Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6901 15. Wahlperiode 19. 05. 2015 Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Ergebnisse der Lernstandserhebung mit (Diagnoseund) Vergleichsarbeiten (DVA bzw. VERA) für das Schuljahr 2014/2015 Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. welche Ergebnisse die Lernstandserhebung mit Diagnose- und Vergleichsarbeiten (DVA bzw. VERA) im Schuljahr 2014/2015 zu Tage förderte (möglichst: schul- und schultypenscharf bzw. nach den Bildungsstandards der jeweiligen Bildungspläne [Gymnasium 2004, Realschule 2004 und Werkrealschule 2004] aufgegliedert); 2. wie sie das Leistungsniveau im landesweiten Schnitt über alle Schularten hinweg (insbesondere bezüglich Mathematik und Deutsch) bewertet; 3. ob und gegebenenfalls wo die anonymisierten Ergebnisse öffentlich einzusehen sind bzw. einzusehen sein werden (über die Stellungnahme zu Ziffer 1 hinaus); 4. falls Ziffer 3 nicht zutrifft, ob und ggf. auf welche Art und Weise noch eine Information des Parlaments erfolgen wird und ggf. warum nicht; 5. inwiefern es bezüglich der Schulen, die überdurchschnittlich abgeschnitten haben, Erklärungen für das positive Abweichen gibt; 6. inwiefern es bezüglich der Schulen, die unterdurchschnittlich abgeschnitten haben, Erklärungen für das negative Abweichen gibt; 7. welche Ergebnisse für die Gemeinschaftsschulen bei der Gesamterhebung auf Grundlage der Bildungsstandards aus dem Bildungsplan 2004 (für Realschulen) vorliegen; 1 Eingegangen: 19. 05. 2015 / Ausgegeben: 16. 06. 2015 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6901 8. an welchen Gemeinschaftsschulen bei wie vielen Schülern auf freiwilliger Grundlage in Bezug auf die Bildungsstandards der weiteren Bildungspläne (Gymnasium 2004 und Werkrealschule 2004) jeweils der Lernstand erhoben wurde und welche jeweiligen Ergebnisse vorliegen; 9. welche Konsequenzen sie aus den Erkenntnissen (Ziffern 1, 2, 5 bis 8) ziehen wird; 10. welche Testheftversionen es seither zur Vergleichsarbeit (VERA 8) gegeben hat und zukünftig geben wird sowie, ob sie bei der Verwendung unterschiedlicher Testheftversionen der Vergleichsarbeit für das Schuljahr 2015/2016 weiter Sinn und Zweck dieser vergleichenden Form der Lernstandserhebung gewahrt sieht und gegebenenfalls, inwiefern. 27. 04. 2015 Müller, Wacker, Traub, Röhm, Dr. Stolz CDU Begründung Der Antrag knüpft an den früheren Berichtsantrag mit der Drucksachennummer 15/5173 vom Mai 2014 an. Mit ihm sollen Informationen zu den Ergebnissen des Schuljahrs 2014/2015 der Lernstandserhebung mit Diagnose- und Vergleichsarbeiten (DVA bzw. VERA) erfragt werden. Dabei interessieren das allgemeine Leistungsniveau, die vom Leistungsdurchschnitt abweichenden Fälle sowie die Gründe für das Abweichen. Im Februar wurde seitens des Erstunterzeichners mehrmals die Frage nach diesen Ergebnissen sowie zu deren Verwendung gestellt. Nach mehreren Anläufen erhielt er zunächst die schlichte Aussage der Staatssekretärin im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dass die Ergebnisse nicht veröffentlicht würden; schließlich antwortete nach einer weiteren Nachfrage ein Vertreter des Ministeriums, dass für jede Schulart ein Mittelwert bestimmt würde, an welchem sich jede einzelne Schule messen könne. Eine Veröffentlichung der Daten sei nicht vorgesehen. Auch er könne aber keine Aussage treffen, ob zumindest die jeweiligen Mittelwerte veröffentlicht würden. Auf weitere Nachfrage wurde für die Nichtveröffentlichung keine Begründung gegeben. Dies ist umso erstaunlicher als die Lernstandserhebungen gerade in einer Phase grundlegender Veränderungen in der Schulpolitik eine wichtige Informationsquelle sind, um auf der Basis der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) die Qualitätsentwicklung aller Schularten voranzubringen. Darüber hinaus hat ein Leistungsvergleich großen Informationswert über das Geschehen an den jeweiligen Schulen und