Münchner Wochenend Zeitung - A. Greitner Gebäudereinigung +

Original Münchner G’schichte(n)
MÜNCHNER UNTERNEHMERFAMILIEN
IM FOKUS
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Greitner Gebäudereinigung
Friedrich Greitner, Geschäftsführer
Alle Fotos privat.
Am Anfang war der Fensterputzer Kare
Vom Einmann-Betrieb zum Service-Unternehmen:
Die Firma A. Greitner Gebäudereinigung feiert ihr 75-jähriges Bestehen
Von
Brigitte Bothen
Gründer Friedrich Himmer.
Alfons Greitner und seine zweite Frau Ingrid.
Eins der Paradestücke von
Maxl Graf war das Lied vom
„Fensterputzer Kare“. Ob sich
der unvergessene Münchner
Sänger und Volksschauspieler
den Namen vom historischen
Vorbild abgeschaut hat, ist
nicht bekannt - auf jeden Fall
aber hat es den Fensterputzer
Kare wirklich gegeben. 1929
gründete dieser, der mit bürgerlichem Namen Friedrich Himmer hieß, die Reinigungsanstalt
München-Süd. Für die damalige
Zeit war eine solche Firma eine
durchaus ungewöhnliche Sache, denn erst 1934 wurde die
Gebäudereinigung als Vollhandwerk anerkannt. Das Vertrauen
in seine Kenntnisse als Fensterreiniger und der Erfolg gaben
dem findigen jungen Mann jedoch Recht, und bald schon
konnte er einige Mitarbeiter einstellen.
Inzwischen gehört der Betrieb zu den ältesten Gebäudereinigungsunternehmen
in
Deutschland. Geschäftsführender Gesellschafter ist der Enkel
des Firmengründers, Friedrich
Greitner. Auch die vierte Generation, nämlich Neffe Sascha
Greitner, ist in der Firma tätig.
Was vor 75 Jahren als EinmannBetrieb begann, hat sich zu einem Service-Unternehmen mit
an die 900 Beschäftigten entwickelt. Das Jubiläum wurde jetzt
mit einem Tag der offenen Tür
und vielen Attraktionen für die
Besucher gefeiert.
Anfangsjahre
Schon in den 30er Jahren
schloss Friedrich Himmer Verträge mit der Stadt München.
Aus alten Dokumenten geht
hervor, dass er damals für ein
Objekt eine Jahrespauschale
von 100 Reichsmark erhielt.
Statt des Fahrrads, das zuerst
zum Transport der Reinigungsutensilien herhalten musste,
wurde ein DKW angeschafft.
Neffe Sascha Greitner hat im Michael Maßanneck ist seit Vorbei waren die Zeiten, in deBetrieb gelernt und jetzt eine 2000 kaufmännischer Ge- nen lange Leitern von zwei Mänführende Position inne.
nern per Rad durch die Gegend
schäftsführer.
Die Zentrale in der Peter-Anders-Straße.
gefahren wurden - einer vorne
und einer am hinteren Ende - und
an den Kreuzungen jedes Mal
aufgepasst werden musste, dass
kein Auto in das unhandliche Arbeitsgerät hineinsauste. Nun
ging es motorisiert zu Werke.
Der Zweite Weltkrieg setzte
den vielversprechenden Anfangsjahren erst einmal ein Ende. 1948 wagte der Fensterputzer Kare einen Neuanfang. Bald
bekam er neben den Fenstern
der Gebäude auch die gesamten Innenflächen zu reinigen.
Firmensitz war in der Thalkirchner Straße in einem kleinen Ladengeschäft. Im Februar 1954
heiratete Friedrich Himmers
Tochter Elfriede den Bauingenieur Alfons Greitner, der nach
dem frühen Tod des Firmengründers 1956 in das Unternehmen einstieg. Etwa 50 Mitarbeiter hatte der Betrieb zu dieser
Zeit. Efriedes Mutter Anna Himmer blieb Gesellschafterin bis
1968.
