Schwerpunktbereich 5: Arbeit und soziale sicherung Zum Gegenstandsbereich „Arbeit und Soziale Sicherheit“ wünscht jeder erwachsene Mensch für sich, falls er nicht über ein riesiges Vermögen verfügt. „Arbeit und Soziale Sicherheit“ muss sich ausnahmslos jeder für die große Mehrheit seiner Mitbürger wünschen, da ohne menschliche Arbeit auch das größte Vermögen alleine keinen wirtschaftlichen Ertrag abwirft. Es geht um die in der sozialstaatlichen Demokratie zwangsläufig wichtigsten innenpolitischen Politikbereiche. Um nur einige wenige Fragen unserer unmittelbaren Gegenwart aufzugreifen: Welche Art der Finanzierung ist die sozial gerechteste für das System der gesetzlichen Krankenversicherung? Welcher Anteil am Sozialprodukt soll den arbeitenden Menschen zustehen und welcher Anteil dem noch oder wieder unproduktiven Bevölkerungsgruppen, nämlich den Kindern und Jugendlichen einerseits und den Ruheständlern und Alten andererseits? Was ist Arbeitslosen zumutbar? Brauchen wir staatlich festgesetzte Mindestlöhne? Kann eine Einschränkung der Tarifautonomie oder ein Abbau des Kündigungsschutzes die Arbeitsmarktlage verbessern? Wem dergleichen Diskussionen in der politischen Öffentlichkeit und den Medien schon lange „auf den Geist gehen“, mag den Schwerpunktbereich „Arbeit und Soziale Sicherheit“ sogleich aus der Optionenauswahl unserer Fakultät für sich ausblenden. Wen Fragen der oben skizzierten Art aber interessieren, der findet im Schwerpunktbereich „Arbeit und Soziale Sicherheit“ hierfür die normativen Fundamente und berufliche Perspektiven. Allerdings hat man es mit einer großen Menge von Rechtsgrundlagen zu tun; soweit sie in Gesetzesform vorliegen, sind sie etwa in den beiden dtv-Gesetzessammlungen „Arbeitsgesetze (ArbG)“ einerseits und „Sozialgesetzbuch (SGB)“ andererseits zusammengestellt. Denn bei den Materien dieses Schwerpunktbereiches handelt es sich im wesentlichen um eine Kombination der bisherigen Wahlfachgruppen 4 (Kollektives Arbeitsrecht) und 9 (Sozialrecht). Diese materiellen Kernfächer erhalten eine zeitgemäße Akzentuierung durch eine europa- und internationalrechtliche Komponente sowie eine praxisrelevante Ergänzung durch das jeweils zugehörige Verfahrensrecht. Zum Ablauf von Lehre und Prüfung Die funktionalen Zusammenhänge zwischen Arbeits- und Sozialrecht sind so eng und vielseitig, dass sämtliche der sieben aufgelisteten Fächer zum obligatorischen Prüfungsstoff gehören; es gibt keine Alternativen oder Abzweigungen. Es soll auch vermieden werden, dass gleichsam unter der Hand eine Zweiteilung in Arbeitsrecht einerseits und Sozialrecht andererseits durch besondere Prüfungsgewohnheiten stattfindet. FACHSCHAFT JURA Die Konzeption der Lehrveranstaltungen ist so angelegt, dass das Schwerpunktstudium normalerweise in drei aufeinander folgenden Semestern durchlaufen wird; bei besonderem Einsatz oder auch bestehenden Vorkenntnissen ist es auch möglich, es in zwei Semestern zu absolvieren. Ausgehend von diesem Wintersemester 2005/06 sieht der reguläre Ablauf für die kommenden 3 Semester wie folgt aus: Im Sommersemester 2006 sollte das Arbeitsverhältnisrecht (= Individualarbeitsrecht; mit „Arbeitsrecht I“ ist es etwas blass bezeichnet) als Pflichtfach ernsthaft gehört (und gelernt) werden, denn es bildet die Hauptgrundlage sowohl für die arbeitsrechtliche Säule des Schwerpunktbereichs wie auch die sozialrechtliche. Im nächsten Wintersemester (2006/07) folgt dann auf der arbeitsrechtlichen Säule das Kollektive Arbeitsrecht. Den Abschluss bilden im übernächsten Sommersemester (2007) das Recht des arbeitsgerichtlichen Verfahrens und für beide Bereiche die europa- und internationalrechtlichen Komponenten. Parallel dazu ist auch die sozialrechtliche Säule aufgebaut. Sie hat keine Grundlegung im Pflichtprogramm, es wird daher mit einer Art Einführungs- und Überblicksveranstaltung („Sozialrecht I“) im Sommersemester (2006) ein Systemüberblick gegeben; zudem werden grundzügehaft diejenigen Sozialrechtsmaterien behandelt, die wie die Sozialhilfe, die Grundsicherung für Erwerbsfähige, die Ausbildungsförderung und u. a. m. außerhalb der Systeme der Sozialversicherung liegen. Im darauf folgenden Wintersemester (2006/07) werden sodann die Kernmaterien der Sozialversicherung, also die