Zusammenschluss Orange/Sunrise

03.12.2015
Universitätseinheit
Zusammenschluss
Orange/Sunrise
Angela Oppliger, Ramon Giannetta
07.11.2014
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Universitätseinheit
Überblick
•
Theorie
 Fusionskontrolle
 Prüfungsschema
 CSDP-Test / SIEC-Test
•
Orange/Sunrise Zusammenschluss
•
Entflechtungsmassnahmen
•
Diskussion
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03.12.2015
Universitätseinheit
Theorie
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Fusionskontrolle (1)
• Rechtsgrundlagen:
– KG 9-11; KG 32-38; VKU
• Sachverhalte, in denen ein Unternehmen die
wirtschaftliche Kontrolle über ein bisher
selbständiges Unternehmen erlangt
• Erfasst wird nur exogenes Wachstum, nicht
endogenes Wachstum
– D.h. Fusionen und Akquisitionen
– Nicht Gründungen von Tochtergesellschaften
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Fusionskontrolle (2)
• Präventive Wirkung:
–
Genehmigung durch WEKO
• Zeitpunkt der Meldung:
– Nach dem Verpflichtungsgeschäft (sog. Signing)
– Vor dem Verfügungsgeschäft (sog. Closing)
• Schwebezustand:
 Die zivilrechtliche Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts bleibt aufgeschoben (KG 34)
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Universitätseinheit
Prüfungsschema (1)
1) Anwendbarkeit des KG:
 Persönlicher Geltungsbereich: Unternehmen i.S.v.
KG 2 Ibis (Unabhängig von der Rechtsform)
 Sachlicher Geltungsbereich: Unternehmenszusammenschlüsse i.S.v. KG 4 III
 Räumlicher Geltungsbereich: Auswirkungsprinzip i.S.v.
KG 2 II
 Vorbehaltene Vorschriften i.S.v. KG 3 I
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Prüfungsschema (2)
2) Unternehmenszusammenschluss
 Fusionen (KG 4 III lit. a)
 Kontrollerwerb (KG 4 III lit. b)
 Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen (VKU 2)
 Hinweis: nicht erfasst sind Unternehmungen im Konzern,
weil sie bereits wirtschaftlich voneinander abhängig sind
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Prüfungsschema (3)
3) Aufgreifkriterien: KG 9 I-IV

Schwellenwerte

Wenn Schwellenwerte erreicht: Meldepflicht

Meldungsinhalt gemäss VKU 11 I
4) Eingreifkriterien/CSDP-Test: KG 10 II

Begründung/Verstärkung marktbeherrschende Stellung

Wettbewerb kann beseitigt werden (qualifizierte
Marktbeherrschung)

Keine Wettbewerbsverbesserung in einem anderen Markt

CSDP-Test/SIEC-Test
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Vergleich schweizerische und europäische
Fusionskontrolle
• Tatbestandselemente grundsätzlich gleich
• Andere Rangordnung
 Marktbeherrschende Stellung nur ein Anwendungsfall
• EU: Auswirkungen der Fusion auf die Struktur des
Marktes
• Kritik des Bundesrates am CSDP-Test:
 Positive und negative Auswirkungen
 Unilaterale und koordinierte Effekte
 Level Playing Field
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Berücksichtigung von Effizienzgewinnen in der EU
•
Pro-kompetitive Effekte stärker als Antikompetitive Effekte
•
EU Regelung: FKVO 2 I Satz 2 lit. b
(Fortschrittsklausel)
(http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:024:0001:0022:de:PDF)
•
Rechtsgrundlage, welche bereits unter der aFKVO
Geltung hatte
 Zwischenfazit: Berücksichtigung von
Effizienzvorteilen ist nicht an die Wahl des Tests
gebunden
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Berücksichtigung von Effizienzgewinnen in der
Schweiz
•
Effizienzgewinne im zu prüfenden Markt:
KG 10 II lit. a
•
Effizienzgewinne in einem anderen Markt:
KG 10 II lit. b
 Fazit: Mit der geltenden gesetzlichen Grundlage
können Effizienzgewinne berücksichtigt werden
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Berücksichtigung der Konsumenteninteressen
•
CH Entwurf: Effizienzvorteile liegen bei den
Nachfrager
•
EU: Effizienzvorteile müssen den Verbrauchern
zugute kommen
•
Missbrauchskontrolle (KG 4 II i.V.m. KG 7)
•
Preisüberwachungsgesetz (PüG)
•
Grundsatz der Verhältnismässigkeit
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Unilaterale und koordinierte Effekte in einem
Oligopol (1)
•
Unilaterale Effekte: Individuelle Reaktion eines
Marktteilnehmers die Mengen knapper oder die
Preise höher zu halten als bei vollkommenem
Wettbewerb
•
Koordinierte Effekte: Zukünftige Reaktion der
Konkurrenten auf gegenwärtiges Verhalten fliesst
in Überlegungen mit ein
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Universitätseinheit
Unilaterale und koordinierte Effekte in einem
Oligopol (2)
•
Subsumption von unilateralen und koordinierten
Effekten unter den Begriff der kollektiven
Marktbeherrschung?
•
H. L.: Unilaterale Effekte werden nicht erfasst
 Notwendigkeit irgendeiner Koordination der Unternehmen
 Auslegung von KG 4 II ausschlaggebend
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Orange/Sunrise Zusammenschluss
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Parteien
• France Télécom Gruppe (FT)
 Tochtergesellschaft Orange Communications SA (100%)
• Tele Danmark Communications A/S (TDC)

