PDF - INDIEKINO Berlin

D SON OF SAUL László Nemes verstörendes Debüt D RESULTS Indie-Fitness-Komödie D TRUMBO Opfer von
­ cCarthys Hexenjagd D BABAI Selbstsüchtige Welt D GRÜSSE AUS FUKUSHIMA Annäherung in Schwarz-Weiß
M
D FRANKOFONIA Das Leben, der Krieg und die Kunst D FOLGE MEINER STIMME Zarteste Frühlingsgrüntöne D IM STRAHL
DER SONNE Absurdes Making-of D TOMORROW IS ALWAYS TOO LONG Liebeslied D HEART OF A DOG Abschiedslied
D EL CLAN Perfide Alltäglichkeit D RAUM Philosophischer Thriller D NO LAND’S SONG Angst vor der weiblichen Stimme
D DER WERT DES MENSCHEN Allerhöchste Schauspielkunst D LANDSTÜCK Zurückkehrerfilm
MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER
D 24 D MÄRZ 2016
indiekinoBERL
GRÜSSE AUS FUKUSHIMA – START AM 10.3.2016
/TAGEBUCH
DIE INDIEKINOS
D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO D
­ ­BROTFABRIKKINO
BERLIN D BUNDES­PLATZ KINO D CITY KINO WEDDING D EISZEIT KINO
D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO
AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D IL KINO D SPUTNIK
KINO AM SÜDSTERN D TILSITER ­LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER
D XENON KINO D Z-INEMA D ZUKUNFT D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK
HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAU­S­
SEN“ IM FILMRAUSCHPALAST D OPEN AIR KINO IM FMP1
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EDITORIAL
M
Y
Am Schönsten ist es immer, wenn im Kino Sachen passieren, von denen
CM
man vorher nicht wusste, dass sie passieren.
MY
In RAUM werden eine Mutter und ein Sohn in einem kleinen Schuppen
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festgehalten, er war noch nie draußen, der Raum ist für ihn die ganze
Welt, und sie versucht, den Raum so zu behandeln, als gäbe es CMYkein
anderswo, damit ihr Sohn nichts vermisst. Die Situation ist so extrem Kund
ungewöhnlich und so gut gespielt, dass die kleinsten Alltagstätigkeiten
auf einmal hochinteressant werden. Was essen die beiden, wie machen
sie das mit dem Müll, wie halten sie sich fit? Eine Maus, die in den Schuppen krabbelt, löst einen Erdrutsch der Gefühle aus und lässt eine ganze
Philosophie wanken. Und da hat das Drama noch nicht mal richtig angefangen. RESULTS ist im Rückblick tatsächlich eine Romantic Comedy,
während man in dieser schrägen Indie-Komödie sitzt, merkt man das aber
kaum. Dann verfolgt man gespannt, was die drei eigenartigen Hauptfiguren , deren Fixpunkt im Leben das Fitnessstudio Power4Life darstellt,
jeweils vorhaben und wie das miteinander so harmoniert oder kollidiert,
und gewöhnt sich daran, dass jedes Gespräch und das Leben überhaupt
jederzeit eine neue Richtung nehmen kann. Die beiden Filmcollagen
TOMORROW IS ALWAYS TOO LONG und HEART OF A DOG der Künstler
Phil Collins (nicht zu verwechseln mit dem Sänger) und Laurie Anderson,
sind mehr Lied als Film. Andersons Film ist ein poetisches Abschiedslied
für ihre Mutter, ihren Partner Lou Reed, ihren Hund Loolabelle und eine
Welt vor 9/11. Collins hat ein Alltags-Musical über Glasgow und Dinge, die
glücklich machen, gedreht. Ein Punk-Pärchen mit Kind kommt vor und ein
Hund, der Ratgebersendungen guckt.
Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino,
Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion
Die Aprilausgabe von INDIEKINO BERLIN erscheint am 30.3.2016
INDIEINHALT
Im Strahl der Sonne
Grüße aus Fukushima
Sahara Salaam
Chamissos Schatten
06MAGAZIN
NEU IM MÄRZ
10NIEMAND KANN SICH AUF EINE SICHERE
POSITION ZURÜCKZIEHEN:
INTERVIEW MIT LÁSZLÓ NEMES
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14INDIE-FITNESS-KOMÖDIE:
RESULTS
24LIEBESLIED AN GLASGOW:
TOMORROW IS ALWAYS TOO LONG
36KINDERFILME
38KINOHIGHLIGHTS
44KINOADRESSEN, IMPRESSUM
ABONNEMENT
46NACHBILD
Babai
Birnenkuchen mit Lavendel
Chamissos Schatten:
Kapitel 1 Alaska und die
aleutischen Inseln
El Clan
Folge meiner Stimme
Francofonia
Grüße aus Fukushima
Heart of a Dog
Im Strahl der Sonne
Kein Zickenfox!
Landstück
Lee Scratch Perry’s Vision
of Paradise
Lolo – Drei ist einer zuviel
34 WEITER IM KINO
Brooklyn
Hail, Caesar!
Mustang
D4
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Mein Ein, mein Alles
No Land’s Song
Power to Change –
Die Energierrebellion
Raum
Results
Rock the Kasbah
Sahara Salaam
Sexarbeiterin
Silent Heart –
Mein Leben gehört mir
Son of Saul
Das Tagebuch der Anne
Frank
Tomorrow is Always Too
Long
Trumbo
Unsere Wildnis
Voices of Violence
Der Wert des Menschen
Wo willst du hin, Habibi?
Zoomania
„EIN LEINWAND-TRIUMPH! … EINER DER ‚MUST-SEE‘-FILME DES JAHRES“
PETE HAMMOND, DEADLINE
B R YA N
CRANSTON
DREHBUCH
LOUIS
CK
DIANE
LANE
J O H N M CN A M A R A
ELLE
FA N N I N G
EIN FILM VON
JOHN
GOODMAN
UND
HELEN
MIRREN
J AY R O A C H
MICHAEL
STUHLBARG
DIE GESCHICHTE VON HOLLYWOODS OFFENSTEM GEHEIMNIS
„EXTREM UNTERHALTSAM“
THE HERALD
„EINE FASZINIERENDE
GESCHICHTE“
THE SCOTSMAN
ENTERTAINMENT ONE FEATURES PRÄSENTIERT SHIVHANS PICTURES PRÄSENTIERT EINE GROUNDSWELL
PRODUKTION EIN JAY ROACH FILM “TRUMBO” BRYAN CRANSTON ADEWALE AKINNUOYE-AGBAJE LOUIS C.K. DAVID JAMES ELLIOTT ELLE FANNING JOHN GOODMAN DIANE LANE MICHAEL STUHLBARG
PRODUKTIONSAUSFÜHRENDER
DESIGN DANIEL ORLANDI REGIE LAN BAUMGARTEN, ACE DESIGN MARK RICKER KAMERA JIM DENAULT, ASC PRODUZENT KELLY MULLEN PRODUZENTEN MICHAEL LONDON, p.g.a. & JANICE WILLIAMS, p.g.a. SHIVANI RAWAT
ALAN TUDYK UND HELEN MIRREN CASTING DAVID RUBIN MUSIK THEODORE SHAPIRO KOSTÜMMONICA LEVINSON, p.g.a NIMITT MANKAD JOHN MCNAMARA, p.g.a. KEVIN KELLY BROWN BASI’EDRENDALTONAUFTRUMBO‘DEM BUCHVON BRUCE COOK DREHBUCH JOHN MCNAMARA REGIE JAY ROACH
©2015 Trumbo Productions, LLC. ALL RIGHTS RESERVED
/Paramount.Pictures.Germany.Kino
/Paramount.Pictures.Germany.Kino
ABwww.Paramount-Pictures.de
10. MÄRZ
IM KINO
© 2016 PARAMOUNT PICTURES.
ALL RIGHTS RESERVED.
www.Paramount-Pictures.de
INDIEMAGAZIN
DIE LANGE WEISSENSEE NACHT Ziegler Film lädt alle Fans von Serien-Bingewatching ins filmkunst66 zu einer „Langen Weissensee Nacht“ ein, bei der in Anwesenheit der Hauptdarsteller alle drei Staffeln und 18 Folgen – also insgesamt 14 Stunden – der preisgekrönten Serie gezeigt werden. Die Serie verfolgt das Schicksal
von zwei Ost-Berliner Familien in den Jahren 1980 – 1990. Während die regimetreuen Kupfers für das MfS arbeiten, sind bei
den Hausmanns Dissidenten-Lieder an der Tagesordnung… Los geht es am 12. März um 16 Uhr, nach der ersten und der zweiten Staffel gibt es jeweils eine Stunde Pause und Verpflegung, und auf alle, die bis zum nächsten Morgen durchhalten, wartet
ein Frühstück. filmkunst66.de
SCHNEEWESTERN-DOPPEL Der
Winter ist fast vorbei, aber für alle, die sich nicht recht trennen können,
bietet das City Kino Wedding am 5.3. ein Schneewestern-Double-Feature
an. Um 19.15 läuft der Klassiker LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG
(Frankreich/Italien 1968, R: Sergio Corbucci, DF). In den Schneebergen
von Utah wird eine Gruppe Verlorener, die unter dem Druck der sozialen
Verhältnisse zu Räubern geworden sind, von professionellen Kopfgeldjägern erbarmungslos verfolgt. Ein Revolvermann, Personifikation des
Racheengels, stellt sich gegen die Übermacht... Um 21.15 läuft dann
Tarantinos THE HATEFUL EIGHT (OmU).
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INDIEMAGAZIN
DIE 20 GRUNDGAGS DER FILMKOMÖDIE
Franz Stadler
ist Ex-Kinochef des filmkunst 66 und gemeinsam mit Zitty-Mitbegründer Manfred Hobsch Autor des Standardwerkes „Die Kunst der Filmkomödie“. Am 23.3. um 20.15 Uhr ist Stadler in den Eva Lichtspielen zu Gast und
erläutert dort anhand von Filmbeispielen mit Laurel & Hardy, Jacques Tati, Cary Grant, Barbra Streisand und
Peter Sellers die „20 Grundgags der Filmkomödie“. Wie funktioniert ein Gag und worüber lacht das Publikum?
Lesung und Film ergänzen sich zu einer höchst unterhaltsamen Kinolektion.
FILM + KONZERT:
SHE DIVES/
SCHATTEN IM
PARADIES
Im Filmrauschpalast fällt der „Film + Konzert“
Termin im März auf den Ostersamstag. Am 27.3.
zaubert um 20 Uhr zunächst die Elektro-Taucher-Pop-Gruppe She Dives „skandinavisch eiskühle,
aber kristallklare Klang-Welten“ (Support: Celsius
Panda), dann legt das Kino um 22 Uhr mit finnisch
lakonischen Bilderwelten nach. Gezeigt wird der frühe
Kaurismäki SCHATTEM IM PARADIES (1986, OmU) über
die Liebe zwischen dem Müllwagenfahrer Nikander und
der arbeitslosen Supermarktkassiererin Ilona und die
Poesie einer verregneten Großstadt am Meer.
STUMMFILM-DOPPEL
Der Stummfilmabend
am 3.3. im City Kino beginnt um 19.30 Uhr dem 20-minütigen Opernstummfilm CINEMA CANTABILLE: Ein Opernsänger erscheint auf der
Kinoleinwand und singt Arien von Mozart und Donizetti. Man hört ihn
nicht. Ein Stummfilmpianist und ein Sänger synchronisieren das Filmbild
des Sängers life im Kinosaal. Die Leinwand wird zur Kulisse, die Musik
zur Sprache und die Bühne zum Film. Im Anschluss wird THE ARTIST
(Frankreich 2011, R: Michael Hazanavicius) gezeigt, der 2012 mit fünf
Oscars ausgezeichnet wurde.
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BALIKBAYAN #1 Der Kolonialismus
INDIEMAGAZIN
und seine Folgen sind seit vier Jahrzehnten das große
Thema des philippinischen Regisseurs Kidlat Tahimik, dem
Vater des philippinischen Independent-Kinos. Bereits 1980
begann Tahimik sein Langzeit-Filmprojekt BALIKBAYAN
#1 – MEMORIES OF OVERDEVELOPEMENT REDUX III
über den auf den Philippinen erschlagenen Weltumsegler
Magellan und seinen Sklaven Enrique, den eigentlichen,
geheimen Helden der Geschichte. „Ein vielschichtiger,
bunter, schriller Film, ein Trip; ein Hybrid aus Dokument,
Fiktion, Essay; ein Film, der seine kärglichen Produktionsbedingungen mit reicher spielerischer Intelligenz kontert“,
so 2015 die Jury des Caligaripreises. Am 10.3. kommt das
monumentale Werk ins Kino, am 12.3. um 18 Uhr wird der
Regisseur, dessen „post-screening appearances“ legendär
sein sollen, persönlich im Sputnik-Kino zu Gast sein. Mehr
von Tahimik gibt es in der Arsenal-Retrospektive „Kosmos
und Alptraum“ zu sehen, die vom 1. – 20.3. stattfindet.
SCHOTTISCHER POSTPUNK: FILM + DJ SET Ende 1977
befand sich Punk bereits in Stagnation. Angeblich radikale Jugendliche kümmerten sich mehr um ihre Lederjacke und die Suche nach der perfekten Sicherheitsnadel, als um Inhalte. Die Sex Pistols hatten schon „fuck“ live
im Fernsehen gesagt und Sid Vicious war von Hunderten von Fans bespuckt worden. Genau hier setzt Grant
McPhee’s Dokumentarfilms BIG GOLD DREAM (2015, OV, Englisch) über die Zeit des Post-Punks in Glasgow und
Edinburgh ein. Neben der Geschichte der Labels und Bands kommen Zeitzeugen zu Wort, wie Musiker von New
Order, Strawberry Switchblade, Joseph K oder Human League. Das City Kino Wedding zeigt BIG GOLD DREAM in
Anwesenheit des Regisseurs am 26.3. um 20 Uhr. Anschließend bespielen die DJs von What Difference Does it
Make! das Foyer.
VERLOSUNG: BLURAY + KINOKARTEN Unsere Verlosung des Monats ist diesmal ein
BERLIN – DIE SINFONIE EINER
GROSSSTADT + LIVE JEFF MILLS
CINEMIX Jeff Mills ist nicht nur einer der Techno- DJs der
Paketangebot mit einer Ausgeh- und einer Zuhausekomponente: Wir verschenken 2 x 2 Freikarten für den bitterbösen argentinischen Publikumsliebling EL CLAN (Besprechung S. 20) über eine ganz normale Verbrecherfamilie. Die Karten können in jedem Berliner Kino eingelöst werden.
Dazu gibt es jeweils eine DVD/Bluray der argentinischen Satire WILD
TALES, in der Regisseur Damián Szifrón genüsslich sechs verschiedene
Rachefantasien ausmalt. In allen Episoden drehen ganz normale Bürger
durch und laufen Amok. WILD TALES macht Spaß, wenn man Tarantino
mag, auf makabren Humor steht und sich zudem gerne mal laut die
Frage „What the fuck?!“ stellen will. Interessenten schreiben uns bis zum
12.3. eine Mail an [email protected]. Stichwort: El Clan. Wir verlosen die
Pakete dann unter allen Einsendungen.
ersten Stunde, sondern seit Jahren auch bekannt für seine genre- und
medienübergreifenden Arbeiten in der bildenden Kunst: Auftritte mit
Orchestern, die seine Tracks klassisch interpretieren; Kooperationen mit
Tänzern; Klanginstallationen für Museen; eigene Ausstellungen in Tokyo
und Paris. Bereits Ende der 90er komponierte er einen elektronischen
Soundtrack zu METROPOLIS. Jetzt hat er Walter Ruttmanns Klassiker
BERLIN – DIE SINFONIE EINER GROSSSTADT (1927) vertont. Am 8.3.
um 20 Uhr lädt TELEKOM ELECTRONIC BEATS zu einer Live-Aufführung
mit dem Meister persönlich in das Hackesche Höfe Kino ein.
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El Clan
Wild Tales
Fuocoammare
INDIEMAGAZIN
DIE BERLINALE 2016: DAS
BLEIBT UND DAS KOMMT Nach der
Berlinale ist – wenn man ein bisschen Glück hat – vor dem Kinostart.
Zwei Wettbewerbsfilme sind bereits unmittelbar nach ihrer Premiere auf
dem Festival angelaufen, der verspielte Eröffnungsfilm der Coen Brüder
HAIL, CAESAR! (Besprechung S. 34) und Jeff Nichols Arthouse-Psycho-SciFi-Thriller MIDNIGHT SPECIAL über einen Vater, der mit
seinem magisch begabten Sohn auf der Flucht ist – vor einer Sekte,
der Regierung und schließlich der ganzen Welt. Drei weitere Berlinale-Filme starten in diesen Monat: In LANDSTÜCK (Besprechung S. 23)
bereist Volker Koepp ein weiteres Mal die Uckermark, versenkt sich auf
Koepp’sche Art in Felder und Wälder und plauscht auf du und du mit den
Bewohnern. Auch Dories Dörries stiller, in Schwarz-Weiß gedrehter Film
GRÜSSE AUS FUKUSHIMA (Besprechung S. 17) ist eine Art Rückkehrerfilm, in dessen Zentrum eine alte Geisha steht, die in ihr Haus im
Sperrgebiet um Fukushima zurück möchte, und eine junge Deutsche,
die sie dorthin begleitet. Ulrike Ottingers 12-stündigen Dokumentarfilm
CHAMISSOS SCHATTEN über ihre Reise in die Beringsee bringt der tapfere Real Fiction Filmverleih in drei Teilen heraus. Am 24.3. geht es los
mit dem dreistündigen KAPITEL 1: ALASKA UND DIE ALEUTISCHEN
INSELN (Besprechung S. 27).
Brüder der Nacht, Saint Amour
Gianfranco Rosis Dokumentarfilm SACRO GRA über die Bewohner an
Roms Peripherie, der 2013 in Venedig den Goldenen Löwen gewonnen
hat, war eine dieser schönen Überraschungen für uns: Es ist kurz vor
Redaktionsschluss, ein Film muss noch gesichtet werden, eigentlich
ist man müde und hat schon zu viel gesehen – und dann sitzt man auf
einmal, unerwartet, mitten im Kinoglück. Wir freuen uns sehr, dass sein
jüngster Film FUOCOAMMARE über die Flüchtlingsinsel Lampedusa nun
den Goldenen Bären gewonnen hat und noch mehr, dass der Weltkino
Verleih ihn ins Kino bringt. Ein Starttermin steht noch nicht fest. Ebenfalls bei Weltkino: Mia Hansen-Løves L’AVENIR, für den sie mit einem
Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet wurde, die intensive
Studie einer Philosophieprofessorin (Isabelle Huppert), die von ihrem
Mann verlassen wird und mit der neuen Freiheit, aber auch Einsamkeit klarkommen muss. Verlust, das Hadern mit Lebensentwürfen und
Neuanfang sind auch Themen, die Thomas Vinterbergs etwas irreführend
DIE KOMMUNE genannten Film beschäftigen (Start am 21.4.). Anna und
Erik, sie Nachrichtensprecherin, er Architekt, erben ein großes Haus und
gründen dort eine Kommune. Als Erik sich in eine Studentin verliebt, ist
die Kommune die Folie, vor der sich das bittere Drama abspielt, im Zentrum steht aber ganz und gar Anna, für deren Darstellung Trine Dyrholm
mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. Im Oktober kommt der
Berlinale-Lieblingsfilm unseres Autors Harald Mühlbeyer ins Kino: SAINT
AMOUR von Benoît Delépine und Gustave Kervern (LOUISE HIRES A
CONTRACT KILLER) schickt Gerard Depardieu und Benoît Poelvoorde
als Vater und Sohn auf eine skurrile Weinreise. Noch keinen Startermin,
aber auch einen Verleih hat der einzige deutsche Beitrag des Wettbewerbs 24 WOCHEN. In Anne Zohra Berracheds Hochschul-Abschlussfilm spielt Julia Jentsch eine junge Frau, die sich entscheiden muss, ob
sie ein behindertes Kind austrägt.
Soweit der Wettbewerb. In der „Perspektive deutsches Kino“ hat der
Dokumentarfilm DIE PRÜFUNG (R: Till Harms) über die Arbeit der Aufnahmekommission der Schauspielschule Hannover bereits einen Verleih. Aus
dem Panorama kommen unter anderem das Vater-Sohn-Drama JONATHAN (R: Piotr J. Lewandowski), der erste Spielfilm des Videokünstlers
Omer Fast REMAINDER, Laura Israels Dokumentarfilm DON’T BLINK
– ROBERT FRANK über den großen amerikanischen Fotografen, das zwischen Spiel- und Dokumentarfilm oszillierende Nachtstück BRÜDER DER
NACHT (R. Patric Chiha) über bulgarische Roma-Strichjungen in Wien, die
Greta-Gerwig-Komödie MAGGIE’S PLAN (R: Rebecca Miller), das feinfühlige Porträt einer Begegnung THÉO ET HUGO DANS LE MÊME BATEAU
von Jacques Martineau und Olivier Ducastel (MEERESFRÜCHTE) sowie die
Tim Roth-Verfilmung INDIGNATION (R: James Schamus) ins Kino. Einen
Kinostart sicher hat auch der Kinderfilm ENTE GUT! MÄDCHEN ALLEIN
ZU HAUS von Norbert Lechner über die elfjährige Linh, die alleine auf ihre
kleine Schwester aufpassen muss, und ihre Nachbarin Pauline, die eine
Bande gründen will.
