In der Kurve liegt die Kraft: Was muss eine Achterbahn aushalten?

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5. April 2016 || Seite 1 | 3
In der Kurve liegt die Kraft: Was muss eine Achterbahn
aushalten?
Fühlbare Beschleunigung, g-Kräfte, die in die Sitze drücken, Kurvenlagen, die
am Körper zerren - Achterbahnfahren ist Adrenalin-Kick und Genuss.
Konstrukteure der oft als Unikate entwickelten Spaßmaschinen stehen vor der
Herausforderung, den Fahrgästen größtmögliche Sicherheit zu bieten und
gleichzeitig eine optimal leichte Bauweise zu verwirklichen. Um bei der Planung
das richtige Maß zu finden, benötigen sie detaillierte Kenntnisse über die
Systembeanspruchung. Das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und
Systemzuverlässigkeit LBF hat die Achterbahn „X-Train“ des Herstellers Maurer
Söhne aus München vor Ort in der chinesischen Hafenstadt Ningbo genau unter
die Lupe genommen, bevor der kombinierte In- und Outdoor-Vergnügungspark
Romon World eröffnet wurde. Das erbrachte wertvolle Daten für künftige
Produktentwicklungen, um diese weiter zu optimieren und eine leichtere
Bauweise zu realisieren.
Die Eckdaten beeindrucken und die mechanischen Beanspruchungen für die Bahn sind
beachtlich: Der untersuchte „X-Train“ wird nicht klassisch per Aufzug, sondern von
einem 3000 Kilowatt starken elektrischen Linearmotor angetrieben. Der beschleunigt
den etwa 12 Tonnen schweren Achterbahnzug aus dem Stand heraus in wenigen
Sekunden auf rund 80 Stundenkilometer. Dieser sogenannte Mega-Coaster bietet bis
zu 24 Plätze pro Zug. Er wird bis zu 130 Stundenkilometer schnell und erreicht die
höchsten g-Kräfte in seiner Klasse. Die Achterbahn ist rund 450 Meter lang und
erreicht eine maximale Höhe von 30 Metern.
Achterbahnzüge optimieren und leichter bauen
In dem chinesischen Vergnügungspark haben die Wissenschaftler des Fraunhofer LBF
den Münchener Achterbahnhersteller Maurer Söhne mit allen Untersuchungen und
Analysen komplett aus einer Hand unterstützt und beraten. „Dazu gehörte die
Planung, der Versand der Ausrüstung, die Instrumentierung und die Durchführung der
Messungen inklusive der Datenaufbereitung“, erläutert Johannes Käsgen, der die
Untersuchungen verantwortete.
Im Vergnügungspark wurde der Achterbahnzug mit Radlastsensoren ausgerüstet.
Während die Bahn im Betrieb war, ermittelte das Fraunhofer LBF die auftretenden
Radkräfte und erfasste mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen die lokalen Dehnungen.
Mit den Messdaten ermittelten sie synchron die genaue Position des Zuges auf der
Redaktion
Anke Zeidler-Finsel | Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF | Institutsleiter: Prof. Dr.-Ing. Tobias Melz |
Bartningstraße 47 | 64289 Darmstadt | www.lbf.fraunhofer.de | [email protected] | Telefon +49 6151 705-268
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Bahn. Darüber hinaus wurden Beschleunigungen, Geschwindigkeiten und Wege
gemessen.
Die Bedingungen am „lebendigen“ Objekt stellten die LBF-Wissenschaftler vor
verschiedene Herausforderungen. Sie mussten beispielsweise viele Messkanäle von
unterschiedlichen Sensortypen zeitsynchron erfassen. Dazu nutzten sie eine
batteriebetriebene mobile Datenerfassung. Gesammelt wurden sowohl Daten für die
Analyse der Fahrdynamik als auch zur Bewertung der Betriebsfestigkeit. Obwohl der
Linearantrieb große elektrische Störfelder verursachte, gelangen genaue Messungen.
„Mit den von uns im realen Einsatz gewonnenen und anschließend interpretierten
Messdaten kann der Achterbahnhersteller seine berechneten Bauteilbeanspruchungen
bei der Auslegung mit den tatsächlich gemessenen Beanspruchungen im Betrieb
abgleichen. Das hilft ihm, seine Modelle zu optimieren und zu verfeinern“, betont
Käsgen. Darüber hinaus verfügt der Hersteller nun über den Nachweis der
betriebsfesten Auslegung der Struktur. Da er detailliert über die Systembeanspruchung
informiert ist, kann der Hersteller zukünftige Achterbahnzüge weiter optimieren und
eine leichtere Bauweise realisieren.
Neben diesen Betriebsmessungen am Objekt können Hersteller im Fraunhofer LBF auch
Prüfstandsversuche und Bauteiloptimierungen vornehmen oder Simulationsmodelle
erstellen lassen. Damit ist der gesamte Produktzyklus aus einer Hand abgedeckt.
Achterbahn unter der Lupe: Mobile Messdatenerfassung im Einsatz.
Foto: Fraunhofer LBF
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Foto: Fraunhofer LBF
Kombinierter In- und Outdoor-Vergnügungspark Romon World im chinesischen
Ningbo.
Foto: maurer.eu
Das Fraunhofer LBF entwickelt, bewertet und realisiert im Kundenauftrag maßgeschneiderte Lösungen für maschinenbauliche Komponenten und
Systeme, vor allem für sicherheitsrelevante Bauteile und Systeme. Dies geschieht in den Leistungsfeldern Schwingungstechnik, Leichtbau,
Zuverlässigkeit und Polymertechnik. Neben der Bewertung und optimierten Auslegung passiver mechanischer Strukturen werden aktive,
mechatronisch-adaptronische Funktionseinheiten entwickelt und proto-typisch umgesetzt. Parallel werden entsprechende numerische sowie
experimentelle Methoden und Prüftechniken vorausschauend weiter-entwickelt. Die Auftraggeber kommen aus dem Automobil- und
Nutzfahrzeugbau, der Schienenverkehrstechnik, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der
Elektrotechnik, dem Bauwesen, der Medizintechnik, der chemischen Industrie und weiteren Branchen. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise
der über 400 Mitarbeiter und modernster Technologie auf mehr als 11 560 Quadratmetern Labor- und Versuchsfläche an den Standorten
Bartningstraße und Schlossgartenstraße.
Weiterer Ansprechpartner Presseservice:
Peter Steinchen l PR-Agentur Solar Consulting GmbH, 79110 Freiburg l Telefon +49 761 38 09 68-27 l [email protected]
Wissenschaftlicher Kontakt: Johannes Käsgen | Telefon +49 6151 705-613 | [email protected]
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