Kranken-, Pflege-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie die übergreifenden Gemeinsamkeiten und allgemeinen Lehren behandelt („Sozialrecht II“). Den Abschluss bildet wie im Arbeitsrecht das sozialrechtliche Verfahrensrecht im Semester danach. Gegenstand der Aufsichtsarbeit sind das „Kollektive Arbeitsrecht“ (selbstverständlich auf der Basis des Pflichtfaches Individualarbeitsrecht) und „Sozialrecht II“, also das Sozialversicherungsrecht. Die übrigen vier Veranstaltungen werden je mit einer Vorlesungsabschlussklausur an der Gesamtprüfung beteiligt sein. Die Aufsichtsarbeit, vermutlich die härteste Anforderung des Schwerpunktstudiums, kann sinnvollerweise erst auf der Grundlage der Lehrveranstaltungen Kollektives Arbeitsrecht und Sozialrecht II geschrieben werden. (Sozialrecht I ist hingegen nicht erforderlich). Die sog. Studienarbeit wiederum sollte den krönenden Abschluss bilden und tunlichst erst nach der Aufsichtsarbeit angegangen werden, dies vor allem auch deshalb, um durch die Themenvergabe für die Studienarbeiten nicht die Chancengleichheit für die Aufsichtsarbeit zu gefährden. Angesichts der Fülle und der Dynamik des Rechtsstoffes werden für die Aufsichtsarbeit keine sonderlichen Anforderungen an Vertiefungswissen gestellt werden können; solches bereichsweise zu erarbeiten, bleibt der Studienarbeit vorbehalten. Einen Überblick über den Lehrstoff kann man sich leicht anhand der zahlreichen kürzeren Lehrbücher für die Materien Arbeitsrecht und Sozialrecht, wie sie in unserem Seminar und der UB stehen, verschaffen; zudem werden auch vorlesungsbegleitend Materialien von den Dozenten zur Verfügung gestellt werden. Der arbeitsrechtliche Bereich wird von Prof. Dr. Sebastian Krebber LL.M., der sozialrechtliche Bereich derzeit noch von Prof. Dr. Ursula Köbl betreut. (Sollte das Berufungsverfahren für die Nachfolge Köbl nicht bis zum WS 06/07 abgeschlossen sein, wird für eine Lehrstuhlvertretung gesorgt werden). Sprecher des Schwerpunktbereichs ist ab SS 2006 Prof. Dr. Krebber. Die verfahrensrechtlichen Veranstaltungen werden von erfahrenen Praktikern gehalten werden: Prof. Dr. Johann Peter Francken, Präsident des LAG Baden-Württemberg, RA Dr. Ulrich Sartorius, Fachanwalt für Sozialrecht, und Thomas Bubeck, Richter am Sozialgericht Freiburg. Zur beruflichen Verwertbarkeit Der Ertrag nicht unerheblicher Lernanstrengungen besteht in der Qualifizierung für ein breites Spektrum an beruflichen Möglichkeiten. In erster Linie ist an die Richterschaft der beiden Fachgerichtsbarkeiten, der Arbeitsgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit, zu denken sowie an die entsprechenden Fachanwaltschaft; auch Familiengerichte und Fachanwälte für Familienrecht brauchen mancherlei arbeits- und sozialrechtliche Kenntnisse. Doch es gilt vor allem in diesem Bereich über unsere herkömmlich allzu justizorientierte Perspektive hinauszublicken: Erheblichen Bedarf an volljuristisch qualifiziertem Führungspersonal mit arbeits- und sozialrechtlichen Spezialkenntnissen haben vor allem die Personalabteilungen der größeren Wirtschaftsunternehmen, die kommunalen Sozial- und Jugendämter, die Landes- und Bundesverwaltung, die sonstigen Sozialleistungsträger, insbesondere die Träger der Sozialversicherung (Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, Agenturen für Arbeit u. a. m.), zahlreiche privatrechtliche Vereinigungen und Verbände, also insbesondere Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die Verbände der Leistungserbringer (Ärzte, Krankenhäuser u. a.), die Wohlfahrtsverbände (Caritas, Diakonie usw.), die Verbände der Leistungsempfänger bis hin zu politischen Parteien und internationalen Organisationen. Damit nicht vielleicht naheliegende, aber dennoch falsche Assoziationen sich einschleichen, sei darauf hingewiesen, dass es im Arbeits- und Sozialrecht zwar schwerpunktmäßig um den „Ausgleich struktureller Schwächen“ weiter Bevölkerungskreise geht, dass hieraus aber keineswegs folgt, dass an das juristische Fachpersonal gegenüber anderen Berufsfeldern irgendwie „sozial“ ermäßigte Anforderungen zu stellen seien. Wie in den sonstigen Bereichen auch kann mit Spezialwissen sehr schwaches juristisches Allgemeinpotential nicht vollwertig ausgeglichen werden.
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