Die Kommune, Don’t Blink – Robert Frank
Keinen Verleih hat bislang noch der sicherlich verwegendste Beitrag der
diesjährigen Berlinale, der achtstündige Spielfilm HELE SA HIWAGANG
HAPIS/A LULLABY TO THE SORROWFUL MYSTERY von Lav Diaz, der
in die philippinische Geschichte und Mythologie – und, im Laufe eines
ganzen Arbeitstages, in ein völlig anderes Zeitempfinden entführt. Wir
drücken die Daumen. D HB
MÄRZ 2016 D
9D
INDIEFEATURE
„NIEMAND KANN SICH AUF EINE
SICHERE POSITION ZURÜCKZIEHEN“
László Nemes über SON OF SAUL
Mit seinem ersten Langfilm SON OF SAUL gewann László Nemes den Großen Preis der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes 2015. Thomas Abeltshauser hat sich mit dem Regisseur über sein atemberaubendes Debüt auf
dem Filmfest in San Sebastián unterhalten.
INDIEKINO BERLIN: Ihr Film sorgte auf dem Filmfest in Cannes letztes
Jahr für Furore. Warum kommt er erst jetzt in die deutschen Kinos?
László Nemes: Ich wollte, dass der Film für Aufruhr sorgt. Ich will diesen
Widerstand überwinden. Aber in Cannes hat sich kein deutscher Verleiher
an den Film getraut.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Es gibt diese sogenannten Holocaustfilme, konventionelle Dramen, die
immer auf der ganz sicheren Seite bleiben. Sie haben ganz bestimmte
Codes, Geschichten, Elemente und Emotionen, sie sind ihr eigenes
D 10
D MÄRZ 2016
INDIEFEATURE
haben bisweilen die Tendenz, sich dieser Verantwortung zu entziehen. Wir
wollten dem etwas entgegensetzen, einen Film, den der Zuschauer bis in
die Eingeweide wahrnimmt. Und weil unser Film so anders ist als diese
beschwichtigenden Holocaustfilme, wusste niemand, was er davon halten
soll. Mein Film funktioniert nicht auf einer intellektuellen Ebene, niemand
kann sich auf eine sichere Position zurückziehen, man ist mittendrin. Ich
wollte, dass man die Geschichte aus einer sehr individuellen Perspektive
erlebt, vieles spielt sich dabei im Kopf des Zuschauers ab, anstatt dass
es gezeigt wird. Wenn man alles zeigt und erzählt, bleibt am Ende nichts
übrig. Es schwächt ab, was es bedeutet hat, in den KZs zu sein.
Was war die Motivation, diese Geschichte, dieses Thema, für Ihr Langfilmdebüt zu wählen?
Ich wollte einen Film über das machen, was man allgemein Holocaust
nennt, auch wenn ich den Begriff nicht mag. Ich stieß vor etwa zehn Jahren auf die Schriften von Sonderkommandoführern und las über den Alltag in den Konzentrationslagern, aufgeschrieben nicht als Erinnerungen,
sondern während es geschah. Es sind Tagebücher, sie wissen nicht, was
am nächsten Tag passieren wird, entstanden inmitten der Vernichtungsmaschinerie. Sie waren dem Tode geweiht, aber sie haben rebelliert. Das
war mein Ausgangspunkt. Erst danach machte ich mir Gedanken über das
Formale und die Handlung. Ich wollte etwas ganz Simples, auf keinen Fall
eine Survivorgeschichte. So entstand die Idee mit dem Mann, der den
Jungen begraben will, den er für seinen Sohn hält. Und dann brauchte ich
ein paar Jahre, um mir klar zu werden, wie das funktionieren kann. Mit
dem Ansatz haben wir dann schon in meinen Kurzfilmen experimentiert.
Eine zusätzliche Herausforderung scheint mir zu sein, dass Sie auf
35mm gedreht haben und nicht wie mittlerweile gewöhnlich mit kleinen
Digitalkameras...
Genre, das nach festgelegten Regeln funktioniert. Auf der einen Seite ist
der absolut Böse, auf der anderen das sehr menschliche Opfer. Und es
gibt all diese beruhigenden und vergewissernden Elemente, man bleibt
als Zuschauer immer auf Distanz, es ist ein Blick von außen. Und es endet
meist mit dem Überleben des Protagonisten.
Die gewöhnliche Art des Filmemachens, wie Sie es nennen, ist für mich
nur Videodreh. Ich finde das abstoßend. Es ist nur da, weil einige Hersteller von Projektoren dieses Konzept des digitalen Kinos entwickelt haben,
dabei sind das zwei völlig verschiedene Dinge. Video ist okay, es hat seine
Daseinsberechtigung. Aber es ist kein Kino! Es ist eine völlig andere Art
der Erfahrung, beim Drehen, bei der Projektion, bei der Sichtung. Als
Filmemacher bedeutet auf 35mm zu drehen eine Einschränkung, die
jede Aufnahme zu größerer Konzentration zwingt. Man kann nicht jede
Szene aus zig unterschiedlichen Einstellungen und Blickwinkeln drehen.
Man muss sich alles vorher ganz genau überlegen und es ist ein Wunder,
wenn es funktioniert. Das ist die Magie des Kinos. Man hat eine begrenzte
Anzahl an Kugeln. Was ohne Einschränkungen passiert, kann man sehen,
wenn man sich die Qualität der Filme anschaut, die mittlerweile ins Kino
kommen. Das ist Video. Es geht den Bach runter. Und das liegt daran,
dass niemand mehr gezwungen ist, immer sein Bestes zu geben.
Um Fokussierung geht es auch auf der Blickebene. Wieso haben Sie sich
auf die Perspektive eines einzelnen Protagonisten beschränkt?
Davon unterscheidet sich Ihr Film SON OF SAUL ganz radikal.
Mir war klar, dass ich diese Geschichte ganz anders erzählen muss. Ich
wollte die Herausforderung eines Films, der schwieriger zu machen ist.
Wenn man sich eines Themas wie diesem annimmt, hat man eine große
Verantwortung. Man muss den Kontext mit berücksichtigen. Filmemacher
Man sieht dadurch nicht alles, was passiert und muss als Zuschauer den
Kontext selbst rekonstruieren. Es wäre sehr einfach, all das zu zeigen.
Aber das würde es abwerten. Was man sieht, kann man verarbeiten.
Wenn man es nur andeutet, hat es eine stärkere Wirkung. Und das ist
das zugrunde liegende Konzept dieses Films, dass dieser Horror nicht
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11 D
darstellbar ist. Etwas habe ich erst im Nachhinein verstanden: der Film
benutzt die Vorstellungen, die das Publikum hat, aber viele dieser Vorstellungen sind falsch, weil sie auf Filmen beruhen.
Zum Beispiel?
Viele wissen nicht, dass nicht alle Insassen der Konzentrationslager
abgemagert waren, dass die Mitglieder der Sonderkommandos sehr wohl
bessere Nahrung und Kleidung hatten. Oder warum die Insassen ganz
unterschiedliche Sprachen verwenden. Warum da nicht überall Hakenkreuzflaggen hängen. Der Film benutzt unbewusst diese Annahmen und
unterwandert sie, etabliert neue Referenzen.
Ein wichtiger Teil dieser Perspektive ist die Tonspur, man hört den Horror,
statt ihn zu sehen...
Da das Blickfeld so eingeschränkt ist, suggeriert der Ton, was nicht zu
sehen ist. Und nicht immer ist die Quelle klar, aus der die Geräusche kommen. Befehle, Gespräche, Flüstern, Züge, Maschinen... oft versteht man
nicht, was genau zu hören ist. Aber genau diese Wahrnehmung und deren
Grenzen wollten wir kreieren. Man weiß nie, was im nächsten Moment
oder hinter der nächsten Ecke passieren wird. Es ist eine Mischung aus
Chaos und Organisation, genauso wie in den Lagern. Und das wollte ich
erfahrbar machen, die Enge, das Fehlen von Informationen. Und der Ton
macht auch dem Zuschauer klar, dass mehr passiert, als er sehen kann.
Sie haben von Holocaustfilmen als Konvention gesprochen. Wie stehen
Sie zu den Dokumentarfilmen, etwa von Claude Lanzmann?
Das ist etwas völlig anderes. Ich werde mich nie daran gewöhnen, SHOA
zu sehen, auch wenn ich ihn unzählige Male gesehen habe. Er erschüttert
mich immer wieder. Er macht mich wütend. Ich kann gar nicht anders. Ich
habe nur noch einen Bruchteil meiner Familie, weil die meisten ermordet
wurden. Das ist ein Trauma, das sich über Generationen zieht. Ich habe
nie verstanden, warum sie ermordet wurden, bis heute nicht. Deshalb
habe ich meinen Film gemacht. Ich vergesse nicht und ich vergebe nicht.
Die politische Situation in Ihrer ungarischen Heimat ist schwierig. Wie
sind die Reaktionen auf den Film?
Der Film lief extrem erfolgreich im Kino. Und die Leute reden darüber, der
Film hat sie überrascht, was sehr gut ist. Er hat eine Debatte angestoßen.
Sie haben früher unter anderem als Assistent von Béla Tarr gearbeitet, der
nicht mehr als Filmemacher arbeitet.
Aber aus persönlichen Gründen. Er hat nicht wegen der Regierung aufgehört, er braucht die ungarische Förderung nicht, um einen Film zu drehen.
Ich konnte diesen Film nur in Ungarn machen, was nicht einer gewissen
Ironie entbehrt, weil niemand diesen Film finanzieren wollte. Ursprünglich sollte es eine französische Produktion sein, aber niemand wollte
es. Wir fanden niemanden in Österreich, die Deutschen rannten alle in
Scharen davon, die Franzosen ignorierten uns einfach, Israel wollte kein
Geld geben. Niemand wollte diesen Film. Es geht also auch um die Frage,
wie wenig Risiko man bereit ist einzugehen, und wie diese Fördersysteme
in Europa eigentlich funktionieren. Es herrscht sehr viel Angst und es
INDIEFEATURE
funktioniert nicht gut. Sobald es formale oder narrative Experimente gibt,
will sich niemand darauf einlassen. Zum Glück wollte Cannes den Film.
Die Berlinale hat ihn für den Wettbewerb abgelehnt, in dem Jahr, als der
70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gefeiert wurde! Das sagt sehr
viel, finde ich, auch wenn sie die Absage jetzt im Nachhinein natürlich
bereuen.
Originaltitel: Saul Fia D Ungarn 2015 D 107 min D R: László Nemes D B: László Nemes,
Clara Royer D K: Mátyás Erdély D S: Matthieu Taponier D M: László Melis D D: Géza Röhrig,
Sándor Zsótér, Marcin Czarnik D V: Sony Pictures Germany
SON OF SAUL
László Nemes verstörendes Debüt
Wie sieht die Situation von Filmemachern in Ungarn aus?
Es ist seltsam, denn auf eine Art ist es ein hoffnungsloses Land, aber man
hat immer noch etliche Freiheiten. Warum fragen Sie?
Weil es erstaunlich ist, dass Sie für Ihren Film keine Unterstützung aus
Europa bekamen, aber dafür aus Ungarn, einem Land mit strammer
Rechtsregierung, das von außen betrachtet die Meinungsfreiheit Ihrer
Bürger stark einschränkt.
Ungarn sind vielleicht sture Menschen und nicht besonders offen. Das
20. Jahrhundert war eine Katastrophe für das Land. Und es werden immer
wieder Idioten gewählt. Nicht nur der jetzige Typ an der Spitze, sondern
auch der vor ihm und der davor auch. Alles Idioten. Der jetzt am Ruder
ist sollte irgendwo im Mittelbau arbeiten, nicht mehr als das. In Europa
fehlen intelligente Politiker, es gibt keine Perspektive. Aber der Filmfond
läuft abseits der Politik. Dort sitzen fünf Leute im Gremium und entscheiden. Sehr viel demokratischer als zum Beispiel in Frankreich, wo man
diesen oder jenen kennen muss. Das ist viel schlimmer, pseudodemokratisch, das ist ein Technokratenfilz, der sich immer für den kleinsten
gemeinsamen Nenner entscheidet. Das tötet das Kino, das Fernsehen
hat gewonnen.
35mm wird es in Kürze nicht mehr geben ...
Ich kämpfe dagegen an. Und ich weiß, dass ich in zehn Jahren noch immer
mein Negativ habe und mir davon ein Positiv ziehen lassen kann. Aber
die Bilddateien in Ihrem Smartphone werden dann alle weg sein. Unsere
Zivilisation beruht auf virtuellen Informationen, die nicht überleben werden. Die Erinnerungen werden ausgelöscht und existieren nicht mehr.
Die Filme, die gemacht werden, können nicht archiviert werden. Wenn
einer dieser Server, in Arizona oder wo auch immer, abfackelt, sind all Ihre
Daten Schall und Rauch. Und wozu? Um beschissene, flache Bilder aus
toten Pixeln zu liefern. Das Ergebnis ist ein großer TV-Schirm statt einer
Leinwand. Das Gegenteil von Kino.
Bei der letztjährigen Berlinale wurde SON OF SAUL von Lásló Nemes für
den Wettbewerb abgelehnt, später gewann der Film in Cannes den Großen Preis der Jury und den FIPRESCI-Preis der Filmkritik. Für den Oscar
als bester ausländischer Film ist SON OF SAUL ebenfalls nominiert.
SON OF SAUL will vor allem die „Sonderkommandos“ in den Nazi-Vernichtungslagern rehabilitieren – jüdische Gefangene, die gegen geringfügige Vergünstigungen andere Juden in die Gaskammern führen mussten,
deren Kleidung nach Wertsachen durchsuchen, die Gaskammern reinigen
und die Leichen in die Krematorien transportieren mussten. Basierend
auf Tagebüchern von Angehörigen der Sonderkommandos spielt SON
OF SAUL im Oktober 1944, unmittelbar vor einem Aufstand der Sonderkommandos, die wussten, dass sie nach einer gewissen Einsatzzeit
erschossen und durch andere Gefangene ausgetauscht werden würden.
Auch Saul Ausländer ist in die Vorbereitungen des Aufstands involviert.
Die Kamera fokussiert fast immer Saul, wobei die Hintergründe unscharf
bleiben. Das deutet Sauls Perspektive auf das ihn umgebende Grauen
an, das er mit streng auf den Boden gerichtetem Blick ausblenden muss.
Nemes zieht uns aber gerade mit diesem beschränkten Blick umso mehr
in den Schrecken hinein. Der Ton, die Schreie, die gebrüllten Befehle, die
Schüsse, die verlogenen Beschwichtigungen der deutschen Mörder, die
geflüsterten Gespräche der Gefangenen, die flüchtigen, unscharfen Bilder
der beiläufigen Grausamkeiten und der verdreckten, so chaotischen wie
systematischen Mordmaschine am Rande des Zusammenbruchs vermitteln einen körperlichen Eindruck vom furchtbarsten Ort der Geschichte.
In einer der Gaskammern hat ein kleiner Junge überlebt, nackt auf dem
Boden liegend schnappt er nach Luft. Ein deutscher Arzt ermordet den
Jungen noch einmal, gründlicher. Saul glaubt, in dem Jungen seinen Sohn
zu erkennen, und legt alles daran, ihn zu begraben und einen Rabbi zu
finden, der das Kaddisch spricht. Ein ebenso gefährliches wie irrationales
Unterfangen, denn Rabbis werden sofort erschossen, wenn sie sich zu
erkennen geben, und es gibt keinen Ort für ein Begräbnis im Lager. SON
OF SAUL ist ein Film, der bleiben wird, und der in seiner Intensität und
Bedeutung höchstens noch mit SHOAH – Claude Lanzmann hat SON OF
SAUL übrigens seinen Segen gegeben – und mit Pasolinis SALÓ vergleichbar ist. D Tom Dorow
Start am 10.03.2016
¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab ca.
17.3.
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Saul Ausländer is a Hungarian member
of the Sonderkommando, the group of
Jewish prisoners forced to assist the
Nazis in the machinery of large-scale
extermination. While working in one of
the crematoriums, Saul discovers the
corpse of a boy he takes for his son
and decides to carry out an impossible
task: offer the boy a proper burial.
MÄRZ 2016 D
13 D
INDIEFEATURE
RESULTS
Indie-Fitness-Komödie
Andrew Bujalskis letzter Film, COMPUTER CHESS (2013), spielte in der
Welt von Programmiernerds, die 1980 in einem kalifornischen Hotel
Schachcomputer gegeneinander antreten lassen. In matschigem VHSSchwarzweiß gedreht, erschien der Film wie ein Relikt aus einer anderen
Welt, die von einer menschenähnlichen Spezies mit geringen sozialen
Kompetenzen und dicken Hornbrillen bewohnt war. RESULTS führt in
eine ähnlich lebensfeindliche Umgebung: Im Fitnesstudio Power4Life ist
die Teamfarbe ein aggressives Knallgelb. Muskelbepackte Trainer bellen
Kommandos wie „Wir sind alle ein Team. Lasst eure Kameraden nicht
hängen!“ Im tageslichtlosen Büro erklärt Studiochef Trevor (Guy Pierce)
Neuzugang Danny (Kevin Corrigan) seine Philosophie der vier Elemente:
Körper, Geist, Seele und Gefühl. Danny, ein schlapper Mittvierziger mit
durchscheinendem Schädelhaar, sagt, er wolle lernen, Schläge einzustecken und boxt sich zur Untermalung ein paarmal selbst mit der Faust ins
Gesicht. Im Hintergrund verkündet ein Plakat: No Fear, No Excuses, No
Surrender. Danny bucht Einzelcoaching für zwei Jahre im Voraus.
Alle Charaktere in RESULTS haben einen neben sich stehen. Das gilt in
besonderem Maße für Trevor, der auch in privaten Alltagsgesprächen
Motivationsblasen absondert, an die außer ihm niemand glaubt. Es gilt
auch für Danny, der unlängst zu sehr viel Geld gekommen ist und nicht
D 14
D MÄRZ 2016
INDIEFEATURE
weiß, was er damit anfangen soll. Seine Strategie scheint zu sein, erstmal
viele Sachen zu kaufen: eine E-Gitarre, eine Jazzcombo, Fitness-Einzelcoaching. Er bietet im Internet „200 $ für jemanden, der mir sofort den Fernseher anschließt“ und „200 $ für jemanden, der mir sofort eine saubere
Katze vorbei bringt.“ In seinen sozialen Beziehungen bringt ihn das nicht
wesentlich weiter. Coach Kat (Cobie Smulders) schließlich befindet sich in
einer Art Dauerzirkeltraining. Wenn sie isst, dann Energieriegel, wenn sie
trinkt, dann Smoothies, wenn sie sitzt, dann auf einem Gymnastikball und
wenn sie irgendwo rumsteht, dann baut sie noch schnell eine Dehnübung
ein. Nachlassen im Training nimmt sie sehr persönlich.
Lakonisch verfolgt RESULTS die exzentrischen Interaktionen der drei,
die in einer ebenfalls irgendwie lakonisch wirkenden Vorortlandschaft
stattfinden. Alles in RESULTS ist so gesichtslos und zweckmäßig wie das
Fitnessstudio und etwa so öde wie die Oberfläche eines unbewohnten
Planeten. Identische Würfelhäuser säumen leere Straßen. Wohnzimmer
haben den Charme von Operationssälen. Sofas, die eventuell mondän
wären, wenn sie denn ausgepackt wären, stehen verloren in gekachelten
Räumen. Alles wirkt abwaschbar. Im Pool treibt eine Schwimmbrezel.
Ebenso wie die schrägen Dialoge verläuft die Handlung von RESULTS
eigenwillig. Jeder in Bujaskis Filmen ist auf seiner jeweils eigenen Umlaufbahn unterwegs. Begegnungen haben etwas von Kollisionen. Die Aktionen und Gesprächsbeiträge der Protagonisten prallen aneinander ab wie
Billardkugeln und schlagen dabei so unvorhersehbare Richtungen ein, wie
Kugeln auf einem verzogenen Tisch. Als Trevor sein großes Fitness-Vorbild
„You can cry or you can work“ Grigory Volkov trifft, kommt es zum Clash
der Blasen. Ganzheits-Geschwafel gegen Kriegsrhetorik : „It’s like you say,
I dream of something and than I make it happen” “No, what I say is: stop
dreaming”. Einmal steigert sich Kat in einem Café in eine Diskussion hinein, ob ein Ei ohne Eigelb eine zusätzliche Dienstleistung ist oder eher mit
einem Rabatt berücksichtigt werden sollte. Dass dabei überhaupt gelegentlich noch eine Verständigung erfolgt, ist eher überraschend. Und das
ist es, wenn man mal so drüber nachdenkt, im richtigen Leben eigentlich
auch. Ähnlich überraschend ist, dass einem die verqueren Protagonisten
im Verlauf dieser unbedingt originellen Indie-Komödie dann doch sehr ans
Herz wachsen. D Hendrike Bake
USA 2015 D 105 min D R: Andrew Bujalski D B: Andrew Bujalski D K: Matthias Grunsky
D S: Robin Schwartz D M: Justin Rice D D: Guy Pearce, Cobie Smulders, Kevin Corrigan
D V: Peripher Filmverleih
Start am 03.03.2016
¢ b-ware!ladenkino OMU
¢ Brotfabrik Kino OMU
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
The new independent comedy by
Andrew Bujalski (COMPUTER CHESS)
explores the alien universe of a fitness
studio and its bizarre clients.