den Schularten für die Eltern. Sinn und Zweck der vergleichenden Form der Lernstandserhebung erfordern – über die Information der jeweiligen Schule bzw. der jeweiligen Lehrer hinaus – zumindest die Veröffentlichung anonymisierter Ergebnisse; insbesondere gegenüber dem Landtag. Die in der Vergangenheit mit den Lehrerverbänden abgesprochene Nichtveröffentlichung der Ergebnisse muss gegenüber diesen aktuellen Entwicklungen (neue Schulstruktur, Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, vor allem aber auch Wegfall von Noten und Sitzenbleiben an den Gemeinschaftsschulen) und dem daraus erwachsenden massiven zusätzlichen Informationsbedarf zurücktreten. Gegebenenfalls wäre eine Umfrage bei den Lehrerverbänden, ob nicht auch sie Interesse an mehr Transparenz hätten, angezeigt; schließlich könnte auch durch eine entsprechende Aggregation von Zahlen (notfalls nicht klassen- oder schulscharf) Befürchtungen über örtliche Konflikte entgegengetreten werden. Die Antragssteller, aber sicher auch die Eltern, Lehrer und die bildungspolitisch interessierte Öffentlichkeit sind ferner daran interessiert zu erfahren, welche Ergebnisse in den Gemeinschaftsschulen erzielt wurden und in welchem Maße und mit welchen Ergebnissen dort die Diagnose- und Vergleichsarbeiten für die Werk- 2 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6901 realschulen bzw. die Gymnasien geschrieben wurden. Schließlich sind Lernstandserhebungen auf den entsprechenden Grundlagen der unterschiedlichen Bildungsstandards bei einer Schulart, die alle Regelabschlüsse anbieten möchte, besonders bedeutsam. Vor dem Hintergrund, dass die Vergabe von Noten (abgesehen von den Abschlussklassen) in Gemeinschaftsschulen nicht vorgesehen ist, sollte dieser Form der Lernstandserhebungen noch größere Bedeutung für den internen wie den externen Vergleich beigemessen werden. Die Antragssteller machen mit der letzten Ziffer dieses Antrags auf den geringeren Vergleichswert der Lernstandserhebung im Falle der Verwendung unterschiedlicher Testheftversionen der Vergleichsarbeit an den Gemeinschaftsschulen aufmerksam. Welche Testheftversion an einer Gemeinschaftsschule zum Einsatz kommt, erfolgt auf der Basis der Entscheidung der Jahrgangsstufenkonferenz bzw. der Gesamtlehrerkonferenz. Inwieweit dabei Sinn und Zweck dieser vergleichenden Form der Lernstandserhebung gewahrt bleiben, wird hier in Frage gestellt. Denn ein Leistungsvergleich setzt eigentlich einen einheitlichen Maßstab voraus und keine selbstgewählten Niveaustufenunterschiede, wie dies bei den Gemeinschaftsschulen der Fall ist. Trotzdem ist es sinnvoll, auch diese nur schwerlich vergleichbaren Ergebnisse mit entsprechendem Hinweis auf das jeweils gewählte Niveau zu veröffentlichen, um eine Basis für Interpretation und Information zu haben. Keine Schulart und keine Schule darf sich – gerade in Zeiten neuer Unübersichtlichkeit – der entscheidenden Frage nach dem Maß der Zielerfüllung, Kindern und Jugendlichen die für ihr Leben nötige Bildung zu vermitteln, entziehen. Dazu sind die Diagnose- und Vergleichsarbeiten bundesweit vereinbart worden und sie entfalten ihre orientierende Wirkung für alle Beteiligten nur durch Transparenz. Stellungnahme Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 Nr. 32-6500.4/597/1 nimmt das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport nimmt zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. welche Ergebnisse die Lernstandserhebung mit Diagnose- und Vergleichsarbeiten (DVA bzw. VERA) im Schuljahr 2014/2015 zu Tage förderte (möglichst: schul- und schultypenscharf bzw. nach den Bildungsstandards der jeweiligen Bildungspläne [Gymnasium 2004, Realschule 2004 und Werkrealschule 2004] aufgegliedert); Vergleichsarbeiten DVA im Schuljahr 2014/2015: Die Vergleichsarbeiten DVA wurden letztmalig zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 in der Werkrealschule/Hauptschule in Klasse 7 (Deutsch und Mathematik) und