Expansion
Alfons Greitner hatte sich
vorgenommen, erst einmal ein
Jahr zu schauen, was unter seiner Leitung zu machen sei - und
wurde fast 40 Jahre lang zur tragenden Gestalt. Mit dem Wort
„Aufbruchsstimmung“,
beschreibt sein Sohn die Jahre des
wirtschaftlichen Aufschwungs,
in denen die ersten großen Aufträge kamen. So übernahm die
Firma unter anderem die Baureinigung in der Residenz nach
ihrer Wiederherstellung. Das
Residenztheater war der erste
große Unterhaltsauftrag. Von
1958 bis 2003 lag die Säuberung in den Händen der Gebäudereinigungsanstalt MünchenSüd, die später zu A. Greitner
Gebäudereinigung und Service
GmbH umbenannt und umfirmiert wurde.
1960 wurden bereits rund
150 Leute beschäftigt. In diesem Jahr bekam das Unternehmen den Zuschlag für die erste
Schule, die Volksschule in
Untermenzing, die später auch
Friedrich Greitner besuchte.
Viele andere Schulen kamen dazu. Die Holzdielenparketts seien
damals heißgewachst worden“,
erinnert er sich. Schon als Kind
und Jugendlicher habe er bei
seinem Vater gejobbt. „1968
bekam ich einen Stundenlohn
von 1,50 Mark.“
ses alles ganz glatt gegangen.
Als 14-Jähriger habe er gemeinsam mit einem Freund einen Einsatz im Katholischen
Familienwerk in Pullach gehabt, gibt Friedrich Greitner
schmunzelnd eine Geschichte
aus seiner Jugendzeit zum Besten. Für den Holzboden hätten sie damals zuviel Wasser
verwendet, ihn richtig eingeschwemmt. „Wir haben versucht, das Wasser mit einem
Wassersauger wegzusaugen,
und nach der Reinigung haben
wir die Tür abgeschlossen. Am
nächsten Morgen wollten wir
wieder rein. Aber die Tür ging
nicht mehr auf. Wir mussten
sie aufhebeln. Das Parkett hatte sich vollgesaugt und geworfen.“ Der Vater sei nicht begeistert gewesen, schließlich habe man den Boden neu einlegen müssen.
Bauingenieur Alfons Greitner
hatte 1962 noch seinen Gebäudereinigungsmeister gemacht,
war später im Innungsvorstand
und scheint ein Mensch gewesen zu sein, der ganz in seiner
Arbeit aufging. „Er war der Erste, der am Morgen kam, und
der Letzte, der am Abend ging.
Anekdoten
70 Stunden waren für ihn normal“, erzählt sein Sohn. „Von
Nicht immer ist bei den Ar- den Führungskräften verlangte
beitsaktionen des Nachwuch- er viel Einsatz. Aber sie haben
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Alte Korrespondenz aus dem Jahr 1949.
die Firmenleitung kam, bereits
an die 700 Kräfte, die für den
Betrieb tätig waren.
Nach seiner Lehre als Gebäudereiniger hatte Friedrich Greitner als Volontär in Nürnberg, Erlangen, Lübeck und Bern bei
verschiedenen Firmen Erfahrungen gesammelt. 1980 legte er
seine Meisterprüfung ab und
bekam von Franz Josef Strauß
als Bester seines Jahrgangs die
Goldmedaille überreicht. Von
1985 bis zu Alfons Greitners
Tod 1994 teilte er sich die Firmenleitung mit seinem Vater.
Auch heute gibt es wieder einen
zweiten Geschäftsführer. Seit
Veränderungen
dem Jahr 2000 ist Michael Ma1974 heiratete der Firmen- ßanneck der Mann für die kaufchef ein zweites Mal. Ehefrau männischen Belange, während
Ingrid arbeitete vom ersten Tag Friedrich Greitner die technisich auch gut verstanden. Es
wurde Hand in Hand gearbeitet.
Nur wenn die Meinungen verschieden waren, dann hatte halt
der Chef Recht.“
Eines von Alfons Greitners
Lieblingsobjekten wurde das
Cuvillies-Theater. Sein Faible
für das Gebäude ging sogar soweit, dass er morgens, wenn
seine Reinigungskräfte den
blauen Velours-Teppich im Foyer abgesaugt hatten, einen
Schrubber zur Hand nahm und
ein einwandfreies Karomuster
in den weichen Teppich zog.