MÄRZ 2016 D
15 D
INDIEKRITIKEN
USA 2015 D 125 min D R: Jay Roach D B: John McNamara basierend auf Bruce Cook
D K: Jim Denault D S: Alan Baumgarten D M: Theodore Shapiro D D: Bryan Cranston,
Michael Stuhlbarg, Diane Lane D V: Paramount Pictures Germany
TRUMBO
BABAI
Opfer von McCarthys Hexenjagd
Selbstsüchtige Welt
1954. Ein Mann verfolgt zusammen mit seiner Familie im Wohnzimmer
die Oscar-Verleihung live im Fernsehen. Als der Preis für das beste Drehbuch an Ian McLellan Hunter für den Film EIN HERZ UND EINE KRONE
vergeben wird, jubeln alle auf. Die Frau ruft: „Wir haben gewonnen“ – nur
heißt der Mann, der neben ihr sitzt, tatsächlich Dalton Trumbo und ist der
wahre, geheime Autor der Buches.
Trumbo, der von Bryan Cranston verschmitzt gespielte Anti-Held des
Films, war in Hollywood gefeierter Drehbuchautor und zudem bekennender Kommunist. Als er in Zeiten des Kalten Krieges (der Film setzt 1947
ein) dem „House Un-American Activities Committee“ die Aussage verweigert, landet er erst im Gefängnis und dann auf der schwarzen Liste
und wird folglich mit Berufsverbot bestraft. Um finanziell überleben zu
können, verfasst Trumbo als Ghostwriter unter verschiedensten Pseudonymen bis 1960 mehr als ein Dutzend Drehbücher und gewinnt zwei
Oscars, ohne dass der Schwindel vorerst auffliegt.
Regisseur Jay Roach widmet Dalton Trumbo nun ein Biopic, das 13 Lebensjahre umspannt und sich auf die repressiven, anti-kommunistischen Zeiten der USA am Beispiel der Traumfabrik konzentriert. Herausgekommen
ist eine spannende Geschichtsstunde, die sehr auf Fakten und Dialoge
und dabei weniger auf große Bilder setzt – Schauspielerkino mit einigen
herrlichen Auftritten von Helen Mirren als Starreporterin Hedda Hopper
oder Louis C.K. als (fiktivem) besten Freund Arlen Hird. Formell eher konventionell, dafür informativ erzählt, führt uns der Film in die dunkle Phase
der goldenen Hollywood-Ära zurück und lässt mit Hilfe von teils echten,
teils nachgedrehten Archivmaterialien McCarthys Hexenjagd auf die Kreativen der Filmbranche neu beginnen. Period Pic als solide Unterhaltung
– nicht mehr, nicht weniger. D Toby Ashraf
Start am 10.3.2016
ab 17.3.
¢ b-ware!ladenkino
¢ Eva Lichtspiele DF ab 24.3.
DF
OMU
¢ filmkunst66
DF OMU
D 16
D MÄRZ 2016
Deutschland/Frankreich/Mazedonien/Kosovo 2015 D 104 min D R: Visar Morina
D B: Visar Morina D K: Matteo Cocco D S: Stefan Stabenow, Anne Fabini, Maja Tennstedt
D M: Benedikt Schiefer D D: Val Maloku, Astrit Kabashi, Adriana Matoshi, Enver Petrovci,
Xhevdet Jashari D V: missingFILMs
A biopic about famous communist
screenwriter Dalton Trumbo who was
forced to stop publishing by McCarthy
and his „House Un-American Activities
Committee“ in the late 1940s and continued to write under a false name.
BABAI ist erstaunlich zeitgemäß, auch wenn der Film in den 90er Jahren spielt. Was der aus dem Kosovo stammende, in Deutschland lebende
Regisseur Visar Morina in seinem Debut erzählt, spielt sich momentan in
zahllosen Variationen an den Rändern Europas ab, in den Transitländern
auf dem Weg ins gelobte Land, dem Zentrum des Kontinents, den wohlhabenden Ländern Westeuropas. Dass BABAI eine Flucht aus dem Kosovo
nach Deutschland schildert, ist dabei fast Nebensache, denn die große
Stärke dieses rohen, unsentimentalen Films ist seine Universalität.
Am Anfang sieht man den vielleicht zehnjährigen Nori auf den Straßen
Pristinas, wo sein Vater Gesim sich mit dem Verkauf von Zigaretten über
Wasser hält. Eine Mutter gibt es nicht. Was mit ihr geschehen ist, wird
kaum angedeutet, wie so vieles in diesem Film, der ein Musterbeispiel
dafür ist, wie man mit Andeutungen und Auslassungen mehr erzählen
kann als mit Fakten und Erklärungen. Dass Verhältnis zwischen Vater und
Sohn ist eng, weniger weil der Vater besonders zärtlich wäre, als aufgrund
der bloßen Tatsache, dass Nori sonst niemanden hat. Denn die Welt, die
ihn umgibt ist roh, brutal und selbstsüchtig. Dies muss der Junge besonders dann schmerzhaft erfahren, als er sich allein auf die Suche nach
seinem Vater macht – der es endlich nach Deutschland geschafft und seinen Sohn im Kosovo zurückgelassen hat. Nori will das nicht hinnehmen.
Er passt er sich den Strukturen an, bestiehlt seinen Onkel und macht sich
auf den Weg, ohne genau zu wissen wohin. Fast dokumentarisch mutet
Morinas Film hier oft an, bleibt so nah an seinen Figuren, wie man es aus
dem Kino der Dardennes und ihren Sozialstudien gewohnt ist. Dementsprechend endet die Geschichte dann auch, ein wenig im Nichts, im Fluss
einer ewigen Flucht, einer endlosen Suche nach einer sicheren Heimat,
die damals wie heute so schwer zu finden ist. D Michael Meyns
Start am 10.3.2016
¢ Filmrauschpalast
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU , am 6.3.
um 20 Uhr Premiere mit Regisseur
Visar Morina und Darstellern
OMU
10 year old Nori follows his father from
Kosovo to Germany in Visar Morina’s
unsentimental debut.
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Deutschland 2016 D 108 min D R: Doris Dörrie D B: Doris Dörrie D K: Hanno Lentz
D S: Frank J. Müller D M: Ulrike Haage D D: Rosalie Thomass, Kaori Momoi, Nami Kamata,
Moshe Cohen D V: Majestic Filmverleih
GRÜSSE AUS FUKUSHIMA
Annäherung in Schwarz-Weiß
Vor dreißig Jahren reiste Doris Dörrie erstmals nach Japan und war auf
Anhieb fasziniert von dem Land und seinen Menschen. Mehrfach lebte sie
diese Faszination bereits auf der Leinwand aus, zuletzt 2008 mit KIRSCHBLÜTEN – HANAMI. Immer wieder erzählte sie ihre Geschichte von
außen, blickte auf das fremde, ferne Land mit den Augen eines Gaijin –
eines „Menschen von draußen“. Auch in GRÜßE AUS FUKUSHIMA ist dies
ihr Ausgangspunkt. Die junge Deutsche Marie (Rosalie Thomass) flüchtet
nach Japan. Nach der Dreifachkatastrophe von 2011 will sie helfen – aber
vorrangig sich selbst. Ihr Freund hat sie vor dem Altar versetzt und nun
geht sie in die Ferne, um zu vergessen. Mit der Organisation Clowns4Help
will sie den Menschen in den Katastrophengebieten ein Lächeln schenken. Aber wie kann sie das, wenn ihr selbst nicht zum Lachen zumute
ist? Unbeholfen stolpert sie durch das triste Camp, bis sie die störrische
Alte Satomi (Kaori Momoi) trifft. Satomi will in ihr Haus, das innerhalb
der Sperrzone liegt, und überredet Marie, sie dorthin zu bringen. Als sie
nicht mehr zurückgehen will, beschließt Marie kurzerhand bei ihr zu bleiben. Langsam nähern sich die beiden unterschiedlichen Frauen einander
an, denn beide haben eine Schuld aufgeladen, die schwer auf ihrer Seele
liegt.
In kraftvollen Schwarz-Weiß-Bildern, vermischt mit grobkörnigem Bildmaterial der Überflutungen, erzählt Dörrie ihre Geschichte. Sie drehte an Originalschauplätzen in Minamisoma in der Präfektur Fukushima, in die sie
im November 2011 erstmals reiste. Ihre Eindrücke haben das Drehbuch
geprägt, das exemplarisch vom Verlust eines ganzen Lebens erzählt – wie
ist das, wenn man nach Hause kommt und da ist nichts mehr? Dörrie
konzentriert ihren Film vollständig auf die beiden Frauen und Kaori Momoi
(DIE GEISHA) und Rosalie Thomass nehmen die Möglichkeit eines freien,
intensiven Wechselspiels dankbar auf. D Lars Tunçay
Start am 10.3.2016
¢ b-ware!ladenkino ab ca. 17.3.
¢ Eva Lichtspiele
¢ filmkunst66
¢ Hackesche Höfe Kino
¢ Sputnik Kino ab 31.3.
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Young German Marie flees to
Japan. She wants to make people in
Fukushima smile by working with the
Clowns4Help organization. Instead,
she meets stubborn old Satomi and
moves into her house in the restricted
zone.
INDIEKRITIKEN
FRANCOFONIA
Das Leben, der Krieg und die Kunst
Wo soll man anfangen? Bei Hitler, bei Napoleon, bei Marianne, bei der
Mona Lisa? Oder doch bei Alexander Sokurov selbst, dem russischen
Regisseur, der in seinem neuen Essayfilm FRANCOFONIA all diese Elemente zu einer Meditation über das Leben, den Krieg und die Kunst
verknüpft. Beginnen wir also bei Sokurov, dem Regisseur, besser noch,
dem Autor dieses Films, denn FRANCOFONIA ist ein Autorenfilm im klassischen Sinne des Wortes. Und noch mehr: Der Autorenfilm eines russischen Autors, was bedeutet, dass es hier nicht leichtfüßig zugeht und
schon gar nicht leichtfertig, sondern um die großen Themen der Menschheit, mit denen sich die großen russischen Künstler, von Dostojewski bis
Tarkovsky immer wieder mit großer, mit oft schwermütiger Ernsthaftigkeit
beschäftigt haben. Ganz ohne Frage sieht sich Sokurov als Fortsetzung
dieser Reihe und ohne Frage gehört er auch dazu.
Vor einigen Jahren hatte sich Sokurov in RUSSIAN ARK auf eine 90minütige Tour-de-Force durch das russische Museum schlechthin begeben,
die Eremitage in Sankt Petersburg. FRANCOFONIA ist in dem französischen Museum schlechthin angesiedelt, dem Louvre in Paris, dass unter
Sokurovs Blick jedoch zu viel mehr wird als nur einem Museum, in dem
viel Kunst steht und hängt, darunter das wohl berühmteste Gemälde
überhaupt: die Mona Lisa. In seinem unnachahmlichen Stil, mit seinen
langsamen, suchenden Kamerafahrten, unterlegt mit klassischer Musik
und Sokurovs nachdenklicher Stimme, erforscht Sokurov den Louvre,
die Phasen seiner Geschichte, vom Palast über einen Pferdestall bis
zur Schatzkammer der Kunst der Welt, angehäuft nicht zuletzt während
der zahlreichen Kriege Napoleons. Zu mehr als einem Gebäude wird der
Louvre dabei: zu einem Ort der Geschichte, zu einem belebten, ja, beseelten Ort, an dem sich die Geschichte Europas mit all ihren Auswüchsen
und Irrwegen manifestiert.
In freier Assoziation streift Sokurovs Blick durch den Louvre, streifen seine
Gedanken durch die Geschichte: Mal sieht man einen Darsteller als Napoleon durch die Räume gehen und Gemälde seiner Krönung und Feldzüge
betrachten, später trifft dieses Symbol der aggressiven französischen
Expansion auf die Marianne, Symbol der französischen Demokratie, die
D 18
D MÄRZ 2016
Originaltitel: Francofonia, le Louvre sous l’Occupation D Frankreich/Deutschland/Niederlande 2015 D 84 min D R: Alexander Sokurov D B: Alexander Sokurov D K: Bruno Delbonnel
D S: Hansjörg Weißbrich D D: Louis-Do de Lencquesaing, Benjamin Utzerath, Vincent
Nemeth D V: Piffl Medien GmbH
Mantra-artig die Worte „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ wiederholt.
Dann wieder sieht man den deutschen Graf Wolff-Metternich, der während der deutschen Besatzung von Paris für die Kunst zuständig war und
in dieser Funktion verhinderte, dass die deutschen Truppen die Reichtümer des Louvres plünderten. Bekanntermaßen war selbst Hitler von
der Schönheit Paris beeindruckt, zerstört wurde die Stadt nicht, ganz
im Gegensatz zu Sankt Petersburg, dem damaligen Leningrad, trotz der
ebenso eindrucksvollen Bauwerke und Kunstschätze.
Ist es da verwunderlich, dass sich Russland oft nicht als gleichwertiger
Teil Europas fühlt, als Sonderfall, in einer Sonderrolle, mehr gefürchtet als
gleichberechtigt, scheint Sokurov in diesen Momenten zu fragen, ohne
eine Antwort zu geben. In enorm dichten, an Assoziationen reichen 90
Minuten reißt Sokurov viele Themen an und kommt dabei immer wieder
zu der hier entscheidenden Frage zurück: Welche Bedeutung hat die
Kunst für die Menschen? Ist der Erhalt von Kunstwerken, die nicht einfach
nur historisch und schön sind, sondern so viele Geschichten und Erinnerungen über die Jahrhunderte konserviert haben und – wenn man aufmerksam und interessiert schaut – freigeben, gerade in Zeiten des Krieges nicht oft das Wichtigste, ihre Vernichtung ein unersetzlicher Verlust?
Unterschwellig spielt Sokurov natürlich auf die aktuelle Zerstörungswut
des IS an. Zu denken, dass Sokurov der Kunst höheren Wert beimisst als
dem einzelnen Menschen, liegt nahe und ist wohl auch nicht ganz falsch.
Zumindest in dem Sinne, dass der Mensch ohne die Kunst viel weniger
wäre, dass die Kunst den Menschen im besten Fall daran erinnert, dass er
mehr ist, zumindest mehr sein kann als ein kriegerisches, zerstörerisches
Wesen. D Michael Meyns
Start am 3.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Hackesche Höfe Kino
OMU
OMU
Russian auteur Alexander Sokurov
explores the history of the Louvre in
Paris and meditates about art, war and
life in the process.
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INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Were Dengê Min: Come To My Voice D Deutschland/Frankreich/Türkei 2014
D 105 min D R: Hüseyin Karabey D B: Hüseyin Karabey, Abidin Parilti D K: Anne Misselwitz
D S: Baptiste Gacoin D M: Serhat Bostanci, Imran Erin, Ali Tekbas D D: Emrah Ozdemir,
Feride Gezer, Nazmi Sinan Mihci, Kadir Ilter, Selim Bulut, Tuncay Akdemir
D V: barnsteiner-film
FOLGE MEINER STIMME
Zarteste Frühlingsgrüntöne
In der dunkelsten Nacht des Jahres kommen die Bewohner eines kleinen
kurdischen Dorfes in den Bergen zusammen und hören den Geschichtenerzählern zu. Der älteste der drei blinden Männer hebt zu erzählen an
und die Szenerie ändert sich: Wir sind im selben Dorf im Frühjahr. Es
ist Abend und die kleine Jiyan soll zu Bett gehen. Großmutter Berfe hat
gerade begonnen, zum x-ten Mal die Geschichte vom Fuchs, der seinen
Schwanz verlor, zu erzählen, da fährt ein Trupp türkischer Soldaten in
die Stadt und zerrt alle Männer aus den Häusern. Sie sollen ihre Waffen
abgeben. Als sie beteuern, keine zu haben, werden sie abgeführt. Zurück
bleiben die Großeltern, die Mütter und Kinder, und wer irgendwie eine
Waffe auftreiben kann, gibt sie ab und kauft so den Vater, Sohn oder Ehemann frei. Auch Berfe und Jiyan begeben sich auf die absurde Mission,
eine Waffe aufzutreiben, nur um sie aushändigen zu können. Die Suche
führt die alte Frau und das kleine Mädchen im gemächlichen Tempo der
ganz Alten und der ganz Jungen durch weite Bergpanoramen in zartesten
Frühlingsgrüntönen. Sie wandern vom Kommandanten zum Ex-Verehrer,
zum Schmuggler und in die Stadt. Man sitzt zusammen und trinkt Tee und
überall werden neue Geschichten erzählt, die jedes Mal ein Stück des
Puzzles ergänzen und zusammen von den Schikanen sprechen, denen die
Kurden ausgesetzt sind. Wie die Parabel vom Fuchs erzählt FOLGE MEINER STIMME in klaren, einfachen Bildern vom beharrlichen Immerweitermachen, das am Ende vom Erfolg gekrönt sein wird, aber auch davon
wie unvorhersehbar und bizarr das Dasein ist. FOLGE MEINER STIMME ist
auch ein poetischer Film über das Geschichtenerzählen selbst, darüber,
wie in Fabeln und Gesprächen Tradition und Hoffnung von Generation zu
Generation weiter gegeben werden. D Toni Ohms
Start am 17.3.2016
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
OMU
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All men are arrested in a small Kurdish
village in the mountains: they were
supposedly hiding a gun. Grandmother
Berfe and granddaughter Jiyan go on
an absurd mission to find the weapon
so they can turn it over.
Originaltitel: V luchakh solnca D Deutschland/Russland/Tschechische Republik/Nordkorea
2015 D 106 min D R: Vitaliy Manskiy D B: Vitaliy Manskiy D K: Alexandra Ivanova
D S: Andrey Paperniy D M: Karlis Auzans D V: Edition Salzgeber
IM STRAHL DER SONNE
Absurdes Making-of
Mit Unterstützung des russischen Kulturministeriums gelang es Vitaly
Mansky, in Nordkorea eine Drehgenehmigung für einen Dokumentarfilm über ein Mädchen, das kurz vor der Aufnahme bei den Jungpionieren steht, zu erhalten, wobei das Drehbuch vorab vollständig vorgelegt
werden musste. Aus einer Vorauswahl von fünf Mädchen wählte Mansky
die kleine Zin-Mi aus, weil sie gesagt hatte, sie lebe mit ihren Großeltern
und ihren Eltern in einem kleinen Haus in der Nähe einer Bahnstation,
ihr Vater sei Journalist und ihre Mutter arbeite in einer Werkskantine. Als
der Dreh begann, waren zu jeder Zeit Aufpasser am Set, die jede Szene
bestimmten, und schließlich zu den eigentlichen Regisseuren des Films
wurden. Zin-Mi und ihre Familie lebten plötzlich in einem der schönsten
Neubauten in Pjöngjang, in dem es aber nur leere Schränke gab, ihr Vater
war zum Ingenieur in einer Textilfabrik mutiert, und ihre Mutter arbeitete
plötzlich in einer Sojamilch-Fabrik – beides Musterbetriebe, die ihren festen Platz auf Touristentouren haben.
Mansky und seinem Team gelangen nur wenige unkontrollierte Aufnahmen: Einmal filmen sie Menschen, die einen Bus schieben, einmal angeln
Kinder Essen aus einem Mülleimer, ein paar Bilder aus einem Hotelfenster. Was den Filmemachern aber gelang, war, die Kamera laufen zu lassen,
während die Staatsdiener die Szenen inszenierten und damit die Absurdität des ganzen Unternehmens einzufangen. Jede hanebüchene Szene
läuft auf kollektiven Jubel heraus, aber Mansky zeigt immer wieder die
Risse in der Inszenierung: In der Musterwohnung wölbt sich der frischverlegte PVC-Boden, in der Musterschule gibt es keine Heizung und die Flure
sind unbeleuchtet. Einmal darf Mansky der kleinen Zin-Mi zwei Fragen
stellen. Er fragt, was sie sich für ihr Leben wünscht. Das Mädchen ist so
verstört über die Frage, für die ihr keine Antwort diktiert wurde, dass sie
zu weinen beginnt. D Tom Dorow
Start am 10.3.2016
¢ filmkunst66
OMU
When Vitaly Mansky applied to film a
documentary about an ordinary North
Korean girl, every step of production
was closely monitored. Nonetheless
Mansky managed to secretly film some
scenes of North Korean daily life.
MÄRZ 2016 D
19 D
INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Lolo D Frankreich 2015 D 100 min D R: Julie Delpy D B: Julie Delpy, Eugénie
Grandval D K: Thierry Arbogast D S: Virginie Bruant D M: Mathieu Lamboley D D: Julie
Delpy, Dany Boon, Vincent Lacoste, Karin Viard D V: NFP marketing & distribution
LOLO –
DREI IST EINER ZUVIEL
Argentinien/Spanien 2015 D 110 min D R: Pablo Trapero D B: Pablo Trapero D K: Julián
Apezteguia D S: Pablo Trapero, Alejandro Penovi D D: Guillermo Francella, Peter Lanzani, Lili
Popovich D V: Prokino Filmverleih
EL CLAN
Perfide Alltäglichkeit
Stadtneurotikerin trifft Provinzei
LOLO – DREI IST EINER ZUVIEL ist das erste gemeinsame Projekt der beiden französischen Megastars Julie Delpy (BEFORE SUNRISE/SUNSET/
MIDNIGHT) und Dany Boon (WILLKOMMEN BEI DEN SCHT’IS). Violette
(Julie Delpy) und ihre beste Freundin Ariane (Karin Viard) sind wie eine
französische Variante von Eddy und Patsy, den beiden ständig zugedröhnten Nonkonformistinnen aus der englischen Fernsehserie „Absolutely
Fabulous“. Die beiden Französinnen, die ebenfalls in der Modebranche
arbeiten, sind wesentlich dezenter gekleidet und deutlich nüchterner,
aber genauso neurotisch und ziemlich derb, wenn sie unter sich sind.
