Gesunde Tiere im Stall: Lösungen aus Sicht des Tierarztes

Tagung Stallklima Rindvieh 2016
Zollikofen
01. März 2016
Besonderheiten des Kalbes
Gesunde Tiere im Stall:
Lösungen aus Sicht des Tierarztes
Martin Kaske
Rindergesundheitsdienst
Departement für Nutztiere
Anatomische Besonderheiten der Rinderlunge
Besonderheiten des Nutztieres Kalb
• relativ kleine Lunge (vergl. mit Pferd)
geringe alveoläre Oberfläche
niedrige ventilatorische Reservekapazität
• starke Untergliederung der Lungenanteile
(„Kompartimentalisierung“); schneller
Ausfall großer Regionen
• kurze produktive Phase
 Aufstallung im Alter von 2-5 Wochen
 Vermarktung im Alter von < 160 Tagen
• Tendenz zur Bildung von Emphysemen
• Neonaten
 hohes Wachstumspotential
 hohe Nährstoffeffizienz
 zunächst nahezu immuninkompetent
 anfällig für Krankheiten
 stresslabil
 physiologisches Verhalten ist
problematisch
• relativ wenige Makrophagen in den Alveolen
• niedrige Konzentration von Lysozym
im trachealen Mucus
• Kälberlunge ist „unreif“; Entwicklung erst
mit ca. 1 Jahr abgeschlossen
Disposition für infektiöse Erkrankungen
Risikofaktoren für Kälbergrippe
Lüftungsmängel
Überbelegung
Der Krankheitsverlauf
…. es geht sehr schnell !
Stress
Viren
Mycoplasmen
Bakterien
Hohe Luftfeuchtigkeit
ständige
Nachbelegung
Wochen
3–10
Tage
~ 3 Tage
Temperaturschwankungen
mangelhafte
Geburtshygiene
ungenügende
Kolostralmilchversorgung
Viruspneumonie
Katarrhalischpurulente
Pneumonie
Fibrinöse
Pleuropneumonie
Rindergrippe in Schleswig-Holstein:
eine Bestandsaufnahme
keine wesentlichen
Probleme
( N = 83 )
erhebliche Probleme
34,6
70,8
40
80
Impfungen
[ % der Betriebe ]
46,2
57,5
Einsatz von Medizinalfutter
[ % der Betriebe ]
19,5
58,3
Zukauf
[ % der Betriebe ]
Marktleistung
[ Tiere / Jahr; Median ]
( N = 41 )
Einfluss des Haltungssystems
auf die Prävalenz von
Atemwegserkrankungen
Interaktion Tiergesundheit - Stallklima
Schlüsselfaktoren für Lungengesundheit
Nesting score
Kälber produzieren
1
2
3
Häufigkeit von
Lungenerkrankungen
Score 1
Score 2
Score 3
•
•
•
•
Wärme
Wasser
Harn und Kot  Ammoniak
Kohlendioxid
Produktion ist abhängig von
•
•
Körpergewicht
tägliche Zunahme
•
•
•
Umgebungstemperatur
Belegungsdichte
Einstreumenge und -intervall
Abtransport ist abhängig von
Bakteriengehalt der Luft
[KbE/m3
x 1.000]
•
•
•
Einstreumenge
Umgebungstemperatur
Lüftungsrate
Aktuelle Konzentration = Produktion - Abtransport
( Lago et al. 2006 )
Interaktion Tiergesundheit - Stallklima
Haltungssystem
Kaltstall
Belegungsdichte
Haltungssystem
warm
kalt
Jahreszeit
Tiere
Interaktion Tiergesundheit - Stallklima
70 kg
200 kg
niedrig hoch niedrig
hoch
70 kg
niedrig
hoch
hoch
Tiere
Belegungsdichte
warm
kalt
Jahreszeit
200 kg
niedrig
Warmstall
70 kg
niedrig
200 kg
hoch niedrig
hoch
70 kg
niedrig
hoch
200 kg
niedrig
hoch
Wärmeabgabe
Wärmeabgabe Kalb 70 kg
Wärmeabgabe Kalb 70 kg
600 W
Wärmeabgabe [W]
500 W
400 W
300 W
Wärmeabgabe total Kalb 70 kg
200 W
Wärmeabgabe latent
100 W
Sensible Wärmeabgabe
Kalb
70 kg
sensible
Wärmeabgabe
Kalb
200 kg
40 °C
35 °C
30 °C
25 °C
20 °C
15 °C
10 °C
5 °C
0 °C
-5 °C
-
Umgebungstemperatur [°C]
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Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
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Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
( M. Sax 2015 )
Wasserdampfabgabe Kalb 70 kg
Empfehlungs- «Grenz»-Werte:
Wasserdampfabgabe Kalb 70 kg
[CO2] < 2000 p» pm
250 W
0.50 kg/h
[NH3] < 10 ppm
0.45 kg/h
0.40 kg/h
0.35 kg/h
150 W
0.30 kg/h
0.25 kg/h
100 W
0.20 kg/h
0.15 kg/h
50 W
0.10 kg/h
0.05 kg/h
-
Empfohlene Bandbreite der relativen Feuchtigkeit im
Stall
40 °C
35 °C
30 °C
25 °C
20 °C
15 °C
10 °C
5 °C
0 °C
-5 °C
0.00 kg/h
Rel. Feuchtigkeit
Relative Feuchtigkeit %
200 W
Wasserdampf [kg/h]
Wärmeabgabe latent [W]
( M. Sax 2015 )
100
Maximum
90
80
70
60
50
Minimum
40
30
-10
-5
Umgebungstemperatur [°C]
0
5
10
15
20
25
30
Stalltem peratur °C
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Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
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Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
( M. Sax 2015 )
Erforderlicher Luftvolumenstrom im Winter
(Abführung Wasserdampf)
( M. Sax 2015 )
Kondensationsprobleme
Stalllufttemperatur
~10°C; rel. LF ~80%;
Aussenluft ~ -5°C; rel.
