Am Markt 8 Paula Lilienfeld, geb. Wolf Paula Lilienfeld kam am 25. April 1888 in Stadthagen als erstes Kind von William und Bertha Wolf zur Welt. Ihre Eltern führten in Stadthagen die Firma Magnus Wolf, Leder-, Darm- und Nähmaschinenhandlung. Ihr Bruder Adolf starb im Ersten Weltkrieg. Ihr Bruder John Wolf übernahm nach dem Tod des Vaters 1929 die Firma zusammen mit seinem Onkel Max Wolf. Paulas Schwester Gertrud hatte Hugo Rosenfeld geheiratet und war mit ihm nach Aachen gezogen. Paula und Karl Lilienfeld, 1914 Paula heiratete am 21. Juni 1914 den Viehhändler Karl Lilienfeld. Sie wohnten zunächst in Nienstädt, wo 1917 und 1922 ihre Kinder Ruth und Hanna zur Welt kamen. 1931 pachtete ihr Ehemann die Domäne Lauenhagen, wo die Familie dann auch wohnte. Nach dem Tod Karl Lilienfelds am 2. Juni 1932 zog Paula nach Auflösung des Pachtvertrags für die Lauenhäger Domäne mit ihren Kindern zurück nach Stadthagen, vermutlich in das Haus ihrer Eltern Am Markt 8. Am 28. Juli 1942 wurde sie zusammen mit ihrem Bruder John ins KZ Theresienstadt deportiert. Zuvor hatte sie wie ihr Bruder einen so genannten Heimeinkaufsvertrag mit der Reichsvereinigung der Juden schließen müssen, der ihr nominell lebenslange kostenfreie Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung bringen sollte. In Wirklichkeit transportierte man sie von Theresienstadt, wie ein Zeuge zu berichten wusste, vermutlich im November 1944 ins KZ Auschwitz, wo sie wahrscheinlich ermordet wurde. Das Amtsgericht legte später offiziell den Todeszeitpunkt auf den 31. Dezember 1945 fest. Hanna Lilienfeld Hanna Lilienfeld wurde am 9. März 1922 geboren. Ihre Eltern waren Karl und Paula Lilienfeld. Bis zu ihrer Deportation am 30. März 1942 wohnte sie im Haus Am Markt 8. Zusammen mit ihrer Schwester Ruth brachte man sie in das Ghetto Warschau, wo sie mit ihrer Schwester in der Gartenstraße 27 wohnte. Ob sie noch beim Warschauer Ghettoaufstand 1943 am Leben war, ist unklar. Über ihr weiteres Schicksal wissen wir nichts Genaues. Wahrscheinlich wurde sie in Auschwitz ermordet. Das Amtsgericht legte ihren Todeszeitpunkt auf den 31. Dezember 1945 fest. Ruth Weinberg, geb. Lilienfeld Ruth Weinberg, geb. Lilienfeld, wurde am 1. Juli 1917 in Nienstädt geboren. Ihre Eltern waren ebenfalls Karl und Paula Lilienfeld. Über ihre Kindheit und Schulzeit ist bis zum Tod ihres Vaters 1932, als sie von Lauenhagen zurück nach Stadthagen zogen, nichts Näheres bekannt. Am 28. Juli 1939 heiratete sie Rudolf Weinberg, der wie sie im Kaufhaus Lion in Stadthagen beschäftigt war. Rudolf Weinberg wanderte kurz darauf nach England aus und wollte sie sobald wie möglich nachholen. Bis zu ihrer Deportation am 30. März 1942 wohnte sie im Haus Am Markt 8. Zusammen mit ihrer Schwester Hanna brachte man sie in das Ghetto Warschau, wo die Schwestern in der Gartenstraße 27 wohnten. Es ist zu vermuten, dass sie in Warschau oder Auschwitz starb bzw. ermordet wurde. Das Amtsgericht legte auch bei ihr den Todeszeitpunkt auf den 31. Dezember 1945 fest. Rudolf Weinberg Rudolf Weinberg kam am 29. November 1909 als eines von sieben Kindern des jüdischen Kaufmanns Max Weinberg in Bigge/Westfalen zur Welt. Von 1924 bis 1928 absolvierte Rudolf eine kaufmännische Lehre in Peckelsheim bei Warburg. Danach war er bis 1936 als Verkäufer bei der Firma Nathan & Gompertz in Emmerich tätig, ehe er 1936 nach Stadthagen in das Haus Am Markt Bertha und John Wolf, Ruth und Rudolf Weinberg, Paula Lilienfeld. 8 umzog, um im Kaufhaus Lion für monatlich 200 RM als Verkäufer zu arbeiten. Zusammen mit anderen Stadthäger Juden wurde er nach der Reichspogromnacht 1938 verhaftet und nach Buchenwald verschleppt. Erst nach zweieinhalb Monaten, am 26. Januar 1939, wurde er wieder entlassen. Rudolf betrieb nach der Entlassung seine Auswanderung in die USA. Er besaß aber zunächst noch keine Einreiseerlaubnis. Seine Quotennummer für ein USEinreisevisum war noch nicht an der Reihe. Über die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland erhielt er Anfang Juli 1939 die Erlaubnis, vorübergehend nach England zu emigrieren, um dort in einem Durchgangslager den Aufruf seiner Quotennummer abzuwarten. Anfang Juli 1939 erhielt er einen Reisepass mit gültigem Visum für Belgien und England. Vermögen besaß er keines. Die Passage nach England und die Mitnahme seines geringen Umzugsgutes finanzierte er mit seinen