Im gemeinsamen Urlaub in Biarritz lacht sich Violette den freundlichen
Programmierer mit den Segelohren, Jean-René (Dany Boon), an – der
passenderweise gerade im Begriff ist, nach Paris zu ziehen. Das junge
Glück hat allerdings einige Haken: Erstens ist Jean-René ein Spießer, der
Tennissocken zu Sandalen trägt. Zweitens ist Violette der Inbegriff der
Stadtneurotikerin. Und drittens hat sie einen nahezu erwachsenen Sohn,
den sie für den Nabel der Welt hält, der sich aber schnell als verzogener Psychopath entpuppt. Lolo (Vincent Lacoste, JACKIE IM KÖNIGREICH
DER FRAUEN) setzt alles daran, Jean-René als Liebhaber unmöglich zu
machen, ohne dass Violette seine Machenschaften mitkriegt. Der Plot ist
ein bisschen Nummernrevue, die einzelnen Szenen sind aber mit Verve
durchgezogen. Etwa die, in der Lolo Jean-René (oder J.R., wie er ihn gerne
nennt) zu einer Modeparty mitnimmt und ihn davon überzeugt, es sei eine
super Idee, ein Selfie mit Karl Lagerfeld zu machen. Oder die, in der Violette Jean-René nicht erreichen kann und eine Flut von SMSen lostritt,
deren Hysteriegrad sich von Mal zu Mal steigert. Oder die, in der sie ihren
Sohn einem bekannten Galeristen vorstellt: „This is my son Eloi. He is an
amazing artist.” „Yes I am.“ D Toni Ohms
Start am 17.3.2016
¢ Hackesche Höfe Kino
D 20
D MÄRZ 2016
OMU
Violette smiles at friendly programer
Jean-René while on vacation in
Biarritz. There are a few catches in this
potential romance though: Jean-René
is a square who wears tennis socks
with sandals, Violette is a prototypical
neurotic, and her almost adult son Lolo
is a spoiled psychopath.
Buenos Aires Anfang der Achtziger: Die Diktatur ist Geschichte, die Demokratie noch jung. Die Bevölkerung hegt in jenen Tagen wenig Vertrauen in
die Regierung. Viele machen einfach weiter wie bisher. Nach außen hin
genießt die Familie Puccio hohes Ansehen in der Nachbarschaft. Ihnen
gehören mehrere florierende Lokalitäten in der Stadt, der älteste Sohn
Alejandro ist ein gefeierter Rugby-Spieler, die Puccios werden respektiert
und geliebt. Doch hinter der gutbürgerlichen Fassade hat Vater Arquímedes einen florierenden Geschäftszweig aus Entführung und Lösegelderpressung etabliert, dem der Rest der Familie billigend zusieht. Als das
Familienoberhaupt auch noch die letzte moralische Grenze überschreitet,
will Alejandro aussteigen. Doch Arquímedes schreckt nicht davor zurück,
seinen Sohn mit Gewalt zur Mitarbeit zu zwingen.
Die Selbstverständlichkeit, mit der Arquímedes, der unter der Junta zum
Vollstrecker wurde, seine Taten vollzieht, ist das Erschreckende an EL
CLAN. Mit perfider Alltäglichkeit lässt der ehrbare Familienmann von
Nebenan die Sprösslinge wohlhabender Familien auf brutale Weise in den
Kofferraum verfrachten und geht danach mit derselben Karre einkaufen.
Einstmals verantwortlich für die politisch Entführten in der Diktatur, ist er
nun völlig immun gegen Mitgefühl. Immer enger schnürt Trapero (LÖWENKÄFIG) das Geflecht aus Korruption, Macht und Hörigkeit, das immer
extremere Ausmaße annimmt und sich bis in höchste Regierungsebenen zieht. Basierend auf einem landesweit bekannten Fall, avancierte EL
CLAN in seiner Heimat zum erfolgreichsten Film des Jahres. Beim Filmfestival in Venedig erhielt Pablo Trapero für den hochspannenden Thriller den
Silbernen Löwen. Sein starkes Ensemble und viel Zeitkolorit liefern einen
beängstigenden Einblick in ein dunkles Kapitel argentinischer Geschichte.
D Lars Tunçay
Start am 3.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
ab ca. 17.3.
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
¢ Sputnik Kino DF OMU ab 24.3.
DF OMU
Buenos Aires in the early 80s. The
Puccio family seem well-respected on
the outside, but behind the bourgeois
facade father Arquímedes, who once
worked for the Junta, has a flourishing
business kidnapping and blackmailing.
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
INDIEKRITIKEN
RAUM
Originaltitel: Room D Kanada/Irland 2015 D 118 min D R: Lenny Abrahamson D B: Emma
Donoghue D K: Danny Cohen D S: Nathan Nugent D M: Stephen Rennicks D D: Brie Larson,
Jacob Tremblay, Joan Allen D V: Universal Pictures Germany
Philosophischer Thriller
Lenny Abrahamsons furioser psychologischer und philosophischer Thriller RAUM hat ein Problem: Seine Ausgangssituation könnte den Verdacht
erwecken, man liefe Gefahr, sich üblen Schund anzusehen. Das ist durchaus nicht der Fall. Der Ausgangspunkt der Geschichte ist aber dieser:
Joy ist mit siebzehn Jahren von einem Mann entführt worden und wird
seitdem in einem Raum gefangen gehalten und sexuell missbraucht. In
diesem Raum hat sie einen Sohn geboren, den sie Jack nennt, und der
gerade fünf Jahre alt geworden ist. Joy verbirgt den Umstand ihrer Gefangenschaft vor Jack und spielt ihm vor, dass der Raum, der sich später als
Werkzeugschuppen herausstellen wird, die ganze Welt ist. Wirklich sei
nur, was sich im Raum befindet – und der Entführer, den sie „Old Nick“
nennt, und dem Jack nie begegnet ist, denn sobald Old Nick den Raum
betritt, muss Jack sich im Schrank verstecken. Jack selbst ist der Erzähler
des Films und wir nehmen seine Welt, den RAUM, aus seiner Perspektive
wahr. In dieser Welt ist alles belebt, und hat daher keine Bezeichnungen,
sondern Namen: Der Raum heißt „Raum“, das Waschbecken heißt „Waschbecken“, der Schrank „Schrank“. Wie Lebewesen begrüßt Jack die Dinge
im Raum jeden Morgen. Jedes Wesen hat eine Eigenschaft: „Schrank“
ist der höchste, „Bett“ das breiteste, „Eierschlange“ die längste. Es gibt
einen Fernseher, aber die Figuren darin sind nicht echt, sie sind ja flach.
Joy hat die winzige Welt, in der Jack aufwächst, so komplex und belebt wie
möglich konstruiert, denn Jack soll kein Gefühl des Mangels erleben. Dass
diese Situation nicht andauern kann, ist spätestens klar, als Jack erzählt,
er sei jetzt fünf und wisse viel mehr als früher, als er erst vier war.
RAUM ist zunächst ein irre spannender Thriller um die Frage, wie man
aus einer Lage entkommt, aus der es kein Entkommen zu geben scheint.
Start am 17.03.2016
¢ b-ware!ladenkino
ab ca. 31.3.
¢ Bundesplatz Kino DF OMU
¢ Eva Lichtspiele DF ab 31.3.
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
DF OMU
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Joy and her Son Jack are kept in a
small room by Joy’s kidnapper. Jack
was born in this room, and Joy pretends that the room is the only thing
that really exists in the world. But Jack
is getting too old for this illusion.
Vor allem aber ist RAUM die Geschichte eines sich weitenden Bewusstseins und die Geschichte einer zweiten Geburt, eine Geschichte über
den Schock, den die Welt darstellt – und über einen Prozess der Heilung
und des Erwachens. Völlig zu Recht ist Emma Donaghues Drehbuch zu
ROOM als bestes adaptiertes Drehbuch für den Oscar nominiert – adaptiert heißt in diesem Fall: nach ihrem eigenen Roman, der immerhin auch
schon den irischen Buchpreis gewonnen hat. Regisseur Lenny Abrahamson hat zuletzt das schöne Pop-Drama FRANK gedreht, über eine IndieBand, deren Anführer sich ständig unter einem überdimensionalen Pappkopf verbirgt, und deren Proben in einer Waldhütte nie enden zu wollen
scheinen. Mit ungewöhnlichen Perspektiven auf die Welt beschäftigt sich
der Filmemacher also schon länger.
Am begeisterndsten ist allerdings das Spiel des kleinen Jacob Tremblay,
der seit RAUM bereits in sieben weiteren Filmen mitgespielt hat, und so
unglaublich gut spielt, dass man fast vergisst, wie komplex seine Aufgabe
in diesem Film ist, und wie schwierig und riskant es ist, Kinder in Schlüsselrollen von Filmen zu besetzen. Es gibt viele gute Kinderregisseure:
Hirokazu Kore-eda lässt die Kinder einfach Kinder sein, und schreibt die
Szenen so, dass sie dem kindlichen Verhalten möglichst natürlich entgegenkommen. Damit erreicht er fantastische Ergebnisse, aber das, was
Jacob Tremblay, der zum Zeitpunkt des Drehs sieben Jahre alt gewesen
sein muss, leistet, hat eine ganz andere Qualität. Lenny Abrahamson
sagte im Interview mit dem britischen „Guardian“, Kinder hätten eine
unglaubliche Fähigkeit zum Optimismus und dazu, die Schattenseiten
ihrer Welt, die sie erahnen, aber nicht einordnen können, einfach auszublenden. Wenn Jacob in Interviews gefragt wird, worum es in dem Film
ginge, sagt er: „Meine Mom und ich sind da in diesem Raum und ein
böser Mann hält uns gefangen“ – eine Märchengeschichte, nicht schlimmer als Hänsel und Gretel, die für eine Kinderseele fassbar ist. Die philosophischen Implikationen der Geschichte gehen dabei viel weiter: von
Platons Höhlengleichnis über Fragen zur Verarbeitung von Traumata, bis
hin zu politischen Fragen zu Wahrnehmung und Grenzen der Erkenntnis.
„Raum ist nicht klein. Raum geht von hier bis zur anderen Seite und wieder zurück“ sagt Jack. Wessen Welt wäre größer? D Tom Dorow
MÄRZ 2016 D
21 D
INDIEKRITIKEN
Deutschland/Schweiz/Großbritannien/Jamaika/Äthiopien 2015 D 100 min D R: Volker
Schaner D B: Volker Schaner D S: Volker Schaner D D: Lee Perry D V: Interzone Pictures
LEE SCRATCH PERRY’S
VISION OF PARADISE
Originaltitel: Mon Roi D Frankreich 2015 D 125 min D R: Maïwenn D B: Maïwenn, Etienne
Comar D K: Claire Mathon D S: Simon Jacquet D M: Stephen Warbeck D D: Vincent Cassel,
Emmanuelle Bercot, Louis Garrel D V: STUDIOCANAL
MEIN EIN, MEIN ALLES
Stationen einer Liebe
Hohepriester des Dub
Lee „Scratch“ Perrys Rocksteady-Produktionen für das legendäre Studio
One und für sein eigenes Black Ark Studio, seine Erfindung des Dub, die
stellaren Alben, die er mit The Congos („Heart of the Congos“) und Junior
Murvin („Police and Thieves“) und Max Romeo („War Ina Babylon“) produzierte – das liegt alles weit hinter Lee Perry, als Volker Schaners Film LEE
SCRATCH PERRY’S VISION OF PARADISE einsetzt. Die Zusammenarbeit
mit Bob Marley, der Perry übers Ohr gehauen und seine Upsetters-Musiker
abgeworben hat, nachdem Perry die Wailers als Roots-Band neu erfunden
hatte – das ist alles, was hier von der eigentlichen, glorreichen Geschichte
des Black Ark Studios noch erwähnt wird. Perry hat sein Imperium 1979,
nach einer längeren Episode von Paranoia, selbst niedergebrannt, und
damit eine Epoche beendet, in der die innovativste, atemberaubendste
Popmusik der Welt in Jamaica produziert wurde. Der Einfluss aber, den
Perrys monumentale Idee hatte, das Studiomischpult wie ein Musikinstrument zu verwenden und aus Tonbändern Hall- und Sampleschleifen
zu bauen, wird von zahlreichen späteren Kooperationspartnern von Irmin
Schmidt (Can) und Adrian Sherwood über The Orb, bis hin zum Mad Professor bestätigt. Volker Schaner trifft Perry 1999 in der Schweiz, wohin
der Upsetter nach seinem Aufenthalt in London gezogen war und wo er
noch immer lebt. Perry war schon immer eine Art Schamane, auch sein
Black Ark Studio war ein im emphatischen Sinne magischer Ort. In seiner
unwiderstehlichen Mischung aus Poesie, Rasta-Magie, Entertainment und
spontanem Witz präsentiert sich Perry in diesem Schweizer Dokumentarfilm, der sich eher an eingeweihte Reggae- und Dub-Fans richtet, als
an Leute, denen Lee „Scratch“ Perry nichts bedeutet, und der versucht,
die religiöse, politische und musikalische Vision des Dub-Hohepriesters
atmosphärisch einzufangen. D Tom Dorow
Start am 24.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Brotfabrik Kino OMU
¢ Sputnik Kino OMU
OMU
D 22
D MÄRZ 2016
In his documentary feature Swiss
director Volker Schahner visits Lee
“Scratch” Perry, the charismatic high
priest of dub, in his Swiss refuge in
1999.
Skiunfall. Kreuzbandriss. Tony (Emmanuelle Bercot) sitzt vor der Therapeutin und hört skeptisch zu, als die von einem Zusammenhang zwischen Knieverletzungen und unbewältigter Vergangenheit redet. Dennoch
beginnt sie im Kopf, zwischen den verschiedenen Reha-Behandlungen,
die Stationen einer Beziehung durchzugehen, die vielleicht von Anfang
an zum Scheitern verurteilt war. Von Anfang an scheint Georgio (Vincent Cassel) fast zu schön, zu lässig, zu erfolgreich, um wahr zu sein.
Von Anfang an sind da Dinge, die Warnzeichen sein könnten, aber nicht
sein müssen, wie eine selbstmordgefährdete Ex. Andererseits ist alles so
schön. Georgios Charme besteht in seiner Begeisterungsfähigkeit, seiner
Lebendigkeit, seiner Fähigkeit, sich und das Seine zu verschwenden. Er
schenkt Tony sein Telefon, als sie nach seiner Nummer fragt. Er sagt „Ich
liebe dich“ nach der ersten Nacht. Er sagt „Ich will ein Kind von dir“, als es
für Tony noch zu früh ist. Aber sie macht mit. Als sie dann alleine im Laden
steht und das Kinderbettchen aussucht, weil es Georgio nicht besonders
interessiert, ist es schon zu spät. Aber es ist noch lange nicht zu Ende.
Maïwenns Beziehungsdrama erzählt mit einer fast schon schmerzhaften
Intensität, die an Bergmans SZENEN EINER EHE erinnert, von zwei Leuten, die einander leidenschaftlich lieben, aber zusammen nicht glücklich
werden können. Die Kamera ist immer ein bisschen dichter am Geschehen, als es komfortabel wäre. Die Dialoge sind so naturalistisch, als hätte
die Regisseurin im Schlafzimmer von Freunden mitgeschrieben. Hilflos
steht man quasi daneben und sieht der Entfaltung der Katastrophe zu.
Dabei gibt es keinen einen großen Verrat, kein dunkles Geheimnis. Nachlässig und narzisstisch fügt Georgio Tony eine Unzumutbarkeit nach der
anderen zu. Doch keine scheint groß genug, um sie erkennen zu lassen,
was alle Freunde schon lange gesehen haben. D Hendrike Bake
Start am 24.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Hackesche Höfe Kino
DF OMU
OMU
In her intense drama French director/
artist Maïwenn portrays a destructive
relationship that neither Tony (Emmanuelle Bercot) nor Georgio (Vincent
Cassel) seem able to leave.
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Deutschland 2016 D 122 min D R: Volker Koepp D B: Volker Koepp, Barbara Frankenstein
D K: Lotta Kilian D S: Christoph Krüger D M: Ulrike Haage D V: Edition Salzgeber
GHITA NØRBY
PAPRIKA STEEN
DANICA CURCIC
LANDSTÜCK
Zurückkehrerfilm
Das filmische Oeuvre von Volker Koepp ist zu einem Werk des Zurückkehrens geworden. In seiner vier Jahrzehnte umspannenden dokumentarischen Arbeit über Mensch, Landschaft, Zeit und Geschichte bewegt er
sich wie an einem Zeitstrahl hin und her, nimmt Fäden wieder auf, die er
vor Jahren gesponnen hat, besucht dieselben Landstriche ein zweites und
ein drittes Mal, spricht mit den Überlebenden von damals und den Erlebenden von heute. Er überprüft seine früheren Wahrnehmungen, als könne
man seine Filme wie Schablonen übereinanderlegen: Die Geschichte als
ewiger Abgleich von Vergangenheit und Gegenwart. Dieses Mal zieht es
ihn erneut in den Norden Brandenburgs, seinen eigenen Lebensraum, wie
schon 1976 mit DAS WEITE FELD und 2002 mit UCKERMARK. Kulturlandschaft. Agrarland. Wirtschaftsfaktor. Hier entscheidet der Landbesitzer
über die Gestalt der Umgebung. Aneignung oder Pflege, Ausbeutung oder
Förderung? Der regionale Ausschnitt als Mikrokosmos der Globalisierung.
LANDSTÜCK erzählt auch vom Wandel der Systeme, vom Gleichmachen,
vom Kampf für die natürliche Vielfalt und von den absurden Auswirkungen staatlicher Subventionierungen. Wie immer filmt Koepp die Landschaft
nicht ab, sondern betrachtet sie sorgfältig durch die Apparatur der Kamera,
wie immer führt er keine Interviews, sondern neugierige Gespräche. Er ist
als Autor des Films immer präsent, die Fragen an sein Gegenüber stehen
im Raum, sind transparent und klar. Trotz aller Ruhe, trotz der friedlichen
Weite und Schönheit der Landschaft, trotz der herzlichen und humorvollen
Begegnungen ist LANDSTÜCK aber auch ein wütender Film, der das persönliche Gefühl eines schmerzhaften Verlustes vermittelt, das Koepp dazu
anzutreiben scheint, weiterzumachen und immer wieder davon zu erzählen.
Die Gegenwart festhalten, bevor sie wieder überschrieben wird. Eine weitere Erinnerungsschablone für die Zukunft. D Jens Mayer
Start am 3.3.2016
¢ filmkunst66
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
¢ Hackesche Höfe Kino, Premiere mit
Regisseur Volker Koepp am 2.3.
um 20 Uhr
AB 24.3.16 IM KINO
Following DAS WEITE FELD (1976) and
UCKERMARK (2002), Volker Koepp’s
LANDSTÜCK sees him being drawn to
north Brandenburg again: the cultural
landscape, agriculture, and economic
factors.
© 2016 Columbia TriStar Marketing Group, Inc. All Rights Reserved.
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TOMORROW IS ALWAYS TOO LONG
Hinreißendes Liebeslied an Glasgow
D 24
D MÄRZ 2016
INDIEFEATURE
Auch das ist so notwendig wie Wasser: Filme über die Dinge, die das
Leben gut machen. Ein Hund, der bizarre TV-Ratgebersendungen sieht.
Ein Pärchen, er eher Punk, sie eher Goth, die in einer Beratung für werdende Eltern sitzen. Dann schiebt er einen Kinderwagen vor sich her,
durch eine Vorortsiedlung in Schottland. „Es gab keine Baked Beans
mehr“, sagt er, als er bei ihr zuhause ankommt. „Kein Ding“, sagt sie,
„Wir haben reichlich“. Vollendetes Glück, also beginnen beide zu singen,
natürlich hinreißenden Blue-eyed-Soul, wir sind schließlich in Glasgow.
Auf einmal sind wir in einem Musical, in dem die beiden ganz normalen Leute die Stars sind, ein Kind bekommen und sexy Fotos von ihrer
schwangeren Bikinifigur machen. „Where the wind licked your face dry“,
singt sie dem Baby vor, während er draußen raucht. Dann ist da ein altes
Paar auf einem Sofa. Er erzählt wie sie sich verliebt haben, aber nach neun
Monaten haben sie sich getrennt, weil sie sich zu jung fühlte, und sein
Herz war gebrochen. Eine TV-Beraterin erzählt eine wirr geile Geschichte,
und dann erzählt die Frau des alten Paars auf dem Sofa, dass ihr schon
zwei Ehemänner gestorben sind, und er reibt sich daneben die Stirn und
meint, seine Tochter hätte gesagt, hoffentlich sei er gut versichert. Da
sind erst zehn Minuten des Films vergangen, aber man möchte aufspringen in die Nacht hinausschreien: Yeah! Phil Collins! Fuck Yeah! Yeah! Der
Film wird von Szene zu Szene besser, ein kleines Mädchen singt „No God!
