Bildungsdepartement Berufs- und Studienberatung Studienberatung Huobstrasse 9 8808 Pfäffikon Telefon 055 417 88 99 Telefax 055 417 88 98 www.sz.ch/berufsberatung [email protected] Unterrichten Insiders live Infos zu Studium und Beruf aus erster Hand Organisiert von Sabina Peterka und moderiert von Nicole Pietrowski, Studienberatung Kanton Schwyz. Am 12. November 2015 fand an der Kantonsschule Kollegium in Schwyz eine Insiders live-Veranstaltung zum Thema „Naturwissenschaften oder Technik studieren – und dann?“ statt. Die Referierenden berichteten von ihren Erfahrungen aus dem Studium und von ihrem vielseitigen Berufsalltag. Gesundheitswissenschaften + Technologie Lea Richner ist Masterstudentin im 3. Semester an der ETH. Sie studiert Gesundheitswissenschaften und Technologie. Diese Studienrichtung gibt es seit 2011 und sie ist eine der Personen, welche zum ersten Mal dieses Studium abschliessen werden. Das Studium verbindet Gesundheit, Technologie und den Menschen. In ihrer Fachrichtung dreht sich vieles um Menschen, die gesundheitliche Probleme haben. In ihrem Studium findet sie heraus wie sie diesen Personen z.B. durch die Robotik helfen kann oder wie eine Rehabilitation aussehen sollte. Sie betreibt Untersuchungen zu Spitzensportlern oder auch im Bereich der Molekularbiologie, um herauszufinden was innerhalb des Körpers passiert. Der Bachelor ist folgendermassen aufgebaut: im ersten Jahr müssen die allgemeinen Fächer wie Mathematik, Physik, Biologie und Chemie absolviert werden. Im 2. Jahr wird es konkreter mit Anatomie und Physiologie und im 3. Jahr kommen neue Blöcke (Neurowissenschaften, Medizintechnik, Molekulare Gesundheitswissenschaften sowie Bewegungswissenschaften und Sport) dazu, die nach Wahl im Master vertieft werden können. Speziell an der ETH finden die Prüfungen in den Semesterferien statt. Konkret finden sie den ganzen August statt und von Mitte Januar bis Anfang Februar. Während dem Bachelor verbringt man die Zeit mit vielen Vorlesungen und eher wenig Praktika. Vorlesungen im Master finden dagegen nur noch für 30 ECTS statt. Der Rest besteht aus über drei Monaten Praktikum und sechs Monaten um die Masterarbeit zu schreiben. Aus ihren Erfahrungen erzählt Lea Richner, dass das erste Jahr hauptsächlich aus Vorlesungen zusammen mit vielen Mitstudierenden im selben Raum bestand. Nach den ersten drei Jahren kam mehr Praxis dazu. Sie absolvierte ein Praktikum an der ETH und ging danach für ein weiteres Praktikum nach Chicago, um dort mit Patienten mit Hirnschädigungen zu arbeiten. Momentan arbeitet sie an ihrer Masterarbeit im Spital Balgrist in Zürich. Sie untersucht den Energieverbrauch von Personen im Rollstuhl. Sie wählte im Master die Vertiefung „Gesundheitstechnologien“. Folgendes berichtet Lea Richner über ihre Mitstudierenden: Eine Person habe z.B. die Vertiefung Bewegungswissenschaften gewählt, sei nun in Magglingen und habe die Leitung über den Bereich Velofahren bei der Olympiade in Rio de Janeiro 2016. 1 Eine andere Person habe die Vertiefung Neurowissenschaften gewählt und arbeite zurzeit an einer Schlafstudie an der EPI-Klinik in Zürich. Eine weitere Person habe schliesslich Molekularbiologie als Vertiefung gewählt und untersuche nun, ob künstliches Knorpelgewebe einsetzbar ist. Als Berufsfelder führt Frau Richner Forschung und Entwicklung, Privatindustrie, Beratung, Gesundheitspolitik und die Lehre auf. Ein wichtiger Punkt ist, dass sie in ihrem Bereich keine Therapien durchführen, sondern neue Therapiemethoden entwickeln. Auf die Frage, wie sie auf diese Kombination kam, antwortet Lea Richner, dass