Im Blickpunkt: Fassaden 6/2010 – 22 – Graue Holzfassaden – naturidentisch? Der Wunsch nach einer kontrollierten Vergrauung von Holzfassaden Bauen mit Holz bedeutet für viele, einen nachwachsenden, nachhaltigen Rohstoff zu verwenden – verbunden mit der Idee von „ökologisch, naturnah und naturbelassen“. Die nach außen sichtbarste Verwendung als unbehandelte Fassadenbekleidung wird oft von Architekten feinsinnig als silberfarbende Hülle – also sehr wertig – beschrieben. In der Realität spiegelt die sehr variantenreiche braune bis schwarzgraue, sehr unregelmäßige, oft fleckige Optik den versprochenen Wert des Gebäudes oft nicht wider. So habe man sich das nicht vorgestellt – ein typischer Kommentar der enttäuschten Bauherren. Wer dem entgehen möchte, wählt einen Anstrich und leider auch den dazugehörige Wartungsaufwand oder sorgt für eine „Vorvergrauung“ des Holzes, so dass es den erwünschten Silberton von Anfang an trägt. Hier hat die Industrie einen neuen Markt entdeckt für Produkte, die die farbliche Veränderung des Holzes bereits bei der Errichtung von Holzfassaden vorwegnehmen oder zumindest den natürlichen Ablauf einheitlicher gestalten sollen. Wie ist der Stand der Dinge? Autoren: Dipl.-Ing. Martin Mohrmann und Dipl.-Ing. Susanne Simpson Natürlich grau – aber wie? Der natürliche Verwitterungsprozess ist allen „Hölzernen“ bekannt – UV-Strahlung, Wasser und Mikroorganismen sind die Hauptprotagonisten für die Veränderung von frei bewitterten Holzoberflächen. (siehe auch Artikel „Fassaden aus Holz“ in diesem Heft) Ob es tatsächlich zur gewünschten Gleichmäßigkeit des Farbtons kommt, wird bestimmt u.a. durch die Himmelsrichtungen und die Fassadengestaltung, z.B. durch hervorspringende Bauteile und Kanten, die den Grad der Bewitterung beeinflussen. Um ein Gebäude in ein einheitliches Grau zu hüllen, werden verschiedene Strategien verfolgt. Graue Lasuren – mit und ohne Nano! Eine simple Methode: Die Fassadenhölzer erhalten eine Beschichtung mit Lasuren, die mit Pigmenten das Erscheinungsbild einer silbergrauen Holzoberfläche nachstellen. Deren Beschichtungsstärke wird sich auf den bewitterten Flächen in den nächsten Jahren abbauen und allmählich die Holzoberfläche freilegen, an der bereits durch die reduzierte Schichtdicke der bekannte Alterungsprozess eingesetzt hat. Die „traditionellen“ Vergrauungslasuren enthalten durch herkömmliche Farbpigmente einen begrenzten UV-Schutz. Man kann an Wetterseiten Standzeiten von weniger als 2 Jahren erwarten. Ob die verwitterten Fassadenflächen mit dem gewählten Lasurfarbton mehr oder weniger übereinstimmen und sich so die gewünschte einheitliche Grau-tönung herstellt, bleibt eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Der Bauherr bekommt keine Funktionsgarantie. Erfahrungsgemäß geht die Strategie auf, wenn nicht doch extreme Beanspruchungen deutliche Wasserränder und schwarz gefärbte Zonen in dem Übergangsbereich pro- vozieren. Die angebotenen speziellen „Vergrauungslasuren“ sind mit effektivem UVSchutz und hydrophobierenden Substanzen ausgestattet. Diese Kombination verzögert den Vergrauungseffekt und reduziert Wasserflecken sowie unschöne Verfärbungen im Übergangsbereich. Dabei gehen die Hersteller zwei Wege: Der konservative ist die Hydrophobierung auf Öl-, Wachs- oder Paraffinbasis, die jüngere Generation basiert auf den Entwicklungen der Nanotechnologie. Abb.1: Das „Grauen“ des Bauherrn – eine sehr unregelmäßige, schwarz-graue Holzfassade Bildquelle: RBL Abb.2: Moderne Lasuren schützen wirkungsvoll durch längere Standzeiten – hier eine Wetterseite nach ca. 4 Jahren. – 23 – 6/2010 Abb.3: Die Beanspruchung durch UV-Licht und Wetter zeigt Spuren – immer! Auch bei Lasuren mit höchstem UVSchutz. Erfolgreich: Hydrophobierung + UV-Schutz Technisch betrachtet wurden mit beiden Produktarten gute Erfahrungen gemacht worden – es kommt auf das einzelne Produkt an. Wie Ölimprägnierung reduzieren hydrophobierende Nanoadditive wirkungsvoll eine Wasseraufnahme. Aufgetragen in sehr geringen Schichtdicken perlen Wassertropfen in der Fläche wie auch auf Hirnholzflächen ab – es soll auch in Rissen funktioniert. Da die Nano-Hydrophobierung in der Regel keinen