Warum zu viel Schnee auch nichts bringt

20 TOURISMUS
SAM ST AG, 3 0 . JÄNNER 20 16
BILD: SN/PLANAI-HOCHWURZEN-BAHNEN GMBH
Warum zu viel Schnee
auch nichts bringt
Wissen, wann es
genug ist – das
spart den Seilbahnunternehmen bei der Beschneiung vor
allem Kosten.
Kein Schnee bis nach Weihnachten, nach einer kurzen Kälteperiode schon wieder Warmwetter – in dieser Saison werden
die Seilbahner bei der Beschneiung auf die Probe gestellt. Schneemanagement bringt dabei viel und spart viel.
SALZBURG. Spät, aber doch: Nach
den von den Wintersportlern und
der Tourismusbranche ersehnten
Schneefällen konnten die Pisten
heuer Mitte Jänner erstmals in dieser Saison besser präpariert werden
als mit reinem Kunstschnee. In
schneearmen Saisonen mit teils
frühlingshaften Temperaturen in
niedrigen Lagen wie heuer kommt
der Optimierung der Beschneiung
besondere Bedeutung zu. Es geht
dabei um Energie- und Wasserverbrauch und damit direkt um Kosteneinsparungen. Der IT-Fachmann
Robert Sölkner aus Salzburg beschäftigt sich seit Langem mit dem
Thema. Er beschreibt die Lage so:
„Die Seilbahnwirtschaft ist sehr
stark hardwaregetrieben.“ Die heimische Seilbahnbranche hat in den
vergangenen 15 Jahren um Hunderte Millionen Euro technisch aufgerüstet. In großen und mittelgroßen
Skigebieten sind fast alle Hänge mit
Schneekanonen, Schneilanzen und
Speicherteichen bestückt.
Dabei ist es aber möglich, mit
Schneemanagement entscheiden-
KURZ GEMELDET
Neuer Rekord bei
Nächtigungen in der EU
Die Zahl der touristischen Übernachtungen in Europa
erreichte 2015 mit rund 2,8 Milliarden einen Rekord, berichtete die
Statistikbehörde Eurostat. Gegenüber 2014 sei ein Plus von mehr als
drei Prozent zu erwarten. Die Top 5
sind Spanien (421 Mill. Nächtigungen) vor Frankreich (413 Mill.), Italien (385 Mill.), Deutschland (379
Mill.) und Österreich (siehe Seite 16).
de Einsparungen zu erreichen. Es
geht darum, exakt zu wissen, wo
wie viel Schnee liegt und wo wie
viel benötigt wird. Dazu hat Sölkner
mit seinem Unternehmen PowerGIS in Wals Methoden entwickelt,
die auf der genauen Vermessung
des jeweiligen Pistengeländes mit
GPS-Daten basieren. In Verbindung
mit den Wettervorhersagen sei es
möglich, besser festzulegen, „wo
ich wann wie viel Schnee brauche“.
Es habe sich gezeigt, dass sich
selbst erfahrene Liftbedienstete
und Pistenraupenfahrer bei diesen
Fragen oft stark verschätzten, erklärt Sölkner. Daher sei es wesentlich, die Prozesse und die Abstimmung in den Unternehmen stärker
darauf auszurichten. „Wir verkaufen weder Pistenmaschinen noch
Schneeerzeuger. Unsere Kompetenz liegt im Pistenmanagement“,
betont Sölkner. Er nennt ein Beispiel aus einem der bekanntesten
Skigebiete Österreichs: Dort habe
man im Nachhinein festgestellt,
dass einmal sogar 140 Prozent des
Schnees erzeugt worden sei, der
überhaupt nötig gewesen wäre.
Die Erfolge können sich sehen
lassen. Zu den Vorreitern bei der
Optimierung der Beschneiung zählt
Sölkner auf dem Sektor die PlanaiHochwurzenbahnen in Schladming
und die Mayrhofner Bergbahnen im
Zillertal. Deren Vorstand Michael
Rothleitner sieht Schneemanagement als zentrale Aufgabe seiner
Branche. „Nicht nur, dass es sich
BILD: SN/ANDREAS KOLARIK
GERALD STOIBER
BIRGITTA SCHÖRGHOFER
„Seilbahner
denken zuerst
an Hardware.“
Robert Sölkner,
Power-GIS
auszahlt,
ohne
vernünftiges
Schneemanagement werden viele
Skigebiete an die Grenzen der wirtschaftlichen Machbarkeit stoßen.“
Angesichts des Klimawandels seien
die Kostensteigerungen für die Beschneiung exponentiell, warnt
Rothleitner. In Mayrhofen sei es in
drei Jahren gelungen, die variablen
Kosten für die Beschneiung (etwa
Strom, Wasser, Sprit für die Pistenraupen und Überstunden beim Personal, bisher rund 1,5 Mill. Euro) um
ein Viertel zu senken. Vor allem auf
Abfahrten im Wald gebe es viel
Sparpotenzial, betont Rothleitner.
In Kammlagen hingegen sei der
Wind natürlich ein Problem.
Heuer wird auf der Planai ebenfalls bereits die dritte Saison genau
auf die Schneemengen geachtet. Im
Winter 2014/15 wurden mehr als
450.000 Euro eingespart. Das entspricht fast dem Wert einer modernen Windenmaschine zur Präparierung. Die Ersparnisse sind umso
wichtiger, weil Investitionen in die
Beschneiung einen großen Anteil
bei den Liftbetrieben ausmachen.
