Pressemitteilung lesen - Dommuseum

Dommuseum Frankfurt
Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main
www.domuseum-frankfurt.de
069 . 13 37 61 84
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600 Jahre Domturm
Domturmtag am 6. Juni 2015
und andere Veranstaltungen im Dommuseum
Der Anlass
Die Grundsteinlegung des Turmes von St. Bartholomäus am 6. Juni 1415
Zu wiszen daz man uff hude donrstag nach Bonifacii zu einer stunde nach mitdage uff den sesten tag des
mandes, den man nennet Junius, angehaben hat zu muren an dem kirchtorn, der hynden zu sant ­Bartholomee
zu Franckfurt an die kirchen gesast ist, und han die pafheit desselben stiffts, ire frunde auch der rad zu
Franckfurt ire frunde da gehabet, daz der erste stein daran gelacht war …
(aus den Ratsprotokollen der Stadt Frankfurt, in: Ringshausen 2015, S. 495)
Es ist zu wissen, dass man auf heute Donnerstag nach Bonifatius zur ersten Stunde Nachmittags auf den
sechsten Tag des Monats, den man Juni nennt, angefangen hat zu mauern an dem Kirchturme, der hinten bei
St. Bartholomäus zu Frankfurt an die Kirche gesetzt ist. Die Geistlichkeit des Stifts hat ihr Freinde dabei gehabt
und der rat Frankfurt seine Freunde, als der erste Stein gelegt wurde …
(Übersetzung: Heinrich Wehner, Der Pfarrturm zu St. Bartholomäi in Frankfurt am Main und seine Kirche. Jubiläumsschrift 1415–1915,
Frankfurt 1915.)
Am 6. Juni 1415, eine Stunde nach Mittag, wurde in Anwesenheit der Stiftsgeistichkeit und des Stadtrats der
Grundstein zum Domturm gelegt. Das war der Beginn eines Bauprojekts, das die Frankfurter die nächsten
hundert Jahre begleiten sollte: mit einem emphatischen Beginn, Finanzierungskrisen, Baustopp, diversen Baumeistern und Architekten, Planänderungen und Kompromissen. Entstanden ist das Wahrzeichen der Stadt
Frankfurt: ein Gebäude, das die Stadtsilhouette unverwechselbar gemacht hat.
Das Projekt Von Anfang an war der Turmbau ein gemeinsames Projekt von Stadt und Bartholomäusstift –
des Stadtrats und der Geistlichkeit am Dom. (Der damals allerdings noch nicht so hieß. Man baute für die
Pfarrkirche St. Bartholomäus den Pfarrturm.) Bereits den Bauplatz zu finden, erwies sich in der dicht bebauten
Frankfurter Innenstadt mit ihren komplizierten Besitzverhältnissen als beinahe unmöglich. An der Stelle,
wo heute der Domturm steht, standen das Rathaus und die baufällige gewordene Doppelturmanalage der
karolingischen Basilika, eines Vorläuferbaus des Doms. Der Beschluss des Turmbaus führte also zu einer
Weichenstellung, die die das Gesicht der Innenstadt bis heute prägt: Die Stadt kaufte die Römerhallen als
künftiges Rathaus, das alte Rathaus konnte abgerissen und der Turmbau begonnen werden.
Der Baumeister Fraglos war wohl die Beauftragung des Baumeisters: Madern Gerthener (um 1365 – 1430),
aus Frankfurt stammend und als Stadtbaumeister bereits mit so bedeutenden Gebäuden wie dem
­Eschenheimer Turm und der alten Brücke betraut, lieferte den Entwurf und leitete die Bauarbeiten. Die
Risse, die auf Madern Gerthener zurückgehen, – über 2 Meter hohe Zeichnungen des Turms – sind im
Historischen Museum Frankfurt erhalten. Nach dem Dombrand 1867 waren sie die Grundlage für den Wiederaufbau und für die Vollendung des Turms im Stil des 15. Jahrhunderts – fast 500 Jahre nach Baubeginn. Mit
dem als Steinmetz ausgebildeten Madern Gerthener verbinden sich nicht nur Bauwerke sondern auch großartige Werke der Bildhauerkunst, etwa das Memorie-Portal des Mainzer Doms mit seinem Skulpturenschmuck.
