Neue Schrottsorte wäre wünschenswert

Urban Mining: Stahl aus KVA-Schlacke
Neue Schrottsorte wäre
wünschenswert
Aus ökologischer Sicht ist es sinnvoll, Metalle aus der KVA-Schlacke zurückzugewinnen. Allerdings ist die
Qualität des Eisens ungenügend, so dass der Sekundärrohstoff nicht in der Schweiz verarbeitet werden
kann. Es müsste eine neue Schrottsorte definiert werden, damit das Eisen etwa im Stahlwerk in Gerlafingen verwertet werden kann.
Fotos: zvg
Von Peter Heusser
Für hiesige Stahlwerke ist die Eisenqualität aus KVA-Schlacke ungenügend.
T
rotz Separatsammlung enthalten
die Schlacken aus Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) noch
rund 10% Metallstücke, vor allem Eisen. In der Schweiz werden heute etwa 50 000 Tonnen Eisen durch Aufbereitung aus den KVA-Schlacken
zurückgewonnen. Allerdings ist die Metallqualität aufgrund von Schlackenanhaftungen, die sich beim konventionellen «Nassaustrag» bilden, so schlecht,
dass dieses Metall nicht in Schweizer
Stahlwerken verarbeitet werden kann,
sondern ins Ausland exportiert werden muss. Wenn die KVA-Schlacke
allerdings trocken ausgetragen wird,
wie dies heute in zwei Schweizer KVA
schon umgesetzt ist, werden solche
Schlackenanhaftungen vermindert.
Peter Heusser
Dr. sc. techn. ETH, I.C.E. AG, Wil SG.
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Ziel des Projektes war es, die Schrottqualität aus trocken ausgetragener
Schlacke abzuschätzen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Schrottqualität
aufzuzeigen. Dies mit der Zielsetzung,
den trocken ausgetragenen Schrott aus
Schweizer KVA-Schlacken durch mechanische Aufbereitung so zu veredeln
und hiesigen Stahlwerken zuzuführen.
Aufgabenstellung und
Durchführung
In einer ersten Phase wurde der
Schrott aus dem KVA-Trockenaustrag
auf seine Qualität untersucht. Hierfür
wurden von der KVA Satom in Monthey
Schrottproben beschafft und in einer
Kleingiesserei in mehreren Chargen zu
je 500 kg eingeschmolzen. Die Schmelzproben wurden metallurgisch untersucht. Diese Versuche legten die Basis
zur Beurteilung der Stahlqualität von
Schrott aus dem Trockenaustrag von
KVA-Schlacke. In einer zweiten Phase
wurden Möglichkeiten untersucht, um
4 – 2012, Umwelt Perspektiven, Postfach, 8308 Illnau
die Störstoffe wie Nichteisenmetalle –
hauptsächlich Kupfer (Cu) aus Spulen
und Elektromotoren – und Schlackenanhaftungen aus dem Schrott zu entfernen. Einerseits wurde eine Schrottprobe
manuell von Störstoffen gereinigt, andererseits wurden die Störstoffe mittels
verfahrenstechnischen Mitteln entfernt.
Diese Versuche wurden im Verfahrenstechniklabor des Umtec in Rapperswil
durchgeführt und zwar mittels zwei verschiedenen Methoden. Zum einen
wurde versucht, die Störstoffe direkt
mittels Sensortechnik zu detektieren
und auszusortieren, zum anderen wurden die Störstoffe aufgeschlossen und
die sortenreinen Materialien sortiert.
Aufgrund der so gewonnenen Erkenntnisse wurde anschliessend ein
Aufbereitungsversuch in einem Autoschredder konzipiert und durchgeführt.
Neben 50 Tonnen Schrott von Satom
wurden zu Vergleichszwecken nochmals soviele Tonnen aus dem Nassaustrag zweier anderer Kehrichtverbren-
nungsanlagen aufbereitet. Diese
Schrottproben wurden zunächst wieder
in einer Kleingiesserei eingeschmolzen
und metallurgisch untersucht. Anschliessend hat man sie im Stahlwerk
Gerlafingen in jeweils mehreren Chargen dem herkömmlichen Schrott beigemischt und zu Stahl verarbeitet.
Nicht zwingend besser
Durch die Schmelzversuche wurde
deutlich, dass mit trocken ausgetragenem
KVA-Schrott nicht zwingend eine bessere Stahlqualität erreicht wird als mit nass
ausgetragenem Schrott. Die KVASchrottqualität hängt im stärkeren Masse
auch von folgenden Parametern ab:
•Art und Zusammensetzung des verbrannten Abfalls (z.B. Cu-haltiger
Resh-Zusatz)
•Vorherrschende Verbrennungstemperatur im Gutbett des KVA-Ofens
•Verweilzeit des Schrotts im KVAOfen
•Effektivität der Magnetabscheidung
aus der Schlacke (eine weniger effek-
Massenanteil in %
Erhöhte Kupfer- und
Schwefelanteile
Die Qualität von unbehandeltem
Schrott aus dem Trockenaustrag genügte den Anforderungen des Stahlwerks
nicht. Es wurden zu hohe Gehalte an
Kupfer und Schwefel gemessen. Diese
Störstoffe wurden grösstenteils in der
Korngrössenfraktion 0 bis 80 mm gefunden, wobei auch die Fraktion grösser 80 mm den Anforderungen des
Stahlwerks nicht genügte.
Durch die Aufbereitung des KVASchrotts im Autoschredderwerk wurde
der Störstoffgehalt deutlich abgesenkt.
