Lampen & Leuchten Lichtkunst «Oft sagt mir mein Bauch, ob das Licht in einem Raum passt» Schlicht und einfach, so umschreibt Ruedi Steiner die Philosophie hinter seiner Arbeit. Der studierte Elektroingenieur hat seine Leidenschaft für das Experimentieren vor elf Jahren zum Beruf gemacht: Er entwirft Konzepte und Objekte, die Räume ins richtige Licht rücken sollen. Text: Fabrice Müller, Fotos: Tanya Hasler, zvg G lühbirnen überall – kleine, grosse, runde, tannzapfenförmige, bullige, schlanke. Darüber Neon- und Leuchtstoffröhren in den Regalen – kurze, lange, dünne, dicke. Nebenan Stahl- und Kunststoffrohre in allen Grössen und Kabelrollen in allen Farben. Die Schubladen sind fein säuberlich angeschrieben, der Inhalt ist sortiert: Stecker klein und gross, Relais, Dübel, Fassungen, Schrauben und vieles mehr. Zum Greifen nah lastet die Decke auf schweren Stahlträgern. Die lange Fensterfront gibt den Blick frei auf den Friedhof von Worb. Weiter vorne in diesem lang- 108 5/2008 gezogenen Raum befindet sich Ruedi Steiners Metallbauwerkstatt mit Schweissgeräten, Bohr- und Fräsmaschinen und weiterem schweren Gerät. Es riecht nach heissem Stahl und Russ. Kürzlich kam der 48-jährige Lichtgestalter und Künstler zurück aus Jerusalem, wo er zusammen mit Adrian Hostettler, Innenarchitekt und ebenfalls Lichtgestalter, ein neues Beleuchtungskonzept für die Basilika St. Etienne vorgestellt hat. Ein anderes Grossprojekt liegt nur wenige Monate zurück: Die Illumination der Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden, die sich nun nachts in märchenhafter Stimmung präsentiert. Elektroingenieur – Sozialarbeiter – Lichtgestalter «Wenn ich als Lichtgestalter arbeite, sehe ich mich weniger als Künstler, sondern vielmehr als Gestalter. Es ist nicht mein Ziel, der Welt zu zeigen, was ich gerade empfinde. Vielmehr ist es eine Kunst und Herausforderung, mit den Vorgaben und Einschränkungen eines Projekts kreativ umzugehen», sagt jener Mann, der sich vor elf Jahren mit der Kreation von Lichtobjekten und Lichtkonzepten beruflich selbstständig gemacht hat. Das Studium zum Elektroingenieur war der Grundstein für diesen Werdegang, auch wenn der Sohn einer Bauernfamilie schon immer gerne bastelte. Bevor er sich zum Lichtgestalter weiterbilden liess und seine Leidenschaft – das Experimentieren und Tüfteln – endgültig zum Beruf machte, legte er einen Halt im Sozialbereich ein. Nach dem Abschluss an der höheren Fachschule für Sozialarbeit arbeitete er fünfeinhalb Jahre als Lampen & Leuchten Lichtkunst Sozialarbeiter in Frankreich und Bern-Bethlehem. Heute übernimmt Ruedi Steiner Aufträge für Lichtgestaltungen und Lichtobjekte im Innen- und Aussenbereich von Wohn- und Geschäftsräumen wie auch für öffentliche Anlagen. Den Raum auf sich wirken lassen Licht ist für Ruedi Steiner mehr als die Funktion, einen Raum oder ein Objekt zu beleuchten. Viel mehr: «Licht löst Emotionen aus. Bei mir ist es oft das Bauchgefühl, das mir sagt, ob das Licht in einem Raum passt oder nicht.» Geduld und Zeit braucht es, bis Ruedi Steiner gemeinsam mit seinen Auftraggebern ein Lichtkonzept erarbeitet hat. «Ich verweile gerne in einem Raum, um ihn auf mich wirken zu lassen. Oft probiere ich verschiedene Lichtlösungen vor Ort mit Musterleuchten