Jugendliche auf den Spuren von Shakespeares

KULTUR
Fre i t a g , 2 0. Fe b r u a r 2 0 1 5
B ü n d n e r Ta g b l a tt
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Jugendliche auf den Spuren von
Shakespeares Theaterfiguren
Das Junge Theater Graubünden widmet sich in der aktuellen Saison William Shakespeare.
Dies nicht im üblichen Sinne, wie der Besuch einer Probe in Chur zeigt.
W
rend der Proben sehen will.» Die Jugendlichen sollen aus sich herauskommen, sich zwischendurch auch überwinden, beispielsweise, wenn sie vor
dem Publikum tanzen sollen. Niemals
dürften sie sich dabei aber ausgestellt
vorkommen, betont er: «Sie sollen sich
stets wohlfühlen.» Aus diesem Grund
sei es auch wichtig, dass sie untereinander, aber auch im gegenüber Vertrauen
hätten.
▸ F L U R I NA M AU R E R
Was für die einen Jugendlichen während der Schulzeit eher einer Strafe
gleichkommt, ist für die anderen wiederum ein grosses Vergnügen: das Theaterspiel. Die Freude daran geht in manchen Fällen sogar so weit, dass, wenn
die Möglichkeit besteht, Bühnenluft zu
schnuppern, gar die kostbare Freizeit
dafür aufgewendet wird. Eine Bühne im
klassischen Sinne ist es zwar noch
nicht, aber immerhin ein grosszügiger
Raum, in dem sich seit vergangenem
Oktober die Churer Gruppe des Jungen
Theater Graubünden (JTG) im Höhenbühlweg 4 intensiv mit dem Theaterspiel auseinandersetzt. Fünf junge
Frauen und fünf junge Männer im Alter
zwischen 14 und 21 Jahren treffen sich
seither jeweils dienstags und teilweise
auch am Wochenende, um unter der
Leitung von Loris Mazzocco das selbst
kreierte Stück «Mächtig» zu proben.
Auf den Spuren König Richards III.
Darin suchen die Jugendlichen nach
den Spuren in ihrem Leben, die denjenigen von König Richard III. (1452–1485)
folgen, und befassen sich – ausgehend
von William Shakespeares und Urs
Widmers Texten über den englischen
Herrscher – mit den Gesetzen der
Macht. «Alle haben sich dieselbe Frage
gestellt: ‘Wo sind die Richards, die wir
in uns haben und die uns das Leben
schwer machen?’», erklärt Mazzocco.
Und mit diesem Thema setzen sich
seither alle auf ihre eigene Art und Weise auseinander, wie ein Besuch vor Ort
zeigt: «Richard war ein Krüppel und hat
seinen Frust an seinen Mitmenschen
ausgelassen», heisst es da beispielsweise kurz und bündig. Oder: «Er hat so
lange getötet, bis er selber getötet wur-
Ausverkaufte Premiere
«Alles klar so weit?»: Der Theaterpädagoge Loris Mazzocco instruiert seine jungen Schauspieler für das Stück «Mächtig»
nach William Shakespeare. (FOTO OLIVIA ITEM)
de.» Zwischendurch brüllt jemand:
«Mörder, Mörder!». Dann die Frage an
das (imaginäre) Publikum: «Alles klar
so weit? Oder braucht ihr eine Pause?»
Theaterpädagoge Loris Mazzocco
beobachtet die Gruppe aufmerksam
und gibt immer wieder Anweisungen.
«Sprecht zum Publikum», ruft er mehrmals, ebenso wie: «Es redet immer nur
einer aufs Mal.» Als das Tempo zwischendurch etwas verloren geht,
klatscht er in die Hände und ermuntert
die Jugendlichen dazu, lockerer zu sein:
«Los, los, mehr Speed!» Gesungen und
getanzt wird ebenfalls. Aus dem bekannten Kinderlied «Mini Farb und dini
(Rägeboge)» wird in «Mächtig» kurzerhand «Mini Frau und dini». «All the
world’s a stage» lautet der Titel, unter
welchem das Junge Theater Graubünden in der aktuellen Saison Jugendlichen in Chur, im Engadin, im Schanfigg
sowie in der Surselva das Theaterspiel
unter professioneller Leitung ermöglicht. Im Mittelpunkt stehen dabei William Shakespeares Komödien und Tragödien. Die Aufführungen selbst finden
im April statt. Aufgrund beschränkter
finanzieller Mittel muss in diesem Jahr
auf Kostüme und Kulisse verzichtet
werden (im BT). Ein Umstand, der laut
Mazzocco auch als Vorteil genutzt werden kann: «So stehen die Jugendlichen
im Zentrum. Auf eine Ritterrüstung
müssen wir verzichten, aber mit einfachen Mitteln kann man sich im Theater
immer arrangieren.» Für ihn sei es
wichtig, dass die Jugendlichen Spass
hätten, etwas für sich lernen könnten
und vielleicht auch die Lust entwickeln,
weiterzumachen. Zudem sollen sie die
drei Aufführungen mit «Freude und
Stolz» absolvieren. Dass dabei auch einmal etwas schief laufen könne, gehöre
dazu: «Das ist auch nicht schlimm. Im
Gegenteil: In solch einem Fall muss
dann halt improvisiert werden. Es geht
ja auch darum, dass sich die Jugendlichen gegenseitig unterstützen und als
Gruppe tragen.»
Während der Pause wird gemeinsam gesungen und gelacht, was Mazzocco zufrieden beobachtet: «Das ist
genau die Energie, die ich auch wäh-
Ein Lob auf Bach und Händel
Das Vokalensemble Incantanti konzertiert am Wochenende gleich drei Mal mit dem Orchester Le Phénix.
Auf dem Programm stehen Werke von Bach und Händel.