Das ­Maßwerk des nördlichen Turmportals des Frankfurter Domturms verwandelte er in ein Geflecht ineinander ver­schlungener Ranken, verziert mit feinen Blättchen. Dieses Portal führt heute von der im 19. Jahrhundert errichteten Vorhalle in den Dom.
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Der Turm Gerthener entwarf einen Turm von bahnbrechender Modernität. Auf dem mächtigen Sockelgeschoss erhebt sich der nach oben hin immer filigraner werdende Turm mit seiner detailreichen
Bauplastik auf immer komplizierteren Grundrissen. Gerthener plante den Turm wie eine rundansichtige
Skulptur und zielte mit seinem Entwurf auf Fernwirkung. Das eng umbaute Sockelgeschoss blieb fast kahl, bis
auf das reich geschmückte Südportal auf das noch heute die Straße „zum Pfarrturm“ zuführt. Es folgen über
dem 1423 bereits fertiggestellten Geschoss die Schallarkaden der Glockenstube mit ihren schlanken Maßwerken
und schließlich der mittlere Turmabschnitt, nun auf dem Grundriss eines Oktogons. Hier, in etwas über 70 m
Höhe wurde der Bau 1514 unvollendet eingestellt: der letzte mittelalterliche Turmbaumeister, Jacob von Ettlingen, ließ den Turm mit einer recht flachen Kuppel schließen. Am Vorabend der Reformation war es um das
Ansehen des katholischen Klerus nicht gut bestellt und die Finanzierung des Gebäudes, die zum großen Teil
auf Spenden beruht hatte, brach zusammen. 1867 nahm der Architekt und Kirchenbaumeister Franz Josef von
Denzinger (1821–1894) Getheners Pläne wieder auf und baute den Turm, der heute 95 m hoch ist, zu Ende.
Aber das ist eine eigene Geschichte, die ein andermal Thema sein wird.
Neuerscheinungen zum Domturmjubiläum
In der Reihe „Studien zur Frankfurter Geschichte“ des Instituts für Stadtgeschichte ist als Bd. 62
soeben erschienen:
Gerhard Ringshausen: Madern Gerthener. Frankfurts großer Architekt und Bildhauer der Spätgotik, hg. v.
Evelyn Brockhoff im Auftrag der Gesellschaft für Frankfurter Geschichte e. V., in Verbindung mit der Frankfurter Historischen Kommission und dem Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main 2015.
Im Juni 2015 erscheint die Dissertation von der Bauhistorikerin Ulrike Schubert:
Ulrike Schubert, „Alter Pfarrthurm, neu geboren“. Zur Wiederherstellung und zum Ausbau des Frankfurter
Domturms unter Franz Joseph Denzinger, 2015.
Das Programm
Domturmtag, 6. Juni 2015
Die Grundsteinlegung wird mit einem „Domturmtag“ und einer Reihe von Veranstaltungen gefeiert. Der
„Domturmtag“ beginnt am 6. 6. um 14.00 Uhr mit Turmmusik: Mitglieder des Posaunenchors St. Johannis
spielen auf der mittleren Galerie im 44 m Höhe speziell für das Spielen von Türmen komponierte Musik. In
drei Führungen ist nicht nur die Baugeschichte des Turms Thema. Es werden auch die Glockenstube und die
Türmerwohnung erkundet. Auf den Turm begleiten ausgewiesene Experten: der Dombaumeister Robert
Sommer, die Bauhistorikerin Dr. Ulrike Schubert, die sich viele Jahre mit dem Domturm beschäftigt hat, und
der Historiker Prof. Dr. Matthias Theodor Kloft, Diözesankonservator und Direktor des Diözesanmuseums
in Limburg. Im Dommuseum wird eine Rätsel- und Bastelstation für Kinder eingerichtet. Um 14.30 Uhr
starten wir mit einer Führung für Kinder, bei der es um die Frage gehen wird, wie man im Mittelalter so hohe
Türme gebaut hat. Auf eigene Faust können Kinder und Eltern den Dom mit einem Rätselspiel erkunden; im
Museum selbst liegt alles für das Gestalten eines Andenkens an den Turm-Tag bereit. Bei der Abendmesse um
18.00 Uhr erklingt die Gloriosa, die größte Glocke im Kaiserdom, die nur selten, an hohen Feiertagen, geläutet
wird. Der Abend klingt im Dommuseum aus.
