Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 Die Pirchner - Orgel in der Stadtpfarrkirche St. Laurentius zu Wörgl Von: Mag. Andreas Heimerl 1. Geschichte der Orgel Die Geschichte der Orgeln der Wörgler Pfarrkirche ist leider sehr schlecht dokumentiert und sowohl bild- als auch textlich schwer zu rekonstruieren. Daher sollen hier nur die wichtigsten gesicherten Informationen stehen. Orgel von 1883: Die Vorgängerorgel des heutigen Instruments wurde 1883 vom Wörgler Orgelbauer Josef Unterberger fertiggestellt. Sie enthielt – wie für Unterberger typisch – mechanische Schleifladen (Unterberger baute nur eine einzige Kegelladenorgel), und war 2manualig mit 16 Registern. Noch während des 2. Vaticanums wurde der Innenraum der Pfarrkirche komplett umgestaltet, um sie von „unnötigem“ Zierat zu befreien, dem Pfarrer die Möglichkeit zu geben, zum Volk hin zu zelebrieren. Die Akustik der nunmehr fast leergeräumten Kirche hat dadurch in Bezug auf den Hall ausgesprochen profitiert. Die Kirche St. Laurentius ist ca. 50 m lang (Hauptschiff) und 25 m breit (Seitenschiff) und eine der größten Kirchen im Tiroler Unterland. Eine Orgel, die den großen Innenraum klanglich füllt, muss damit recht durchsetzungsfähig sein. Orgelneubau von 1968: Nach der Umgestaltung der Kirche wurde auch die alte und mittlerweile kaum noch spielbare Unterberger-Orgel abgetragen und 1968 durch eine neue Orgel ersetzt, die von der Fa. Pirchner (vormals Reinisch) aus Steinach/Brenner durch Johann Pirchner auf der Chorempore gegenüber dem Altarraum errichtet wurde. Das Instrument ist eine mechanische Schleifladenorgel. Johann Pirchner war nach dem II. Weltkrieg wieder zum traditionellen Schleifladenbau zurückgekehrt, nachdem er vorher mit elektrischen und pneumatischen Systemen gearbeitet hatte. Die Disposition der Orgel orientiert sich, wie in dieser Zeit ebenfalls üblich, eher an herkömmlichen Barockorgeln als an romantischen Instrumenten. So sind auch drei Koppeln die einzigen Spielhilfen. Auf weitere Spielhilfen wie Setzer wurde verzichtet, auch ein Schwellwerk wurde nicht installiert. Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 Die Orgel im Kirchenraum vom Ambo aus gesehen Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 2. Bauweise, Prospekt, Äußeres a. Der Prospekt: Der Prospekt besteht aus Vollholz und ist in seiner Gestaltung ganz dem Symmetrieprinzip verpflichtet. In den Holzrahmen eingebettet sieht man die Prospektpfeifen, die komplett Metallpfeifen sind. Das Hauptwerk zeigt Prinzipal 8`, das Oberwerk Prinzipal 4´ - die Töne des Hauptwerks sind alternierend rechts-links jeweils in Halbtonschritten von rechts beginnend angeordnet. b. Standplatz und Klang: Der Orgelstandplatz ist perfekt in das hintere Kirchenschiff mit dem Deckengewölbe eingepasst und ermöglicht den Orgelpfeifen größtmögliche Klangentfaltung. Die kleineren Oberwerkpfeifen mit ihren kürzeren Schwingungen stehen oben an der Decke, wo sie gut reflektiert werden, die größeren Hauptwerkspfeifen, die niedriger stehen, brauchen durch ihre längere Schwingungsamplitude mehr Raum bis zum reflektierenden Medium, was sie durch die Bauweise hier sehr gut erhalten. c. Werke: Die Orgel wird über drei Werke gespielt: Hauptwerk (C – g3), Oberwerk (C – g3) und Pedalwerk (C – f1). Die beiden Manuale sind in einem verschließbaren Spielschrank in der Unterwand des Orgelprospekts eingebaut. Der Spieler sitzt mit dem Rücken zum Kirchenraum vor der Orgel, nimmt also eine vorderspielige Position ein. Dank der prominenten Position auf dem Chor und des fehlenden Rückpositivs ist per Spiegel aber ein hervorragender Blick auf die Zelebranten möglich. Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 d. Spieltisch e. Pedal Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 3. Disposition I Manual (Hauptwerk) II. Manual (Oberwerk) III. Pedalwerk Prinzipal 8´ Gedackt 8´ Subbass 16´ Trompete 8´ Rohrschalmey 8´ Zartposaune 16´ Spitzflöte 8´ Prinzipal 4´ Gedecktpommer 8´ Oktav 4´ Rohrflöte 4´ Nachthorn 4´ Choralbass 4´ Prinzipal 2´ Gemshornquint 1 1/3´ Sesquialtera 2 2/3´ Scharffzimbel 1´ Mixtur 1 1/3´ + Tremulant Pedalmixtur 2 1/3´ Koppeln: I-II, I-P, II-P 4. Klangcharakteristik insgesamt: Die Wörgler Orgel hat keine typisch romantischen Register (z.B. keine Streicher), was für Darstellung der Orgelmusik des 19. Jahrhunderts (speziell französische) eine Herausforderung darstellt. Dafür hat sie viel Kraft, speziell die Zartposaune und die Pedalmixtur verleihen dem Pedal viel Stärke, das Hauptwerk ist kräftig und durchsetzungsfähig, mit einer sehr starken Mixtur 1 1/3´ als Klangkrone. Oft reicht es durchaus, mit Prinzipal 8´und Mixtur 1 1/3´ zu registrieren. Dann bleibt der Klang transparent, ist aber stark und lässt noch Steigerungen durch z.B. Trompete, Oktav, Prinzipal 2´ oder auch Sesquialtera 2 2/3´ zu. Das Oberwerk verhält sich zum Hauptwerk klanglich sehr ausgewogen und ist mit einer tragfähigen Rohrschalmey 8` und einer silbrigen Scharffzimbel 1´ ausgestattet. Die Zungen im Manual (Trompete 8‘ und Schalmei 8‘) sind interessanterweise eher französisch ausgelegt, von der Zartposaune kann man das nicht unbedingt behaupten. Der Herausforderung des großen Raums, vor allem durch die weit entfernten Querschiffe, ist die Orgel gewachsen, was sie am Spieltisch selbst etwas derb klingen lässt. Typisch Pirchner: Flöte 8‘ und 4‘ in beiden Manualen, was in der liturgischen Praxis und beim Triospiel sehr angenehm ist. Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 i. Seitaufnahme Orgelkasten Der Orgelkasten von der rechten Spieltischseite aus Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 5. Bauweise mit Bebilderung a. Motor Eines von zwei Schleudergebläsen (Ventilator) hinter der Orgel b. Blasebälge Einer von zwei Doppelfaltenbälgen mit Überdruckventil/Drosselklappe Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 c. Trakturen Der Spieltisch von hinten – hängende Trakturen von Haupt- und Oberwerk. Links im Vordergrund: Abstrakten, die zum Wellenbrett führen d. Abstrakten und Wellenbretter Wellenbrett des Hauptwerkes (Weiterführung Bildausschnitt oben) Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 Blick auf Registertraktur und Windlade des Oberwerks (kein Register gezogen) e. Windladen Windlade mit Windkanal und darüber Tonkanzellen sowie Pfeifenstock und Pfeifen Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 f. Pedalwerk mit Koppeln Pedalwerk mit Abstrakten, Wellenbrett und darüber Koppeln 6. Innenraum mit ausgewählten Bildern Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl Orgelpräsentation im Fach Orgelkunde C-Musik-Ausbildung der Diözese Innsbruck 2011- 2013 S ubbass 16´ Gedeckt 8´ (hinten) und Rohrschalmey 8´ Innenraum Hauptwerkpfeifen mit u.a. Prinzipal, Mixtur, Spitzflöte, Trompete Mag. Andreas Heimerl Pirchner-Orgel zu St. Laurentius Wörgl
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