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Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother
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Simone
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Übergewicht
und Adipositas
Übergewicht und Adipositas
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Aus S. Munsch & A. Hilbert: Übergewicht und Adipositas (ISBN 9783840925665) © 2015 Hogrefe Verlag, Göttingen.
Fortschritte der Psychotherapie
Band 59
Übergewicht und Adipositas
von Prof. Dr. Simone Munsch und Prof. Dr. Anja Hilbert
Herausgeber der Reihe:
Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Prof. Dr. Martin Hautzinger,
Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Winfried Rief
Begründer der Reihe:
Dietmar Schulte, Klaus Grawe, Kurt Hahlweg, Dieter Vaitl
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Übergewicht
und Adipositas
von Simone Munsch
und Anja Hilbert
GÖTTINGEN · BERN · WIEN · PARIS · OXFORD · PRAG
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STOCKHOLM · FLORENZ · HELSINKI · SÃO PAULO
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Prof. Dr. Simone Munsch, geb. 1970. 1990–1995 Studium der Psychologie in Basel. 1999–2009 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Klinische Psychologie der Universität Basel. 1999 Promotion.
2006 Habilitation. 2009–2011 Ordinaria für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie am Institut für Psychologie der Universität Lausanne. Seit 2011 Ordinaria für Klinische Psychologie und Psychotherapie am
Departement für Psychologie der Universität Fribourg und seit 2011 Leiterin des „Zentrums für Psychotherapie“ am Zentrum für Beratung und Therapie des Familieninstituts der Universität Fribourg.
Prof. Dr. Anja Hilbert, geb. 1967. 1989–1996 Studium der Psychologie in Marburg und Nancy (Frankreich).
1996–2002 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Marburg und Siegen. 2000 Promotion.
2003–2004 Gastwissenschaftlerin an der Washington University School of Medicine in St. Louis (USA)
2004 Wissenschaftliche Assistentin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität
Bielefeld. 2005–2009 Leiterin der Nachwuchsforschergruppe „Psychosoziale, ethische und rechtliche
Konsequenzen genetischer Befunde bei Adipositas“ an der Philipps-Universität Marburg. 2007 Habilitation.
2010–2011 Professorin für Klinische Psychologie am Department für Psychologie der Universität Fribourg
(Schweiz). Seit 2011 Professorin für Verhaltensmedizin, stellvertretende wissenschaftliche Leiterin des
Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums AdipositasErkrankungen an der Universitätsmedizin
Leipzig und psychologische Leiterin der dortigen interdisziplinären Ambulanz.
Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf
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Applikationen etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler
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Inhaltsverzeichnis
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1
Beschreibung der Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1
Definition und Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2
Prävalenz von Übergewicht und Adipositas . . . . . . . . . . . . .
1.3
Verlauf und Komorbidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1
Persistenz und natürlicher Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2Komorbidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2.1 Medizinische Komorbidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2.2Stigmatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2.3 Psychische Begleiterscheinungen und komorbide
psychische Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
4
6
6
6
7
7
8
9
2
Störungstheorien und Erklärungsmodelle . . . . . . . .
2.1
Biologische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2Umgebungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1
Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten . . . . . . . . . . . . .
2.2.2
Soziales Netzwerk, Umgebungsbedingungen . . . . . . . . . . . .
2.3
Psychologische Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1
Familiäre Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3Essverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.4
Selbstregulation: Impulskontrolle und Emotionsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4
Integratives Erklärungsmodell zur Entstehung und
Aufrechterhaltung der Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
13
15
15
16
17
17
17
18
3
Diagnostik und Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1
Erstgespräch und Exploration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2
Body-Mass-Index (BMI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3
Ernährungsverhalten und Energieumsatz . . . . . . . . . . . . . . .