in der Realschule und dem Gymnasium in den Klassen 7 und 9 (Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen) eingesetzt. In den Gemeinschaftsschulen, die bereits siebte Klassen führen, wurden die Vergleichsarbeiten der Realschule in den Fächern Deutsch und Mathematik eingesetzt, da derzeit der Bildungsplan der Realschulen als Grundlage für die Gemeinschaftsschulen verwendet wird. Die Ergebnisse zu den Vergleichsarbeiten wurden von den Lehrkräften mittels elektronischer Datenerfassung in speziell dafür aufbereitete Excel-Auswertungsmappen eingegeben. Beim Eintragen der Daten wurden die Ergebnisse automatisch ermittelt und den in einer Pilotierungsstichprobe ermittelten Vergleichswerten gegenübergestellt. Bei den Vergleichsarbeiten DVA war das Verfahren demnach so angelegt, dass die Ergebnisse an den Schulen verblieben. Informationen zu Ergebnissen wurden lediglich aus den Stichprobenschulen an das Landesinstitut für Schulentwicklung übermittelt. Die Gruppe der Stichprobenschulen setzte sich zusammen aus Werkrealschulen/Hauptschulen, Realschulen 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6901 und Gymnasien. Da die Vergleichsarbeiten die Schülerleistungen in Bezug auf die schulartspezifischen Bildungsstandards überprüfen und die Aufgabenschwierigkeiten darüber hinaus jeweils schulartspezifisch bestimmt werden, sind sowohl Inhalte als auch Ergebnisse der Vergleichsarbeiten verschiedener Schularten nicht unmittelbar miteinander in Beziehung zu setzen. Vergleichsarbeiten VERA im Schuljahr 2014/2015: Ab dem Schuljahr 2015/2016 wird sich Baden-Württemberg analog zu VERA 3 an dem bundesweit gültigen Verfahren VERA 8 beteiligen. VERA 8 löst damit die Vergleichsarbeiten DVA in der Sekundarstufe I ab. Durch die Anbindung an die von der KMK verabschiedeten Bildungsstandards und dazu entwickelter Kompetenzstufenmodelle bietet VERA 8 den Vorteil kriterial interpretierbarer Ergebnisse, da die kontinuierliche Kompetenzskala durch das Kompetenzstufenmodell in fünf gleich große, inhaltlich beschriebene Stufen unterteilt wird. Im laufenden Schuljahr war die Teilnahme an VERA 8 freiwillig. Nach dem Einsatz und der Korrektur der Vergleichsarbeiten VERA werden die Testergebnisse anonymisiert in das landeseigene Online-Portal Lernstandserhebungen eingegeben und an das Landesinstitut für Schulentwicklung übermittelt. Die eingegebenen Daten werden dort teststatistisch analysiert und in Form von Ergebnisrückmeldungen aufbereitet. Den Schulleitungen und den Lehrkräften werden jeweils spezifische Ergebnisrückmeldungen für die Schule und die Klassen im geschützten Portal zum Download bereitgestellt. Die Vergleichsarbeiten VERA 3 und VERA 8 (freiwilliger Durchgang) wurden im April/Mai bzw. Februar/März dieses Jahres geschrieben. Die auf Landesebene aggregierten Ergebnisse aller Schulen stehen frühestens ab Mitte Juli zur Verfügung. 2. wie sie das Leistungsniveau im landesweiten Schnitt über alle Schularten hinweg (insbesondere bezüglich Mathematik und Deutsch) bewertet; Die Ergebnisse bei den Vergleichsarbeiten DVA sind zwischen den Schularten nicht vergleichbar, da jeweils schulartspezifische Vergleichsarbeiten zum Einsatz kamen. Eine Einordnung der Ergebnisse auf der Grundlage von VERA 8 kann gegenwärtig noch nicht vorgenommen werden, da diese Ergebnisse frühestens ab Mitte Juli zur Verfügung stehen. Zu berücksichtigen ist, dass die Teilnahme an VERA 8 im laufenden Schuljahr freiwillig war. 3. ob und gegebenenfalls wo die anonymisierten Ergebnisse öffentlich einzusehen sind bzw. einzusehen sein werden (über die Stellungnahme zu Ziffer 1 hinaus); 4. falls Ziffer 3 nicht zutrifft, ob und ggf. auf welche Art und Weise noch eine Information des Parlaments erfolgen wird und ggf. warum nicht; Die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten werden regelmäßig im Kontext der Bildungsberichterstattung veröffentlicht und können von jedermann im Internet unter