aus, manchmal stelle ich auch einfache Prototypen her. So sehe ich am besten, wie zum Beispiel diffuses oder gerichtetes Licht einen Raum verändert», erklärt Steiner. Licht kann die Architektur eines Raumes oder eines Hauses unterstützen, aber auch zunichte machen. Deshalb sei es nicht damit getan, Leuchten auszuwählen, 5/2008 109 Lampen & Leuchten Lichtkunst b a d a) Dank Ruedi Steiners Beleuchtungskonzept erstrahlt die Feldschlösschenbrauerei nachts im besten Licht. b) Kleinserieleuchte «150bar» aus dem Jahr 2003. c) Der Name ist Programm: Kleinserieleuchte «schLICHT» (2002). c die lediglich vom Stil her zum Raum passen. Vielmehr gelte es, das passende Licht zu finden, das mit dem Raum wie auch den Menschen, die darin wohnen, harmoniert. «Ich versuche stets, auch die Bewohner mit ins Konzept einzubeziehen. Ich möchte herausfinden, was sie sich vom Licht wünschen und wie sie es nutzen.» d) Interaktive Lichtinstallation «LEVEL» Fankhaus (2006). röhren und Glühlampen zum Einsatz. «Hauptvorteil der Glühlampen – inklusive Halogenlampen – ist, dass sie beim Dimmen ihre Lichtfarbe verändern und einen angenehm warmen Ton ausstrahlen und zudem die Weingläser auf dem Tisch funkeln lassen.» Inspirationen im Alltag Die Kunst liegt im Detail Wenn Ruedi Steiner aus gebogenen Blechen, rostigem Stahl, Kunststofffolien oder Holz Leuchtobjekte kreiert, sucht er nicht das Spektakuläre und Effektvolle. Nicht die Leuchte, sondern das Licht soll wirken. Weniger ist mehr, auch bei der Materialwahl. Anstelle von verschiedenen Materialien beschränkt er sich lieber auf nur ein einziges, das er mit klaren Formen und Liebe zum Detail für sich sprechen lässt. Wie bei der Tischleuchte aus rohem Stahl für die Beleuchtung der Decke, oder bei der Leuchte «schLICHT» – bestehend aus einem aufgelaserten Chromstahl-Rohr mit Lichtöffnungen gegen unten und oben. «Die Kunst liegt im Detail. Und bei einer ehrlichen Materialisierung. Ich möchte mit meiner Arbeit erreichen, dass man das Licht auch anders wahrnehmen kann als nur als Aufhellung einer Fläche. Licht soll ein Gefühl vermitteln», betont Ruedi Steiner, der sich häufig für eine Mischung aus diffusen und gerichteten Lichtquellen entscheidet. Als Lampen kommen moderne Systeme wie LED und Metalldampflampen, aber auch Leuchtstoff- 110 5/2008 Inspirieren lässt sich Ruedi Steiner gerne vom Spiel der Sonne. Dann gerät er ins Staunen und erzählt, wie schräg einfallendes Sonnenlicht auf dem weissen Marmorboden der Bahnhofshalle von Venedig für zauberhafte Lichtimpressionen sorgt. Manchmal sind es auch alltägliche Lichtsituationen, die Ruedi Steiner zu neuen Kreationen inspirieren. Künftig möchte er seine Arbeit als Lichtgestalter mehr vom künstlerischen Wirken trennen. Ab nächstem Jahr wird er seine Firma in «Lichtbau» umbenennen und sich auf die Planung und Gestaltung mit Licht konzentrieren. Daneben bleibt er aber weiterhin künstlerisch tätig, wobei er sich dort aber noch mehr Freiheiten geben möchte. Lichtobjekte selber bauen Möchten Sie eine Leuchte nach eigenen Vorstellungen und Ideen kreieren? Ruedi Steiner führt regelmässig Kurse durch, in denen er Laien bei der Kreation von Lichtobjekten berät und begleitet. www.metall-licht.ch
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