No God!“ und ein Schulmädchen singt „I won’t die! I won‘ t die!“. Als eine
Schulklasse aufschreiben soll, was Freiheit für sie bedeutet, steht oben
auf dem Blatt: „The right to party!“ Yeah! Phil Collins, director! Die Songs
sind von Cate Le Bon, gespielt vom Royal Scottish National Orchestra.
Zum auf die Knie sinken. D Tom Dorow
Großbritannien/Deutschland 2014 D 82 min D R: Phil Collins D B: Phil Collins, Ewan
Morrison D K: Michael McDonough D S: Casey Raymond, Cristóvão A. dos Reis D M: Cate Le
Bon D V: Rapid Eye Movies
Start am 17.03.2016
¢ b-ware!ladenkino OMU
¢ BrotfabrikKino OMU
¢ Sputnik Kino OMU
A love song to Glasgow, a musical with
the intoxicating songs of Welsh songwriter Cate Le Bon, sung by ordinary
Glaswegians and played by the Royal
Scottish National Orchestra. An arrestingly funny, moving and poetic film
about the things that make life good.
INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Stille hjerte D Dänemark 2014 D 97 min D R: Bille August D B: Christian Torpe
D K: Dirk Brüel D S: Anne Østerud, Janus Billeskov Jansen D M: Annette Focks
D D: Jens Albinus, Viggo Bro, Paprika Steen, Ghita Nørby, Pilou Asbæk, Morten Grunwald,
Danica Curcic D V: movienet Filmverleih
SILENT HEART
Deutschland/Frankreich 2014 D 91 min D R: Ayat Najafi D B: Ayat Najafi D K: Koohyar
Kalari, Sarah Blum D S: Julia Wiedwald, Schokofeh Kamiz D M: Parvin Namazi D D: Parvin
Namazi, Sayeh Sodeyfi, Elise Caron D V: Basis-Film Verleih
NO LAND’S SONG
Eine Familie nimmt Abschied
Angst vor der weiblichen Stimme
In SILENT HEART inszeniert Bille August (GOODBYE BAFANA, FRÄULEIN
SMILLAS GESPÜR FÜR SCHNEE) ein geradliniges Familiendrama. Zwei
Tage lang versammelt sich eine Familie im Landhaus der Eltern, um
Abschied zu nehmen. Die Mutter Esther (Ghita Nørby) ist an der Nervenkrankheit ALS erkrankt und hat beschlossen, eine tödliche Medikamentendosis einzunehmen, solange sie das noch selbst bewerkstelligen
kann. Zu einem früheren Zeitpunkt hat die Familie der Entscheidung
zugestimmt und nun geht es darum, noch einmal eine gemeinsame letzte
Zeit miteinander zu verbringen. Die beiden Eltern, die beste Freundin der
Mutter und die älteste Tochter Heidi (Paprika Steen), die mit Mann und
Sohn angereist ist, versuchen, die herzzerreißende Situation beherrscht
zu überstehen, und machen bedrückend freundliche Konversation in den
sehr aufgeräumten Räumen. Nur die jüngste, psychisch labile Tochter
Sanne (Danica Curcic), die ihren Kiffer-Freund Dennis (Pilou Asbaek) mitgebracht hat, fällt mal wieder aus der Rolle.
SILENT HEART erzählt in ruhigen, sachlichen und sonnigen Bildern aushaltbar von einer unerträglichen Situation. Nur in wenigen Szenen dringt
der sorgfältig unter dem Deckel gehaltene Schmerz an die Oberfläche,
etwa als Sanne zusammenbricht und die Mutter bittet, sie noch nicht
allein zu lassen. Oder als – endlich – auch Heidis Fassade für einen neurotischen Moment zu bröckeln beginnt. Anhand seiner Personen beleuchtet Bille August, was der Sterbewunsch der Mutter nicht nur für Esther,
sondern auch für die anderen Familienmitglieder bedeutet. Dabei sind die
Männerrollen etwas schematisch geraten, der treusorgende Ehemann,
der aufgeweckte Sohn, der entspannte Kiffer. Paprika Steen aber spielt
die neurotische Übermutter Heidi, mit diesem ihr eigenen Blitzen in den
Augen, als hätte noch nie vor ihr jemand eine ähnliche Rolle verkörpert.
Wenn Sara Najafi mit den Behörden spricht, bleibt das Bild schwarz. Wir
hören nur, was die Beamten zu ihr sagen, aber sehen können wir die Männer nicht. Das hat legale Gründe, denn natürlich darf ihr Bruder, der Filmemacher Ayat Najafi die Termine nicht mitfilmen, die seine Schwester
im Kulturministerium von Teheran hat. Aber es ist auch das perfekte Bild
für das schwarze Loch in einem repressiven System, in dem die Bürokraten unsichtbar bleiben und niemand für irgendetwas verantwortlich
ist. Auf der anderen Seite sprechen die Beamten erstaunlich offen, wenn
sie sich in ihren eigenen vier Wänden unbeobachtet fühlen. Und da wird
auch ihr Motiv offenbar, das die Staatsdiener dazu anhält, die scheinbar
so harmlose Bitte der iranischen Komponistin abzuschlagen, die doch einfach nur ein Konzert mit weiblichen Solosängerinnen organisieren will:
Angst. Was ist, wenn jemand im Publikum plötzlich mit einem grünen
Schal winkt? Nur ein Funke und eine neue Revolution wird entfacht, und
das alles wegen ein paar Liedern und ihren Interpretinnen? Sara Najafi ist
eine bewundernswerte Frau, die beharrlich für ihre künstlerische Vision
kämpft, die natürlich eine hochpolitische ist: Die weibliche Solostimme
soll wieder öffentlich im Iran gehört werden. Sie möchte Lieder von
Qamar-ol-Moluk Vaziri, der Königin der persischen Musik, aufführen, die
lange vor der Revolution von 1979 über Tabus wie Alkohol und Sexualität sang. NO MAN’S LAND ist ein leidenschaftlicher Film, so wie seine
Protagonistin, die demonstrativ eine rote Hidschāb trägt. Er ist kraftvoll,
mitreißend, wütend, witzig, deprimierend, aberwitzig und zuversichtlich.
Das hat er mit FOOTBALL UNDER COVER gemeinsam, dem ersten Film
des in Berlin lebenden Ayat Najafi, der darin eine iranische Frauenfußballmannschaft porträtierte. D Jens Mayer
D Toni Ohms
Start am 24.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Eva Lichtspiele DF
¢ filmkunst66 DF
¢ Hackesche Höfe Kino
DF OMU
D 26
D MÄRZ 2016
OMU
Bille August’s drama shows the last
weekend get-together of a family.
Mother Esther has decided to take a
lethal dose of drugs, before ALS stops
her from administering it herself.
Start am 10.3.2016
¢ Brotfabrik Kino OMU , Premiere am
10.3. um 18 Uhr in Anwesenheit von
Regisseur Ayat Najafi
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
am 20.3. mit Filmgespräch
¢ Sputnik Kino OMU , am 18.3. um 19
Uhr in Anwesenheit des Regisseurs
Sara Najafi, an Iranian Composer,
wants to perform the songs of
Qamar-ol-Moluk Vaziri in Teheran, with
all-female soloists. She fights an anonymous bureaucratic system that fears
the tabooed subjects of the songs as
much as the female voice itself.
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INDIEKRITIKEN
CHAMISSOS SCHATTEN:
KAPITEL 1 ALASKA UND DIE
ALEUTISCHEN INSELN
Die ersten drei Stunden der Reise
Ein Blick auf die Reiseroute, bereits vor Monaten auf der Homepage von
Ulrike Ottinger veröffentlicht, lässt einen schwindelig werden: Vom 1. Juli
bis 7. Oktober 2015 zählt man 97 Reisetage, von denen die meisten Drehtage sind, dabei selten mehrere Tage am Stück am gleichen Ort. Eine –
wie nicht anders zu erwarten – ambitionierte Exkursion an das Ende der
Welt, das Beringmeer, ein fantastisches Entdeckungsland zwischen eurasischem und amerikanischem Kontinent, bereist und beschrieben in Worten und Bildern von einer der radikalsten deutschen Filmemacherinnen.
Berühmte Männer waren es, die hier bereits im 18. und 19. Jahrhundert
ihre Fußstapfen in Form von Log- und Tagebüchern hinterlassen haben:
Adelbert von Chamisso, Georg Wilhelm Steller, Captain James Cook,
deren Berichte in Ausschnitten von Hanns Zischler, Burkhart Klaußner,
Thomas Thieme gesprochen werden. Daneben und danach führt Ulrike
Ottinger eigene Bücher und spricht sie ein, kommentiert, erklärt und verführt auf der Tonspur. Sie, die große Neugierige, die Unerschrockene, die
Rastlose, die Kompromisslose, ist im Alter von 73 Jahren aktiver denn je
und präsentiert nun CHAMISSOS SCHATTEN, ein Gesamtkunstwerk von
12 Stunden Länge, das in drei Teilen ins Kino kommt und eingangs von ihr
selbst als „Kombination von Ethnologischem und Künstlerischem, Vergangenem und Gegenwärtigem“ beschrieben wird.
Das Verschmitzte und Verspielte, das das Werk Ulrike Ottingers seit den
Anfängen Mitte der 1970er Jahre auszeichnet, blitzt auch hier wieder auf,
wenn sie anstatt einer gängigen Computeranimation, die ihre See- und
Landfahrt veranschaulichen könnte, ihren eigenen Arm analog über eine
Start am 24.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Eva Lichtspiele OMU ,
Matinee am 27.3.
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
am 27.3.
OMU
OMU
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German avant-garde filmmaker Ulrike
Ottinger travels from Alaska to the Bering-Islands in her 12-hour documentary. This is the first part of her filmic
collage, a meditation about nature and
culture, history and modernity, art and
ethnography.
Deutschland 2016 D 190 min D R: Ulrike Ottinger D B: Ulrike Ottinger D K: Ulrike Ottinger,
Stefan Gohlke D S: Bettina Blickwede D D: Burghart Klaußner, Hanns Zischler, Thomas
Thieme D V: Real Fiction Filmerleih
alte Landkarte fahren lässt um uns geografisch auf die Reise einzustimmen. Ein wunderbares Do-it-yourself Tableau als Entsprechung für diesen
kolossalen Kunstfilm, für dessen Buch, Kamera und Regie sie allein verantwortlich ist.
Was sich fürs Publikum in den ersten drei Stunden des ersten Teils
(ALASKA UND DIE ALEUTISCHEN INSELN) nun elegisch entfaltet, lässt
sich am besten als filmische Collage beschreiben. Die Parameter von
Zeit, Chronologie und Kausalitäten interessieren Ottinger immer noch
genauso wenig wie dokumentarische Erzählkonventionen, und so beginnt
der epische Fluss aus Bildern und Worten schnell zu einer Meditation
über Natur und Kultur, Geschichte und Moderne, Kunst und Ethnografie
zu werden. Wir sehen durch das schwankende Bullauge ihrer Kabine,
erkunden in langsamen Schwenks die Meeres- und Berglandschaften,
und geben uns in atemberaubenden Totalen der Faszination einer wenig
berührten Natur hin.
Daneben wohnen wir immer wieder Begegnungen mit Menschen und
ihren Geschichten bei: Fischerinnen aus Alaska, Museumsmitarbeiter und
Ethnologinnen, Dorfbewohner und Geistliche, die bereitwillig aus ihrem
Leben erzählen und deren Gegenwärtigkeit die Historizität der eingesprochenen Welterkundungen kontrastiert. Wir erfahren aus alten Logbüchern, in welchem Alter und von welchem Geschlecht ein Biber sein sollte,
damit sein Fleisch besonders köstlich schmeckt, staunen über die bunt
bemalten Geisterhäuser über den Gräbern der indigenen Athabasca, lauschen zwei Frauen beim Gespräch über Lachsfang und erfahren über die
verschiedensten Zeiten und Formen der vermeintlichen Zivilisierung eines
Flecks Erde, der seit Jahrhunderten vom Zusammenspiel mit der Natur
geprägt war. Am Ende der ersten 192 Minuten kommen wir vorerst an, bei
einer alten Frau der Yupik-Familie, die von Beeren, Sprachen und ihrem
Leben berichtet. Doch die Reise ist noch lange nicht zu Ende und führt
uns mit TSCHUKOTKA UND WRANGELINSEL und KAMTSCHATKA UND
BERINGINSEL in zwei weiteren Teilen, die in den kommenden Monaten als
Teil dieses außergewöhnlichen Mammutprojekts ins Kino kommen, weiter
durch die filmische Weltentdeckung der Ulrike Ottinger, deren Betörung
man nach den ersten Stunden schon vollkommen verfallen ist. D Toby Ashraf
MÄRZ 2016 D
27 D
INDIEKRITIKEN
Deutschland 2016 D 96 min D R: Sobo Swobodnik D B: Sobo Swobodnik, Eckhard Geitz
D K: Sobo Swobodnik D S: Manuel Stettner D M: Elias Gottstein D D: Lena Morgenroth
D V: Partisan Filmverleih
SEXARBEITERIN
Alltag einer Freiberuflerin
Einen Berliner Sommer lang begleiten Sobo Swobodnik, Eckhard Geitz
und ihr Team die dreißigjährige Sexarbeiterin Lena Morgenroth durch
ihren Alltag. Dieser besteht ebenso aus Abrechnungen, Computerarbeit,
Telefonaten und Terminen wie aus Oralverkehr, Bondage, Tantra- und
Analmassagen. Die Erotik, Verspieltheit und Sinnlichkeit der Sitzungen,
die der Film ausführlich zeigt, stehen in klarem Kontrast zu der Pragmatik
und Neutralität, mit der Morgenroth ihren Kunden Preise und Leistungen
erklärt, von ihren Erfahrungen spricht oder ihre Finanzen durchsieht. In
einer Radiosendung reflektiert sie über ihren Job und erklärt unter anderem, dass sie wie viele Kolleginnen, die sexuelle Dienstleistungen, nicht
aber Geschlechtsverkehr anbieten, lieber von Sexarbeit als von Prostitution spricht – vor dem Gesetz werden allerdings alle diese Tätigkeiten als
Prostitution behandelt.
Die schwarz-weißen Momentaufnahmen aus Morgenroths Arbeitsalltag
und Privatleben schaffen Distanz und verstärken die exemplarische Position des Dokumentarfilms: Sexarbeit ist eine Erwerbstätigkeit wie jede
andere auch, eine Dienstleistung, die von der meist weiblichen Arbeiterin freiwillig und aus persönlicher Überzeugung erbracht wird. Durch
den offenen Umgang aller im Film Anwesenden – auch von der Mutter
und Großmutter erzählt Lena, dass sie sich eher um die Finanzen als die
Tätigkeit an sich sorgen – wird ein Diskurs ermöglicht, der, ginge es nach
Alice Schwarzer, gar nicht erst zur Sprache kommen sollte. Ist eine Frau
selbstbestimmt und frei, wenn sie allein entscheidet, wie sie mit ihrem
Körper umgeht, oder wenn die Gesellschaft dieser Frau vorschreibt, ihr
Körper sei ihr Eigentum und unantastbar? SEXARBEITERIN entscheidet
sich für Ersteres. D Lili Hering
Start am 3.3.2016
¢ Brotfabrik Kino
D 28
D MÄRZ 2016
The film portrays the life and work routines of sexworker Lena Morgenroth.
Frankreich/USA 2015 D 75 min D R: Laurie Anderson D B: Laurie Anderson D K: Toshiaki
Ozawa, Laurie Anderson, Joshua Zucker-Pluda D S: Melody London, Katherine Nolfi
D M: Laurie Anderson D D: Jason Berg, Bob Currie, Dustin Guy Defa D V: Arsenal Filmverleih
HEART OF A DOG
Abschiedslied
Die Multimedia-Pionierin Laurie Anderson hatte einmal einen Rat Terrier –
eine amerikanische Hunderasse, die für Kämpfe in der „rat pit“ gezüchtet
wurde, bei denen es darum ging, innerhalb einer bestimmten Zeit möglichst viel Ratten zu töten. Andersons Rat Terrier hieß Loolabelle und hatte
eine Trainerin, Elizabeth, die dem Tier unter anderem Malen, Bildhauerei
und Klavierspielen beibrachte. Laurie Anderson fand die Weihnachtsplatte, die Loolabelle aufnahm – eine avantgardistische Interpretation
von „Jingle Bells“ – nicht übel. Als nacheinander Andersons Mutter, ihr
Lebenspartner Lou Reed und Loolabelle starben, drehte sie HEART OF
A DOG als eine Art Abschiedslied und Reflexion über den Tod und das
Sterben. HEART OF A DOG ist ein poetischer, assoziativer Film. Andersons Stimme – wie immer zugleich elegisch und ironisch, pathetisch
und komisch – spricht über assoziativen und verfremdeten Bildern aus
Super 8-Familienfilmen, Zeichnungen, dokumentarischen Einsprengseln,
Videotagebüchern, Natureindrücken, Erinnerungsbildern und Visionen.
Ratschläge ihres buddhistischen Lehrers Mingyur Rinpoche („Lerne, dich
traurig zu fühlen ohne traurig zu sein“) und Geschichten aus dem Tibetanischen Buch der Toten spielen dabei eine ebenso große Rolle wie die
buddhistische Vorstellung des „Bardo“, der Zwischenwelt, in der die Toten
die irdischen Dinge und das Begehren abstreifen sollen. HEART OF A DOG
hat etwas von einem illustrierten Soundtrack, er lädt ein, den Assoziationen Andersons zu folgen, sich zu entspannen und die eigenen Gedanken
mitfließen zu lassen. Der Soundtrack, auf dem sich sowohl Andersons
Stimme als auch die Musik befindet, ist übrigens auch als Album erschienen. Als Hörspiel funktioniert HEART OF A DOG ebenfalls. Anderson Fans
würde ich trotzdem empfehlen, zuerst den Film zu sehen, der noch einmal
zusätzliche Assoziationsräume schafft. D Hannes Stein
Start am 24.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
OMU
OMU
When her mother, her partner Lou
Reed and her dog Loolabelle die in
short succession, multimedia artist
Laurie Anderson decides to film HEART
OF A DOG, a meandering collage about
death and the art of saying good bye.
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
3. MÄRZ | 20:00 UHR
BERLIN PREMIERE
HACKESCHE HÖFE
Deutschland 2016 D 128 min D R: Hans Steinbichler D B: Fred Breinersdorfer D K: Bella
Halben D S: Wolfgang Weigl D M: Sebastian Pille D D: Lea van Acken, Martina Gedeck,
Ulrich Noethen D V: Universal Pictures Germany
IM ANSCHLUSS
FILMGEPRÄCH
MIT REGISSEURIN
CLAUDIA SCHMID UND
T R A U M AT H E R A P E U T I N
THÉRÈSE MEMA MAPENZI
I N KO O P E R AT I O N M I T
MISSIO
VOICES OF
V IO L ENC E
8. MÄRZ
PREVIEW
IM LICHTBLICK KINO
DAS TAGEBUCH DER
ANNE FRANK
A B 10. M Ä R Z
IM KINO
HACKESCHE HÖFE &
LICHTBLICK KINO
Bemüht ums Original
Die Verfilmung beginnt in einer Zeit vor Annes Tagebucheinträgen. 1935
ist die Welt immerhin noch marginal in Ordnung. Die Franks scheinen in
Holland einigermaßen sicher, gerade sind sie aber zu Besuch bei Verwandten in der Schweiz, man sitzt im Gras, die Sonne scheint. Die kurze
Szene erzählt von einem guten, wenn auch prekären bürgerlichen Leben.
Wenn Anne sich später aus ihrem Versteck nach draußen sehnt, wird sie
an die Tage in der Schweiz denken, an das Licht, das unglaublich grüne
Gras, und die Weite des Himmels. In der geheimen Wohnung über 160215_voices_of_violence_RZ.indd
den
1
15.02.16
Werkräumen der Opekta-Vertretung kommt das Licht durch verstaubte,
verhängte Fenster, die niemals geöffnet werden dürfen. Hier leben Anne,
ihre Schwester Margot, die Eltern, Herr und Frau van Pels mit Sohn Peter
und der Zahnarzt Fritz Pfeffer fast zwei Jahre lang, bevor sie von der SS
verhaftet und deportiert werden. Hans Steinbichler hat aus der weltberühmten literarischen Vorlage solides narratives Kino gemacht und sich
zugleich bemüht, Annes unverwechselbare, gescheite, unduldsame Teenager-Tagebuchstimme so viel wie möglich zu Wort kommen zu lassen.