folgender Adresse eingesehen werden: http://www.schule-bw.de/entwicklung/bildungsberichterstattung/ 5. inwiefern es bezüglich der Schulen, die überdurchschnittlich abgeschnitten haben, Erklärungen für das positive Abweichen gibt; 6. inwiefern es bezüglich der Schulen, die unterdurchschnittlich abgeschnitten haben, Erklärungen für das negative Abweichen gibt; 9. welche Konsequenzen sie aus den Erkenntnissen (Ziffern 1, 2, 5 bis 8) ziehen wird; Die Kultusministerkonferenz hat im März 2012 in einer Vereinbarung zur Weiterentwicklung von VERA bekräftigt, dass die zentralen Funktionen der Vergleichsarbeiten die Unterrichts- und Schulentwicklung darstellen. In der Vereinbarung wird betont, dass eine Veröffentlichung der Ergebnisse einzelner Schulen abgelehnt wird und der Umgang mit Ergebnissen durch die Schulaufsicht Regelungen folgen soll, die der zentralen Funktion der Schul- und Unterrichtsentwicklung entsprechen. 4 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6901 Als Instrument der Selbstevaluation liegt es gemäß der beschriebenen zentralen Funktion in der Verantwortung der Schule, aus den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten Schlussfolgerungen zu ziehen und Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Im Rahmen der Fremdevaluation erhält die Schule unter anderem eine Rückmeldung darüber, wie sie dieser Verpflichtung gerecht wird. Entsprechende Empfehlungen im Fremdevaluationsbericht können dann im Rahmen der Zielvereinbarungen mit der Schulaufsicht aufgegriffen werden. Dass sich die Nutzung von Ergebnissen der Vergleichsarbeiten auch in den Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler niederschlägt, konnte in Verbindung mit dem IQB-Ländervergleich 2011 in der Primarstufe belegt werden. Schülerinnen und Schüler von Lehrkräften, die VERA 3 als Mittel der Unterrichtsentwicklung begreifen, erzielten bessere Ergebnisse im Lesen und in Mathematik. 7. welche Ergebnisse für die Gemeinschaftsschulen bei der Gesamterhebung auf Grundlage der Bildungsstandards aus dem Bildungsplan 2004 (für Realschulen) vorliegen; 8. an welchen Gemeinschaftsschulen bei wie vielen Schülern auf freiwilliger Grundlage in Bezug auf die Bildungsstandards der weiteren Bildungspläne (Gymnasium 2004 und Werkrealschule 2004) jeweils der Lernstand erhoben wurde und welche jeweiligen Ergebnisse vorliegen; Aufgrund des in Ziffer 1 beschriebenen Vorgehens bei den Vergleichsarbeiten DVA liegen dem Kultusministerium keine Informationen zu den Ergebnissen der Gemeinschaftsschulen vor. Auch zu der freiwilligen Nutzung der Vergleichsarbeiten DVA von Gymnasien oder Haupt-/Werkrealschulen an den Gemeinschaftsschulen gibt es keine Hinweise, da dies allein in der Verantwortung der Schulen lag. 10. welche Testheftversionen es seither zur Vergleichsarbeit (VERA 8) gegeben hat und zukünftig geben wird sowie, ob sie bei der Verwendung unterschiedlicher Testheftversionen der Vergleichsarbeit für das Schuljahr 2015/2016 weiter Sinn und Zweck dieser vergleichenden Form der Lernstandserhebung gewahrt sieht und gegebenenfalls, inwiefern. Bei den im Schuljahr 2014/2015 erstmalig und auf freiwilliger Basis durchgeführten Vergleichsarbeiten VERA 8 wurden drei Testheftversionen eingesetzt. Bezüglich der künftigen Anzahl der Testheftversionen stehen entsprechende Entscheidungen seitens des IQB (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen) und der KMK noch aus. Ziel unterschiedlicher Testheftversionen ist nicht ein Vergleich der Schularten untereinander, sondern vielmehr eine angemessene Zusammenstellung der Aufgaben und eine dementsprechende Rückmeldung bezogen auf die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schulart. Dabei orientieren sich die VERAAufgaben aller Testhefte ausschließlich an den Bildungsstandards und müssen Kriterien guter Testaufgaben erfüllen. Stoch Minister für Kultus, Jugend und Sport 5
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