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Tochtergesellschaft Sunrise Communications AG (100%)
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Sachverhalt
• France Télécom beabsichtigt die Sunrise AG zu
akquirieren (sog. Share Deal)
• In einem zweiten Schritt sollen die Tochtergesellschaften (Orange/Sunrise) fusioniert werden
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Gründe
• Swisscom verfügte über einen grossen Marktanteil
• Hohe Investitionen um mit Swisscom mitzuhalten
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Subsumption nach Prüfungsschema (1)
1) Anwendbarkeit des KG
2) Unternehmenszusammenschluss

Aktionärbindungsvertrag mit dem Ziel Sunrise an FT zu
verkaufen

FT 75% - TDC 25% (sog. Share Deal)

Kontrollerwerb i.S.v. KG 4 III lit. b i.V.m. VKU 1

Kartellrechtlich irrelevant ist die spätere konzerninterne
Fusion von Sunrise/Orange
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Subsumption nach Prüfungsschema (2)
3) Aufgreifkriterien gemäss KG 9 I
Mobilfunkanbieter
Umsätze Schweiz in
Mio.
Umsätze Weltweit in
Mio.
FT
CHF 1’308
CHF 79’429
Sunrise
CHF 1’856
CHF 1’856
Total
CHF 3’164
CHF 81’285
 Aufgreifkriterien erfüllt. Vorhaben ist meldepflichtig
4) Eingreifkriterien gemäss KG 10 II
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Einzelmarktbeherrschung (1)
• Begründung/Verstärkung einer markbeherrschenden
Stellung
 Abgrenzung relevanter Märkte: Marktanteil (VKU 11 I lit. d)
 In casu: 9 Märkte abgegrenzt
Davon 4 relevant: Endkundenmarkt, Netzzugangsmarkt, Terminierungsmarkt, Roaming-Markt
 Marktbeherrschung: Unabhängiges Verhalten (KG 4 II)
(Marktstrukturen, Unternehmenseigenschaften,
potenzieller Wettbewerb)
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Universitätseinheit
Einzelmarktbeherrschung (2)
• Beseitigung des Wettbewerbs (qualifizierte
Marktbeherrschung)
• Keine Wettbewerbsverbesserung in anderen
Märkten
 Zwischenfazit: Keine Anhaltspunkte für eine
Einzelmarktbeherrschung
 60% der Marktanteile werden von Swisscom gehalten
 Gegenseitige Abhängigkeit im Terminierungsmarkt
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Universitätseinheit
Kollektive Marktbeherrschung (1)
• WEKO kann ein Zusammenschluss auch bei der
Begründung/Verstärkung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung untersagen
• KG 4 II: „… einzelne oder mehrere Unternehmen…“
• Ein Kollektiv benimmt sich wie ein Monopolist
 Koordinationsverhalten
 Parallelverhalten
 Kein Wettbewerb
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Universitätseinheit
Kollektive Marktbeherrschung (2)
• Gleichförmiges Verhalten. Abstimmung über den
Markt ( Wettbewerbsabreden)
• WEKO Kriterien:
 Marktkonzentration
 Symmetrien
 Marktwachstum
 Markttransparenz
 Multimarktbeziehungen
 Stellung der Marktgegenseite
 Potenzielle Konkurrenz
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Kollektive Marktbeherrschung (3)
• In casu Prüfung der kollektiven Marktbeherrschung
durch Swisscom und Orange/Sunrise
 Zwischenfazit: Bejahung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung
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Universitätseinheit
Auflagen/Bedingungen; Effizienzeinrede
• Keine Auflagen/Bedingungen ersichtlich
• Effizienzgewinne nicht stark genug
• Keine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in
einem anderen Markt
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03.12.2015
Universitätseinheit
Fazit
• Zusammenschlussuntersagung durch die WEKO
 Keine Einzelmarktbeherrschung
 Kollektive Marktbeherrschung Swisscom und
Orange/Sunrise
 Wegfall von Sunrise in der Rolle eines „Maverick“
07.11.2014
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Universitätseinheit
Entflechtungsmassnahmen (1)
•
Entflechtungsmassnahmen dienen dem Schutz
des Wettbewerbs
•
Entflechtungsmassnahmen im Rahmen der
Fusionskontrolle (z.B. Auflagen und Bedingungen)
•
Entflechtungsmassnahmen im Rahmen einer
Deregulierung
•
Objektive Entflechtung
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03.12.2015
Universitätseinheit
Entflechtungsmassnahmen (2)
•
Im Rahmen der Fusionskontrolle und einer
Deregulierung unbestritten und sinnvoll
•
Objektive Entflechtungsmassnahmen stark
umstritten:
 Keine Garantie der Verbesserung der
Wettbewerbssituation
 Schwerer Eingriff in Eigentumsgarantie und
Wirtschaftsfreiheit
07.11.2014
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Seite 29
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Diskussion
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