Manchmal spricht Lea von Acken als Anne Sätze direkt in die Kamera,
manchmal spricht sie Dialoge, die offenbar aus den Notizen stammen
und wie gedruckt klingen. Am weitesten lehnen Steinbichler (WINTERREISE) und Drehbuchautor Fred Breinersdorfer (SOPHIE SCHOLL – DIE
LETZTEN TAGE, ELSER) sich mit dem Ende aus dem Fenster: Statt wie
das Tagebuch mit der Verhaftung zu enden, erzählen sie noch ein Stück
Ab 3. März
weiter, bis zu dem Zeitpunkt, als die Familie auseinandergerissen wird
im Kino !
und Anne zur Haftinsassin in Auschwitz wird. Angesichts der Tatsache,
dass der Film sich an Jugendliche richtet, für die die historischen Ereignisse mit jeder Generation weniger präsent sind, ist das eine gute EntEIN FILM VON ALEXANDER SOKUROV
scheidung. D Hendrike Bake
Start am 3.3.2016
¢ b-ware!ladenkino ab 17.3.
¢ Eva Lichtspiele ab 17.3.
Hans Steinbickler has made a
respectable narrative film out of the
world-famous book while also letting
Anne’s distinct, bright, and impatient
teenager diary voice shine through.
11:48
»Eine faszinierende Meditation über den Louvre und
die Bedeutung der Kunst im Geist der Zivilisation!« variety
»Kühn und souverän … .« the guardian
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FF_indiekino.indd 1
08.02.16 14:00
INDIEKRITIKEN
USA 2015 D 100 min D R: Barry Levinson D B: Mitch Glazer D K: Sean Bobbitt D S: Aaron
Yanes D M: Marcelo Zarvos D D: Bill Murray, Zooey Deschanel, Bruce Willis D V: Splendid
Film GmbH
ROCK THE KASBAH
Murmeltier am Hindukusch
Originaltitel: Voices of Violence D Deutschland 2016 D 92 min D R: Claudia Schmid
D B: Claudia Schmid D K: Claudia Schmid D S: Kawe Vakil D V: mindjazz pictures
VOICES OF VIOLENCE –
STIMMEN DER GEWALT
Frauen klagen an
Wenn Afghanistan den Superstar sucht, machen das die Männer unter
sich aus. Frauen sind in der beliebten TV-Castingshow „Afghan Star“ nämlich nicht erlaubt, sehr zum Verdruss der Dorfvorsteher-Tochter Salima
(Leem Lubany), die ihr Gesangstalent zwar gern zur Hauptsendezeit
beweisen würde, als Frau aber eben nicht am Casting teilnehmen darf.
Der verlotterte Musikproduzent Richie Lanz (Bill Murray) verweilt unterdessen in Kabul, um ein Konzert für die US-Truppen zu organisieren. Die
letzte ihm verbliebene Sängerin Ronnie (Zooey Deschanel) macht sich
allerdings kurz nach der Landung aus dem Staub – und nimmt Richies
Geldbeutel mitsamt Ausweisdokumenten mit. Damit steht Richie allein
auf weiter Flur und verstrickt sich in allerhand Deals, bevor er im Zuge
eines Waffenhandels genau das Dorf erreicht, in dem Salima lebt. Klar,
dass Lanz ihre liebliche Stimme sofort heraushört (die Akustik einer
Natursteinhöhle tut das Übrige). Fortan setzt er alle Hebel in Bewegung,
um die verhinderte Sängerin in die Castingshow zu holen.
Ein bißchen lustlos wirkt Richie Lanz ja schon, wenn er derangiert durch
die afghanische Wüste und Kabuls Gassen schlendert. Ein bißchen behäbig wirkt die Gesellschafts-Komödie auch als Ganzes. Ein paar Handlungsfäden laufen sang- und klanglos aus, und die Konflikte bleiben aller satirischen Spitzen zum Trotz eher der Oberfläche verhaftet. Es macht aber
dennoch Spaß, dem Schlamassel beizuwohnen, in das sich Bill Murray
verstrickt. Die interessanten Frauenfiguren und die völlig unpatriotische
Darstellung der US-Streitkräfte am Hindukusch gefallen ebenfalls. Und
dann ist da natürlich noch Bill Murray, der hier seine Rolle als grummeliges Murmeltier rekapituliert, mit der er schon LOST IN TRANSLATION
oder BROKEN FLOWERS ein i-Tüpfelchen aufsetzte. D Christian Horn
Start am 24.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
ab ca. 31.3.
¢ filmkunst66 OMU
¢ Hackesche Höfe Kino
DF OMU
D 30
D MÄRZ 2016
OMU
Bill Murray plays music producer
Richie Lanz who is stuck in Afghanistan. When he discovers the talented
Salima, he decides to help her
compete in the men-only casting show
“Afghan Star”.
„Wir haben viel gelitten.“ Dieser eindringliche Satz wird oft wiederholt,
wie eine Beschwörung, zugleich schlichte Zusammenfassung und Ausdruck eines Grauens, das schier unaussprechlich scheint. Während des
kongolesischen Bürgerkriegs waren Frauen systematischen Massenvergewaltigungen ausgesetzt, Teil einer perfiden Kriegsstrategie, die auf die
totale Auslöschung des Gegners abzielt. Nicht nur Hab und Gut werden
genommen, Körper zerstört, sondern auch Herz, Verstand und Würde.
Dankenswerterweise unterlässt es Regisseurin Claudia Schmid, die Verbrechen durch traumatisierende Bilder zu verdeutlichen. Die Schilderungen der Taten kommen von den Opfern selbst, die damit ein Tabu ihrer
Gesellschaft brechen: Sexuelle Gewalt ist zwar weit verbreitet, wird aber
bei Bekanntwerden den Opfern angelastet. Die Frauen, die hier im Interview ihre Stimmen erheben, klagen dennoch an und wünschen, dass die
Kriminellen zur Rechenschaft gezogen werden. Einige der Opfer agieren
ihre Geschichten gestisch aus im Versuch, eine körperliche Vermittlung
des Erlebten zu finden. VOICES OF VIOLENCE geht jedoch über die Aufnahme von Zeugnissen hinaus. Am gesellschaftlichen Umgang mit den
vielfältigen Auswirkungen der Kriegswaffe Vergewaltigung wird gezeigt,
wie wenig sich die aufs männliche Wohlergehen ausgerichtete Kultur
um die Bedürfnisse von Frauen schert. Ohne Gewissensbisse erklären
Männer in die Kamera, wie sie Frauen als Besitz betrachten. Die Alltäglichkeit der Ungleichheit erschwert den Neuanfang nach dem erlittenen
Leid. Dennoch kann Schmids Film von Erfolgen berichten: In Selbsthilfegruppen und mit therapeutischer Begleitung finden die Frauen Wege, ihr
Leben und das ihrer Familien wieder aufzubauen. D Anna Stemmler
Start am 10.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Hackesche Höfe Kino OMU Premiere
mit Gästen am 3.3. um 20 Uhr
OMU
In the Congolese civil war women were
systematically raped as a method of
war. In VOICES OF VIOLENCE they
speak of their trauma and demand
justice at the risk of becoming a target
once again.
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INDIEKRITIKEN
DER WERT DES MENSCHEN
Allerhöchste Schauspielkunst
Thierry ist 51, aber er ist einer dieser Männer, die schon immer älter ausgesehen haben, als sie sind. Permanent zieht er die Augenbrauen hoch,
so dass seine Stirnfalten sich zu tiefen Sorgentälern eingegraben haben.
Thierry ist ein großer, kräftiger Mann. Vielleicht wirkte er einmal tatkräftig,
als er seinen Job als Maschinenprogrammierer noch hatte, aber die Firma
hat vor einigen Monaten radikal Stellen gekürzt, obwohl sie rentabel war.
Der Betriebsrat will die Geschäftsführung noch zur Verantwortung ziehen, aber Thierry hält nichts mehr davon. Für seine mentale Gesundheit
wäre es wichtiger, nach vorn zu sehen, sagt er. Aber vorn ist bis auf weiteres nichts in Aussicht. Das Arbeitsamt hat ihm eine Umschulung zum
Kranfahrer aufgedrückt, aber Kranfahrer ohne Baustellenerfahrung stellt
niemand ein. Fünf verlorene Monate, sagt Thierry. Bald wird er nur noch
500 Euro vom Amt bekommen, dann kann er seine Rechnungen nicht
mehr zahlen, auch nicht die 300 Euro, die die Schule seines behinderten
Sohns jeden Monat kostet, für dessen Ausbildung er tut was er kann, über
dessen Witze er lacht, den er wäscht und ankleidet und für den er jede
Erniedrigung erträgt. Aber was kostet die Liebe zu einem Menschen? Was,
wenn ein anderer Mensch, den man flüchtig kennt, darum stirbt? Was der
Start am 17.3.2016
¢ b-ware!ladenkino DF OMU
¢ Brotfabrik Kino OMU
¢ filmkunst66 DF
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
Tip-Preview am 2.3. um 20 Uhr
¢ Il Kino OMEU
¢ Sputnik Kino OMU
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51 year old Thierry, played by Vincent
Lindon who won the Silver Palm at
Cannes 2015 for his performance,
loses his job as an IT engineer and
struggles hard to keep his life together.
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Originaltitel: La Loi du marché D Frankreich 2015 D 93 min D R: Stéphane Brizé
D B: Stéphane Brizé, Olivier Gorce D K: Eric Dumont D S: Anne Klotz D D: Vincent Lindon,
Karine De Mirbeck, Matthieu Schaller D V: Temperclayfilm
deutsche Titel DER WERT DES MENSCHEN verrätselt, definiert der französischen Originaltitel sehr genau: LA LOI DU MARCHÉ, das Gesetz des
Marktes bestimmt, mit welcher Summe ein Menschenleben zu beziffern
ist.
Stéphane Brizés Film erinnert manchmal an Dietrich Brüggemanns KREUZWEG. Hier wie da sind es – mindestens in der ersten Hälfte – beispielhafte
Szenen eines Passionswegs, in denen sich die Kamera bei Brüggemann
gar nicht bewegt, während sie hier zwischen den Personen hin und her
schwenkt. In beiden Filmen erlöst kein Schnitt aus fürchterlichen Lagen.
Brizés Film ist allerdings besser durchdacht und besser gespielt, so gut,
dass Hauptdarsteller Vincent Lindon in Cannes die Silberne Palme als
bester Darsteller erhielt. Lindon zeigt hier allerhöchste Schauspielkunst,
ohne dass er dafür emotionale Ausbrüche simulieren müsste. Ihm reicht
ein Gesichtsausdruck, und dennoch sieht man, dass es in ihm denkt, man
meint sogar zu ahnen, was er denkt, es zeigt sich in seiner Körperhaltung
und in den zweifelnden Blicken zur Seite und von unten herauf zu denen,
die glauben, über ihn urteilen zu können. Thierry ist ein Mann, der kurz
vor der Explosion steht, aber er ist nicht der Typ, dem das Explodieren
leicht fällt.
Wer je geglaubt hat, dass der soziale Realismus ein scheintoter Stil wäre,
mag sich von diesem Film das Herz zerreißen lassen. Zwischen anderen Demütigungen auf dem Arbeitsamt oder beim Bewerbungstraining
in einem Assessment Center lernt Thierry zusammen mit seiner Frau
Rock’n’Roll tanzen, tapst dabei ein wenig unbeholfen aber enthusiastisch aus der Reihe und wird sofort von einem unangenehmen Tanzlehrer
zurecht gewiesen. Aber später, zuhause, legt er eine Platte auf und tanzt
mit seiner Frau wie es ihnen gefällt, und auf Thierrys traurigem Gesicht
breitet sich ein solches Leuchten aus, dass dieser flüchtige Moment des
Glücks nicht nur einen Anspruch, sondern eine Notwendigkeit formuliert:
Nur im Glück kann Thierry seine Menschlichkeit voll entfalten. Wie er sich
verhält, wenn sein neuer Job als Warenhausdetektiv darin besteht, Menschen ins Unglück zu stürzen, wird sich zeigen. D Tom Dorow
MÄRZ 2016 D
31 D
INDIEKRITIKEN
Deutschland 2015 D 76 min D R: Tor Iben D B: Tor Iben D K: Manuel Ruge D S: Markus
Morkötter D M: William Kudahl Sørensen D D: Cem Alkan, Martin Walde, Neil Malik Abdullah
D V: Pro-Fun
KEIN ZICKENFOX!
WO WILLST DU HIN, HABIBI?
Augenzwinkernder Witz
Nach schwulen Türken muss man in der deutschen Filmgeschichte schon
sehr genau suchen. LOLA UND BILIDIKID (1999) fiele einem da ein, STRAIGHT (2007) und zuletzt EVET, ICH WILL (2008) von Sinan Akkus, immerhin auch schon acht Jahre her. Wenig Aufmerksamkeit hat bislang der
autodidaktische Filmemacher Tor Iben erhalten, der das Thema 2011 in
seinem Film CIBRÂIL aufgriff und nun mit WO WILLST DU HIN, HABIBI?
das abliefert, was man als dramatischen Feelgood-Film bezeichnen
könnte. Newcomer Cem Alkan spielt Ibo, einen studierten Deutsch-Türken, der seinen Unterhalt heimlich in einem schwulen Pornokino verdient
und eines Tages sehr überraschend den Kleinganoven Alexander bei sich
versteckt. Alexander ist ein heterosexueller, muskulöser Proll, in den sich
Ibo verliebt und der im Verlauf des unvorhersehbaren bis unwahrscheinlichen Drehbuchs zu einem guten Freund wird. Es steckt oft etwas Naives, Märchenhaftes in dieser Inszenierung, die uns darüber im Unklaren
lässt, ob es hier um Abbildung realer Zustände (Ibo wird später von seiner
Schwester zwangsgeoutet und zieht bei seiner türkischen Familie aus)
geht oder um ein schönes Phantasma, das nach 80 Minuten in einem
versöhnlichen Happy End kulminiert. Und genau darin liegt der Reiz
des Films, der in den Hauptrollen mit türkisch-stämmigen und in vielen
Nebenrollen mit schwarzen SchauspielerInnen besetzt wurde und eine
klare Botschaft hat. Natürlich geht es um Alltagsrassismus und Homophobie, um Zugehörigkeit und kulturelle wie sexuelle Identität, nur inszeniert Iben diese Themen mit einer großen Leichtfüßigkeit und Sympathie,
die fernab des migrantischen Problemfilms liegt. Dem Cast merkt man
seine Spielfreude in jeder Szene an und der augenzwinkernde Witz, der
das große Drama immer wieder durchbricht, macht den Film oft zu einer
vergnüglichen Reise in eine neu erdachte Berliner Realität. D Toby Ashraf
Start am 10.3.2016
¢ Xenon Kino
D 32
D MÄRZ 2016
Ibo, an educated gay German of Turkish descent, secretly works in a gay
porn cinema, until one day he hides
the small time criminal Alexander,
a heterosexual, muscular working
class guy.
Mit 66 Mitgliedern ist das „Frauenblasorchester Berlin“ das größte der
Welt. Seit 2003 musizieren die Frauen zwischen 20 und 70 unter der Leitung von Astrid Graf zusammen. Sie spielen quer durch die Genres und
sind schon in Bierzelten und in der Philharmonie aufgetreten. Mithilfe von
Crowdfunding ist nun ein fröhlicher Film entstanden, der erklärt: „Warum
Hornistinnen viel Bier trinken müssen. Weshalb ohne Tuba der Bass im
Leben fehlt. Was ein Zickenfox ist.“, und der bereits eine Reihe von Publikumspreisen eingeheimst hat.
Start am 17.3.2016
¢ Acud Kino ab 17.3.
¢ Bundesplatz Kino im Rahmen der
Berlin-Film Matinee
¢ City Kino Wedding
Deutschland 2015 D 69 min
D R: Kerstin Polte
SAHARA SALAAM
Zwischen 2001 und 2012 ist Wolf Gaudlitz immer wieder in die Sahara
gereist, in das Gebiet, in dem die Berber und die Tuareg zuhause sind.
Weder für Dreharbeiten noch für sein mobiles Kino, mit dem er Filme
in die entlegensten Winkel bringt, hat er eine behördliche Genehmigung.
Was er hat, ist Zeit. Zeit, sich einzulassen, zuzuschauen, Umwege zu
machen und seinen Gedanken nachzuhängen. In SAHARA SALAAM hat er
Gedanken, Begegnungen und Wüstenbilder aus 10 Jahren zu einer exzentrischen und eben darum faszinierenden Montage zusammengestellt.
¢ Sputnik Kino, am 9.3. um 19 Uhr
Filmgespräch mit Regisseur Wolf
Gaudlitz
Deutschland 2014 D 113 min D R: Wolf
Gaudlitz
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Folge meiner Stimme
Were Dengê Min
Ein Film von Hüseyin Karabey
Erzählt von Meral Perin
Istanbul Film Festival, Türkei
Audience Award, Best Music Award,
CineEurope Award
Milano Film Festival
Italien
Audience Award
BIRNENKUCHEN MIT LAVENDEL
Mar de Plata International
Film Festival, Argentinien
Best Film Award, Audience Award,
Special Mention Award
BIRNENKUCHEN MIT LAVENDEL ist ein rundum freundlicher, sonnendurchfluteter Provence-Film über das Anderssein und das Sich-Trotzdem-Zusammentun. Louise hält mehr schlecht als recht den Obstbaubetrieb ihres verstorbenen Mannes aufrecht. Eines Tages fährt sie einen
Fremden an und nimmt ihn mit zu sich nach Hause. Auf den ersten Blick
wirkt der adrett gekleidete Mann schüchtern, bei näherer Betrachtung
stellt sich heraus, dass Pierre einige sehr bizarre Eigenarten hat: Er beantwortet Fragen wörtlich, räumt gerne auf und hat ein ungewöhnliches Verhältnis zu Zahlen.
Start am 10.3.2016
¢ Eva Lichtspiele
DF
ab 24.3.
Originaltitel: Le Goût des merveilles
D Frankreich 2015 D 100 min D R: Éric
Besnard
Anchorage International Film Festival, USA/Alaska
Runner-up Feature Film Award
Sofia International Film Festival
Bulgarien
Best Balkan Film Award
Duhok International Film Festival
Irak
Best Actresses Award
Ab 17. März im Kino
www.folgemeinerstimme-film.de f
AB 24. MÄRZ IM KINO
POWER TO CHANGE –
DIE ENERGIERREBELLION
POWER TO CHANGE blickt auf bisherige Erfolge und Misserfolge im Kampf
um die Umstellung auf erneuerbare Energien und versteht sich selbst als
Propagandafilm für die Energiewende: „Wir können unsere Energiegewinnung dezentral organisieren, wir können Deutschland zu 100 % mit
erneuerbaren Energien versorgen. Die Wende ist möglich! Die Energiewende nur ein idealistischer Traum? Das wird nach dem Film POWER TO
CHANGE niemand mehr behaupten können!“
Start am 17.3.2016
¢ b-ware!ladenkino OMU
¢ Sputnik Kino OMU
Deutschland 2016 D 90 min D R: Carl-A.
Fechner D D: Amir Roughani, Ganna Gladkykh, Hans-Josef Fell
www.arsenalfilm.de
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WEITERINDIEKINO
USA/Großbritannien 2016 D 100 min D R: Joel Coen, Ethan Coen D B: Joel Coen, Ethan
Coen D K: Roger Deakins D S: Joel Coen, Ethan Coen D M: Carter Burwell D D: George
Clooney, Josh Brolin, Scarlett Johansson D V: Universal Pictures Germany
BROOKLYN –
EINE LIEBE ZWISCHEN ZWEI WELTEN
Die junge Eilis sieht Anfang der 50er Jahre keine Zukunft in der irischen
Kleinstadt, in der sie mit ihrer Mutter und Schwester lebt. Der Pfarrer vermittelt ihr einen Job in New York und so tritt sie in einer fensterlosen Kabine
die Überfahrt an. In Brooklyn wohnt sie in der Pension von Mrs. Kehoe,
arbeitet in einem Kaufhaus und hat großes Heimweh. Einzige Abwechslung
sind die Tanzveranstaltungen der katholischen Gemeinde, bei denen sie
eines Tages Tony, einen jungen italienischen Klempner, kennenlernt.
HAIL, CAESAR!
Eine kleine Portion Traum
Der neue Film der Coen-Brüder ist eine entzückende, mäandernde,
verspielte Hommage an das gute alte Hollywoodkino. Der Film spielt in
einem Filmstudio der 50er Jahre. Das aktuelle Großprojekt ist ein Sandalen-Monumentalfilm mit dem Titel HAIL, CAESAR!, eine Variante der
Jesus-Geschichte, mit dem gut aussehenden aber strohdummen Baird
Whitlock (George Clooney) in der Hauptrolle. Als Baird von einer ominösen Bande namens „Die Zukunft“ entführt wird, drohen Millionenverluste
und Eddie Mannix (Josh Brolin), der Problemlöser des Studios, muss ran.
In den hanebüchenen Plot, der sich in Folge entfaltet, bauen die Coens
so viel klassisches Hollywoodkino ein, wie möglich: Es gibt es ein pompöses Wasserballett mit Badenixe (Scarlett Johansson), steppende, schwule
Matrosen, den maulfaulen Westerndarsteller Hobey (Alden Ehrenreich),
der einen Salto von einem Pferd zum anderen macht, Gitarre spielt und
die ganze Chose rettet, und einen schwergewichtigen Off-Kommentar:
„Die Kommunisten genießen einen seltenen Moment der Muße“.
Das ist alles enorm lustig und gleichzeitig enorm liebevoll, fast schon ein
bisschen wehmütig. Hobies Westernstunts sind tatsächlich akrobatisch,
die Stepptanzszene sehr hübsch choreografiert und komplett ausgespielt.
