Stellenanzeigen richtig lesen Autor: Markus Regez Stellenanzeigen im Internet oder in der Presse sind immer noch das Hauptinstrument der Personalrekrutierung. Die Hauptsorge von Stellensuchenden gilt den Anforderungen in den Anzeigen. Diese erscheinen oft sehr hoch. Dieser Eindruck kann täuschen und eine erfolgreiche Bewerbung im Keim ersticken. Genau wie es gute und schlechte Bewerbungen gibt, lassen sich auch gute und schlechte Stellenausschreibungen finden. Manche sind präzise ausgeführt, andere sind schwammig formuliert. Unabhängig von Stil, Branche und Jobprofil sind jedoch die meisten Stellenanzeigen ähnlich gegliedert: 1. Der Stellenanbieter stellt sich vor 2. Jobprofil: Beschreibung der Stelle und die Art der Tätigkeit 3. Bewerbungskriterien: Anforderungen an Fähigkeiten und Persönlichkeit des Wunschkandidaten 4. Arbeitsbedingungen und Angebot 5. Art der Kontaktaufnahme: Schriftlich, elektronisch oder Kurzbewerbung usw. Stellenanzeigen beinhalten eine Vielzahl an Informationen. Stellensuchende sind allzu oft nur auf die Bewerbungskriterien fixiert, was ihre Motivation zur Bewerbung stark beeinflusst. Hohe Anforderungen in einer Stellenausschreibung sollten Sie aber nie von einer Bewerbung abhalten: Sie müssen sich vor Augen führen, dass die Stellenanbieter in den Anzeigen einen idealen Arbeitnehmer modellieren. Ihr eigenes Profil muss mit diesem Wunschbild nicht absolut identisch sein, damit Sie gute Chancen für eine Anstellung haben. Vielleicht können Sie mit eigenen individuellen Stärken das Fehlende kompensieren. Legen Sie eine Stellenanzeige also nicht weg, nur weil die Anforderungen auf den ersten Blick zu hoch erscheinen. Wer ernsthaft auf Stellensuche ist, sollte sich auf alle Fälle genügend Zeit für eine systematische Interpretation der Stellenanzeigen nehmen und zu jedem der fünf oben genannten Abschnitte bestimmte Fragen klären: 1. Wie aktuell ist die Stellenanzeige? Bevor Sie sich die Mühe machen und die Stellenausschreibung einer genauen Betrachtung unterziehen, beurteilen Sie das Alter der Anzeige. Ist die Bewerbungsfrist abgelaufen? Falls ja, legen Sie die Anzeige weg. Falls es sich aber um eine sehr attraktive Stelle handelt, dann lohnt sich eventuell ein Anruf. Vielleicht wurde die Stelle noch nicht besetzt, eventuell sind zu wenige interessante Dossiers eingegangen und Ihr Bewerbung ist sehr willkommen. Ist keine Bewerbungsfrist vermerkt? Dann achten Sie auf das Publikationsdatum. Ist die Anzeige älter als 14 Tage, sollten Sie nachfragen, ob Ihre Bewerbung noch berücksichtigt werden kann. 2. Um welche Tätigkeiten handelt es sich? Wie sind die Arbeitsbedingungen? Gefällt Ihnen die Stelle? Wenn Sie eine Stellenanzeige vor sich haben, ist es wichtig, dass Sie sich zuerst mit folgender Frage auseinandersetzen: • Kann ich mir vorstellen, die beschriebenen Tätigkeiten in der angegebenen Position und zu den genannten Bedingungen auszuüben? (Arbeitsort, Weiterbildungs- und Entwicklungs-Chancen, Arbeit im Team usw.) Tipp: Achten Sie dabei noch nicht auf die geforderten Kompetenzen und Fähigkeiten. Schätzen Sie in einem ersten Schritt einzig die Attraktivität der Stelle für sich selbst ein. Seite 1 • • • Wenn Sie die Frage mit einem eindeutigen Nein beantworten können, legen Sie die Stellenanzeige weg und suchen weiter nach einem besseren Angebot. Falls Sie die Frage mit einem eindeutigen Ja beantworten können, dann legen Sie sich bei Ihrer Bewerbung richtig ins Zeug. Vielleicht handelt es sich um den Traumjob auf den Sie schon lange warten. Wenn Sie die Frage nicht eindeutig beantworten können, dann liegt dies eventuell daran, dass die Informationen im Stelleninserat lückenhaft sind. Tipp: notieren Sie sich die zu klärenden Punkte und informieren Sie sich telefonisch bei der Firma, welche die Stelle ausgeschrieben hat. 3. Qualifikationen – Muss und Soll-Kriterien Erst jetzt beschäftigen Sie sich mit den Anforderungen an Ihr Profil. Versuchen Sie zwischen Muss- und Soll-Kriterien zu unterscheiden. Muss-Kriterien erkennen Sie an Formulierungen wie: • Sie haben… • Sie sind… • … wird vorausgesetzt • Erwartet wird…“ Den Muss-Kriterien sollte Ihr Profil grösstenteils entsprechen. Falls Sie ein Muss-Kriterium