Am kommenden Wochenende vom
20. bis 22. Februar konzertieren das
Vokalensemble Incantanti und das
Orchester Le Phénix in Davos, Chur
und Zürich. Das junge Vokalensemble unter der Leitung von Christian
Klucker und die ausgewiesenen Barockspezialisten konzertieren mit
einem vielfältigen Programm, wie
es in einer Mitteilung heisst.
Nach einer erfolgreichen Konzertreihe der beiden Formationen
im Jahr 2012 mit Musik von Georg
Friedrich Händel, haben die beiden
Ensembles sich dazu entschlossen,
erneut gemeinsam auf Konzertreise
zu gehen. Zum ersten Mal in der
über zehnjährigen Geschichte des
Vokalensemble Incantanti wird das
aus jungen Mitgliedern bestehende
Vokalensemble ein Werk von Johann Sebastian Bach konzertant
aufführen. Auf dem Programm stehen das «Magnificat» BWV 243 von
J.S. Bach und die «Ode for the Birthday of Queen Anne» HWV 74 von
G.F. Händel.
beiden anderen Werken steht. Die
Soloviolinistin Liza Kozlova und das
Orchester Le Phénix interpretieren
in ihrer meisterlichen Art das
«Violinkonzert in a-Moll» BWV 1041
von J.S. Bach. Die Konzerte finden
heute Freitag, 20. Februar, um
20 Uhr in der Kirche St. Johann in
Davos, morgen Samstag um 20 Uhr
in der St. Martinskirche in Chur und
am Sonntag um 17 Uhr in der Kirche
St. Peter in Zürich statt. (BT)
Alle Projekte und Aufführungen:
Gruppe Chur «Mächtig»: 9., 10. und
11. April, jeweils um 20 Uhr in der
Postremise. Gruppe Surselva «Es ist
was faul im Staate Dänemark»:
16., 17. und 18. April, jeweils um 20 Uhr
in der Lagerhalle Oswald Getränke AG
in Ilanz. Gruppe Arosa «A Summernachtstraum»: 17. und 18. April, jeweils
um 20 Uhr sowie am 19. April um
16 Uhr im Kongresssaal AT in Arosa.
Gruppe Engadin «To Be Shakespeare»:
25. April (20.30 Uhr), 26. April (16 Uhr)
sowie 27. April (20.30 Uhr) im
Schulhaus Ardez.
Weitere Informationen unter
www.jungestheater.gr (BT)
K U LT U R NO T I Z E N
200 Kandidaten für Literatur-Nobelpreis Knapp
200 Autoren stehen auf der Anwärterliste für den
diesjährigen Literaturnobelpreis. 36 seien zum
ersten Mal dabei, verkündete der Ständige Sekretär
der Schwedischen Akademie, die die Auszeichnung
vergibt, gestern in seinem Blog. «Die Zahlen
können als ziemlich normal bezeichnet werden»,
schrieb Peter Englund. Insgesamt seien bei der
Akademie 259 Vorschläge eingegangen. Einige
Schriftsteller wurden mehrfach genannt, weshalb
sich die Zahl auf 198 verkleinerte.
Musiklabels machen weniger Umsatz Vinyl
boomt, und der Rückgang des CD-Geschäfts hat
sich verlangsamt: Dennoch fällt der Gesamtumsatz
der Schweizer Musiklabels im Jahr 2014 mit 84,8
Millionen Franken 8 Prozent tiefer aus als im
Vorjahr. Wie der Branchenverband der Schweizer
Musiklabels ifpi am Donnerstag mitteilte, ist der
Umsatzrückgang mit zwei Trends zu begründen:
Einerseits werde die CD weiterhin durch den
Musikkonsum im Internet abgelöst, andererseits
befinde sich auch das Digitalgeschäft in einem
Strukturwandel. Will heissen: Etablierte Download-Angebote werden zunehmend durch
Streaming-Dienstleister unter Druck gesetzt. Der
Umsatz aus dem Verkauf von CDs und anderen
physischen Tonträgern liegt mit 47,5 Millionen
Franken rund 12 Prozent tiefer als im Jahr 2013.
Soloviolonistin intoniert Bach
An den Konzertanfang setzt der musikalische Leiter Christian Klucker
Henry Purcells «Man that is Born of
a Woman», ein Werk, das inhaltlich
in einem gewissen Kontrast zu den
Zum Abschluss werden die Textseiten
beiseitegelegt und es wird frei geprobt.
Die jungen Frauen und Männer kommen noch mehr aus sich heraus, wobei
zwischendurch immer auch viel gekichert wird. Während die einen bereits
äusserst textsicher sind, schleicht sich
bei den anderen zwischendurch ein
langgezogenes «äääh» oder ein ratloses
«ja also» ein. Auch legen nicht alle dieselbe Lockerheit im Umgang mit ihren
Rollen an den Tag. Dies sei eine Übungssache, sagt Mazzocco. Drei der Teilnehmenden hätten nämlich bereits den
letztjährigen Kurs besucht. Und bis zur
Premiere, die bereits ausverkauft ist,
bleibe ja doch noch etwas Zeit.
Junges Ensemble, schöne Stimmen: Die Incantanti gehen mit dem Orchester Le Phénix auf eine
kleine Tournee. (ZVG)
Schweizer Eurovision-Song ist kein Plagiat Ein
unabhängiges Gutachten, das im Auftrag der
Schweizer Vertreterin am Eurovision Song Contest
2015 sowie von SRF und RTS erstellt worden war,
hat Klarheit geschafft: Der Song «Time To Shine»
von Mélanie René hat mit «Run The World» von
Beyoncé nichts gemein. Bestätigt hat dies der
renommierte Musikwissenschaftler und Gutachter
Peter Oxendale.