Vorlesung 4 Verdunstung Druckvorlage Datei

Univ.-Prof. Dr.-Ing. H. Nacken
Vorlesung Wasserwirtschaft & Hydrologie I
Vorlesung 4
Themen:
Grundlagen der Verdunstung
Bilanzierungsansätze
Gebietsverdunstung
Jährliche Schwankungen
Verdunstungsmessung
Verdunstung
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Die Verdunstung setzt sich
aus zwei Teilprozessen
zusammen:
Evaporation
Transpiration
Als Evoporation wird die
Verdunstung über freien
Wasserflächen (Seen)
sowie von vegetationsfreien
Landflächen bezeichnet.
Bei der Transpiration handelt es sich um die Verdunstung über die Oberfläche von Pflanzen.
Bei hydrologischen Modellierungen wird die
Evapotranspiration (als Zusammenfassung beider
Prozesse) abgebildet.
Evapotranspiration
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Die Evapotranspiration ist eine ausschlaggebende Größe bei
folgenden Aufgabenstellungen:
Wasserhaushaltsbilanzierungen
Ermittlung des langjährigen Wasserdargebots
Niederschlag - Abfluss Modellierungen
Wachstums- und Ertragsmodelle der Land- und Forstwirtschaft
Für diese Fragestellungen ist es notwendig, die (möglichst) exakte
Größe der Evapotranspiration sowohl als Mittelwert für langanhaltende Prozessabbildungen sowie in hoher raumzeitlicher
Auflösung zu bestimmen.
Verdunstungsprozess
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Atmosphäre
Wasserdargebot
Verdunstung
Energiedargebot
Boden
Vegetation
Standortbedingungen
Entscheidend für die Verdunstung sind:
der Dampfdruckgradient
das Wasserdargebot
das Energiedargebot
Verdunstung aus der Wasserbilanz
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+
P
- E
+R
+
W
-R
Wasserbilanz
P + E + R + W = 0
P:
Niederschlag
E:
Verdunstung
R:
Abflusshöhe (ober- und unterirdisch)
W: Wasservorratsänderung
Verdunstung aus der Energiebilanz
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+
Rn -
+ H
-
-
+ G
Energiebilanz
Rn + H + G +LE = 0
R: Nettostrahlung
H: fühlbarer Wärmestrom
G: Bodenwärmestrom
LE: latenter Wärmestrom
LE +
-
Einflussfaktoren für die Verdunstung
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Abhängigkeit der Verdunstung
Die Verdunstung ist physikalisch von folgenden Faktoren abhängig:
der Differenz des Dampfdruckes an der Oberfläche und dem
Dampfdruck der oberflächennahen Luft
der Energie, die an der Oberfläche zur Verfügung steht
der Menge des Wasserdampfes, die in der Luft transportiert wird
der Menge des Wassers, das an der Oberfläche vorhanden ist
oder dahin transportiert wird
Jährliche Verdunstungsverhältnisse
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Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über das Verhältnis der
jährlichen Verdunstung zum jährlichen Niederschlag in
Abhängigkeit der Vegetation.
100
90
80
Nackter Boden
Getreideland
hV/hN in %
70
60
Hackfrüchte
50
Grünland
40
Wälder
30
20
freie Wasserfläche
10
feuchte Erdoberfläche
0
Evapotranspiration
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Bei den Angaben zur Verdunstung wird unterschieden zwischen
Potentielle Verdunstung ETP
Reale Verdunstung ETR
Die potentielle Verdunstung ETP ist eine Rechengröße, die angibt,
wie viel Wasser bei gegebenen meteorologischen Verhältnissen
verdunsten würde, falls unbegrenzte Wassermengen zur Verfügung
stehen.
Die tatsächliche oder reale Verdunstung ETR wird bei den
vorhandenen Wassermengen und klimatischen Bedingungen
(beispielsweise per Lysimeter) gemessen.