letzten Ersparnissen, rund 350 RM. Für die Mitnahme seines „vom Munde abgesparten“ Radiogeräts und einer Schreibmaschine hatte er zudem eine horrende Sonderabgabe an die Deutsche Golddiskontbank zu entrichten. An Bargeld durfte er hingegen nur 10 RM mit nach England nehmen. Noch kurz vor seiner Auswanderung im August 1939 heiratete Rudolf Weinberg am 28. Juli 1939 in Stadthagen Ruth Lilienfeld, die ebenfalls im Kaufhaus Lion gearbeitet hatte. Rudolf wollte sie so rasch wie möglich ins Ausland nachholen. Dies gelang aber nicht mehr rechtzeitig, so dass sie 1942 in das Ghetto Warschau verschleppt wurde. Rudolf Weinberg sah seine Frau nie wieder. In England kam Rudolf infolge des Kriegsausbruchs im September 1939 als feindlicher Ausländer in ein Internierungslager. Zusammen mit 2.500 anderen Internierten transportierte man ihn nach Australien, wo er für weitere zwei Jahre festgesetzt wurde, ehe Großbritannien die Internierten wieder zurück nach England holte. Dort kam er ins Lager Kitchener in der Nähe von London. Hier lernte er kurz nach seiner Ankunft die aus Herzlake stammende Jüdin Grete Meyer kennen. Bis zum Ende seiner Internierung im Jahr 1942 durfte Rudolf in England keiner Tätigkeit nachgehen, danach war er bis Kriegsende als Arbeiter in einer Munitionsfabrik beschäftigt. Nach Ende des Krieges erhielt er Nachricht über das Schicksal seiner Familie und das seiner Ehefrau. Sein Vater verstarb bereits 1939 infolge der Aufregung über die Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten. Seine sechs Geschwister wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Seiner Schwester Elfriede war offenbar noch die Flucht nach Holland geglückt, doch 1942 war sie dort auch verhaftet und anschließend deportiert worden. Im Juni 1947 heirateten Rudolf Weinberg und Grete Meyer. Rudolf arbeitete zu dieser Zeit gegen ein geringes Entgelt in einer kleinen Polsterei in England. Aufgrund des niedrigen Verdienstes beschlossen die Eheleute im Januar 1948, in die USA überzusiedeln, wo sie auf bessere wirtschaftliche Bedingungen hofften. In Connecticut/USA verkaufte Rudolf Soda und Limonade; das hierdurch erzielte Einkommen reichte aber kaum zum Leben aus. Grete musste deshalb als ungelernte Schneiderin arbeiten, damit beide finanziell über die Runden kamen. Ihre wirtschaftliche Situation überschattete sicher auch die Geburt ihres am 29. Mai 1952 zur Welt gekommenen Sohnes Mack (Mark Arthur). Rudolf hat die Ermordung seiner Familie und seiner ersten Ehefrau offenbar nie verwunden. Freunde, Bekannte und auch der Rabbi bemerkten an ihm immer stärker zunehmende Depressionen. Darüber hinaus machte ihm die ausweglos erscheinende wirtschaftliche Lage seiner Familie zu schaffen. Schließlich erhängte sich Rudolf am 24. Mai 1954. Gretes Wunsch, im Zuge der bundesdeutschen Wiedergutmachung auch für den nach ihrer Ansicht durch die nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen verursachten Selbstmord ihres Ehemannes eine Hinterbliebenenversorgung für sich und ihren Sohn zu erhalten, kamen die deutschen Entschädigungsbehörden nicht nach. Für die deutschen Beamten bestand zwischen den beiden Ereignissen kein kausaler Zusammenhang, denn Rudolf Weinberg sei bereits mit seiner Emigration im Jahr 1939 der Verfolgung durch die Nazis entzogen gewesen. Für die Behörden waren vielmehr wirtschaftliche Gründe für den Selbstmord ausschlaggebend. Auch nachdem sich die Rechtslage im Laufe der 1950er Jahre geändert hatte und Rudolfs Selbstmord prinzipiell als entschädigungsfähig erschien, lehnten die deutschen Ämter einen Schaden an Leib und Leben aus formalen Gründen weiterhin ab. Erst über einen Härtefall-Antrag, den der Niedersächsische Innenminister zunächst ablehnte und gegen dessen Nichtanerkennung sie schließlich vor Gericht klagte, erhielt sie 1973 für sich und ihren Sohn doch noch eine Mindestrente zugesprochen. Grete Meyer verstarb im Jahr 1978; ihr Sohn Mack könnte noch am Leben sein. Der Synagogenverein hat aber bislang keinen Kontakt zu ihm oder einem anderen Verwandten der Familie herstellen können. Frieda Löhnberg Frieda Löhnberg wurde am 19. November 1887 in Unna geboren. Von Beruf war sie Pflegerin. Möglicherweise arbeitete sie im Haushalt der Familie Wolf. Sie wurde am 13. Dezember 1941 nach Riga deportiert, wo sie starb oder ermordet wurde.
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