sie schon immer Sport mochte. Jedoch mag sie auch das Innovative und dass sie konkrete Ergebnisse sehen kann, was als Sportlehrerin nicht möglich gewesen wäre. Sie schliesst im Sommer 2016 ihr Studium ab und möchte in der Forschung bleiben. Jedoch sei „Gesundheitswissenschaften und Technik“ ein Bereich, der weiter wächst und auch von Kantonen gefördert wird, daher steigen die Möglichkeiten, nach dem Studium eine Anstellung zu finden, in Zukunft sicher. Maschinenbau Jonas Wyrsch ist Maschinenbauingenieur (ETH Zürich). Als Kind war er fasziniert von Legos und Autos. Ferner gilt sein grundsätzliches Interesse der Technik. Die Fähigkeit und das Interesse für das Studium eines „puren“ Fachs wie Mathematik und Physik hat er bei sich nicht gefunden. Er bezeichnet sich eher als Generalisten mit breiten Interessen. Aber er wollte Dinge zusammenbringen/koordinieren und so kam er auf das Studienfach des Maschinenbauingenieurs. Dieses lässt viele Optionen offen: sich in die Forschung zu vertiefen, zu lehren oder kombiniert mit einem Wirtschaftsstudium abzuschliessen. Obwohl die Studienzeit vor allem zu Beginn streng war (Auszug von zu Hause, fachliche Herausforderungen) würde er wieder gleich entscheiden. Die definitive Überzeugung für das Studium packte ihn erst während dem Praktikum vor dem Masterstudium, welches er im Tunnelbau beim Üetlibergtunnel absolvierte. Mit dem beruflichen Einstieg kam das Freiheitsgefühl. Nach Feierabend hatte man wirklich frei und zum ersten Mal erhielt man einen richtigen Lohn. Er startete wiederum im Tunnelbau auf der Baustelle des GotthardBasistunnels in Erstfeld. Dies war eine grosse Herausforderung: Das Arbeitsklima in der Baubranche ist eher rau. Zudem war er beim Eintritt jünger als die meisten Mitarbeiter, die er als Vorgesetzter leitete und welche zum Teil sehr langjährige Erfahrung im Tunnelbau mitbrachten. Daher war es wichtig, die Erfahrungen der Mitarbeiter in die Entscheidungen einzubringen und gut zu kommunizieren, um erfolgreich mit ihnen zusammenzuarbeiten zu können. Bei seiner nächsten Tätigkeit beim Kraftwerksprojekt Linth-Limmern in Linthal war er Infrastrukturleiter. Er war zuständig für das Inventar und die Werkstattbetriebe. Zuletzt betreute er bei der Schweizerischen Südostbahn (SOB) in der Abteilung Infrastruktur Erneuerungsprojekte. Ab nächsten Monat tritt er eine neue Stelle als Verkaufsleiter Anlagen bei DeLaval (Anlagen für die Milchproduktion) an. Zu seinen Stellen kam Jonas Wyrsch, weil er z.B. durch sein Praktikum bereits Leute aus dem Tunnelbau kannte. Richtig beworben habe er sich erst im letzten Jahr direkt und über Vermittlungsbüros. Auch Initiativbewerbungen hätten geholfen. Seine jeweiligen Hauptaufgaben im Beruf waren kurz zusammengefasst: für ein Projekt die richtigen Leute zusammenführen und koordinieren (bei Bedarf mittels Sitzungen). Als überragende Sonnenseite des Berufs sieht er, dass man etwas Reales, Sichtbares verwirklichen kann. Als mögliche Schattenseite nennt er, dass bei solch grossen Projekten auch viele Personen aus verschiedenen Bereichen stets mitreden, was das Fortschreiten des Projekts behindern kann. 2 Als ein Erfolgsfaktor für den Beruf erwähnt er die Lernbereitschaft, das konsequente Erledigen von Pendenzen und gerne mit Menschen zusammenzuarbeiten. Andere Optionen nach dem Studium reichen vom Einstieg bei Grossfirmen wie der ABB über ein Doktorat bis zur Lehre. Von seinen ehemaligen Studienkollegen arbeitet jemand in einer Raffinerie bei Shell in Köln. Ein anderer ist Patentanwalt bei ABB, wofür er einen zusätzlichen Master absolvierte. Auf