Eigentlich, so denkt man, würden die Coens vielleicht gerne mal einen
Film drehen, in dem eine Regieanweisung allen Ernstes lauten könnte: „In
der Feuerschalenszene wird Leidenschaft zu Inbrunst“. Aber im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen wissen sie, dass das nicht mehr geht. Das
große alte Hollywoodkino, das „eine kleine Portion Traum gegen den
Schmerz der sich abschuftenden Massen“ produzierte, ist unwiderruflich
vergangen. Der suspense of disbelief funktioniert nur noch über Bande.
Und tatsächlich war es, ist es, ja auch eine kapitalistische Verdummungsmaschine. Aber schön war es doch. D Hendrike Bake
Start am 18.2.2016
¢ b-ware!ladenkino DF OMU
¢ Bundesplatz Kino DF OMU
¢ filmkunst66 OMU
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
D 34
D MÄRZ 2016
The new venture by the Coen Brothers
is a sprawling homage to a bygone era.
In a Hollywood studio in the 1950s
Baird Whitlock (George Clooney),
the lead of the new production HAIL,
CAESAR!, is kidnapped.
¢ Acud Kino DF
¢ b-ware!ladenkino DF OMU
¢ Bali Kino DF
¢ Bundesplatz Kino DF OMU
¢ City Kino Wedding DF OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
¢ Sputnik Kino DF OMU
Kanada/Irland/Großbritannien 2015
D 105 min D R: John Crowley D D: Jim
Broadbent, Julie Walters, Saoirse Ronan,
Domhnall Gleeson, Emory Cohen, Michael
Zegen
MUSTANG
Nachdem es im Dorf Tratsch gegeben hat, erhalten fünf junge türkische
Mädchen Hausverbot. Immer höher ziehen die Großmutter und der Onkel
die Mauern und Zäune und schließlich beginnen sie, die Mädchen eine
nach der anderen zu verheiraten. Resigniert, zornig oder verzweifelt ergeben sie sich in ihr Schicksal. Nur Lale, die Jüngste, plant methodisch den
Ausbruch aus dem Gefängnis der Tradition, in dem sie und ihre Schwestern vom Regime der Erwachsenen festgehalten werden. Ein zorniger,
energiegeladener Debütfilm.
¢ b-ware!ladenkino DF OMU
¢ Bundesplatz Kino DF OMU
¢ City Kino Wedding DF OMU
¢ Eva Lichtspiele DF
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
¢ Il Kino OMEU
Deutschland/Frankreich/Türkei 2015
D 97 min D R: Deniz Gamze Ergüven
D D: Güneş Nezihe Şensoy, Doğa Zeynep
Doğuşlu, Elit İşcan, Tuğba Sunguroğlu,
İlayda Akdoğan
WEITERINDIEKINO
69 TAGE HOFFNUNG CAROL
¢ b-ware!ladenkino
¢ b-ware!ladenkino
ABOVE AND BELOW
COLONIA DIGNIDAD
¢ b-ware!ladenkino, filmkunst66, Filmrauschpalast, Il Kino
ALS WIR DIE
ZUKUNFT WAREN
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Brotfabrik
Kino, Hackesche Höfe Kino
ANOMALISA
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino,
Il Kino
BIG SHORT
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino
B-MOVIE:
LUST & SOUND
IN WEST BERLIN
¢ City Kino Wedding, Filmrauschpalast,
Sputnik Kino
DAS BRANDNEUE
TESTAMENT
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Il Kino
DER BUNKER
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino
¢ b-ware!ladenkino, Sputnik Kino
THE DANISH GIRL
¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino
ES IST SCHWER
EIN GOTT ZU SEIN
¢ Z-inema am 1.3.um 20 Uhr
EWIGE JUGEND
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Il Kino
FAMILIE HABEN
¢ Brotfabrik Kino
FEUER BEWAHREN,
NICHT ASCHE
ANBETEN
¢ b-ware!ladenkino
FREUNDE FÜRS
LEBEN
¢ Acud Kino, Bundesplatz Kino, Eva
Lichtspiele, fsk-Kino am Oranienplatz,
Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino
THE HATEFUL 8
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding,
Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino
HELLO, I AM DAVID!
¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz
Kino, Hackesche Höfe Kino
HOLY COW
¢ b-ware!ladenkino
IM SCHATTEN DER
FRAUEN
¢ b-ware!ladenkino
IRAQI ODYSSEY
¢ b-ware!ladenkino (3D)
JANIS:
LITTLE GIRL BLUE
¢ City Kino Wedding
JOY – ALLES AUSSER
GEWÖHNLICH
¢ b-ware!ladenkino
DER JUNGE UND
DIE WELT
¢ b-ware!ladenkino
KIRSCHBLÜTEN UND
ROTE BOHNEN
¢ b-ware!ladenkino
DER KUAFÖR AUS
DER KEUPSTRASSE
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino
LOUDER THAN
BOMBS
SEARCHING FOR
SUGAR MAN
LOVE 3D
SPOTLIGHT
¢ b-ware!ladenkino, Il Kino
¢ b-ware!ladenkino
MIDNIGHT SPECIAL
¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast,
Hackesche Höfe Kino
MONTANA SACRA
¢ Z-inema am 15.3.um 20 Uhr
MR. HOLMES
¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino
NICHTS PASSIERT
¢ Acud Kino, Sputnik Kino
PROJEKT A
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding
THE REVENANT
¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast,
Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino
DAS SALZ DER
ERDE
¢ Il Kino
¢ Sputnik Kino
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Eva Lichtspiele, filmkunst66,
Filmrauschpalast
SÜDAFRIKA –
DER KINOFILM
¢ Eva Lichtspiele
SUFFRAGETTE
¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz
Kino, Eva Lichtspiele, Sputnik Kino
UNSERE KLEINE
SCHWESTER
¢ b-ware!ladenkino
WHERE TO INVADE
NEXT
¢ b-ware!ladenkino, Il Kino
INDIEKINDER
KINDERFILME A–Z
ARLO & SPOT
USA 2015 D R: Peter Sohn, John Lasseter,
Lee Unkrich D 94 min, FSK: 6
Der gutmütige und sehr ängstliche Dinosaurier Arlo fällt in einen
Fluß und wird forgeschwemmt.
Zum Glück trifft er den Menschenjungen Spot.
¢ b-ware!ladenkino (3D)
UNSERE WILDNIS
Nach NOMADEN DER LÜFTE und UNSERE OZEANE kommt von den
renommierten Naturfilmern Jacques Perrin und Jacques Cluzaud nun
UNSERE WILDNIS ins Kino. Der Film hat erstmals auch eine historische
Dimension, bei der es um die Entwicklung der europäischen Fauna und
Flora seit der Eiszeit und um ihre zunehmende Zerstörung durch den
Homo Sapiens geht. Im Zentrum stehen aber nach wie vor die Tiere, insbesondere in ihrer putzigen Jungtiervariante, brillant gefilmt im Wechsel
der Jahreszeiten.
Start am 10.3.2016
Frankreich/Deutschland 2015 D 97 min
D R: Jacques Perrin, Jacques Cluzaud
¢ Sputnik Kino
HEIDI
Deutschland/Schweiz 2015 D R: Alain
Gsponer D 111 min, FSK: oA, empfohlen
ab 7
Neuverfilmung des Kinderbuchund Serien-Klassikers mit Bruno
Ganz als Almöhi.
¢ Acud Kino
¢ Bundesplatz Kino
BIBI & TINA:
MÄDCHEN GEGEN
JUNGS
Deutschland 2015 D R: Detlev Buck
D 111 min, FSK: oA, empfohlen ab 10
Bibi und Tina fahren ins Zeltlager
wo sie beim Geo-Caching gegen
die Jungs antreten.
¢ b-ware!ladenkino
¢ Bali Kino
KÄPT’N SÄBELZAHN
UND DER SCHATZ
VON LAMA RAMA
Norwegen 2014 D R: John Andreas Andersen, Lisa Marie Gamlem D 97 min, FSK: oA,
empfohlen ab 8
Käpt’n Säbelzahn, der Waisenjunge Pinky und das Mädchen
Raven machen sich auf nach
Lama Rama, um den Schatz von
König Rufus zu heben.
¢ Sputnik Kino
FEUERWEHRMANN
SAM
USA 2016 D R: Gary Andrews D 63 min,
FSK: oA
Feuerwehrmann Sam und seine
Kollegen freuen sich über eine
nagelneue Feuerwache und haben
nach einem Sturm viel zu tun.
Animation.
¢ filmkunst66
ZOOMANIA
Zootropolis ist eine Stadt, in der ausschließlich Tiere zusammenleben,
jede Art nach den eigenen Bedürfnissen, Mäuse in kleineren Häusern,
Elefanten in größeren. Officer Judy Hopps ist die erste Häsin, die bei
der Zootropolis Polizei anheuert, wo sonst eher größere Tiere den Ton
angeben. Um ihren ersten großen Fall zu lösen, muss sie sich mit einem
cleveren Trickbetrüger verbünden, dem Fuchs Nick Wilde. Übrigens: nur
andere Hasen sollten Hasen „niedlich“ nennen, von anderen Tieren ist
das eine Beleidigung.
Start am 3.3.2016
¢ b-ware!ladenkino
¢ Eva Lichtspiele
USA 2016 D R: Byron Howard, Rich Moore,
Jared Bush
GAHL’S MÄRCHENKLAVIER
Gahl’s Märchenklavier bringt Märchen aus verschiedensten Ländern ins Bali: Ein musikalisches
Vorspiel malt die Stimmung aus.
Dann beginnt der Erzähler mit
der Geschichte, wobei sich das
Klavier immer wieder einmischt
und gewissermaßen miterzählt.
13.3. um 15 Uhr:
DIE LUSTIGE PAULA
17.3. um 10.30 Uhr:
RUMPELSTILZCHEN
¢ Bali Kino
D 36
D MÄRZ 2016
KINDERFILM DES
MONATS:
RETTET RAFFI!
Deutschland 2015 D R: Arend Agthe
D 97 min, FSK: oA, empfohlen ab 5
Der 8-jährige Sammy liebt seinen
Goldhamster Raffi – und Raffi
liebt Sammy. Als ein Gauner das
Familienauto und damit auch Raffi
klaut, beginnt für Sammy und
Raffi eine wilde Odyssee durch
Hamburg.
¢ Bali Kino
¢ Bundesplatz Kino
¢ Eva Lichtspiele
¢ Sputnik Kino
¢ Union Filmtheater
¢ Xenon Kino
Alle Termine unter
www.kinderkinobuero.de
Vorbestellungen unter 030/235 562 51
INDIEKINDER
DER KLEINE MAULWURF (1963–1975)
ROBINSON CRUSOE
(2016)
Der kleine Maulwurf erlebt
Geschichten. Zeichentrickfilm.
Der junge Robinson Crusoe und
ein Papagei werden Freunde.
Animation.
CSSR 1963–1975 D R: Zdenek Miler
D 69 min, FSK: oA
Belgien/Frankreich 2015 D R: Vincent
Kesteloot, Ben Stassen D 90 min, FSK: oA
¢ b-ware!ladenkino
DER KLEINE PRINZ
Frankreich 2015 D R: Mark Osborne
D 107 min, FSK: oA, empfohlen ab 9
Trickfilm-Verfilmung des
Kinderbuchklassikers.
¢ Acud Kino
¢ Acud Kino
¢ b-ware!ladenkino
DIE PEANUTS
¢ b-ware!ladenkino (3D)
¢ Eva Lichtspiele
USA 2015 D R: Steve Martino D 88 min,
FSK: oA, empfohlen ab 8
Neue Abenteuer von Charlie
Brown und seinen Freunden.
Animation.
¢ b-ware!ladenkino
¢ Bali Kino
¢ filmkunst66
PETTERSSON UND
FINDUS (2001)
KUNG FU PANDA 3
USA/China 2016 D R: Jennifer Yuh,
Alessandro Carloni D 95 min, FSK: oA
SEBASTIAN UND
DIE FEUERRETTER
Schweden/Deutschland 2001 D R: Albert
Hanan Kaminski D 72 min, FSK: oA
Frankreich 2015 D R: Christian Duguay
D 97 min, FSK: 6, empfohlen ab 9
Der Trickfilm nach den Kinderbüchern von Sven Nordquist erzählt
vom grimmigen Bauer Pettersson
und seinem klugen Kater Findus.
1945 wartet der Waisenjunge
Sebastian ungeduldig auf die
Rückkehr seiner Ziehmutter. Als
sie in einem Flugzeug abstürzt,
machen er und seine Hündin
Belle sich auf den Weg, um sie zu
retten.
Der kleine Po muss ein ganzes
Dorf tollpatschiger Pandas zu
Kung Fu Kämpfern ausbilden.
Animation.
KINDERKINO IM
INDIEKINO
ACUD KINO
TÄGLICH
B-WARE! LADENKINOTÄGLICH
BALI KINO
DO, FR, SA, SO
BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO
EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO
FILMKUNST66
DO, FR, SA, SO
SPUTNIK KINO
DO, FR, SA, SO
TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO
UNION FILMTHEATERDO, FR, SA, SO
XENON KINO wechselnde Termine
Eine aktuelle­
Programmübersicht
über alle KinderfilmTermine finden Sie
auf
www.indiekino.de
Die Altersempfehlungen orientieren sich in der
Regel an den Vorschlägen der Bundeszentrale für
politische Bildung/Vision Kino.
DIE WILDEN KERLE –
DIE LEGENDE LEBT
¢ b-ware!ladenkino
Deutschland 2016 D R: Joachim Masannek
D 100 min, FSK: oA
LOTTE IM DORF
DER ERFINDER
Eine neue Generation wilder Kerle
trittt an, um das Wilde-Kerle-Land
zu übernehmen.
Estland/Litauen 2006 D R: Janno Pöldma,
Heiki Ernits D 80 min, FSK: oA, empfohlen
ab 5
Beim jährlichen Erfinderwettbewerb treffen die Hündin Lotte
und ihre Freunde unter anderem
eine Biene, die Judo unterrichtet.
Animation.
¢ b-ware!ladenkino
RICO, OSKAR
UND DAS HERZGEBRECHE
Deutschland 2015 D R: Wolfgang Groos
D 95 min, FSK: oA, empfohlen ab 8
Die kleinen Detektive und besten
Freunde Rico und Oskar haben
einen neuen Fall. Ricos Mutter
Tanja wird offenbar erpresst …
¢ City Kino Wedding
RIO 2 –
DSCHUNGELFIEBER
¢ Sputnik Kino
DIE MELODIE DES
MEERES
Dänemark/Frankreich/Irland/Belgien/
Luxemburg 2014 D R: Tomm Moore
D 93 min, FSK: oA, empfohlen ab 6
Wunderschöner Animationsfilm um einen Bruder und eine
Schwester und Gestalten aus der
irischen Sagenwelt.
USA 2014 D R: Carlos Saldanha
D 102 min, FSK: oA
Blu und Jewel – zwei blaue SpixArax – und ihre drei Kinder verlassen die magische Großstadt Rio,
um sich auf Spurensuche nach
ihren Vorfahren in der Wildnis des
Amazonas zu begeben.
¢ Sputnik Kino
¢ b-ware!ladenkino
ACUD KINO, BALI
KINO SPATZENKINO:
FROHE OSTERN
45 min, empfohlen ab 4
Als der Süßigkeitenladen ausgerechnet zu Ostern dicht macht,
muss Lotta in LOTTAS OSTERÜBERRASCHUNG (Schweden
1993) die Sache selbst in die
Hand nehmen. In KNURRI UND
DER EIERDIEB (DDR 1982,
Puppentrick) wird erzählt, wer die
bunten Eier erfunden hat.
¢ Bali Kino
¢ Eva Lichtspiele,
¢ Xenon Kino
alle Termine unter www-spatzenkino.de,
Vorbestellungen unter 030/449 47 50
DIE WINZLINGE:
OPERATION
ZUCKERDOSE
Frankreich/Belgien 2013 D R: Helene
Giraud, Thomas Szabo D 88 min, FSK: oA
Die kleinen Tierchen freuen sich
über einen Schatz: eine Zuckerdose. Aber auch die Ameisen
habe es auf den Zucker abgesehen. Animation.
¢ b-ware!ladenkino
¢ Eva Lichtspiele
¢ filmkunst66
¢ Sputnik Kino
MÄRZ 2016 D
37 D
INDIEKINOHIGHLIGHTS
FILMRAUSCHPALAST
NARZISS UND PSYCHE
Mit seinen intensiven Bilderwelten, in denen die Grenzen zwischen Spielund Experimentalfilm verwischen, gehört NÁRCISZ ÉS PSYCHÉ (NARZISS
UND PSYCHE, 1980) des ungarischen Regisseurs Gábor Bódy zu den
Klassikern des Phantastischen Realismus. Die Verfilmung von Sándor
Weöres Anthologie der fiktiven Dichterin Erszébet Lónyay (Psyche) erzählt
die Geschichte der Dreiecksbeziehung zwischen der Dichterin, dem Pfarrerssohn und Dichter Narziss und dem preußischen Adligen Maximilian
Freiherr von Zedlitz über einen Zeitraum von 120 Jahren, in dem die Protagonisten nur unmerklich altern. Das Epos existiert in drei Fassungen.
Der Filmrauschpalast zeigt die längste, die dreiteilige Fernsehfassung
(261 Minuten) im Original mit englischen Untertiteln. Claus Löser – Autor,
Dokumentarfilmer und Programmchef des Brotfabrik Kinos – gibt eine
Einführung in die Entstehungsgeschichte des Films. Der Eintritt ist frei.
filmrausch.de
13.3. um 14 Uhr
MÄRZ 2016 D
39 D
INDIEKINOHIGHLIGHTS
Z-INEMA
SHORTS ON TAP / 8 MM – VON DER ANDEREN SEITE GESEHEN
Zum Weltfrauentag präsentiert die preisgekrönte britische Kurzfilmreihe SHORTS ON TAP unter dem Motto „Women in Revolt“ erstmals in Deutschland
die jüngsten Kurzfilmprojekte von Regisseurinnen aus aller Welt. Einige Tage später führt Filmemacher, Schauspieler und Sprecher Manuel Francescon
mit Anekdoten und Schnaps durch den Super 8-Filmabend 8 MM – VON DER ANDEREN SEITE GESEHEN. Zu sehen sind Werke der bekanntesten Protagonisten der Super 8-Szene, viele
von ihnen können auf 25 Jahre
Schmalfilmschaffen zurückblicken
und werden persönlich anwesend
sein. Ihr Wahlspruch: „Super 8
Filme gegen unterdrückte Lebensfreude“. z-bar.de
 SHORTS ON TAP: 8.3. um 20 Uhr
 8MM – VON DER ANDEREN SEITE
GESHEN: 11.3. um 20 Uhr
Tristes Deserts
Z-INEMA
EXPLOITATION-DOPPEL
FILMRAUSCHPALAST
ROTE KACKE 4– 6.1.
Er mag vielleicht nicht zu den bekanntesten Exportschlagern der Filmgeschichte gehören, aber es gibt ihn, den österreichischen Exploitation-Film
und das Z-inema würdigt diese eher seltene Spezies im März mit Eddy
Sallers GEISSEL DES FLEISCHES von 1965, einem klassischen, und mit
AUTUMN BLOOD von Markus Blunder aus dem Jahr 2014, einen aktuellen
Vertreter. In Sallers Werk lässt der sexuell gestörte Pianist und Mörder
Alexander Jablonsky während der Gerichtsverhandlung seine grausamen
Taten Revue passieren. Blunder lässt ein Mädchen und seinen Bruder
nach der Flucht vor ihren Vergewaltigern und den Mördern ihrer Eltern in
den Alpen ums Überleben kämpfen. z-bar.de
Christian Horns Trash-Epos ROTE KACKE nähert sich dem Ende. Der finalen Konfrontation zwischen „Sargornisten“ und „Raelianern“ steht nichts
mehr im Weg. König Popov und die fünf Gefährten Sargors mobilisieren
ihre letzten Kräfte, um gegen die Schergen der Roten Kacke anzutreten.
Der Filmrauschpalast feiert die Premiere von ROTE KACKE 6: DAS ERBE
DES HUMUNCULUS – Teil 1 und zeigt in diesem Zuge auch die beiden
Vorgängerteile DIE VERLORENEN JAHRE und POPOVS VERMÄCHTNIS.
Der Regisseur, der übrigens auch für INDIEKINO schreibt, und viele CrewMitglieder sind selbstverständlich anwesend. Die entsprechende Premierenparty gehört standesgemäß auch dazu. filmrausch.de
 GEISSEL DES FLEISCHES (DF): 22.3 um 20 Uhr / AUTUMN BLOOD (DF): 29.3. um 20 Uhr
 5.3. um 21.30 Uhr (Premiere & Party)
D 40
D MÄRZ 2016
Geißel des Fleisches
INDIEKINOHIGHLIGHTS
Liebe mich!
