportwege der Lebensmittel kurz zu tig ließen sich größere Pontons mit bis zu halten. Und weil dort Boden rar und teuer 200 Kühen bauen, ist van Wingerden überist, bleibt nur eine Alternative: die Flüsse zeugt. 40 schwimmende Farmen könnten oder das Meer. dann ganz Rotterdam mit seinen 620 000 Van Wingerden, der bei Floating Farm zwei Einwohnern versorgen. Mitgründer an seiner Seite hat, bringt Er- Milchvieh, das in See sticht – was sich anfahrung mit dem Wasser mit, denn mit sei- hört wie die Idee von Fantasten, ist offenbar nem Hauptunternehmen Beladon entwi- weit weniger abstrus, als es klingt. Der AnERNÄHRUNG ckelt er bereits seit Jahren schwimmende satz sei durchaus innovativ, sagt Roel Jonge: In Rotterdam entsteht eine schwim- Häuser. Die Pilotfarm in Rotterdam soll nun neel, Agrarökonom und Milchexperte an zeigen, dass die Bauernhof-Idee mehr ist als der Universität Wageningen bei Arnheim mende Farm – mit Ökostrom und eine Spinnerei. im Osten der Niederlande. Er sieht bei Kreislaufwirtschaft. Städte könnten der schwimmenden Roboter-Farm sich künftig selbst versorgen. Kunstrasen unter Glas daher eher Image- als TechnikRund Der 1200 Quadratmeter große probleme: Die Bevölkerung ie bauen Deiche, Häuser auf Stelzen Ponton – fast so groß wie ein verbinde „Milch gewöhnlich und Cafés, die auf dem Wasser Eishockeyfeld – soll nahezu mit natürlicher Umgebung Menschen schwimmen: Die Niederländer sind autark Nahrung für die Anund Kühen, die auf Weiden kann eine schwimmende seit jeher besonders einfallsreich, wenn es wohner in der Nachbargrasen“. Farm pro Jahr mit darum geht, nah am Wasser zu leben. In Rot- schaft produzieren – und nur Floating-Farm-Gründer van Milch versorgen terdam entsteht nun aber ein selbst für Hol- zwei Arbeitskräfte benötigen. Wingerden ficht das nicht an. land ungewöhnliches Projekt auf den Wel- Im Obergeschoss leben unter eiFür ihn ist Milchviehhaltung ohlen: Im Merwehaven, einem ehemaligen Ha- nem Glasdach 60 Kühe. Ein Boden nehin nur der Anfang: Das Konzept fen mitten in der Stadt, baut das Start-up aus Kunstrasen und echte Bäume sollen den lasse sich auch auf Hühner- und GemüsefarFloating Farm den wohl ersten schwimmen- Tieren eine zumindest naturähnliche Um- men übertragen, sagt der Gründer. „Wir den Bauernhof der Welt. gebung bieten. können schwimmende Farmen praktisch „Der Meeresspiegel steigt, Ackerland wird Zugleich ist die schwimmende Weide nahe- überall auf der Welt bauen, wo es geeignete weltweit knapp“, sagt Peter van Wingerden, zu vollständig automatisiert: Die Konstruk- Gewässer gibt.“ Und Wasser dürfte es anGründer und CEO von Floating Farm. tion des Bodens lässt den Urin der Tiere hin- gesichts steigender Meeresspiegel bald zur „Gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen durchsickern und in einen Tank fließen. Ein Genüge geben. n in die Metropolen an den Küsten.“ Deswe- Reinigungsroboter wiederum sammelt die [email protected] gen müssten die Farmen in die Städte zie- Kuhfladen ein. Wo Kühe über Wasser gehen FOTO: PR S 5000 13.11.2015/WirtschaftsWoche 47 © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected].
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