Lichtschutz aufweist, wird eine Vergrauung nur relativ kurze Zeit verzögert aber nicht verhindert. Moderne Produkte enthalten zusätzlich als UVSchutz nanoskalische anorganische Pigmente wie Titandioxid (TiO2), Zinkoxid (ZnO) oder Eisenoxid (FeO), als weitere Additive u.a. organische UV-Absorber. Dadurch wird nicht nur das Holz, sondern auch das Bindemittel der Lasur vor UV-Licht geschützt und eine Versprödung verhindert. Die Dauerhaftigkeit von selbst farblosen Beschichtungen kann so deutlich verbessert werden – das zeigen auch die Erfahrungen aus der Baupraxis. Schneller grau mit Katalysatoren Während jahrzehntelang in den Laboren nach Lösungen gegen die Vergrauung gesucht wurde, drehen manche den Spieß um – es soll grau werden. Dabei wird generell durch Beschichtungen nicht der natürliche Verwitterungsprozess initiiert werden können – das Lignin bleibt ganz. Aber verfärben kann man die Holzoberfläche. So sind mittlerweile Lasuren im Handel, die eine Vergrauung der Holzoberfläche durch chemische Farbreaktionen entweder im Zusammenwirken mit Holzinhaltsstoffen oder zusammen mit Feuchtigkeit und Sauerstoff verursachen. Die Hersteller bezeichnen die auslösenden Substanzen u.a. als „verwitterungsaktiven Bestandteil“, „vorvergrauende Holzbeize“, „Imprägnierkatalysator oder Oxydationsverstärker“ – sprich: alles ein Betriebsgeheimnis. Unter dem Titel „Greywood“ wurde von der Holzforschung Austria darüber geforscht, aus den USA ist die „Weathering Stain“-Beschichtung bekannt. Das möglichst sägeraue Holz wird mit einer transparenten Lösung behandelt, die sich dann durch die Umgebungsfaktoren Licht und Luftfeuchte in eine graue Oberfläche verwandelt. Diese Reaktion dauert zwischen 8 und 16 Wochen. Die Veränderung funktioniert auch unter Dachüberständen und an Nord-Ostfassaden. Je stärker die Energiezufuhr bei ausreichender Im Blickpunkt: Fassaden Im Blickpunkt: Fassaden Luftfeuchte, umso schneller und intensiver das Ergebnis. Manchmal hilft auch ein zusätzliches Befeuchten der so behandelten Hölzer. Die so behandelte Fassadenfläche ist wie unbehandeltes Holz zu betrachten. Es sind keine weiteren Schutzmechanismen aktiv. Je nach Beanspruchung kommt es zu den üblichen Rissbildungen und in der Tiefe des Profils aufgrund der UV-Einstrahlung zur normalen Zersetzung. Daher kombinieren die meisten Hersteller die „Verwitterungsbeize“ mit UV- und Hydrophobierungsadditiven sowie mit Farbpigmenten, die den Hölzern bereits eine silbergraue Patina verleihen. Warum die Zugabe von Additiven noch geschieht, kann wohl in erster Linie mit dem traditionellen Standpunkt der Farbenhersteller erklärt werden. Farb- und Lasurbehandlungen haben immer den Anspruch an perfekte Oberflächen zu erfüllen. Welcher Bauherr kann akzeptieren, dass sich nach einem Anstrich nicht unmittelbar ein Effekt einstellt - und später dann die Hölzer noch unkontrolliert rissig und rau werden. Die Angst vor Regressansprüchen, ausgelöst durch „unfertige“ und eben nicht perfekte Oberflächen, scheint groß. Voraussetzung: eine präzise Anwendung Einige Produkte sind für das Streichverfahren auf der BauAnzeige 6/2010 – 24 – stelle geeignet, andere Lasuren werden nur werkseitig für oberflächenfertige Fassadenprofile industriell verwendet. Nur so ist bei letzteren ein gleichmäßiger Effekt zu gewährleisten. Das scheint nach dem Erfahrungsaustausch mit Holzbauern auch die AchillesFerse der Produkte zu sein – ein einheitlicher Farbton ist nur mit sehr gleichmäßigem, präzisem Auftrag bei optimalen Bedingungen zu erreichen. Für alle Produkte gilt – der Untergrund ist ein entscheidender Faktor. Empfohlen werden feingesägte Oberflächen in sehr guter Qualität, bei glatt gehobelten Oberflächen ist die applizierbare Menge gering und eine fleckige Übergangsphase zum Endzustand nicht auszuschließen. Die technischen Merkblätter sind genau zu studieren – alle Produkte sind sehr individuell. So ist die Verwendung auf Vollhölzern, aber nicht immer auf Holzwerkstoffen wie z.B. Massivholzplatten möglich. Der große Vorteil aller Vorvergrauungslasuren besteht darin, dass die Holzoberfläche bezüglich Farbgebung weder Pflege noch Unterhalt braucht. Bei einem Austausch von einzelnen Brettern können diese ebenso schnell wieder aktiv vorvergraut werden – das könnte die Akzeptanz der Bauherren gegenüber Holzfassaden erhöhen. Eines muss noch festgestellt werden: Assoziiert der Bauherr mit einer natürlich ver- grauten Fassade vielleicht noch den Aspekt „ÖKO“, so erfüllen einige Vergrauungslasuren nach einem Blick in das Sicherheitsdatenblatt diese Erwartungen nicht. Streiten kann man auch über die fungizide Ausrüstung gegenüber Bläue und Schimmel. Nicht wenige Hersteller bestehen darauf – ihnen ist die Sorge um mögliche Reklamationen gemein. „Wer hat Angst vor’m schwarzem Haus?