BUNDESPLATZ KINO
BERLIN-FILM-MATINEE
Jeden Sonntag um 11 Uhr lädt das Bundesplatz-Kino zur Berlin-Film-Matinee: Im wilden Improvisationsfilm LIEBE MICH! (2015), den Philipp Eichholtz
nach dem „Sehr gute Filme“-Manifest von Axel Ranisch gedreht hat, steht sich die selbstbewusste und rebellisch-impulsive Sarah selbst im Weg und
zerstört immer wieder sämtliche Beziehungen auf die sie sich einlässt. Mit dem filmischen Projekt BEI UNS NICHTS NEUES (2015) erinnert die Schriftstellerin Astrid Vehstedt zusammen mit dem in Israel lebenden Shimon Lev an das Schicksal der jüdischen Familie Löw, die im Jahr 1943 aus dem
heimischen Moabit ins Vernichtungslager Ausschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Einen Einblick in das buntgemischte, 66-köpfige Ensemble
des Frauenblasorchesters Berlin geben Kerstin Polte und Dagmar Jäger mit ihrem Portrait KEIN ZICKENFOX! (2014).
 Immer sonntags um 11 Uhr  6.3.: LIEBE MICH! in Anwesenheit des Regisseurs Philipp Eichholtz  13.3.: BEI UNS NICHTS NEUES in Anwesenheit der Filmemacher Shimon Lev und Astrid
Vehstedt  20.3. : KEIN ZICKENFOX! in Anwesenheit von Regisseurin Kerstin Polte und Orchesterleiterin Astrid Graf  27.3.: KEIN ZICKENFOX!
CITY KINO
HACKESCHE HÖFE
AFRICAVENIR: MAYBE DREAMS
CAN COME TRUE
Die Reihe Africavenir präsentiert im März die Deutschlandpremiere von
Electra Westons MAYBE DREAMS CAN COME TRUE (2014, OV englisch)
über das komplexe Leben in der Diaspora. Die Hauptfigur Chocolat, selbst
hin und hergerissen zwischen ihrer Arbeit in Europa und einem Leben in
den USA, wird zur Dokumentarfilmerin, um das Leben und die Wünsche
derjenigen zu erforschen, die von ihren Ländern, Kulturen und Liebesbeziehungen über die Ozeane hinweg getrennt sind. Nach den Vorführungen bietet sich die Gelegenheit zum Gespräch mit der Regisseurin. africavenir.org
BALI KINO
KINO DER NACHBARN: MOJ
NIKIFOR (MEIN NIKIFOR)
Regisseur Krzysztof Krauze erzählt in seinem vorletzten und erfolgreichsten Film aus dem Jahr 2004 von den letzten Lebensjahren des polnischen Malers Nikifor, Sohn einer taubstummen Bettlerin und eines unbekannten Vaters, dessen Werk in den 1960er Jahren zu Weltruhm kam. In
den Mittelpunkt des Films stellt er die Freundschaft des zurückgezogenen
Künstlers zum jüngeren Maler Marian Włosiński, der sein eigenes Familienglück über der Unterstützung des tuberkulosekranken Nikifors – beeindruckend verkörpert durch die Schauspielerin Krystyna Feldman – aufs
Spiel setzt. balikino-berlin.de
 14.3. um 18 Uhr
 Hackesche Höfe Kino: 16.3. um 20 Uhr / City Kino Wedding: 17.3. um 19 Uhr
MÄRZ 2016 D
41 D
INDIEKINOHIGHLIGHTS
BROTFABRIK KINO
BERLIN-FILM-KATALOG
RARITÄT DES MONATS
#48: WEDDING
Der prollige Hilfsarbeiter Sulawski, die Möbelverkäuferin Susanne und der Polizist Markus treffen
sich nach einem nervenaufreibenden Tag zufällig
an ihrem ehemaligen Zufluchtsort aus Teenagertagen wieder. Von den ehemaligen Lebensträumen
der gerade einmal Anfang zwanzigjährigen Schulfreunde ist nicht viel übriggeblieben. Das Kinodebüt
von Regisseur Heiko Schiers ist ein tragikomisches
Alltagsdrama aus dem Berliner Arbeiterbezirk von
1989 und wurde an Schauplätzen wie dem Gelände
des ehemaligen Güterbahnhof Eberswalde, das
heute den größten Teil des Mauerparks stellt,
gedreht. In einer Nebenrolle als Susannes eifersüchtiger und gewalttätiger Ehemann ist der junge
Heino Ferch zu sehen, die Musik stammt von Piet
Klocke. berlin-film-katalog.de
 10.-16.3., jeweils um 19.45 Uhr
The Right Path
ACUD KINO
SHORTS ATTACK: AUF DER
FLUCHT
CITY KINO WEDDING
11MM – DAS INTERNATIONALE
FUSSBALLFILMFESTIVAL
Das Shorts Attack Programm im März widmet sich einem Thema, der
Flucht. Die poetische Animation MINIYAMBA folgt einem Flüchtling durch
die Wüste. Sein Ziel ist das Mittelmeer. Bei THE RIGHT PATH wird die
Flucht zum Thriller, denn der IS steht vor der Tür. In ALI AND THE BALL
versuchen ein Kind und seine Mutter, in einem Flüchtlichscamp durchzukommen. RACHEL’S STORY erzählt vom Trauma des Abgeschobenwerdens, AURORA BOREALIS folgt einem Mädchen in den irritierenden
Nachthimmel Norwegens, und FRANCE THAT GETS UP EARLY verabeitet
das Thema in einem schmissigen Musical.
Siege, Triumphe, bittere Niederlagen, tragische Helden: Für Jan Tilman
Schwab und Birger Schmidt, die Veranstalter des 11MM FUSSBALLFILMFESTIVALS, sind die Parallelen zwischen ihren beiden Lieben Fußball
und Film einfach zu offensichtlich, um sie nicht an einem zentralen Ort
zusammenzubringen: im Kino. Mit ihrem Festival wollen sie die wichtigsten nationalen und internationalen Neuerscheinungen aus dem Bereich
Fußballspiel- und Dokumentarfilm präsentieren. „Überall auf der Welt
spricht Fußball die gleiche Sprache – und ermöglicht deshalb den filmischen Zugang zu Problemen und Lebensweisen, ist somit auch eine Basis
für interkulturelles Lernen. Fußball ist weit mehr als ein Spiel – Fußball im
Film ist ein wunderbarer Weg Kultur ins Spiel zu bringen.“ Ein Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Gästen, Lesungen, Kurzfilmen, Kinderaktivitäten und Musik rundet die Veranstaltung ab. 11-mm.de
 9.3. um 21 Uhr
 18.3.–20.3.
D 42
D MÄRZ 2016
INDIEKINOHIGHLIGHTS
BROTFABRIK KINO
BUNDESPLATZ KINO
CITY KINO WEDDING
PSYCHE & FILM
Stein der Geduld
Ein vereinsamter junger Mann, der sich in das sprechende Betriebssystem
seines Computers verliebt. Eine Frau im vom Krieg erschütterten Afghanistan, die über ihren im Koma liegenden Mann wacht, dem sie plötzlich
ihre innersten Gefühle anvertrauen kann. Eine Dorfgemeinschaft, die am
Vorabend des Ersten Weltkriegs durch mysteriöse und gewalttätige Ereignisse aufgerüttelt wird. Ein rätselhafter Unbekannter, der eine bourgeoise
Unternehmerfamilie besucht, nach und nach sämtliche Familienmitglieder verführt und sie nach seinem Verschwinden auf sich selbst geworfen
zurücklässt: Spike Jonzes HER (2013), Atiq Rahimis STEIN DER GEDULD
(2012), Michael Hanekes DAS WEISSE BAND (2009) und Pier Paolo Pasolinis TEOREMA (1968) bieten im März wahrlich genügend Aspekte, um sie
unter ihren psychologischen Perspektiven zu rezipieren und diskutieren.
brotfabrik.de, bundesplatz-kino.de, citykinowedding.de
 HER: BrotfabrikKino, 20.3. um 18 Uhr (mit Vortrag von Dr. Phillip Denzin)
 STEIN DER GEDULD, Bundesplatz Kino, 1.3. um 20.30 Uhr
 TEOREMA, City Kino Wedding, 20.3. um 20 Uhr (mit Analyse von Psychologe Dr. Bernd
Heimerl)
 DAS WEISSE BAND, Bundesplatz Kino, 29.3. um 20.30 Uhr
Die selige Exzellenz
Klute
EVA LICHTSPIELE
DER ALTE DEUTSCHE FILM
BUNDESPLATZ KINO
BEST ACTRESS
Die von Martin Erlenmaier ausgewählten und mit einer Einführung präsentierten historischen Filme der 1930er und 1940er Jahre sind immer
mittwochs um 15.45 Uhr zu sehen: Im Schmuggler-Krimi DIE UNHEIMLICHE WANDLUNG DES ALEX ROSCHER gerät Rudolf Prack als eigentlich zuverlässiger Zollbeamter in einen Strudel der Ereignisse (1942/43,
R: Paul May, 2.3.). In der Komödie DIE SELIGE EXZELLENZ (1935, R:
Hans H. Zerlett, 9.3.) sorgt die Drohung, die Memoiren des verstorbenen
Ministerpräsidenten zu veröffentlichen für Intrigen und Verwicklungen. Im
Liebesdrama DIE GANZ GROSSEN TORHEITEN (1937, R: Carl Fröhlich,
16.3.) landet eine angehende Schauspielschülerin bereits an ihrem ersten
Abend in Wien in einem Stundenhotel, und dort auch noch in den Armen
ihres zukünftigen Lehrers. DAS SCHLOSS IM SÜDEN (1933, R: Geza von
Bolvary, 23.3.) erzählt vom Star Liana Haid, die mit ihrem Filmteam an der
dalmatischen Adriaküste dreht. Als der Hauptdarsteller ausfällt, springt ein
junger Mann ein, der eigentlich ein Prinz ist. Das Drama REGIMENTSMUSIK (1944/45, R: Arthur Maria Rabenalt, 30.3.) erzählt von einer unglücklichen Vernunftehe während des Ersten Weltkriegs. eva-lichtspiele.de
Seit Januar begleitet das Bundesplatz Kino die Ausstellung „Best Actress“
im Museum für Film und Fernsehen der deutschen Kinemathek – eine
Hommage an die 73 Schauspielerinnen, die bisher den Oscar als beste
Hauptdarstellerin gewonnen haben – mit einer Filmreihe. Im März geben
sich die Ehre: Elisabeth Taylor als Partygirl Gloria in Daniel Manns BUTTERFIELD 8 (6.3.), Jane Fonda als Prosituierte Bree, die in die Ermittlungen um einen verschwundenen Geschäftsmann hineingezogen wird,
in Alan J. Pakulas KLUTE (13.3.), Meryl Streep als Margaret Thatcher in
Phyllida Lloyds’ THE IRON LADY (20.3.) und Luise Rainer, die als einzige Deutsche die Trophäe zweimal hintereinander gewinnen konnte, als
Revuekünstlerin Anna Held in Robert Z. Leonards THE GREAT ZIEGFELD
(27.3.). Als Krönung läuft am Ostermontag ein Film mit der diesjährigen
Oscarpreisträgerin, die zum Redaktionsschluss noch nicht feststand.
bundesplatz-kino.de
 Jeweils sonntags, um 15.30 Uhr, alle Filme werden in der Originalfassung gezeigt
 „The Winner is …“: Ostermontag, 28.3. um 15.30 Uhr
 Immer mittwochs um 15.45 Uhr
MÄRZ 2016 D
43 D
REINICKENDORF
INDIESERVICE
DIE INDIEKINOS
ACUD KINO
MITTE 1
Veteranenstr. 21, 10119 Berlin
Telefon: 030/44 35 94 98,
Mail: [email protected],
www.acudkino.de U8, M1 Rosen­
thaler Platz, M8/12 Brunnenstr./
Invalidenstr., S1/2 Nordbahnhof
 6 
BALI KINO
ZEHLENDORF  3 
Teltower Damm 33, 14169 Berlin
Telefon: 030/811 46 78,
www.balikino-berlin.de
S-Bahn Zehlendorf
BROTFABRIKKINO
BERLIN  4 
WEISSENSEE
Caligariplatz 1, 13086 Berlin
Tel.: 030/473 708 58 (nur Mo+Do)
Mail: [email protected]
www.brotfabrik-berlin.de
Tram M2, M13, 12 Prenzlauer Allee/
Ostseestr., Bus 156 Caligariplatz
BUNDESPLATZ-KINO
WILMERSDORF 5
Bundesplatz 14, 10715 Berlin
Telefon: 030/85 40 60 85,
Mail: [email protected],
www.bundesplatz-kino.de
U9, S 41/42/46, Bus 248/N9
U+S-Bahn Bundesplatz
CITY KINO WEDDING
IM CENTRE FRANÇAIS
WEDDING 6
Müllerstraße 74, 13349 Berlin
Telefon: 01525/9687921,
Mail: [email protected]
www.citykinowedding.de
U6 Rehberge
D 44
D MÄRZ 2016
 4 
LICHTENBERG
 10   G   18   1 
SPANDAU
MITTE
 8 
 17 
 5 
STEGLITZZEHLENDORF
 12 
 15 
FRIEDRICHSHAIN-
CHARLOTTENBURG-  9 
WILMERSDORF
B-WARE! LADENKINO
FRIEDRICHSHAIN 2
Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin
Telefon: 030/63 41 31 15
ladenkino.de
S+U-Bahnhof Frankfurter Allee,
Bus 240 Boxhagener Platz, Tram
13 Wühlischstraße
PANKOW
MARZAHNHELLERSDORF
 F   2   KREUZBERG
 11   A   7 
 D   19  
 14    C   13    E  TEMPELHOFSCHÖNEBERG
 16    B  NEUKÖLLN
TREPTOWKÖPENICK
 3 
EISZEIT KINO
KREUZBERG 7
FSK-KINO AM
­ORANIENPLATZ
KREUZBERG 11
Zeughofstr. 20, 10997 Berlin
Telefon: 030/611 60 16,
Mail: [email protected],
www.eiszeit-kino.de
U1, M29, N1 Görlitzer Bahnhof
Segitzdamm 2, 10969 Berlin
Telefon: 030/614 24 64,
Mail: [email protected],
www.fsk-kino.de
U8, Bus M29/140/N8 Moritzplatz,
U1 Kottbusser Tor
EVA-LICHTSPIELE
BERLIN
WILMERSDORF 8
Blissestr. 18, 10713 Berlin
Telefon: 030/92 25 53 05,
Mail: [email protected], www.
eva-lichtspiele.de
U7, Bus 101/104/249 Blissestr.
FILMKUNST66
CHARLOTTENBURG
TILSITER
­LICHTSPIELE
FRIEDRICHSHAIN
9
Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin
Telefon: 030/882 17 53,
Mail: [email protected],
www.filmkunst66.de
S-Bahn Savignyplatz
FILMRAUSCH­PALAST
MOABIT 10
Lehrter Str. 35, 10557 Berlin
Telefon: 030/394 43 44,
Mail: [email protected],
www.filmrausch.de
Hauptbahnhof + 10 min Fußweg,
Bus 123 Kruppstr., Bus M27
Quitzowstr.
HACKESCHE HÖFE
KINO MITTE 12
UNION FILMTHEATER
FRIEDRICHSHAGEN
Bölschestr. 69, 12587 Berlin 16
Telefon: 030/6501 3141,­
www.kino-union.de
S-Bahn Berlin-Friedrichshagen
Rosenthaler Str. 40/41,
10178 Berlin
Telefon: 030/283 46 03,
Mail: [email protected],
www.hoefekino.de
S-Bahn Hackescher Markt,
U8 Weinmeisterstraße
IL KINO NEUKÖLLN
15
Richard-Sorge-Str. 25a,
10249 Berlin
Telefon: 030/426 81 29, Mail:
[email protected],
www.tilsiter-lichtspiele.de
U5 Frankfurter Tor, Weberwiese, M10 Bersarinplatz,
Straßmannstraße
XENON KINO
SCHÖNEBERG
13
Nansenstr. 22, 12047 Berlin
Telefon: 030/81 89 88 99,
Mail: [email protected]
www.ilkino.de
U8 Schönleinstraße,
U7/8 Hermannplatz
SPUTNIK KINO AM
SÜDSTERN
KREUZBERG 14
Hasenheide 54, 10967 Berlin
Telefon: 030/694 11 47,
Mail: [email protected],
www.sputnik-kino.com
U7 Südstern, U7/8 Hermannplatz
17
Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin
Telefon: 030/78 00 15 30,
Mail: [email protected],
www.xenon-kino.de
S-Bahn Julius-Leber-Brücke
Z-INEMA ­MITTE
18
Bergstr. 2, 10115 Berlin
Telefon: 030/283 89 121, Mail:
[email protected], www.z-bar.de
ZUKUNFT
­FRIEDRICHSHAIN
19
Laskerstr. 5, 10245 Berlin
Telefon: 0176/578 610 79, Mail:
[email protected],
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S-Bahn Ostkreuz
INDIESERVICE
INDIEKINO OPEN-AIR
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Telefon: 030/426 81 29,
freiluftkino-pompeji.de
S-Bahn Ostkreuz
 E 
OPEN AIR KINO IM
FMP1
FRIEDRICHSHAIN  F
FREILUFTKINO
­INSEL ZU GAST IM
­CASSIOPEIA
FRIEDRICHSHAIN  D 
WINDLICHT IM
FILMRAUSCH­
PALAST: „UMSONST
& DRAUSSEN“
MOABIT  G 
Lehrter Str. 35, 10557 Berlin
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AIR IM VOR WIEN
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ilmbilder: Filmverleiher/Filmfestivals
Die lange Weissensee Nacht (S. 6): ARD/ Julia Terjung
Berlin – Sinfonie einer Großstadt (S. 8): Filmmuseum Berlin – Deutsche
Kinemathek
MÄRZ 2016 D
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D MÄRZ 2016
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Filmtexte: Toby Ashraf, Hendrike Bake, Tom Dorow, Lili Hering, Christian Horn,
Elinor Lewy, Jens Mayer, Michael Meyns, Toni Ohms, Anna Stemmler, Hannes
Stein, Lars Tunçay
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Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow [email protected]
45 D
NACHBILD
Im schweizerischen Debütfilm CHRIEG treffen sich vier
Jugendliche auf einer Hütte. Eigentlich soll es ein Resozialisierungsprojekt sein. In Wirklichkeit hat Bauer Peter nichts zu melden
und die vier machen was sie wollen, meistens Terror. Jeden Abend
geht es nach Zürich. Raub, Überfälle, Rachefeldzüge gegen alle, die sie
schikaniert haben. Einer hat eine Leuchtfeuerpistole. In der Einöde feuern die vier damit herum, dann sagt Anton auf einmal zu Matteo: „Komm
schieß auf mich“. Der will nicht. „Na komm schon, wir spielen Baseball,
schieß auf mich!“ Matteo zielt und man rutscht in Erwartung der vorhersehbaren Katastrophe tiefer in den Sitz. Matteo schießt. Anton
nimmt gekonnt an und schlägt die Rakete mit dem Baseballschläger von sich weg, in den weiten Nachthimmel
hinein. Machmal klappt’s einfach. CHRIEG von
Simon Jaquemet startet am 28.3.
VORSCHAU
INDIEKINO IM APRIL
D 46
D MÄRZ 2016
D ALLE KATZEN SIND GRAU Ermittlungsauftrag: Vater D MUCH LOVED Prostituierte in Marokko
D ANHEDONIA – NARZISSMUS ALS NARKOSE Deutscher Sci Fi D GESTRANDET Flüchtlings­
geschichten D EIN MANN NAMENS OVE Grimmiger Skandinavier D IXCANUL – TRÄUME AM FUSSE
DES VULKANS Flucht vor der Tradition D SONG OF MY MOTHER Zurück aufs Dorf D AKT Aktmodelle
geben Auskunft D FRITZ LANG Trip in die Vergangenheit D THE LADY IN THE VAN Neue Nachbarin
D NOMADEN DES HIMMELS Abschied vom Umherziehen D RABBI WOLFF Außergewöhnlicher Geistlicher D A WAR Dänischer Oscaranwärter D WILD Das Tier in uns allen D CHEVALIER Punktesammeln D DIE KOMMUNE Ende einer Beziehung D MY INTERNSHIP IN CANADA Politsatire D FREEHELD
– JEDE LIEBE IST GLEICH Based on a true story D EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG Tom Tykwer
verfilmt Dave Eggers
E I n FI Lm von Ph I L coLLI ns
FRE I E RADI K ALE sI n D Fu n DstücKE, DI E h E FtIg E REAKtIon E n h E RvoRRu FE n. sI E bE Rü h RE n, I RRItI E RE n, öFFn E n, bE FRE I E n, u m n E u Es E ntstE h E n zu LAssE n
Tomorrow is always Too long
Ab 17. mäRz I m KI no
E I n E FI Lm RE I h E
D SON OF SAUL László Nemes verstörendes Debüt D RESULTS Indie-Fitness-Komödie D RAUM Philosophischer
­Thriller D LANDSTÜCK Zurückkehrerfilm D WO WILLST DU HIN, HABIBI? Verliebt in einen Wrestler D MEIN EIN, MEIN
ALLES Stationen einer Liebe D ROCK THE KASBAH Murmeltier am Hindukusch D TOMORROW IS ALWAYS TOO LONG
­Liebeslied D SILENT HEART Eine Familie nimmt Abschied D DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK Bemüht ums Original
D VOICES OF VIOLENCE Frauen klagen an D LOLO – DREI IST EINER ZUVIEL Stadtneurotikerin trifft Provinzei
D SEXARBEITERIN Alltag einer Freiberuflerin D CHAMISSOS SCHATTEN Reise in die Beringsee
MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER
D 24 D MÄRZ 2016
indiekinoBERL
RAUM – START AM 17.3.2016