GESUNDHEIT Hoffnungsbericht einer Überlebenden

G ELeben
SUNDHEIT
Aus: Gesundheit 02/08
Auflage 1,8 Mio.
Hoffnungsbericht einer
Überlebenden
Krebs
Als Marion Rinklake-Pohlmann
mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde, traf es sie wie ein
Blitzschlag. Mit ihren 33 Jahren
stand sie mitten im Leben, hatte
die Liebe ihres Lebens gefunden
und bereitete gerade ihre Hochzeit vor. Für sie stand fest: Sie
wollte leben, nicht sterben. In
ihrem Buch „Ich lebe, weil ...“
schildert sie ihre „Reise bis an
die eigenen Grenzen“. Wie Marion
Rinklake-Pohlmann den Krebs
überwand, berichtet sie gern –
ihre Erfahrung soll anderen Menschen Kraft und Mut geben, sich
der Krankheit zu stellen.
Marion Rinklake-Pohlmann überwand den Krebs:
„Körper, Geist und Seele müssen im Einklang sein.“
Frau Rinklake-Pohlmann, die Diagnose „Krebs“ ist ein Schock und verändert das Leben von einem Augenblick
zum anderen. In Ihrem Buch berichten
Sie von dieser Grenzerfahrung. Die Erkrankung betrifft den Körper, wie aber
reagiert die Psyche?
Phrase an, trifft es aber haargenau. Und
das ist erst einmal eine schwer zu ertragende Reaktion der Seele, wenn man
leben möchte. Ständig herrscht das
Gefühl vor, die eigenen Grenzen schon
erreicht zu haben, um dann zu erfahren,
dass die mühsame Reise weitergeht.
Marion Rinklake-Pohlmann: Die Krebskrankheit betrifft nicht nur den Körper,
sie betrifft und trifft in ganz besonderem
Maße auch die Psyche. Krebs bedeutete am Anfang für mich so viel wie Tod.
Plötzlich war er nicht mehr etwas, das
irgendwann in ferner Zukunft mal zuschlagen würde, sondern der Tod stand
direkt vor mir. Das löste ungeahnte,
tiefste Ängste aus und mir wurde klar,
was es mit solchen Floskeln wie „Ich
falle in ein tiefes Loch“ wirklich auf sich
hatte. Auch das Wort Hoffnungslosigkeit
hört sich in dieser Situation wie eine
Wo fanden Sie Hilfe, Halt und
Unterstützung?
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Marion Rinklake-Pohlmann: An erster
Stelle fand ich besonderen Halt bei
meinem Mann, der von Anfang an
überzeugt war, dass ich diese Krankheit
überstehen würde. Seine Gewissheit
ließ sich auch dann nicht erschüttern,
als ein Chirurg ihm in einem VierAugen-Gespräch zu verstehen gab,
dass ich nur eine geringe Chance hätte
zu überleben. Auch meine Eltern und
Geschwister waren mir eine große Hilfe.
Es war mir wichtig, nicht nur meinem
Mann meine Ängste mitzuteilen. Ich
hatte den Wunsch, mir helfende, für den
Gesprächspartner aber vielleicht belastende Gespräche gerecht zu verteilen,
sodass sich jeder von seiner Aufgabe,
mir ständig Mut zu machen, auch mal
zurückziehen konnte. Außerdem gab
es noch meine Freunde. Darüber hinaus
habe ich mich von Anfang an nicht geziert, mir von einer erfahrenen, neutralen Person Rat zu holen. In meiner Stadt
gab es eine Krebsberatungsstelle, die
ich aufgesucht habe. Dort gab es nicht
nur Informationsmaterial, sondern auch
eine Psychologin, mit der ich hilfreiche
Gespräche geführt habe. Sie war neutral
und konnte somit die Dinge noch einmal
anders beleuchten und mir die Vorgänge, die sich in meiner Seele abspielten,
erklären.
Welche Erfahrung haben Sie im Laufe
der Krebsbehandlung gemacht?
Marion Rinklake-Pohlmann: Als Patientin mit einer lebensbedrohlichen Krankheit hatte ich sehr hohe menschliche
Ansprüche an die Ärzte, die natürlich
nicht immer befriedigt wurden. Die
Chirurgen, die mein Operationsteam
bildeten, zeichneten sich durch hohe
fachliche Kompetenz aus, davon war ich
sehr schnell überzeugt. Die harten Fakten wurden sachlich auf den Tisch gelegt, da gab es keine Streicheleinheiten.
Diese Sachlichkeit war in solchen Momenten für mich etwas Unerträgliches.