3.4
Komorbide psychische Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5
Indikation und Kontraindikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5.1Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5.2Kontraindikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
20
21
22
22
23
26
26
26
29
V
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3.6
3.7
Übergewicht und Adipositas durch Psycho­pharmaka . . . . . 30
Integratives Erklärungsmodell und funktionale
Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4
Behandlung der Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1Ernährungsumstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2
Steigerung der körperlichen Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3Verhaltenstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4
Impuls- und Emotionsregulation, kognitives Training,
Reduktion der Stressreaktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5
Integrative Behandlung (Leitfaden zur Behandlung) . . . . . .
4.5.1
Psychoedukation und Motivationsaufbau . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.1.1 Multifaktorielle Entstehung und Aufrechterhaltung
der Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.1.2 Wunschgewicht und realistische Gewichtsziele . . . . . . . . . .
4.5.1.3Motivationsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.2
Verhaltensänderung im Bereich der Ernährung,
der Bewegung und des Essens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.2.1Ist-Soll-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.2.2 Psychoedukation zu Ernährung und Essverhalten . . . . . . . .
4.5.2.3Bewegungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.3
Planen des Umgangs mit Schwierigkeiten
und Risikosituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.4
Aufrechterhalten von Verhaltensänderungen,
Fertigkeiten zur Selbstverstärkung aufbauen . . . . . . . . . . . .
4.5.5
Indikation zu zusätzlicher Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . .
4.6
Chirurgische und medikamentöse Therapie . . . . . . . . . . . . .
32
33
34
34
35
38
38
38
40
40
42
42
44
49
51
54
57
57
5
Stand der Wirksamkeitsforschung der psycho­
logischen Behandlung bei Adipositas . . . . . . . . . . . . 59
6
Fallbeispiel – Frau S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
7
Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
8Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
9Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Was kann ich JETZT verändern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ernährungs-, Bewegungs- und Essverhaltensprotokoll . . . .
Ernährungsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anleitung zum Ernährungsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verhaltensziele zur Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
73
74
75
76
77
VI
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ABC-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
ABC-Modell – Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Leitfaden zur Indikation einer chirurgischen Therapie
der Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Karten:
Interviewleitfaden für das Erstgespräch
Leitfaden zum therapeutischen Vorgehen
Anhaltspunkte zur Beurteilung des Behandlungsverlaufs
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Einführung
Das vorliegende Buch richtet sich in erster Linie an psychologische und
ärztliche Psychotherapeuten, die sich für die Interventionen, die Indikation
zur Anwendung sowie das konkrete Vorgehen bei der Umsetzung der Interventionen der kognitiven Verhaltenstherapie bei Adipositas interessieren.
Bei der Behandlung der Adipositas ist wie bei vielen Krankheiten, bei denen
psychologische Interventionen das Krankheitsbild beeinflussen können, ein
interdisziplinäres Vorgehen von Vorteil. So können somatische Komorbidität und deren Behandlungsbedürftigkeit in der Zusammenarbeit mit dem
Hausarzt oder Internisten identifiziert und geprüft werden. Weiter kann bei
mangelndem Ernährungswissen eine Ernährungstherapie beim Ernährungsberater mit der Verhaltenstherapie bei Adipositas kombiniert werden. Gleiches gilt für das Vorliegen komorbider psychischer Störungen (z. B. Angstund depressive Störungen), die nach Prüfung der Indikation, parallel oder
prioritär behandelt werden können.
Interdiszipli­
näres Vorgehen
wesentlich
Fallbeispiel zur Einstimmung
Herr N. ist 35-jährig und konsultiert seinen Hausarzt für eine Routineuntersuchung, da er in den letzten Jahren ständig zugenommen hat und
ihm sein aktuelles Körpergewicht Sorgen bereitet. Er fühle sich in seinem
Körper unwohl und sorge sich über allfällige gesundheitliche Konsequenzen. Zu diesem Zeitpunkt wiegt Herr N. 110 kg bei einer Größe von 1,82 m.
Sein BMI liegt demnach bei 33.2 kg/m2, was einer Adipositas Grad I entspricht.
