Die drei Schläge Gedanken von: Olaf Gerling Die drei Schläge Olaf Gerling Dem Fragebuch zum Lehrlingsgrad lassen sich folgende Grundursachen entnehmen, die durch die drei Schläge repräsentiert werden: Natur, Religion und Stärke. „Unter Natur kann all´ das verstanden werden, was der Mensch beobachten kann. All´ das Schöne, Äußere, was von Natur aus da ist und was wir, was der Mensch, nicht erschaffen hat: Konkret die Schöpfung Gottes mit ihren erkennbaren Gesetzmäßigkeiten – die sich ändert, sich verwandelt und die sich erneuert. Natura bedeutet im Lateinischen auch Charakter, Gesinnung und Geburt.“ (Marcus Esser, ZK 12/2010, s. 18) Eine für mich interessante Sicht liefert Aristoteles, der den Begriff Natur auf Einzeldinge anwendet. „Natur ist bei ihm das, was die Bestimmung und den Zweck des Seienden ausmacht. Sie betrifft sowohl die den Dingen innewohnende Kraft (Dynamis, Energeia) als auch diesen zugehörigen Ort und die damit verbundene Bewegung.“ (Wikipedia Stand 31.12.2010) Interessant deshalb, wenn zu dieser Ansicht die von Marcus Esser aufgezählten weiteren lateinischen Bedeutungen Charakter, Gesinnung und Geburt hinzugezogen werden. Charakter bedeutet Prägestempel, Prägung oder Merkmal. Auf den Menschen bezogen stellt der Charakter die Persönlichkeit des Individuums dar, die Summe von Merkmalen, d. h. erkennbarer Eigenschaften. Die Gesinnung ist die „durch Werte und Moral begrenzte Grundhaltung bzw. Denkweise eines Menschen, welche den Handlungen, Zielsetzungen, Aussagen und Urteilen des Menschen als zugrunde liegend betrachtet werden kann.“ (Wikepedia Stand 31.12.2010) Rudolf Eisler definiert Gesinnung wie folgt: „Sinnesweise, Wissenshabitus, dauernde Willensrichtung, die Motivation des Handelns in ethischer Hinsicht, die gefühlsbetonte Vorstellungen, aus denen der Wille entspringt.“ (Rudolf Eisler, Wörterbuch der Philosophischen Begriffe, Band 1, Berlin 1904, S. 383) Erkenne Dich selbst!!! Eine Aufforderung an jeden Freimaurer. Der erste Schlag erinnert uns also daran, unsere persönlichen Merkmale zu erkennen, die unseren Charakter prägen und bilden. Hilfreich ist dabei die Betrachtung der Gesinnung. Da wir in ein Moral- bzw. Wertesystem hineingeboren werden und in diesem 2 Die drei Schläge Olaf Gerling aufwachsen, hat dieses maßgeblichen Einfluss auf unsere Persönlichkeit. Es begrenzt unsere Grundhaltung und Denkweise. Erst wenn diese Grenzen erkannt werden, lassen sie sich verschieben und somit kann der persönliche Horizont erweitert werden. Der erste Schlag ist also eine Aufforderung, sich bewusst mit den eigenen persönlichen Merkmalen auseinander zu setzen. Der zweite Schlag steht für Religion. Religion lässt sich aus den lateinischen Begriffen religere, was „immer wieder lesen“ bedeutet und religare, d. h. zurückbinden, ableiten. Bezogen auf den ersten Schlag, der dazu auffordert sich selbst zu erkennen, liefert der zweite Schlag die Aufforderung dieses eben immer wieder zu tun. Der dritte und kräftiger ausgeführte Schlag soll den ersten beiden Nachdruck verleihen. Er steht für Stärke. Marcus Esser führt hier den lateinischen Begriff Fortitudo an, der auch Tapferkeit bedeutet. Unter dem Begriff Tapferkeit liefert Wikipedia folgende Definition: „Tapferkeit ist die menschliche Fähigkeit, als Individuum oder als Gruppe Gleichgesinnter einer schwierigen Situation furchtlos entgegenzutreten, meist mit der Überzeugung, für etwas Übergeordnetes zu kämpfen. Tapferkeit zeigt sich in dem Willen, ohne Garantie auf die eigene Unversehrtheit einen physischen oder mentalen Konflikt durchzustehen – im Allgemeinen mit der Motivation, den Sieg davonzutragen, zumindest aber mit der Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang, und sei es auch nur der Ruhm.“ (Wikipedia Stand 01.01.2011) Bezogen auf die Aufforderung sich selbst zu erkennen heißt dies, dass der Weg zur Selbsterkenntnis kein leichter ist, wir jedoch keine Angst davor haben sollen diesen zu beschreiten, auch wenn wir Seiten an uns entdecken, die wir nicht mögen, weil sie negative Eigenschaften von uns darstellen. Vielmehr gilt es, sich auch mit diesen Seiten auseinanderzusetzen. „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!“ Liebe Dich selbst, heißt eben auch die eigenen negativen Eigenschaften anzunehmen. Bei der Arbeit an sich selbst den Sieg zu erringen, oder zumindest die Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang zu haben, bedeutet die Wandlung vom rauen zum kubischen, vollkommenen Stein, auch wenn wir die Vollkommenheit bis zu unserem Tod nicht erreichen werden. 3 Die drei Schläge Olaf Gerling Marcus Esser führt zur Stärke auch die Begriffe Durchhalten, Durchführen, Kraft und Ausdauer auf. Der dritte Schlag verleiht also nicht nur den ersten beiden Schlägen Nachdruck, sich selbst zu erkennen und dies immer und immer wieder zu tun, sondern fordert die dafür notwendige Ausdauer ein, die gebraucht wird den langen Weg des Freimaurers durchführen und durchhalten zu können. Des Weiteren führt Marcus Esser weitere Bedeutungen der drei Schläge auf: Verstand, Gedächtnis und Wille. Er nennt diese Werkzeuge, die uns behilflich sind bei unserer Arbeit am rauen Stein. „Der Verstand fasst auf, begreift, sammelt und verbindet. Das Gedächtnis bewahrt das Geschaute und Begriffene. Der Wille treibt zur Tat und führt aus.“ (Marcus Esser, ZK 12/2010, S. 19) Demnach bedeutet der erste Schlag Natur und Verstand. Die Aufforderung mit dem Verstand sich selbst zu erkennen, zu begreifen. Mit dem zweiten Schlag lassen sich Religion und Gedächtnis verbinden. Das bedeutet, sich nicht nur immer und immer wieder zu erkennen sondern auch das Erkannte zu bewahren und somit dauerhaft bewusst zu halten. Der dritte Schlag steht einerseits für Stärke und andererseits für den Willen. Der Wille stellt „im Unterschied zu Trieb und Begehren einen geistigen Akt dar, von dem ein Impuls zur Verwirklichung bestimmter Ziele ausgeht“ (Wikipedia Stand 31.12.2010), verbunden mit der mehr oder weniger festen Überzeugung in seinem Wollen frei zu sein. Stärke und Wille stellen somit die Ausdauer und die Motivation dar, den freimaurerischen Weg zu beschreiten. Interessant hierbei ist die Definition von Aristoteles, der den Willen als Streben bezeichnet, das durch die Vernunft steuerbar ist. Vernunft und Gewissen sind die beiden Pfeiler nach denen sich persönliche Handlungen ausrichten. Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, empfängt, und wer da sucht, findet; und wer da anklopft, denen wird aufgetan. Lukas 11,9-10 Es geschehe also!!! 4
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