Schließlich hatte ich keinen Schnupfen,
da wäre mir das egal gewesen, sondern
Krebs. Ich wollte Mitgefühl und hoffnungsvolle Worte. Doch ich konnte die
Chirurgen auch verstehen und darüber
hinaus erwartete ich ja auch, dass sie
ihren Job gut machten und die Operation gelang. Somit sind Sachlichkeit und
Abstand sicherlich die besten Begleiter
eines Chirurgen. Bei den Onkologen war
es ähnlich. Hinzu kam, dass die Ärzte
oftmals wenig Zeit hatten, sich auf ein
wirkliches Gespräch einzulassen. Ich
hatte manchmal Fragen, die erst einmal
unbeantwortet blieben.
So nach und nach habe ich versucht, die
Ärzte als Menschen zu sehen. Dadurch
fiel es mir leichter, ihnen menschliche
Schwächen zuzugestehen und sie direkt
zu kritisieren und nicht lockerzulassen,
wenn bohrende Fragen und Angst mich
quälten.
Man riet Ihnen, gegen den Krebs zu
„kämpfen“. Welche „Waffen“ haben
Sie ergriffen?
Marion Rinklake-Pohlmann: Meine erste
Waffe, die zwar gerade in der ersten
Zeit nach der Diagnose noch etwas im
Verborgenen lag, aber dennoch eine
herausragende Rolle im Kampf gegen
den Krebs gespielt hat, war mein Lebenswille. Dieser Lebenswille war ein
wichtiger Motor für das Management
meiner Krankheit. Ich wollte leben, also
brauchte ich einen Plan. Zu diesem Plan
gehörte für mich zuerst einmal die Schulmedizin. Ich hatte zwar schon öfter von
Spontanheilungen gehört und solchen,
die allein durch die geistige und körperliche Selbstheilungskraft zustande gekommen waren, traute mich aber nicht,
mich auf diese Kräfte zu verlassen. Also
brauchte ich als Waffe die Schulmedizin
mit allem was dazugehörte: Operation,
Chemo- und Strahlentherapie. Ich wollte
dennoch meine Selbstheilungskräfte
mit einbringen, habe meine geistigen
Stärken mobilisiert und Entspannungstechniken geübt. Eine sehr weiche Waffe
fand ich im Glauben. Es hat mir gutgetan,
mich von Gott getragen zu wissen.
Eine weitere Möglichkeit bot O. Carl
Simonton in seinem Buch „Wieder gesund werden“ an. In diesem Buch geht
es um die Kraft der Imagination, also wie
man mit positiven Vorstellungsbildern
die Krankheit günstig beeinflussen kann.
Dieses Verfahren habe ich mir angeeignet und es hat mir sehr gutgetan. Ob es
tatsächlich auch heilen kann, vermag
ich nicht zu sagen. Auf jeden Fall war es
ein guter Weg zu entspannen, und die
Entspannung ist sehr wichtig, wenn man
wieder gesund werden will.
Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste
für den Gesundungsprozess und die
Gesunderhaltung?
Marion Rinklake-Pohlmann: Für meine
Gesundung war es wichtig, die Erkrankung zu akzeptieren. Das dauerte natürlich und ging nicht von heute auf morgen.
Es war ein langsamer Prozess, in dessen
Verlauf mir bewusst wurde, dass Körper,
Geist und Seele im Einklang sein müssen,
um wieder gesund zu werden und dann
auch gesund zu bleiben. Außerdem war
es für mich gut, mich auf möglichst viel
Hilfe von außen einzulassen und sie
anzunehmen. So eine Krankheit allein
bewältigen zu wollen, hätte meiner Gesundung im Wege gestanden. Und damit
ich heute gesund bleibe, sorge ich für
eine ausgewogene Portion Selbstliebe.
Hierzu gehören so einfache Dinge wie
eine gesunde Ernährung, das Leben bewusst wahrzunehmen, den alltäglichen
Ärger zuzulassen, ihn aber auch wieder
loszulassen. Mit anderen Worten: inneren
Frieden jeden Tag neu suchen und ihn
finden. Hierbei helfen mir Qigong- und
Yogaübungen, die aus meinem Leben
nicht mehr wegzudenken sind.
Buch-Tipp
Ich lebe, weil ...
Als der Krebs mich das Leben lehrte
von Marion Rinklake-Pohlmann, Books on
Demand, Norderstedt; 224 S., kart.,
ISBN 978-3-8334-7963-2; 14,80 €
Marion Rinklake-Pohlmann
hatte Krebs: Magenkrebs im
fortgeschrittenen Stadium.
Die Nachricht der Krankheit
war ein Schock. Doch bei
allen Fragen und Zweifeln
fand die Autorin einen Weg zu einem
neuen Leben, den sie eindrucksvoll in
ihrem Buch beschreibt.
Den inneren Frieden finden:
Entspannungsübungen helfen
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