Die Schrottmasse wurde durch die Aufbereitung bei allen Proben (also aus
Nass- und aus Trockenaustrag) um
rund 20% reduziert. Der ganz überwiegende Teil dieses «Verlusts» sind mineralische Störstoffe und Eisenoxid – es
wurde nur wenig metallisches Eisen
verloren. Die Qualität von Schrott aus
dem Trockenaustrag unterschied sich
nach der Aufbereitung nicht merklich
von der des aufbereiteten Schrotts aus
dem Nassaustrag. Einschränkend ist zu
bemerken, dass die Proben aus dem
Nass- und dem Trockenaustrag aus verschiedenen KVA stammten, also die
Proben möglicherweise nicht in allen
Aspekten vergleichbar waren.
Im Diagramm (vgl. Abb. 1) sind die
Störstoffkonzentrationen von rohem
Schrott (RS) und aufbereitetem Schrott
(AS) aus dem Trockenaustrag der KVA
Satom dargestellt. Die grüne Linie
zeigt die Grenzwerte, die vom Stahlwerk vorgegeben werden (gemäss der
EU-Schrottsortennorm E46). Das verfolgte Ziel, einen Schrott zu erzeugen,
der diese Norm erfüllt, konnte bei der
untersuchten Charge nicht ganz erreicht werden. Dies hauptsächlich
wegen der noch immer erhöhten Kupfer- und Schwefelanteile.
Es wurde die Beobachtung gemacht, dass Kupferanteile des Abfalls
im KVA-Ofen offenbar teilweise aufschmelzen und auf Stahlteile auflegiert
werden. Dieses Phänomen wurde bei
allen untersuchten Schrottproben festgestellt, wobei sich die Menge dieser
Legierungsanteile zwischen den verschiedenen KVA deutlich unterschied.
Auffallend ist, dass der Chromgehalt
nach der Aufbereitung des SatomSchrotts deutlich höher ist als jener des
RS-Schrotts. Ein ähnlich hoher Chromgehalt wurde auch bei den AS-Proben
anderer Anlagen gemessen. Dies ist auf
den unterschiedlichen Einschmelzvorgang der beiden Giessereien zurückzuführen, bei denen die Proben eingeschmolzen wurden. Erstere produzierte
durch eine oxidierende Fahrweise des
Ofens mehr Abbrand als die Zweite,
wobei das Chrom reduziert wird. Die
zweite Charge (AS) wurde hingegen reduzierend (unter Einsatz von Aluminium) eingeschmolzen. Die hohen gemessenen Werte für aufbereiteten Schrott
sind plausibel, während die Chromwerte für Rohschrott reduziert wurden und
somit nicht die effektiv im Schrott vorhandenen Chromanteile wiedergeben.
Nach Abtrennung der Störstoffe
wurde bei den Schmelzversuchen des
aufbereiteten Schrotts ein hohes Stahlausbringen um 94% erreicht. Auch die
erzielte Schüttdichte von etwa 1 Tonne
pro m3 entspricht den Anforderungen
des Stahlwerks.
Trotzdem bietet der Trockenaustrag
nicht nur bei den NE-Metallen, sondern
auch beim Eisenschrott einige Vorteile
die vor allem für die Möglichkeiten der
anschliessenden Schrottaufbereitung
nützlich sind. Da der Schrott aus dem
Trockenaustrag an der Oberfläche wesentlich weniger stark oxidiert ist, können die im magnetischen Schrott fehlausgetragenen NE-Metalle, wie Kupfer,
optisch wesentlich besser erkannt und
potenziell entfernt werden. Diese Möglichkeit ist sowohl für die Handauslese,
als auch für eine optische Sortierung
mittels Sensortechnik relevant.
Fazit
Laut Stahl Gerlafingen müsste eine
neue Schrottsorte definiert werden,
welche eine Qualität gemäss den in
diesem Projekt erzielten Resultaten
aufweist. Die neue Schrottsorte wurde
provisorisch «KVA-Schrott geschreddert» benannt. Hierbei sind folgende
Kriterien zu beachten:
•KVA-Schrott muss durch einen geeignet gewählten Schredderprozess
mit einer effizienten Windsichtung
sortenrein aufbereitet werden
•KVA-Schrott darf nicht mit anderen
Schrottsorten vermischt werden
•Aufnahme von geschreddertem KVASchrott in die Schrottnomenklatur der
Schweizer Stahlwerke analog der europäischen Sorte E46 (Ersatz der bisherigen Sorte: «KVA-Schrott»)
•Evaluation des sortengerechten Preises unter Einbezug der Unsicherheit
von Cu- und S-Gehalten
•Einkauf nur bei Schredderwerken,
welche die geeignete und sortenreine
Aufbereitung von KVA-Schrott gewährleisten können. Eine solche Gewährleistung kann z.B. durch ein
Ausweisen der Stoffbilanz der Aufbereitung erfolgen.
Mit diesen Annahmekriterien
könnte der Weg einer Verwertung des
KVA-Schrotts in Schweizer Stahlwerken geöffnet werden.
2.5
0.25
2
0.20
1.5
0.15
1
0.10
0.5
0.05
0
Es landet tonnenweise Metall in der KVA, das wieder in den Stoffkreislauf gehört.
tive Magnetscheidung erfasst nur die
gröberen Eisenteile, die weniger
Störstoffe beinhalten)
0.00
Cu
Cu8Sn
RS SATOM
AS SATOM
Grenzwert
P
S
Cr
Sn
Abb. 1: Vergleich der Störstoffgehalte von Satom-Schrott vor und nach
Aufbereitung.
4 – 2012, Umwelt Perspektiven, Postfach, 8308 Illnau
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