Turmführungen werden um 14.15, 15.30 und 16.30 Uhr angeboten. Dauer: ca. 1 Stunde. Treffpunkt: Am
Eingang Domturm (Dom-Südseite). Kosten: 5 Euro. Die Teilnehmerzahl ist auf 25 Personen beschränkt.
Anmeldung im Dommuseum.
Madern Gerthener – eine Spurensuche in der Frankfurter City (5.6. und 21.6.2015)
Bereits am 5. 6., dem Vorabend des Domturmtags, führt Björn Wissenbach auf den Spuren Madern ­Gertheners
durch die Frankfurter Innenstadt. Als Stadtbaumeister prägte Madern Gerthener (um 1365–1430) das mittelalterliche Stadtbild Frankfurts entscheidend mit. Die Bandbreite seines Bauens umfasste die Main-
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brücke, die Stadtbefestigung und viele Kirchenbauten. Sein Hauptwerk aber ist der Domturm. Anlässlich der
­600-jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung werden die verschiedenen erhaltenen Bauwerke Gertheners in
einem Stadtrundgang vorgestellt. Die Führung beginnt am Eschenheimer Turm und endet im Dommuseum wo
wir am 5.6., dem Vorabend des Jubiläums, auf den runden Turm-Geburtstag anstoßen. Die Führung wird am
21.6. noch einmal angeboten.
Termine: Freitag, 5.6.2015, 18.00 Uhr und Sonntag, 21.6.2015, 11.30 Uhr. Dauer: 2 Stunden. Treffpunkt:
Eschenheimer Turm. Kosten: 10 Euro. Die Teilnehmerzahl ist auf 25 Personen beschränkt. Anmeldung im
Dommuseum.
„Alter Pfarrthurm, neu geboren“ – Zur Wiederherstellung und zum Ausbau des Frankfurter Domturms
unter Franz Joseph Denzinger
Das bis heute prägende Kapitel der Baugeschichte des Frankfurter Domturms wurde im 19. Jahrhundert
geschrieben. Nach dem katastrophalen Dombrand im August 1867 schien die Zeit gekommen, die Pläne des
Madern Gerthener endlich zu verwirklichen – ein Vorhaben, das zum nationalen Ereignis wurde. Ulrike Schubert gelingt es in ihrer Dissertation erstmalig, unterschiedliche mittelalterliche Bauphasen eindeutig voneinander abzugrenzen und zu zeigen, welche Bauabschnitte des Turmes und der Kuppel nach dem Großbrand 1867 dem
bauzeitlichen Bestand und dem Wieder¬aufbau und -ausbau unter Dombaumeister Franz Joseph Denzinger
zuzuordnen sind. Während der Sanierung des Turmes 2001 bis 2009 bestand die einmalige Gelegenheit, den
Turm baugeschichtlich zu untersuchen und sonst nie zugängliche Abschnitte am Bauwerk vom Gerüst aus
zu erforschen. Anschauliche Kartierungen ergänzen die Dokumentation von Schuberts Erkenntnissen, ein
Vergleich der wiederhergestellten Abschnitte mit dem bauzeitlichen Bestand und mit den mittelalterlichen
Baurissen zeigt, welche Vorstellungen der Restaurierung und dem Ausbau zugrunde lagen.
Vortrag von Dr. Ulrike Schubert Termin: Mittwoch, 24. Juni 2015, 18:00 Uhr Haus am Dom, Giebelsaal Begrenzte Teilnehmerzahl, um Anmeldung wird gebeten, Eintritt frei.
Anmeldung und Informationen zu allen Veranstaltungen:
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