die Frage, wie wichtig Fremdsprachen im Studium sind, antwortet Jonas Wyrsch, dass Englisch ein Thema ist. Im Bachelor ist der Lehrstoff nur teilweise in Englisch, Mastervorlesungen an der ETH werden offiziell in Englisch gehalten. Auf die Frage, ob man im Studium auf die Projektleitung vorbereitet wird, antwortet er, dass man vorwiegend technisch darauf vorbereitet wird. Vieles erlernt man erst im Beruf. Das Studium dauerte für Jonas Wyrsch 6 Jahre inklusive Masterarbeit (6 Monate in London) und der Repetition einiger Prüfungen. Geowissenschaften Jacqueline Huber studiert Geographie im 5. Semester des Masterstudiengangs an der Universität Zürich. Sie begann ihr Studium 2010 und ist seit 2013 im Master. Zur Zeit schreibt sie ihre Masterarbeit über die Gletscher der Antarktis und arbeitet als Assistentin im Schülerlabor der UZH. Wieso sie Geographie wählte? Sie wollte wissen, warum die Berge da sind wo sie sind und auch die verschiedenen Aspekte der Erde kennenlernen. Sie ging zum Geographie-Lehrer und fragte ihn aus. Sie fragte Freundinnen und Freunde, die das studierten und ging mit an Vorlesungen und fand ihr Interesse bestätigt. Das Geographie-Studium ist eine Kombination aus Natur-, Sozial- und Informatikwissenschaften. Das Studium eröffnet viele Welten einer Erde. Im Studium kann man vier Vertiefungen wählen: Physische Geographie, Humangeographie, Geographische Informationswissenschaft und Fernerkundung. Der Physische Geograf geht der Frage nach, was der Gletscher an dieser Stelle macht. Der Humangeograph interessiert sich z.B. für den Tourismus auf dem Gletscher. Die Fernerkundung und die Geographische Informationswissenschaft beobachtet, ohne in Berührung mit der Natur zu kommen, z.B. über Satelliten. Während des Studiums gibt es viele kleine Forschungsprojekte für die man zur Erforschung auch raus geht. Viel draussen zu sein, um z.B. Gletscher zu vermessen, erwähnt Jacqueline Huber als eine der Highlights ihres Studiums. Das Studium besteht einerseits aus der Bachelorstufe, für welche 180 ECTS zu erbringen sind und die man in maximal sechs Jahren abschliessen muss. Da der Bachelorabschluss nicht berufsqualifizierend ist, sollte andererseits der Master absolviert werden*. Dieser dauert mindestens 3 Semester und maximal 6 Semester, während derer 90 ECTS zu erbringen sind. Für 2015 haben sich 116 neue Studierende angemeldet, somit ist das Geographische Institut eher klein. Im ersten Jahr des Bachelorstudiengangs besucht man die Pflichtvorlesungen. Im zweiten Jahr kann man neben den Pflichtvorlesungen ein Nebenfach wählen. Im dritten Jahr vertieft man sich in einem oder mehreren Teilbereichen nach Interesse und schreibt die Bachelorarbeit. Es braucht Eigenverantwortung, Selbständigkeit, Fähigkeit, die Ruhe zu bewahren, einen Ausgleich zum Studium, z.B. war das bei ihr Sport. Ein Auslandsemester ist während des Studiums möglich. Sie war in Montana. Trotz des bürokratischen Aufwandes habe es sich gelohnt. Neben dem Studium zu arbeiten sei möglich, jedoch auch personenabhängig. Nach dem Studium kann man z.B. als wissenschaftliche Mitarbeitende bei Meteo Schweiz, bei einer Versicherung für die Einschätzung von Naturgefahren oder beim Tiefbauamt für Verkehr und Mobilität arbeiten. Geographen können sich gut in Berufe eingliedern. *Die meisten Jobangebote setzen den Master voraus, aber Jacqueline Huber kennt verschiedene Personen, die bereits nach dem Bachelor in die Berufswelt eingestiegen sind. Es komme eben auch etwas auf die Ansprüche gegenüber dem Job an. 3 Auf die Frage nach dem Nebenfach nennt Jacqueline Huber