Adipositas
Grad I
Herr N. berichtet, dass er vor etwas mehr als einem Jahr Vater geworden
sei, was ihn überglücklich mache. Etwa ein Jahr vor der Geburt habe er
zudem die Arbeitsstelle gewechselt. Er habe in demselben Unternehmen
eine verantwortungsvollere und besser bezahlte Position übernommen, denn
er wolle seiner Familie die bestmöglichen Lebensbedingungen bieten können. Seit diesem Wechsel arbeite er deutlich mehr. Trotzdem sei es ihm
wichtig gewesen, seine Frau bereits während der Schwangerschaft optimal
zu unterstützen. Der neue Job gefalle ihm eigentlich sehr gut, vor allem
weil er viel unterwegs sei. Er arbeite nun im Außendienst und habe einen
völlig neuen Rhythmus: Während er morgens früh aufstehe und keine Zeit
für ein Frühstück habe, verspüre er am frühen Vormittag einen starken Hunger. Da er fast immer mit dem Auto unterwegs sei, esse er dann meist in
Raststätten und Schnellimbissen. Die neue Arbeit sei zudem viel anstrengender als zuvor; er trage viel Verantwortung und müsse oft unter Druck
wichtige Entscheidungen treffen, was ihm zu schaffen mache. Manchmal
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gönne er sich an besonders stressreichen Tagen zwischendurch ein Stück
Torte oder ein Eis in einem Imbiss, um wenigstens etwas „runterzukommen“. Er habe schon immer eine Schwäche für Süßes gehabt, meint Herr N.,
vor allem wenn er sich angespannt fühle. Schon als Kind habe er gerne etwas
genascht – das habe ihm schon immer geholfen, sich zu beruhigen.
Schwäche
für Süßes
Wenn er nun am Abend spät von einem anstrengenden Arbeitstag nach
Hause komme, liege seine kleine Tochter oft schon im Bett und seine Frau
sei häufig sehr erschöpft und wolle nur noch schlafen. Meist habe seine
Frau bereits gegessen, weil sie nicht so spät essen wolle. Herr N. sagt, er
sei dann „schon etwas enttäuscht“, könne sie jedoch auch verstehen. Er
mache sich dann etwas „Schnelles“ zu essen und setze sich damit vor den
Fernseher. Oft bemerke er nicht richtig, ob er nun noch hungrig oder schon
satt sei und es sei eine Gewohnheit, dass er sich zum Schluss noch etwas
Süßes gönne. Meist bleibe er bis spät in die Nacht auf dem Sofa, damit der
Tag nicht nur aus Arbeiten und Schlafen bestünde.
Essen beim
Fernsehen
Herr N. beschreibt, dass es er es als sehr schade empfinde, nicht mehr Zeit
mit seiner Familie und auch mal mit seiner Frau alleine verbringen zu können. Seit der Geburt der Tochter hätten sie kaum noch Zeit zu zweit und es
komme nur noch selten zu Zärtlichkeiten. Die Nähe zu seiner Frau fehle
ihm sehr, aber sie sei meist einfach zu müde oder nicht in der richtigen
Stimmung. Er selbst fühle sich, seit er in den letzten Jahren an Gewicht zugenommen habe, nicht mehr richtig wohl in seinem Körper und ziehe sich
jeweils rasch zurück.
Herr N. berichtet, dass er schon immer etwas füllig gewesen sei. In den
letzten zwei Jahren jedoch habe er das Gefühl, sein Gewicht sei irgendwie
„außer Kontrolle“ geraten. Einerseits falle es ihm viel schwerer, geregelte
Mahlzeiten einzunehmen, andererseits habe er kaum noch Zeit und Energie, sich sportlich zu betätigen. Früher habe er mit seinen Kollegen einmal
in der Woche Fußball gespielt, oder habe mit seiner Frau Radtouren unternommen, aber dazu käme er durch die oft langen Dienstfahrten in letzter
Zeit auch nicht mehr. Herr N. berichtet, dass er sich als zunehmend untrainiert empfinde und sich deswegen auch nicht mehr zutraue, mit Kollegen
Sport zu treiben oder auch nur Schwimmen zu gehen.