Handelsketten. Die wirtschaftliche Lage und die Insolvenz einiger Großkunden ist allerdings
auch an der A. Greitner Gebäudereinigung nicht spurlos vorüber gegangen. Nach einem geschäftlichen Höhepunkt im Jahr
2001 begann eine Phase der
Stagnation. „Wir waren froh,
das Geschäft in dieser Größe
halten zu können und keine
Leute entlassen zu müssen“,
betont Friedrich Greitner. „Wir
haben gepowert um Aufträge zu
bekommen und den Vertrieb
ausgebaut.“ Seit letztem Jahr
gehe es wieder bergauf.
Der Gebäudereinigungsmeister bedauert, dass im Zuge der
EU-Verordnung der Meistertitel
in der Branche nicht mehr nötig
ist, um ein Geschäft zu führen.
fungierte und zum Teil übertariflich zahlt, ein Unding. „Wir
haben neu verhandelt, weil unsere Leute sonst in München
nicht mehr hätten leben können.“ Er sei selbst zu allen seinen Kunden gefahren und habe
mit ihnen gesprochen, und 90
Prozent seien damit einverstanden gewesen, den ursprünglichen Preis zu zahlen. „Ich bin
richtig stolz, unseren Mitarbeitern Sicherheit vermitteln zu
können.“
Schließlich sei es ja auch eine
schwere Arbeit, die da verrichtet werde. „Gehen Sie mal acht
Stunden zum Putzen und Sie
wissen, was Sie getan haben“,
sagt er. „Leider wird es nicht
anerkannt.“ Seine Mitarbeiter
seien im Umgang mit den Mitteln und Arbeitsgeräten geschult. Heute arbeiteten aber
auch Leute in der Branche, die
zum Teil keine Ahnung von den
Verfahren hätten.
Im Greitner-Service-Unternehmen ist der überwiegende
Teil der Arbeitskräfte sozialversicherungspflichtig. Viele
Mitarbeiter können auf eine
Firmenzughörigkeit von fünf
Jahren und länger verweisen. Alte Bodenreinigungsgeräte von 1926.
1951 - alte „Rechtschreibung“ ohne Computer.
Das Unternehmen hat derzeit
17 gewerbliche und einen
kaufmännischen Auszubildenden. Qualitätssicherung und
Umweltschutz stehen obenan
und werden durch Zertifikate
und Urkunden nachgewiesen.
Der Fensterputzer Kare, der
auf einem Bild aus den Anfangsjahren erwartungsvoll in
die Kameralinse blickt, könnte also stolz und voll Lob auf
seine Nachfolger sein. Und
wenn er zum Jubiläum das
Schlusswort hätte, was könnte er dann Treffenderes sagen
als: „Das habt Ihr sauber
gemacht!“
Kostenvoranschlag 1945.
ihrer Ehe im Betrieb mit, wurde
Prokuristin und Gesellschafterin und ist heute für das Finanzwesen zuständig.
In den 70er Jahren vergrößerte sich das Unternehmen zusehends. Der Firmensitz, der zu
dieser Zeit in Laim war, musste
ausgebaut und den Verhältnissen angepasst werden. 1979
wurde eine Niederlassung in
Ulm aufgemacht. 1970 waren
es um die 400 Mitarbeiter,
1985 als Friedrich Greitner in
sche Leitung inne hat. 1999
kam eine Niederlassung in
Dresden hinzu. 2001 zog die
Firma mit ihrer Verwaltung nach
Pasing in die Peter-AndersStraße 5.
Sicherheit bieten
Die Umsätze des Unternehmens liegen heute bei über 20
Millionen Euro. Zu den Auftraggebern gehören Konzerne, öffentliche Verwaltungen, mittelständige Industriebetriebe und
„Früher gab es 340 eingetragene Meisterbetriebe. Ende 2004
waren es 1200 Betriebe, darunter viele Ich-Ags“, rechnet er
vor.
Diese Entwicklung führte zu
einer Lohnabsenkung um zehn
Prozent in der Branche, bei Personalüberlassungsfirmen sogar
noch mehr - für Friedrich Greitner, der von 1998 bis 2001 als
Landes-Innungsmeister
und
stellvertetender Innungsmeister für Süd- und Oberbayern Friedrich Himmer, der Fensterputzer Kare, und seine ersten Mitarbeiter 1929.