Physik, da sie wusste, dass sie sich in Gletscherkunde vertiefen wollte. Das Physikstudium habe geholfen, Zusammenhänge zu verstehen, jedoch wäre es nicht zwingend nötig gewesen. Im Master wählte sie als Nebenfach Erdwissenschaften aus dem Angebot der ETH. Auf die Frage, wie die Exkursionen finanziert werden, erwidert sie: Im Basisjahr sind sie Bestandteil der Vorlesungen, daher bezahlt die Uni Zürich die Exkursionen, die restlichen waren nicht sehr teuer. Arbeitsmarkt Tanja Güntert ist Senior Consultant Life Sciences bei Kelly Scientific Resources Zürich. Sie studierte in Konstanz Biologie. Ihr Interesse für die Biologie wurde durch eine Lehrperson geweckt. Obwohl das Studium hart war, hat sie die Zeit geliebt, da es während dem Studium auch Freiheiten gab. Nach ihrem Masterabschluss, machte sie ihren Doktor in Neurobiologie (4.5 Jahre) an der Universität Zürich. Das Doktorat habe sie absolviert, da sie schlecht informiert war und dachte, dass es ein Muss sei. Sie wusste aber, dass die Forschung auf die Dauer nichts für sie war und wollte in ein dynamisches Umfeld wechseln. Bei Kelly Scientific Resources werden Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler vermittelt, ob diese nun einen Lehrabschluss oder Studienabschluss haben und zwar in den Bereichen Pharmazeutik, Chemie, Lebensmittel, Kosmetik, Medizin, etc. Jobchancen für Personen aus Naturwissenschaften sind gut. Der Einstieg in den ersten Job nach dem Studium ist jedoch nicht einfach. Der Masterabschluss macht Sinn bei den Naturwissenschaften, aber ist kein Muss. Wenn man gut durchkommt im Studium und es Spass macht, empfiehlt sie den Master. Ein Doktorat ist jedoch nicht nötig. Tanja Güntert empfiehlt, bereits während des Studiums die Mauer zwischen Studium und Arbeitswelt zu durchbrechen, z.B. mit Praktika, Teilzeitstellen oder Industriepraktika. Man könne auch die Masterarbeit gleich in der Industrie schreiben und sich damit einen Vorteil gegenüber den anderen, die keine Erfahrung aufweisen können, verschaffen. Man muss sich mit dem Studium nicht beeilen, sondern Erfahrung ist heute wichtiger. Um nach dem Studium den Arbeitsmarkt kennenzulernen, empfiehlt sie das Buch von Toby Freedman, „Career Opportunities in Biotechnolgy and Drug Development“, 2009. Zum Vorgehen bei der Stellensuche gibt Tanja Güntert die folgenden Internetplattformen an: jobs.ch, jobwinner.ch, monster.ch und kellyservices.ch. Zeitungsinserate und Fachmagazine sind ebenfalls gute Quellen. Die Social Media wie XING, LinkedIn, Twitter, etc. sind ebenfalls zu verfolgen. Das wichtige ist, dass man wissen muss, wer man selbst ist, was einem Spass macht, was man kann und was man nicht kann. Dann ist es leichter, den passenden Job zu finden. Sie empfiehlt ausserdem, bei der Studienwahl auch das zukünftige Berufsleben einzubeziehen. Von der ersten Bewerbung bis zum ersten Arbeitstag kann es schon zwei Monate oder länger brauchen. Für eine Anstellung brauche es hard skills, soft skills und v.a. Motivation und Interesse!! Während der Bewerbungsphase muss man erreichbar und gut vorbereitet sein. Sie empfiehlt, eine Liste mit allen offenen Fragen und Antworten zu erstellen. Auf die Frage, ob diese Branche einen Wachstum in der Schweiz erlebt, antwortet Tanja Güntert, dass die Life Science Branche im Moment leidet, aber dieser Bereich werde immer gebraucht, da es sich um Inhalte für den Menschen handelt. Wie viel Bewerbungen braucht es bis zum ersten Job? Sie antwortet darauf: „Es kann manchmal eine Weile dauern aber es gelingt immer.“ 4
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