Kein Sport,
kaum Bewegung
Den Entschluss zum Arzt zu gehen habe er nun getroffen, weil er sich große
Sorgen mache, dass er weiter zunehmen könnte. Er möchte sein Gewicht
wieder besser „in den Griff“ bekommen, um sich wohler zu fühlen und gesundheitliche Folgeprobleme zu vermeiden. Seine Frau möchte ihn hierbei
gerne unterstützen, aber verschiedene Versuche ihrerseits, Mahlzeiten zu
planen oder wieder körperlich aktiver zu werden, seien fehlgeschlagen. Aus
diesem Grund hätten sie gemeinsam entschieden, professionelle Hilfe in
Anspruch zu nehmen.
2
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1
Beschreibung der Störung
Adipositas präsentiert sich in starkem Übergewicht. Im Sinne eines DiatheseStress-Modells sind neben biologischen Faktoren vielfältige psychologische
Mechanismen an der Entstehung und Aufrechterhaltung des Ungleichgewichts zwischen Nahrungszufuhr und Energieverbrauch beteiligt. Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über ätiologische Faktoren gegeben, während im Kapitel 2 eine ausführlichere Darstellung erfolgt.
Diathese-StressModell mit
biologischen,
psychologi­
schen, sozialen
Faktoren
Psychologische Faktoren. Psychologische Aspekte der Entstehungs- und
aufrechterhaltenden Bedingungen der Adipositas umfassen das Vorliegen
einer depressiven Stimmung sowie ein Essverhalten, welches die Nahrungszufuhr nicht auf der Basis von Hunger und Sättigung, sondern auf der Basis
von externalen Reizen wie Geruch und Anblick von Nahrung reguliert. Aktuelle Studien weisen zudem auf eine erhöhte Ansprechbarkeit auf den
Belohnungsaspekt von Nahrungsmittelreizen sowie eine beeinträchtigte
Fähigkeit zum nahrungsmittelbezogenen Belohnungsaufschub hin. Weitere
Faktoren sind das Vorkommen von vermehrtem Stress. Weiter wird Nahrungszufuhr als Reaktion auf emotionale Reize mit einer beeinträchtigten
Fähigkeit zur Emotionsregulation in Verbindung gebracht.
Biologische Faktoren. Biologische Aspekte beinhalten neben der genetischen Disposition zur Fettspeicherung und dem Fettstoffwechsel auch Adipositas bedingte Schädigungen des Bewegungsapparats, die die Mobilität
und somit den Energieverbrauch negativ beeinflussen.
Soziale Faktoren. Zu sozialen Einflüssen, die nachweisbar zur Entstehung/
Aufrechterhaltung von Übergewicht und Adipositas beitragen, gehört die Zugehörigkeit zu einer niedrigeren sozioökonomischen Schicht. Diese steht
wiederum im Zusammenhang mit Faktoren wie dem Wohnort oder Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten bzw. -wissen.
Merke:
Die individuell unterschiedliche evolutionsgenetisch bedingte Veranlagung
zur Fettspeicherung trifft heute auf die zunehmende Verfügbarkeit von kalorien- und fettreichen Speisen und Getränken sowie auf zunehmend passive
Transportstrukturen, sitzende Tätigkeiten und passive Freizeitbeschäftigungen, wie z. B. zunehmender Fernsehkonsum oder elektronische Spiele. Die
Ausprägung des individuellen Körpergewichts wird somit auch deutlich von
Umgebungs- und psychologischen Faktoren beeinflusst. Psychologische
Faktoren sind von besonderer Relevanz, da sie präzise Hinweise liefern, wo
Psychotherapie ansetzen kann (Oude Luttikhuis et al., 2009).
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