Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Regensburg Am Brixener Hof 2 93047 Regensburg Herzliche Einladung zu einer besonderen Veranstaltung der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Regensburg in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Regensburg und der Professur für Slavisch-Jüdische Studien an der Universität Regensburg: „Slavisch – Jüdische Studien“ Studien kultureller Begegnung: Ein Werkstattbericht Die Juden im östlichen Europa erlebten an der Wende vom 19. zum 20. Jh. eine kulturelle Blüte ohnegleichen. Die gewaltige künstlerische Freiheit, die sie vom Dasein im Schtetl in die Moderne katapultiert, hat faszinierende Werke in Kunst und Buchillustration, in der Musik, im Theater und in der ostjüdischen, v. a. jiddischen, Literatur hervorgebracht, ja eigene Modelle jüdischer Identität. Der Werkstattbericht der Professur für Slavisch-Jüdische Studien an der Universität Regensburg möchte Ihnen mit folgenden Themen einen Einblick in diese fesselnde Zeit kultureller Selbstentfaltung geben: „Das GoseT- jiddisches Theater in Moskau“ (Diane Schürmeier) „Wilna - Berlin - Kiev: Nokhem Shtif auf der Suche nach Jiddischland“ (Holger Nath) „David Hofstein - ein jiddischer Dichter und Wanderer zwischen den Welten“ (Sabine Koller) Es sprechen: Diane Schürmeier, wiss. Mitarbeiterin am Institut für Slavistik, Universität Regensburg Holger Nath, wiss. Mitarbeiter am Institut für Slavistik / Professur für Slavisch-Jüdische Studien, Universität Regensburg Sabine Koller, Professorin für Slavisch-Jüdische Studien, Universität Regensburg Mittwoch, 21. Oktober 2015, um 20.00 Uhr in der Jüdischen Gemeinde – Am Brixener Hof 2 Durch ihre Ausstellungen und Buchprojekte (zB „Ein Tag im jüdischen Regensburg mit Joseph Opatoshu und Marc Chagall“, 2009; Die jiddische DP-Zeitung „Der najer moment“: Polnische Juden in Regensburg, 2013) ist die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Sabine Koller einem breiten Publikum in Regensburg und weit darüber hinaus bekannt geworden. Seit August 2013 hat sie an der Universität Regensburg die Professur für Slavisch-Jüdische Studien inne. Sie gibt uns Einblicke in ihre Werkstatt zusammen mit Diane Schürmeier M.A. und Holger Nath M.A., M.Phil.. Diane Schürmeier M.A. ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Elitestudiengang Osteuropastudien am Institut für Slavistik und befasst sich in ihrer Promotionsarbeit mit dem Jiddischen Theater. Sie berichtet uns von dem ersten jüdischen Staatstheater der Welt – dem GoseT, das 1921 in Moskau eröffnet wurde. Es spielte in jiddischer Sprache und wurde zum Kristallisationspunkt jüdischer Kultur und jüdischen Selbstverständnisses, nicht zuletzt dank der Leistung seines ersten Schauspielers und Künstlerischen Leiters Solomon Michoels. Marc Chagalls Wandbilder für den Zuschauerraum wurden nach der Schließung des Theaters gerettet. Sie gehören zu den beeindruckendsten Werken seiner „russischen” Jahre. Wie keine andere Institution spiegelt das GoseT das Schicksal der sowjetischen Juden: Nach seinem glanzvollen Aufstieg wurde es 1949 auf dem Höhepunkt des spätstalinistischen Antisemitismus geschlossen. Ein Schlag, von dem sich die einst blühende jiddischsprachige Kultur der Sowjetunion nie mehr erholte. Der Jiddisch-Lektor Holger Nath M.A., M.Phil., arbeitet an einem Forschungsprojekt aus dem Bereich jüdischer Kulturpolitik: Es beschäftigt sich mit dem Philologien und Kulturaktivisten Nokhem Shtif (Rowno 1879 - Kiew 1933) als einem der führenden Vertreter des Jiddischismus, einer Bewegung, die eine autonome jiddische Kultur in Osteuropa schaffen wollte. In seiner Arbeit für verschiedene jiddische Zeitungen und Hilfsorganisationen, in seinen wissenschaftlichen Publikationen zur jiddischen Sprache und älteren jiddischen Literatur versuchte Shtif sein Konzept für sein ideales Jiddischland zu beschreiben. Die Kriegszeit in Wilna, seine Emigration in das Berlin der Weimarer Republik und seine Forschungsarbeit im sowjetischen Kiev hinterließen dabei sichtbare Spuren in seinem Verständnis einer hohen jiddischen Kultur. Prof. Dr. Sabine Koller gibt uns einen Einblick in Leben und Werk des russischen Dichers David Hofstein (Korostischew 1889 – Moskau 1952), eines der bedeutendsten Vertreters der jiddischen Lyrik nach dem Ersten Weltkrieg. Als frommer Jude studierte er bis zu seinem 17. Lebensjahr den Talmud und hebräische Literatur. Als Neunzehnjähriger schrieb er Lieder in Hebräisch, später in Ukrainisch und Russisch. Er gehörte zu den bekanntesten und geschätztesten Mitgliedern der so genannten Kiewer Gruppe. Die Mitunterzeichnung eines Aufrufs gegen die Verfolgung der hebräischen Sprache in Sowjetrussland und der sich daraus ergebende Konflikt zwang ihn die Sowjetunion vorübergehend zu verlassen. So lebte er 1922 als freier Schriftsteller in Berlin, seit 1923 in Palästina als Mitarbeiter an hebräischen Journalen, schrieb dort aber auch verschiedene Dramen. 1926 kehrte er nach Kiew zurück, war in der Folge aber gezwungen für die Kommunistische Partei glorifizierende Gedichte zu schreiben. Die Gründung des Staates Israel wurde von ihm freudig begrüßt. Doch als Stalin seine ursprüngliche Unterstützung für Israel revidierte, wurde David Hofstein verhaftet, um nach Moskau und dann nach Sibirien deportiert zu werden. Er wurde in der Nacht der ermordeten Dichter vom 12. auf den 13. August 1952 mit vielen anderen in Moskau exekutiert. Drei Kostproben „aus der Werkstatt“ an der Universität, auf die wir gespannt sein können... Sie werden sich explizit auch der Frage widmen: Wo ist der Ort der Religion zwischen Widerstand und Anpassung, säkularer Einstellung und dem Glauben? Der Eintritt ist frei! Veranstalter: Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Regensburg in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Regensburg und der Professur für Slavisch-Jüdische Studien an der Universität Regensburg V. i. S. d. P.: Pfr. Ernst Reichold, Am Ölberg 2, 93047 Regensburg
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