In Mayrhofen beträgt er laut Sölkner rund ein Viertel des Umsatzes.
Völlig automatisiert läuft das
Schneemachen freilich nicht ab. Bei
den Planai-Hochwurzenbahnen in
Schladming sind 25 Leute für die
Beschneiung verantwortlich. „Die
Hälfte davon ist zu den idealen klimatischen Zeiten immer im Einsatz“, sagt der Technische Leiter der
Planai, Karl Höflehner. Zwar funktionierten die modernen Schneeanlagen heute automatisch und nach
entsprechendem Hinweis der Wetterstationen könnten die Geräte
von der Pumpstation aus eingeschaltet werden. „Danach aber
müssen die Männer schnellstmög-
lich zu den Schneeanlagen eilen“,
betont Höflehner. Da sich der Wind
ständig ändere, müsse kontrolliert
werden, wohin geschneit werde
und gegebenenfalls die Position
verändert werden. Höflehner: „Die
Automatik ist eine Unterstützung,
aber der Mann ist unverzichtbar.“
Schneemanagement heißt auch,
miteinander zu reden. Grundsätzlich seien in der Planai die Schneeanlagen so groß gebaut, dass innerhalb ein paar Tagen das gesamte
Skigebiet beschneit werden könne,
erklärt Höflehner. „Wenn man aber
nicht sorgsam damit umgeht, läuft
man Gefahr, es zu übertreiben. Man
muss wissen, wo man die Bremse
zieht.“ Deshalb müssten vorab die
Sollwerte und ein Masterplan erstellt werden. Die Verantwortlichen
des Seilbahnbetriebs müssten festlegen, wie viel Schnee man wo haben wolle, „im Gebirge vielleicht 40
Zentimeter, in der Mittellage 60
und im Tal 100 Zentimeter“. Der tiefere Sinn dahinter: „Wenn man im
Jänner bei idealen Temperaturen
nicht schneit, fehlt mir trotzdem
die hellseherische Fähigkeit, dass
ich weiß, ob ich Ostern noch über
die Piste komme.“
Graz ist wieder ein „Nächtigungsmillionär“
Geschäftsreisende, Kongresstourismus und Kulturinteressierte brachten erneut einen Rekord.
LUXEMBURG.
Beim Skiverleih gibt es
große Preisunterschiede
Der Konsumentenschutz der
AK Oberösterreich hat deutliche
Preisunterschiede bei zehn oberösterreichischen Ski- und Snowboardverleihen festgestellt. Für Jugendliche gibt es mittlere Ausrüstungssets
um acht bis 17 Euro pro Tag, für Erwachsene um 15 bis 24 Euro. SN, APA
LINZ.
MARTIN BEHR
Lange Jahre wurde es vergeblich angestrebt, jetzt wird es
langsam zur Selbstverständlichkeit: Graz ist „Nächtigungsmillionär“, wie es Tourismus-Chef
Dieter Hardt-Stremayr formuliert. Mit 1.080.409 Nächtigungen fuhr die steirische Landeshauptstadt 2015 den sechsten
Rekord in Folge ein, die Steigerung im Vergleich zum Jahr davor
beträgt fünf Prozent.
Für Hardt-Stremayr hat der Erfolg einige Gründe. Er spricht
von einer „deutlich verbesserten
Auslastung der Kapazitäten im
Viersternebereich“ und einer
„regen Geschäftsreisetätigkeit“
in den „nach wie vor starken
Wirtschaftsstandort Graz“. Auch
GRAZ.
sei das Kongress- und Seminarsegment im vergangenen Jahr überdurchschnittlich gut gelaufen, laut
Statistik wurden die 156 Tagungen
von 48.000 Teilnehmern besucht.
„Das entspricht immerhin einem
Zuwachs von zwölf Prozent“, betont der gebürtige Kärntner, der in
Graz heimisch geworden ist.
Profitiert hat Graz weiters vom
Trend zu Städtereisen, wobei die
Mur-Metropole hier insbesondere
im Kunst- und Kulturbereich punkten kann: „Im Zeitraum zwischen
Juni und Oktober lagen wir jeweils
über 100.000 Nächtigungen.“ Generell wirke sich die hohe Zahl an
Veranstaltungen – etwa auch im Bereich Sport – positiv auf die Buchungsstatistik aus. Kurzer Blick
zurück: Als der Tourismusverband
der Stadt Graz 1995 seine Tätigkeit
Die Uhrturmstadt ist bei Touristen
beliebt. BILD: SN/HELMUT KOLARIC / PICTUREDESK.COM
aufnahm, lag man noch bei 479.000
Nächtigungen. „Im Zehnjahresvergleich beträgt die Zunahme bei den
Nächtigungen immerhin rund 125
Prozent“, sagt der für den Tourismus zuständige Stadtrat Gerhard
Rüsch.
Wen es nach Graz zieht? Österreich ist nach wie vor der wichtigste
Herkunftsmarkt (44,8 Prozent), danach folgen Deutschland (14,6 Prozent) und Italien (3,5 Prozent). Dahinter rangieren die Schweiz, die
USA und Großbritannien. Rückgänge gibt es aus Polen, Ungarn und
Russland. Die durchschnittliche
Aufenthaltsdauer? 1,79 Tage. Im
Schnitt lassen die Touristen pro Tag
177 Euro in Graz, insgesamt bedeutet dies einen „nächtigungsinduzierten Tourismusumsatz“ von
192,6 Millionen Euro.