Es gilt: ETP  ETR
Jahreswerte der Verdunstung in Deutschland
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800
Verdunstung in mm
700
ETa Winter
600
ETp Winter
500
ETa Sommer
400
300
ETp Sommer
200
ETa Gesamtjahr
100
ETp Gesamtjahr
0
Jahreszeitliche Schwankung der Verdunstung
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Orientierungswerte der monatlichen Gebietsverdunstung in Prozent der Jahreswerte
25,0
20,0
15,0
10,0
5,0
0,0
JAN
FEB
MRZ
APR
MAI
JUN
niederschlagsreiche Gebiete
JUL
AUG
SEP
niederschlagsarme Gebiete
OKT
NOV
DEZ
Verdunstung im Bodenkörper
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[%]
100
Infiltration
80
60
40
20
Evapotranspiration
Perkolation
[mm]
Welkepunkt
Feldkapazität
Maximale
Bodenfeuchte
Funktionale Zusammenhänge bei Sand-Böden
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[%]
100
Evapotranspiration
80
60
Infiltration
40
20
Perkolation
[mm/dm]
10
WP
FK
20
30
40
BMAX
50
60
70
Funktionale Zusammenhänge bei Lehm-Böden
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[%]
100
Evapotranspiration
80
60
40
Infiltration
20
Perkolation
[mm/dm]
10
20
WP
30
40
FK
50
BMAX
60
70
Funktionale Zusammenhänge bei Ton-Böden
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[%]
Evapotranspiration
100
80
60
40
20
Infiltration
Perkolation
[mm/dm]
10
20
30
40
WP
50
60
70
FK BMAX
Verdunstung in städtischen Gebieten
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Niederschlag [hn]
Verdunstung [hv]
Grundwasserneubildung [ds]
Oberflächenabfluss [ha]
hn - hv - ha - ds = 0
Versiegelungsstufen
I: 10 - 50 %
II: 45 - 75 %
III: 70 - 90 %
IV: 85 - 100 %
I
II
III
IV
[mm]
[mm]
[mm]
[mm]
588
335
208
45
588
231
117
240
588
166
118
304
588
102
99
387
0
0
0
0
Einfamilienhaus Siedlung
Blockrandbebauung
Städtische Bebauung
Innerstädtische Blockbauweise
Verdunstungsmessung
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Methoden der Verdunstungsermittlung
Die Messung der Verdunstung kann grundsätzlich über
folgende Methoden vorgenommen werden:
Wasserbilanzmethode
Beispiele: Verdunstungskessel
Lysimeter
Wasserdampfstrommethode
Energiebilanzmethode
Wägbare Lysimeteranlage
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hV = hN - h - hS
Bildquelle: DVWK Merkblatt 238
Lysimeteranlage für Grünlandstandort
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Bildquelle: ETH Zürich
Verdunstungsfloß
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Bildquelle: DVWK Merkblatt 238
Kannenmessung
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Bildquelle: DVWK Merkblatt 238
Spezifische Verdampfungswärme
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Volumenkörper [1m³]
1 kg / m³ Wasserdampfdichte
 1 kg / m² = 1l / m²
Grundfläche [1m²]
1 mm
1 kg / m² = 1l / m² = 1mm
Spezifische Verdampfungswärme zur Umwandlung von 1 kg
Wasser in Wasserdampf
L* = (2,498
0,00242T )10
6
J
kg
Energie = Arbeit
Verdunstungsmessung
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Dabei wird die Energiebilanz zur Ermittlung der Verdunstungshöhe
herangezogen, indem der Verdunstungswärmestrom ermittelt wird.
LE: latenter Wärmestrom
LE = R n + H + G
Rn: Nettostrahlung
H: fühlbarer Wärmestrom
G: Bodenwärmestrom
Der Tageswert der Verdunstung errechnet sich dann wie folgt:
hV =
LE
L
L = 28,9
[mm ]
0,028 T
w
m²
mm
Penman Formel
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Die Formel von Penman gilt als die bekannteste und beste
Näherungsformel für die potentielle Verdunstung.
W = ζ Q+ (1 - ζ)  ν (EL - eL)
hierbei sind:
ξ = temperaturabhängiger Faktor
Q = Strahlungsbilanz
v = Einflussfaktor der Windgeschwindigkeit
(EL-eL) = Sättigungsdefizit der Luft
Die Penman Formel ist gültig für Flächen mit unbegrenzter
Wasserzuführung (z.B. offene Wasserflächen)
Haude Formel
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Das Verfahren ermöglicht die Berechnung von Tages- und
Monatswerten der potentiellen Evapotranspiration.
ET PHaude = f (e s (T )
e )14
mm
d
eS(T) – e
Sättigungsdefizit der Luft mit Wasserdampf in hPa zum
Messzeitpunkt (14:30 MEZ)
f
zeitvarianter Haudefaktor
Turc Verfahren
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Auf der Basis der Messwerte der Lufttemperatur, der Sonnenscheindauer und der relativen Luftfeuchte erfolgt bei diesem Ansatz
die rechnerische Ermittlung von Tageswerten für die potentielle
Evapotranspiration.
ET PTurc = 0,0031 C (R g + 209 )
T
T + 15
mm
d
Rg Globalstrahlung [J/cm²]
T
Tagesmittelwert der Lufttemperatur [C°]
C
Faktor in Abhängigkeit der mittleren Luftfeuchte
Die Anwendung dieser Methode kann nicht bei negativen
Tagestemperaturen erfolgen.
Wasserdampfstrommethode
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Diese Methode (die für den praktischen Einsatz ungeeignet ist) ermittelt die Verdunstungshöhe hV durch die direkte Messung der
relativen Luftfeuchtigkeit in der Vertikalen sowie der
Windgeschwindigkeit.
Das Ergebnis ist nur belastbar, wenn die Messgrößen in hoher
zeitlicher Detaillierung (kurze Messintervalle) vorliegen.
Bildquellen: Thies Clima