nicht erfüllen, müssen Sie dies nicht explizit erwähnen. • • • • • Soll-Kriterien erkennen Sie an Formulierungen wie: haben Sie ausserdem noch… wir bevorzugen Bewerber, die... idealerweise von Vorteil wünschenswert Während Muss-Kriterien darüber entscheiden, ob Sie sich am Rennen beteiligen dürfen, qualifizieren Sie sich mit den Soll-Kriterien für das Finale. Lassen Sie sich von unerfüllten Soll-Kriterien nie von einer Bewerbung abhalten, solange Sie die Muss-Kriterien erfüllen. Oft können Persönlichkeit, Sympathie oder spezielle, seltene Fähigkeiten Soll-Kriterien ersetzen. Zukünftige Kompetenzen Falls Sie gewisse Qualifikationen noch nicht besitzen, aber in absehbarer Zeit, kommunizieren Sie dies so. Vielleicht sind Sie daran, einen Weiterbildungskurs zu besuchen und werden in einem Monat die Prüfungen ablegen. Soft Skills Immer häufiger werden in Stellenausschreibungen soziale Kompetenzen gefordert. Es ist nicht einfach nachzuprüfen, ob jemand über die gewünschten Soft Skills verfügt oder nicht. Oft können die Bewerber selbst ihre Fähigkeiten nicht richtig einschätzen. Fragen Sie sich, ob es Situationen gegeben hat, in denen Sie die gefragten Fähigkeiten unter Beweis gestellt haben. Entsprechende Situationen sollten Sie später auch in der Bewerbung erwähnen. 4. Wer steckt hinter dem Inserat? Bevor Sie nun aber eine Bewerbung verfassen oder zum Telefonhörer greifen, um offene Fragen zu klären, sollten Sie sich noch genauer über den Stellenanbieter informieren. • Die meisten Unternehmen besitzen heute eine eigenen Internetseite. Versuchen Sie durch eine gezielte Recherche offene Fragen zu klären. Greifen Sie nicht aus reiner Gewohnheit zum Telefon. Allzu schnell wirken Sie mit voreiligen telefonischen Anfragen unbedarft und unselbstständig. • Versuchen Sie sich ein Bild Ihres potenziellen Arbeitgebers zu machen: wie gross ist die Firma, welche Unternehmenskultur herrscht vor, was wird über die Produkte bzw. die Dienstleistungen berichtet? Versuchen Sie Ihre bisherige Einschätzung der Arbeitsstelle durch diese zusätzlichen Informationen zu ergänzen. Gehen Sie auf dieser Grundlage nochmals kurz die vorherigen Fragen in leicht abgewandelter Form durch: • • • Kann ich mir vorstellen, die beschriebenen Tätigkeiten in der beschriebenen Position und zu den genannten Bedingungen in dieser Firma auszuüben? Wie ist die Wichtigkeit der einzelnen Muss- und Soll-Kriterien hinsichtlich des Firmenprofils einzuschätzen? Besitze ich zusätzliche, in der Anzeige nicht erwähnteQualifikationen, die für diese Firma von besonderem Interesse sein könnten? Seite 2 5. Formelles und telefonische Abklärungen Achten Sie darauf, in welcher Form Sie sich zu bewerben haben: Per Post oder elektronisch. Unklarheiten können Sie mit einem Anruf bei der zuständigen Person ausräumen. Versuchen Sie alle Fragen mit einem Telefonat zu klären. Vermeiden Sie wenn möglich wiederholte Anrufe. 6. Fazit - Erst wer richtig lesen kann, kann auch richtig schreiben. Das gilt nicht nur in der Schule oder für Buchautoren, sondern ganz besonders auch für den Bewerbungspro- zess. - Bewerbungen werden oft aus den falschen Gründen nicht geschrieben. Andere wiederum werden geschrie- ben, jedoch ohne dass der Bewerber auf die Signale achtet, die das Stelleninserat aussendet. Ein bis zwei Anrufe genügen! Nerven Sie bitte den Bewerbungsempfänger nicht mit zuvielen telefonischen Nachfragen. - Inserate richtig lesen will gelernt und geübt sein: Nehmen Sie sich Ihrem beruflichen Erfolg zu Liebe genügend Zeit dafür! Versetzen Sie sich in die Position des Bewerbungsempfängers! - Informieren Sie sich! Es ist nicht verboten, Nachfor schungen über die Firma anzustellen, bei der Sie sich bewerben. Nutzen Sie das Internet für Ihre Recherchen. Bei einem Stellenwechsel lohnt es sich doppelt, Stelleninserate gut zu lesen! - Bei Detailfragen zur ausgeschriebenen Stelle fragen Sie am besten telefonisch nach. Je mehr Informationen Sie haben, desto besser können Sie sich ein Bild vom potentiellen Arbeitsumfeld machen. Suchen Sie sich einen Arbeitsort, an dem Sie sich wohl fühlen und ihre Kompetenzen ins Spiel bringen können. Seite 3
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