LF ~90%
Kälber ~70 kg:
Luftvolumenstrom (V) pro Kalb
~65 g/h
V  --------------- = 14 m3/h
7,6 – 3 g/m3
Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
Kälber ~200 kg:
Luftvolumenstrom (V) pro Kalb
~120 g/h
V  --------------- = 26 m3/h
7,6 – 3 g/m3
Wasserdampf aus der Stallluft
kondensiert an der kalten
Dachunterseite
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( M. Sax 2015 )
Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
 Schimmelpilzbildung
 Durchfeuchtung Bauteile
 vermindern Bauteilfestigkeit
 verkürzte Bauteil- Lebensdauer
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( M. Sax 2015 )
Erforderlicher Luftvolumenstrom im
Sommer (Abführung Wasserdampf)
Je tiefer die Stalltemperatur, desto
höher muss die Luftrate sein!
Stalllufttemperatur
~25°C; rel. LF ~80%;
Aussenluft ~ 25°C; rel.
LF ~65%
Kälber ~70 kg:
Luftvolumenstrom (V) pro Kalb
~150 g/h
V  -----------------------  43 m3/h
18.5 – 15 g/m3
Kälber ~200 kg:
Luftvolumenstrom (V) pro Kalb
~260 g/h
V  -------------------  75 m3/h
18.5 – 15 g/m3
Bei t = 25°C und rel. LF von 75% aussen:
V  115 m3/h
V  200 m3/h
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Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
Tierärztetagung 2015, Basel| 07.05.2015
Markus Sax, Agroscope INH Tänikon
( M. Sax 2015 )
20
( M. Sax 2015 )
Trauf-First-Lüftung in der kühlen Jahreszeit
Risikofaktor Ammoniak
• zu wenig Frischluft
• alte Mistmatratze
• hoher Tierbesatz
Ammoniakkonzentration bei unterschiedlichen Kälberunterkünften
(nach v. Schrader, 1999)
ppm
8
7,01
7
6
5
4,2
3,91
4
3,35
2,79
3
2
1
0
Warmstall
Trauf-First-Lüftung
Windschutznetz
Großraumiglu
Einzeliglu
( Nordlund 2013 )
Trauf-First-Lüftung in der warmen Jahreszeit
( Nordlund 2013 )
Trauf-First-Lüftung bei Windstille
( Nordlund 2013 )
Trauf-First-Lüftung mit zusätzlichem Ventilator
( Nordlund 2013 )
„Positive pressure tubes“:
die Schlauchbelüftung
Prinzip der Schlauchbelüftung
Luftstrom mit
Vernebler
dargestellt
Foto: Dr. Uwe Reinicke
Foto: Dr. Jenny John
Smart calc Tubes
… auch eine Lösung für niedrige Altbauten …
Berechnung von
• Ventilatorleistung
• Schlauchdurchmesser
• Löcheranzahl
• Löcherposition
gerichtete Belüftung mit
< 0,2 m/s auf Kälberniveau
Schlauchlüftung im „Sackgassen-Stall“
Charakteristika der Schlauchlüftung
• Ventilator (600 W) muss immer
laufen
 Stromverbrauch 15 KWh/Tag
• Luftaustauschrate: 4 x / Stunde
• drastische Verminderung der
Keimdichte in der Stallluft
• Anzahl der Atemwegserkrankungen: - 60-70 %
Prinzipien bei der Zwangslüftung
•
Zu- und Abluftflächen möglichst großzügig dimensionieren
•
schliessbare Zuluftöffnungen
•
Luftgeschwindigkeit minimieren
•
zugeführte Luft muss wirklich Frischluftqualität haben
•
ganzjährige Fensterlüftung ist problematisch
•
keine zuluftführenden Fenster über Kälberboxen
• Amortisation der Investition
in 1-2 Jahren
Arbeitswirtschaftlich günstig + preiswert :
geht das ?
Giebelseite in
diesem Bereich
des Auslaufes
offen
Iglus mit Auslauf
überdacht, alle
Seiten offen
Giebelseite
geschlossen
mit Tor
1,50 m
Futtertisch
4,00 m
4,00 m
2,25 m
4,00 m
Gruppenbucht
für 8 Kälber
und überdachter
Liegefläche
Gruppenbucht
für 8 Kälber
und überdachter
Liegefläche
Gruppenbucht
für 8 Kälber
und überdachter
Liegefläche
Spaceboardlüftung
Seitliche
Buchtentrennwände:
Siebdruckplatten
im Rohrrahmen
4,00 m
4,00 m
4,00 m
4,00 m
Schwenkbare
Abdeckplatten
als Unterschlupf
für Kälber
… die Umweltbedingungen
sind entscheidend …
Vergleich Warmstall vs. Außenklimahaltung
( Sanftleben u.a. 2002, Betrieb H. Nitschke, Ramin )
Abweichung Außenklima
zum Warmstall
Tägl. KF-Aufnahme
Tägl. Zunahme bis 12. Woche
+ 300 g
+ 230 g
Körpermasse bis 12. Woche
+ 14 kg
Pneumonien: Krankheitstage
69 vs. 187
Durchfall: Krankheitstage
23 vs. 20
Tagung Stallklima Rindvieh 2016
Zollikofen
01. März 2016
Gesunde Tiere im Stall:
Lösungen aus Sicht des Tierarztes
Martin Kaske
Rindergesundheitsdienst
Departement für Nutztiere