“ Es wird wohl auch von den organischen Bestandteilen der Lasuren abhängen, ob die Produkte solche Schutzmittel benötigen. Grau in grau – ohne Chemie Zwei Schweizer Hersteller haben eine andere, nicht ganz so gängige Methode der kontrollierten Alterung von Holzoberflächen analog dem natürlichen, biologischen Prozess entwickelt. Eine Methode basiert dabei auf der intensiven Behandlung der Hölzer Anzeige Abb.4: Durch UV-Licht und Wasser vorvergraute Fassadenhölzer. Bildquelle: www.ecogris.ch, Schweiz durch künstliche UV-Strahlung sowie Wasser - ohne weitere Zusatzstoffe. Dieses Verfahren der beschleunigten Vorpatinierung wird für Fassadenbretter mit sägerauer Holzoberfläche eingesetzt. Das zweite Verfahren ergänzt die Behandlung mit dem Einsatz von speziellen Bläuepilzen. Bei gehobelten Fassadenprofilen erreicht der Hersteller eine Alterspatina, wie sie sich bei einer unbehandelten, dem Schlagregen ausgesetzten Holzfassade nach etwa sechs Jahren einstellen würde (siehe Abb.4). Um ein gleichmäßiges Erscheinungsbild zu erhalten, müssen genauso wie bei den „aktiven“ Vergrauungslasuren hohe Holzgüten und in der Regel Rift- und Halbriftbretter – 25 – 6/2010 Abb.5: Die richtige Ausführung trifft den richtigen Ton – ein einheitliches Grau. Bildquelle: RBL mit guter Dimensions- und Formstabilität als Ausgangsmaterial verwendet werden. Bei diesen Verfahren kann man wirklich von einer natürlichen Vorvergrauung sprechen, daher hat die Behandlung keinen Einfluss auf den Feuchteschutz und die Dauerhaftigkeit. Sinnvoll kann es sein, die vergrauten Fassadenverkleidungen mit einem Hydrophobierungsmittel zu streichen. Alles gut – funktioniert es ? Die Produkte sind teilweise neu auf dem Markt und ihr Einsatz erst langsam mit Erfahrungen hinterlegt. Grundsätzlich sind längere Standzeiten von transparenten und halbtransparenten Lasuren durch den verbesserten UVSchutz festzustellen. Mitunter können Lasuroberflächen mit nanoskaligen anorganischen Pigmenten etwas milchig erscheinen. Auch wird berichtet, dass solche Lasuren bei zu großen Schichtdicken – die werden im Streichverfahren schnell erreicht – filmartig abblättern. Es wird verständlich, warum Hersteller, die hiermit arbeiten, nur Fassadenhölzer mit werkseitiger Beschichtung anbieten. Bei Lasuren mit hydrophobierenden Substanzen lassen sich gleichmäßigere Übergänge zwischen beschichteten und bereits verwitterten Bereichen beobachten. Farbunterschiede sind zwischen bewitterten und geschützten Fassadenflächen jedoch immer festzustellen. Eine gleichmäßige Vergrauung wird es nicht geben. Den Sonnenverlauf und die Hauptwetterrichtung werden wir nicht ändern können – das hinterlässt Spuren. (siehe Abb. 3) Die Weichen für eine gute Optik in Grau werden daher nach wie vor im Entwurf gestellt. Auch bei Verwendung von „vorvergrauten“ Hölzern ist eine strenge Entwurfsdisziplin gefordert – wie schon bei gänzlich unbehandelten Hölzern. Möglichst senkrechte Fassadenprofile, keine Dachüberstände und eine klare Wasserführung ohne horizontale Unterbrechungen führen zu einem optischen Erscheinungsbild, welches der Bauherr vielleicht im Sinn hatte, als der Architekt von „silbergrau“ schwärmte. 쐽 Literaturverweis Institut für Holzbau Hochschule Biberach: ZUKUNFT HOLZ - Statusbericht zum aktuellen Stand der Verwendung von Holz und Holzprodukten im Bauwesen und Evaluierung künftiger Entwicklungspotentiale Biberach, Kapitel 12 Holzschutz, Oberflächenbehandlung, Herausgeber: Prof. Dipl.-Ing. Kurt Schwaner, Biberach, 2009 Im Blickpunkt: Fassaden
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